ADFC-Umfrage - Fahrradfahrer geben Berlin die Schulnote 4, Potsdam schafft eine 4+

Mo 24.04.23 | 19:23 Uhr
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Symbolbild: Radfahrer fahren auf der Fahrradstrasse in der Linienstrasse in Berlin Mitte. (Quelle: dpa/T. Trutschel)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 24.04.2023 | C. Gerling | Bild: dpa/T. Trutschel

Eine Befragung deutscher Radfahrer zeigt: Berlin ist im Großstadt-Vergleich unterdurchschnittlich. Vor allem die Infrastruktur lässt laut ADFC-Umfrage zu wünschen übrig. In Brandenburg gibt es dagegen kleinere Städte mit guten Bewertungen.

Alle zwei Jahre lässt der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) die Fahrradfreundlichkeit von Städten und Kommunen abfragen. Am Montag sind die Ergebnisse vorgestellt worden. Der "Fahrradklima-Test" funktioniert nach Schulnoten - eine "1" wäre also sehr gut, eine "6" gilt als ungenügend. Der bundesweite Notenschnitt von "4" zeigt schon: Es bleibt noch viel zu tun.

Auch der Schüler Berlin schrammt knapp an der Versetzungsgefährdung vorbei. Die Hauptstadt bleibt sich treu und erreicht ihr "ausreichend" sogar noch mit einem etwas schlechteren Zeugnis als der Bundesschnitt (4,1). Potsdam heimst eine geringfügig bessere Note ein - immerhin eine 3,8. Brandenburg als Bundesland schneidet mit einem Schnitt von 3,9 ähnlich ab. Besonders in den größeren Städten wurden viele schlechte Noten verteilt.

Schmale und vollgeparkte Radwege deutschlandweit ein Problem

Kritisiert wird von den rund 245.000 Teilnehmern der ADFC-Umfrage vor allem die Infrastruktur in Städten. Die Radwege finden deren Nutzer vielerorts zu schmal und zu oft vollgeparkt. Auch in Berlin und den großen Brandenburger Städten sind das zwei der Hauptprobleme. In der Metropole sei auch die Konfrontation mit Autofahrern ein großes Problem, heißt es in der Studie. "Leider ist für eine attraktive Radinfrastruktur in Deutschland noch viel zu tun", sagte die ADFC-Bundesvorsitzende Rebecca Peters am Montag zu den veröffentlichten Zahlen.

Im Ranking werden insgesamt 1.114 Städte bewertet - verglichen werden sie in insgesamt 27 Kategorien und - um das Schul-Bild noch mal aufzumachen - es gibt gewissermaßen Klassenstufen, in denen die Städte nach Bevölkerungsgröße einsortiert werden. Berlin ist die einzige "Großstadt" in der Region (über 500.000 Einwohner) und enttäuscht in seiner Klasse.

Wir brauchen Radwege, für die man nicht mutig sein muss.

Solveig Selzer, ADFC Berlin

Geringes Sicherheitsgefühl und Angst vor Diebstahl in Berlin

Mit 4,1 bekommt Berlin ziemlich genau die gleiche Gesamtnote wie vor zwei Jahren. Neben den schmalen und zugeparkten Radwegen sind in der Hauptstadt auch Konflikte mit Autofahrern ein häufiger Kritikpunkt, wie es in der Studie heißt. Das Sicherheitsgefühl im Straßenverkehr wird demnach nur mit einer 4,7 (in der Schule wäre das eine 5+) bewertet. Das größte Problem ist für Berliner Radfahrer aber die Angst vor Fahrraddiebstählen. Fast 90 Prozent der Befragten zeigten sich hier sehr besorgt.

