CSD-Wochenende - Verletzte bei homofeindlichen Angriffen in Berlin
Die Parade zum Christopher Street Day verlief größtenteils friedlich. Am Wochenende gab es allerdings auch mehrere Angriffe auf queere Menschen. Die Polizei ermittelt unter anderem wegen Beleidigung, Körperverletzung und Volksverhetzung.
Bei einer Reihe von mutmaßlich homofeindlichen Angriffen am Wochenende der Feierlichkeiten zum Christopher Street Day sind in Berlin mehrere Menschen verletzt und beleidigt worden.
Angriff auf S-Bahnhof
Nach Angaben der Polizei kam es im Bezirk Pankow am Freitagabend gegen 21 Uhr eine Auseinandersetzung in einer S-Bahn, bei der ein 53-Jähriger homofeindlich beleidigt und verletzt wurde.
Nach Angaben des Mannes und nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei soll der Geschädigte am S-Bahnhof Bornholmer Straße in einen Zug der S1 in Richtung Frohnau gestiegen sein. Zwischen den Bahnhöfen Bornholmer Straße und Wollankstraße habe er vier männliche Jugendliche gesehen, die im Zug geraucht haben sollen. Als er die Personen aufgefordert habe, das Rauchen in der Bahn einzustellen, sollen ihn diese homofeindlich beleidigt haben.
Anschließend habe er den Zug am S-Bahnhof Wollankstraße verlassen, wobei ihm die vier Tatverdächtigen gefolgt seien. Einer aus der Gruppe soll ihm von hinten mit einer Hand ins Gesicht geschlagen haben. Danach hätten sich die vier Jugendlichen entfernt. Der 53-Jährige klagte über leichte Schmerzen im Gesicht, lehnte eine medizinische Behandlung jedoch ab.
Auseinandersetzung am Nollendorfplatz
Zu einer zweiten Auseinandersetzung wurden Einsatzkräfte der Polizei gegen 3 Uhr nach Schöneberg gerufen. Dem bisherigen Erkenntnisstand und Aussagen einer Zeugin sowie eines Zeugen zufolge war ein 44 Jahre alter Mann auf dem Nollendorfplatz unterwegs, als eine 33-jährige Frau den Vorbeilaufenden aus einem Fahrzeug heraus bei geöffnetem Fenster homofeindlich beleidigt haben soll.
Der 44-Jährige soll daraufhin die Frau daraufhin mit einem Handy gefilmt haben. Diese soll daraufhin ausgestiegen, den Mann wiederholt beleidigt und ihm mit einer Faust ins Gesicht geschlagen haben. Die 33-Jährige wiederum sagte der Polizei, der 44-Jährige habe sie geschlagen, während dieser die Situation mit seinem Handy gefilmt habe.
Beteiligte alkoholisiert
Der angegriffene 44-Jährige soll zudem erklärt haben, dass sich im Verlauf der Auseinandersetzung zwei Männer eingemischt hätten. Der Polizei zufolge sind sie bislang unbekannt. Einer der beiden soll nach Aussage des 44-Jährigen auf ihn eingeredet und ihn zu Boden gestoßen haben, wobei er sich Hautabschürfungen am Kopf zuzog. Die beiden Männer, die weder der Angreiferin noch der Zeugin und dem Zeugen, die den 44-Jährigen begleiteten, aufgefallen waren, sollen vor Eintreffen der Polizei geflüchtet sein.
Der angegriffene Mann erlitt eine Platzwunde am Kopf, die in einem Krankenhaus behandelt werden musste. Die 33-jährige Frau klagte über Schmerzen am Kopf. Eine medizinische Behandlung war nicht notwendig. Freiwillige Atemalkoholtests ergaben bei der Frau einen Wert von etwa 1,6 Promille und bei dem Mann einen Wert von etwa 1,1 Promille. Die Polizei hat Anzeigen wegen insgesamt dreier Körperverletzungen, einer davon mit homofeindlicher Beleidigung aufgenommen.
