Konferenz in Potsdam - Mehr Cyber-Angriffe auf deutsche Behörden und Unternehmen gezählt

Mi 19.04.23 | 14:56 Uhr
Symbolbild:Hacker arbeitet an mehreren Computerbildschirmen.(Quelle:dpa/A.Riedl)
Video: rbb|24 | 19.04.2023 | Nachrichten | Bild: dpa/A.Riedl

Cyber-Straftäter professionalisieren sich und agieren verstärkt aus dem Ausland. Das sind zwei Ergebnisse einer Konferenz für Cyber-Sicherheit in Potsdam. Die Lage für deutsche Behörden und Unternehmen ist angespannt - nicht zuletzt in Folge des Kriegs gegen die Ukraine.

Die Cyber-Angriffe auf deutsche Behörden und Unternehmen haben sich seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine deutlich erhöht. Darauf haben Experten am Mittwoch bei der 9. Nationalen Konferenz für Cyber-Sicherheit in Potsdam hingewiesen.

Es sei deutlich zu beobachten, dass sich die Straftäter professionalisierten, sagte der Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger Münch. Da sie meist aus dem Ausland agierten, sei es schwierig, sie aufzuhalten und strafrechtlich zu verfolgen.

Häufig beschränkten sich die Cyber-Angriffe jedoch auf sogenannte DDoS-Attacken, mit denen die Erreichbarkeit von Webseiten durch massenhafte Abfragen eingeschränkt werde, konkretisierte Münch.

Die größte Bedrohung für Wirtschaft und Kommunen sieht der Vizepräsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Gerhard Schabhüser, in Ransomware-Angriffen, bei denen Cyberkriminelle von ihren Opfern Lösegeld fordern.

Er verwies auf den Landkreis Anhalt-Bitterfeld, in dem wegen einer Attacke im vergangenen Jahr 207 Tage lang wichtige Bürger-Dienstleistungen nicht funktionierten.

Auch die IT-Systeme des Potsdamer Rathauses sind zuletzt angegriffen worden.

Sind IT-Angriffe Teil der russischen Kriegsstrategie?

Der Vizepräsident des Bundesnachrichtendienstes, Wolfgang Wien, sagte, die IT-Angriffe seien auch Teil der russischen Kriegsstrategie - auch wenn Deutschland keine Kriegspartei sei. Es werde auf verschiedene Weise versucht, Infrastruktur anzugreifen und lahmzulegen – beispielsweise im Bereich der Energieversorgung.

Deutsche Sicherheitsbehörden sehen die Bedrohungslage im Cyber-Raum daher weiterhin sehr angespannt.

Größere landes- oder bundesweite Systemausfälle habe es bisher zwar nicht gegeben, fügte Christian Dörr vom Potsdamer Hasso-Plattner-Institut hinzu. Allerdings dürfe man das Thema nicht unterschätzen Behörden und Unternehmen müssten jetzt und in Zukunft deutlich mehr in die Sicherheit ihrer IT-Systeme investieren. Etwa die Hälfe der deutschen Unternehmen sei derzeit kaum oder gar nicht vor Hacker-Angriffen geschützt.

Deutschland sei im vergangenen Jahr in zwei Fällen nur knapp an einer Krise vorbeigeschrammt, sagte BSI-Vizepräsident Schabhüser. Zum einen habe ein russischer Angriff auf ein Satellitensystem auch die Fernwartung vieler Windkrafträder in Deutschland lahmgelegt. Zum anderen sei die Versorgung mit Benzin und Mineralöl im Nordosten Deutschlands durch einen vermutlich pro-westlichen Hacker-Angriff auf die Deutschland-Tochter des russischen Energiekonzerns Rosneft gefährdet worden.

"Es war ein relativ kleiner Angriff, aber mit großer Wirkung", so Schabhüser: "Wir befinden uns immer noch im roten Bereich."

Sendung: rbb24 Inforadio, 19.04.2023, 14 Uhr

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