Insgesamt landet Berlin mit seiner Note gerade mal auf Platz neun der 14 Großstädte. Die besten Zeugnisse haben Bremen, Hannover und Frankfurt (Main) ergattert. Das Ergebnis zeige, so die politische Referentin des Berliner ADFC, Solveig Selzer, dass Fahrradfahrer in Berlin "die Zähne zusammenbeißen" müssten. "Wir brauchen Radwege, für die man nicht mutig sein muss", sagte sie. Der Vergleich mit anderen Großstädten zeige, dass die Verkehrswende in vielen Städten vorangehe, Berlin müsse sich "anstrengen, nicht den Anschluss zu verlieren", so Selzer.

Auffällig gut läuft in Berlin der Umfrage zufolge die Abdeckung mit öffentlichen Leihfahrrädern. Diese Kategorie bewerten die Radfahrer der Stadt mit "2,5" und damit gerade noch "gut". Gelobt werden ebenfalls die vielen für den Radverkehr geöffneten Einbahnstraßen (2,9 - "befriedigend").

Potsdam ist der Streber unter den größeren Städten in Brandenburg

Die größeren Städte in Brandenburg dürfen sich auch nicht über deutlich bessere Noten als der große Bruder Berlin freuen. Nur Potsdam fällt hier mit einer Gesamtbewertung von 3,8 positiv auf. Cottbus mit 4,1, Frankfurt (Oder) mit 4,2 und Brandenburg/Havel mit einem Schnitt von 4,3 sind teilweise noch ein bisschen schlechter als Berlin bewertet worden. In Brandenburg/Havel und Cottbus wird vor allem das Angebot von öffentlichen Leihfarrädern als "mangelhaft" eingestuft. Hier erreichte Potsdam hingegen eine eine gute Note (2,5). Probleme wie zugeparkte Radwege und Konflikte mit Autofahrern gibt es in nahezu allen Städten, auch der Fahrraddiebstahl bleibt ein bekanntes Problem.

Insgesamt wird das Land Brandenburg wie Berlin nur "ausreichend" bewertet. Der örtliche ADFC kritisierte allerdings in seiner Pressemitteilung, dass es insgesamt kaum Verbesserungen gab. Nur drei Kommunen erreichten bessere Noten als bei den letzten Zeugnissen: Königs Wusterhausen, Neuruppin und Michendorf. In Brandenburg wird vor allem die Verkehrssicherheit und der Komfort kritisiert - zu viele alte Radwege seien nicht saniert, so der ADFC.

Die Unterschiede in den Bewertungen der insgesamt 45 Städte in Brandenburg ist allerdings enorm. Während es (traditionell) fahrradfreundliche Orte wie Schwedt (Note 3,1) gibt, das sogar bundesweit auf Platz vier in seiner Kategorie landet, gibt es auch versetzungsgefährdete Kandidaten wie Werder (Havel) - der Ort des Baumblütenfests bekommt die Schulnote 4,5 und gehört damit zu den Fahrrad-unfreundlichsten Städten in seiner Größenordnung. Die beste Note in Brandenburg bekam Bad Wilsnack, mit 2,7. Hier gefällt den Radfahrern vor allem die Infrastruktur, die Ausstattung mit Leihrädern und die Wegweisung - das alles wurde mit der Note "gut" bewertet.

Sonderbefragung im ländlichen Raum

Für das Flächenland Brandenburg ebenfalls interessant ist die diesmal durchgeführte Sonderbefragung zum ländlichen Raum. Während die eigene Mobilität von Kindern und Jugendlichen mit 3,4 hier positiv bewertet wurde - das Fahrrad also ein wichtiges Fortbewegungsmittel auf dem Land ist, wird die vorhandene Infrastruktur kritisiert. Nur an 15 Prozent der brandenburgischen Landstraßen gebe es straßenbegleitende Radwege, teilte der ADFC mit. Der Landesvorsitzende Stefan Overkamp schlussfolgert daraus: "Wer jungen Menschen im Land Brandenburg eine attraktive Heimat bieten will, darf eine gute Fahrradinfrastruktur als Standortfaktor nicht unterschätzen."

