Bis zu 47 Proben pro Woche - Drug-Checking in Berlin stößt auf große Nachfrage

Mo 14.08.23 | 10:13 Uhr
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Symbolbild: Eine MDMA-Pille wird im Labor untersucht (Quelle: dpa/Severin Bigler)
Audio: radioeins | 14.08.2023 | Nachrichten | Bild: dpa/Severin Bigler

Anfang Juni ist das Drug-Checking in Berlin im Routinebetrieb angelaufen. Aktuell werden bis zu 47 Proben pro Woche entgegengenommen. Die Nachfrage übersteigt deutlich die vorhandenen Kapazitäten der drei Träger.

Gut zwei Monate nach dem Start kostenloser Analysen von Drogen in Berlin verzeichnet das Modellprojekt eine starke Nachfrage. Wöchentlich werden bis zu 47 Proben entgegengenommen, wie die Senatsverwaltung für Gesundheit auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte.

Seit dem Start des Drug-Checkings Anfang Juni seien insgesamt 428 Proben untersucht worden. Die Nachfrage übersteige deutlich die vorhandenen Kapazitäten der drei Träger, erklärte ein Sprecher der Senatsverwaltung. Rund 380 potenzielle Nutzende hätten deswegen abgewiesen werden müssen.

Warnquote zwischen 30 und über 50 Prozent

Bisher sind mehrere Dutzend Warnungen von bereits untersuchten Drogen auf der Projektwebseite gelistet. Laboranalysen ergaben zum Beispiel Beimischungen unbekannter Stoffe, Verunreinigungen mit bekannten Substanzen oder zu hohe Dosierungen. Inzwischen schwanke die Warnquote bei den abgegebenen Proben von 30 Prozent bis zu mehr als 50 Prozent, hieß es.

Zu den häufig analysierten Drogen gehörten beispielsweise Ecstasy, reines Amphetamin, Amphetamin-Koffein-Mischungen (Speed) sowie Mephedron, Kokain, Ketamin oder LSD.

Das Angebot zur Analyse der Substanzen richtet sich an Süchtige, die täglich konsumieren, aber zum Beispiel auch an Partygänger, die nur am Wochenende Drogen nehmen. Die Substanzen werden in einem neutralen Labor über das Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin untersucht - kostenlos, anonym und legal.

Es werde geprüft, ob die Substanzen "gestreckt oder gefährlich sind", sagte Fixpunkt-Suchtberaterin Anette Hofmann. Die Nutzenden könnten das Ergebnis rund drei Tage nach Abgabe der Proben telefonisch oder persönlich abfragen, hieß es.

Modellprojekt startete am 6. Juni

Die Idee hinter dem Projekt: Konsumierende sollen durch die Analyse der Substanzen und die damit verbundene Konsumberatung bewusstere Entscheidungen treffen und das Risiko, das immer mit einem Konsum einhergeht, minimieren.

Darüber hinaus ermögliche Drug-Checking das frühzeitige Erfassen von neuen Konsumtrends und die Identifizierung von verunreinigten Schwarzmarkt-Produkten, hieß es.

Das Modellprojekt startete nach einer Testphase im April und Mai am 6. Juni in den Routinebetrieb. Beteiligt sind die Suchtberatungsstellen Vista und Fixpunkt sowie die Schwulenberatung.

Das Drug-Checking-Projekt hat in Berlin eine lange Vorgeschichte. Bereits Mitte der 1990er-Jahre, als die Love Parade jährlich Tausende Feiernde anzog, testete der Verein "Eve & Rave" in einem ersten Versuch Partydrogen. Dieses Testverfahren wurde dann aber verboten. Pläne, Drug-Checking wieder einzuführen, gab es bereits im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag von 2016, sie wurden jedoch nicht umgesetzt. In anderen Ländern wie der Schweiz und Österreich gibt es ähnliche Drug-Checking-Projekte schon seit Jahrzehnten.

Sendung: Radioeins, 14.08.2023, 13:00 Uhr

7 Kommentare

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  1. 7.

    Ich finde es nicht richtig, dass es diese Leistung kostenlos gibt. Ich muss zum Beispiel jetzt jede 2. Krebsvorsorgeuntersuchung selbst bezahlen, und Drogenchecks gibt es kostenlos?
    Wer Drogen für unerlässlich fürs gelungene Partyleben hält, der soll für diese Prüfungen eine kostendeckende Gebühr bezahlen.

  2. 6.

    Ich finde die Gelder fur dieses "Projekt" gehören in die echte Prävention und in die Therapien.
    Zu verkünden darüber könne Aufklärung geben betrieben werden ist teuer erkauft und sorgt fur weitere Ausdehnung des Konsums bei den Konsumierenden. Diese sind m.E. sehr privilegiert, weil sie es such noch leisten rechtzeitiger dem geplanten Kondum stoppen zu gehen.

    Deshalb bezahlt das Drug Checking selbst.

  3. 5.

    Ich vermisse hier tatsächlich den Aufschrei. Wer bezahlt denn die Tests? Der Partygänger kauft am Sonntag eine Droge und lässt sie checken, um sie sorglos am kommenden Wochenende zu konsumieren? Wem nützen 49 Tests pro Woche bei Tausenden Konsumenten? Da kann man auch einen Eimer Wasser in die Sahara kippen! Wer der Meinung ist, er könne ohne Drogen nicht Party machen, wäre gut beraten, seine Sichtweise zu überdenken, um nicht so zu enden, wie jene, die ohne Drogen nicht mehr auskommen können. Vielleicht es sogar gut, wenn es den Wochendkonsumenten nach Drogenkonsum richtig besch... geht und sie dann künftig die Finger davon lassen.

  4. 4.

    Besser als gar nichts. Aber wo 7 Proben pro Tag schon eine komplette Auslastung sind, ist das Drug-Checking eher eine nette Geste. Ecstasy wirft man in der Regel nicht nach viel Lauferei und drei Tagen Wartezeit ein. Das geschieht weit überwiegend spontan vor einem Clubbesuch, und an einem Sommer-Wochenende auf dem RAW-Gelände werden tausende Pillen geschluckt. Wenn es künftig massenhaft verfügbare Soforttests gäbe, die so schnell Ergebnisse bringen wie ein Alkoholtest, wäre sehr viel gewonnen.

  5. 3.

    Das Risiko beim Drogenkonsum lässt sich nicht minimieren. Diese Drogen-Checks wiegen die Konsumenten höchstens in einer vemeintlichen Sicherheit. Ich befürchte, das wird den Drogenkonsum eher noch ansteigen lassen

  6. 2.

    "Dieses Testverfahren wurde dann aber verboten. Pläne, Drug-Checking wieder einzuführen, gab es bereits im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag von 2016, sie wurden jedoch nicht umgesetzt." Was sprach damals juristisch dagegen und was ist jetzt anders an der Gesetzeslage? Bitte für einen Nichtjuristen erklären.

  7. 1.

    "Das Angebot zur Analyse der Substanzen richtet sich an Süchtige, die täglich konsumieren, aber zum Beispiel auch an Partygänger, die nur am Wochenende Drogen nehmen." Wie wird das überprüft, daß da nicht auch Dealer ihre Ware checken lassen?

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