Schöneberg: Mann soll aus U-Bahn-Waggon gezerrt und am Hals gepackt worden sein
Am Samstagmittag soll ein 30-Jähriger ebenfalls in Schöneberg von einem Mann angegriffen worden sein, der sich zuvor homofeindlich geäußert haben soll. Laut der Polizei soll es gegen 13 Uhr eine Auseinandersetzung zwischen zwei Männern am U-Bahnhof Yorckstraße gegeben haben. Zuvor sollen beide in der U7 Richtung Rathaus Spandau im gleichen Waggon gefahren sein. Der spätere mutmaßliche Angreifer soll sich am Telefon lautstark homofeindlich gegenüber den Teilnehmenden des Christopher Street Day geäußert haben.
Als die U-Bahn am Bahnjof Yorckstraße hielt, wollte der 30-Jährige aussteigen, der andere soll ihn daran gehindert haben. Daraufhin habe der 30-Jährige den Unbekannten gebeten, ihn aussteigen zu lassen. Der Angreifer soll ihn daraufhin an seinem T-Shirt auf den Bahnsteig gezogen und ihn am Hals gepackt haben. Das Opfer gab an, Schmerzen am Hals und an einem Arm erlitten zu haben, außerdem sei sein T-Shirt zerrissen worden.
Zeugen seien auf die Situation aufmerksam geworden und hätten schlichtend eingegriffen. Daraufhin soll der Angreifer den 30-Jährigen losgelassen haben und unerkannt durch den U-Bahnhof-Ausgang davongegangen sein.
Alt-Hohenschönhausen: Mutmaßlich beleidigt und angespuckt
Am Samstagabend sollen dann in Alt-Hohenschönhausen weitere Menschen mutmaßlich queerfeindlich attackiert worden sein. Laut der Polizei hatten eine 23- und eine 34-jährige Frau sowie eine 19-jährige Transfrau am Nachmittag am Christopher Street Day teilgenommen. Gegen 21:10 Uhr sollen sie laut der bisherigen Ermittlungen in einem Einkaufsmarkt in der Lichtenberger Hauptstraße gewesen sein, als ihnen fünf bis sechs Jugendliche aufgefallen seien, die sie nachgemacht und angestarrt hätten.
Die Jugendlichen sollen die drei Personen außerdem ohne ihr Einverständnis gefilmt haben. Beim Verlassen des Einkaufsmarkts seien sie von den Jugendlichen zunächst verfolgt und dann angegangen worden. Die Jugendlichen sollen alle drei queerfeindlich beleidigt haben, außerdem sollen sie den 23 und 34 alten Frauen in die Gesichter gespuckt haben. Laut Polizei konnten die Tatverdächtigen noch vor Eintreffen von Beamten des Abschnitts 31 flüchten.
Der Polizeilich Staatsschutz des LKA ermittelt in diesem Fall jetzt wegen Beleidigungen mit queerfeindlichem Hintergrund und Körperverletzungen.
Polizei ermittelt wegen Transparent am Alex wegen Volksverhetzung
Neben den mutmaßlichen tätlichen Angriffen ermittelt die Polizei auch wegen Volksverhetzung und schweren Landfriedensbruchs in Zusammenhang mit einer Tat am Samstagabend am Berliner Fernsehturm in Mitte.
Fünf Personen sollen laut Darstellung der Polizei gegen 18 Uhr ein etwa 15 mal 1,5 Meter großes Plakat mit einer homofeindlichen Parole am Geländer des Gebäudekomplexes angebracht haben. Eine Mitarbeiterin des Restaurants dort entfernte das Transparent und übergab es der Polizei. Laut einer Polizeisprecherin zeigt es Hinweise auf die rechtsextremistische Kleinstpartei Der Dritte Weg. Die mutmaßlichen Täter, Teil einer Gruppe von etwa 15 Personen, konnten zunächst fliehen.
Gegen 20:40 Uhr sollen dann vier Personen aus der mutmaßlichen Tätergruppe von einer anderen Gruppe aus etwa 30 Personen auf Höhe des S-Bahnhofes Alexanderplatz verfolgt und mit Glasflaschen beworfen worden sein. Die vier Verfolgten suchten Schutz in einem Restaurant, sie blieben unverletzt. Die Verfolger ließen laut Polizei von ihnen ab und verließen den Ort unerkannt. Die Polizei nahm die Personalien der vier Männer im Restaurant auf. Jetzt ermittelt sie, ob und wenn ja wie die beiden Vorfälle zusammenhängen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 22.07.2023, 19:00 Uhr