Bei der diesjährigen Zeugnisvergabe gab es übrigens bundesweit keinen einzigen Einser-Schüler. Bei den Großstädten ist die beste erreichte Durchschnittsnote eine "3-" (Bremen), die beste insgesamt bekam die Gemeinde Wettringen (Münsterland, etwa 8.000 Einwohner) mit einer glatten "2". Entweder sind die deutschen Städte in Sachen Fahrrad also fast alle lernfaul oder die Prüfer (Deutschlands Fahrradfahrer) besonders streng.

Sendung: rbb24 Inforadio, 24.04.2023, 15 Uhr

94 Kommentare

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  1. 93.

    Die Sicherheit im Straßenverkehr lässt sich an zwei simplen Fragen manifestieren.

    Würden sie ihr 10-jähriges Kind oder ihre 65-jährige Großmutter mit dem Rad in den bestehenden Verkehr in Berlin schicken? Ich denke mal die meisten würden die Frage mit Nein beantworten.

    Erst wenn der Verkehr für alle Verkehrsteilnehmer so sicher ist dass man die Frage mit Ja beantworten kann, ist der Straßenverkehr für ALLE Verkehrsteilnehmer sicher. Das ist noch ein weiter Weg.

  2. 92.

    Ein Speedpedelec reizt mich als Motorradfahrer für die Stadt auf jeden Fall. Versichert, mit Kennzeichen, auf der Straße, besser als jeder Motorroller.

  3. 91.

    Na ja was Geschwindigkeit angehen, erreichen manche Pedelecs schon enorme Geschwindigkeiten.
    Dazu die vielen Rotlichtverstösse, die ich ja selbst immer wieder erleben durfte.
    Ich denke es ist an der Zeit eben das Fahrradfahrer auch Ihre Fahrräder anmelden sollten und ein Kennzeichen erhalten, wer ordentlich fährt hat damit kein Problem.
    Der ADFC drückt sich doch mit dem enormen Aufwand der Verwaltung na klar am Anfang schon, aber das legt dich ja dann irgendwann.

  4. 90.

    Kinder werden im Straßenverkehr quasi komplett übersehen... Als dies führt zu einem Gegeneinander. Ich fahre Rad, laufe viele Strecken und fahre auch ab und zu Auto. In Berlin macht nichts mehr Spaß, jegliche Fortbewegungsvariante macht schlechte Laune und Stress (auch die ständig übervollen Busse; die vielen S-Bahn-Störungen- und ausfälle...). Und schnell wird der Gegenüber zum Feind erklärt. Ich verstehe die Note nicht. Die ist viel zu positiv.

  5. 89.

    Unübersichtliche Straßenkreuzungen, Autofahrer, die beim Abbiegen nicht auf Fußgänger und Radfahrer achten, zugeparkte Radwege, die Fahrradfahrer zum Ausweichen zwingen (worüber sich dann die nachfolgenden Autofahrer aufregen) sich öffnende Autotüren, Kopfsteinpflasterstraßen, die viele dazu zwingen, auf den Gehweg auszuweichen (schieben könnte man dann vorschlagen, wenn aber die ganze Nachbarschaft komplett "zugeflastert" ist, wird kein Fahrradfahrer den kompletten Weg schieben).

  6. 88.

    *Mein Reden... wo die Infrastruktur stimmt brauchen Radfahrer die Regeln der StVO nicht so auslegen, damit man nicht umgenietet wird.*
    Was ist das denn für ein Unsinn. Gerade bei ungenügender Infrastruktur hat man die Regeln einzuhalten um sich nicht zu gefährden. Und die StVO ist nicht auslegbar. In was für einer Traumwelt leben Sie eigentlich?
    Beispiel: ich will mit dem Rad nach links abbiegen. Bedeutet: Schulterblick, Handzeichen, einordnen. Klappt immer und der Blickkontakt zu den Dosrntreibern funktioniert bestens und: ich bedsnke mich und lächle auch. Fühkt sich immer wieder gut an, weil wir alle gemeinsam am Straßenverkehr teilnehmen. Zu viele Mitradelnde fahren rechts, Handgelenk nach links und ohne zu schauen rüberziehen. Was finden Sie jetzt besser?

  7. 87.

    Was soll der dumme Kommentar? Ich überfahre keine "rote Ampeln", noch hänge ich ein bißchen an meinem Leben. Wozu also sollte ich mich unnötig gefährden?

  8. 84.

    "Nur die Auswirkungen eines nassforschen Fahrverhaltens sind aufgrund der bewegten Masse und der entwickelten Schubkraft recht unterschiedlich. "

    Was hier von Autofanatikern gerne unterschlagen wird. Ich habe keine 1,5 Tonnen Blech plus alle möglichen Airbags um mich herum.

  9. 83.

    Wie überall geht es um die Abwägung zwischen dem tatsächlichen Schaden bzw. der Fahrbahnabnutzung und, auf der anderen Seite, des Aufwandes der Erfassung, Erhebung und Vollstreckung.

    Fahrräder werden im Handumdrehen ausgeliehen und sei es nur für ein, zwei Stunden. Wer sein Auto nicht nur am So. blankputzt, möchte am Liebsten einen unsichtbaren Schutzzaun um das vierrädrige Gefährt ziehen.

    Dies ist der Grund der Kennzeichenpflicht beim einen und der potenziellen Unsinnigkeit einer Kennzeichenpflicht beim anderen. Ansonsten, was die an den Tag gelegten Naturelle und Fahrweisen angeht, unterscheiden sich Radfahrende und Autofahrende mittlerweile kaum noch. Nur die Auswirkungen eines nassforschen Fahrverhaltens sind aufgrund der bewegten Masse und der entwickelten Schubkraft recht unterschiedlich.

  10. 82.

    "Wenn die Radfahrer würden die vorhandenen Radwege benutzen, bräuchten sie auch keine Angst haben. "

    Blödsinn! Hochbordradwege, noch dazu im schlechten Zustand, sind an jeder Kreuzung Todesfallen.

  11. 81.

    "Weil die Infrastruktur so gut ist, halten sich die Radfahrer sogar an die Verkehrsregeln... "

    Mein Reden... wo die Infrastruktur stimmt brauchen Radfahrer die Regeln der StVO nicht so auslegen, damit man nicht umgenietet wird.

  12. 80.

    Vielleicht könnte man die Kommentarspalte jetzt mal schließen. Natürlich erst, wenn mein Kommentar gerade noch durchgekommen ist. :-)))
    Aber leider wollen ja zwei Drittel der Leute hier das Thema nicht verstehen, sondern haben nur auf eine neue Gelegenheit gewartet, endlich mal wieder über Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer herziehen zu können, je nach Standpunkt.
    Gääääääähhn....

  13. 79.

    Was ist denn das Angebot an Leihfahrrädern für ein komisches Kriterium für die Bewertung? Wem ist das denn im Normalfall so furchtbar wichtig? Da ist doch alles andere hundertmal wichtiger als die Frage, wo man sich mal für eine Stunde ein Rad ausleihen kann...

  14. 78.

    Was ich nicht verstehe. Die einen müssen Nummernschilder haben jedoch andere hingegen nicht, wie etwa die kleinen Dreirädigen mit Kasten hinten drauf, zusätzlich mit einen 25km/h Aufkleber versehen. Warum brauchen
    diese kein Nummernschild / Versichertenschild. Die fahren auf der Straße, auf den Gehwegen, sind mit Elektroantrieb versehen und die Pedale ist nur(Alibi). Nicht einmal ein Elektroseniorenmobil darf über 20km/h ohne Versichertenschild fahren. Wenn dann alle ein Versichertenschild

  15. 77.

    Wenn die Radfahrer würden die vorhandenen Radwege benutzen, bräuchten sie auch keine Angst haben.

  16. 76.

    Wenn die Radfahrer würden die vorhandenen Radwege benutzen, bräuchten sie auch keine Angst haben.

  17. 75.

    Sie wären bei der Bild Zeitung besser aufgehoben! Gibt es da kein Forum? Sie wären unter ihres Gleichen!

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