Tödliche Begegnungen - Nachtfahrverbot für Mähroboter und andere Ideen zum Schutz der Igel
Wenn Igel von Mährobotern verletzt werden, geht die Sache für die Tiere oft tödlich aus. Tierschützer empfehlen ein Nachtfahrverbot für die Roboter und es gibt noch andere Ideen für den Schutz der Igel. Von Andreas Heins
Der Igel sucht die Nähe des Menschen - ein Kulturfolger ist er schon lange. Viele Studien zeigen aber, dass der Igel seit 2010 häufiger in Siedlungsnähe anzutreffen ist als im ländlichen Bereich. Nicht weil es ihm in unseren Städten so gut gefällt, sondern weil er keine Wahl hat - viele seiner Lebensräume auf dem Land sind bereits komplett zerstört.
Die kleinen Tiere brauchen abwechslungsreiche Landschaften - Hecken, um im Verborgenen zu schlafen und ihre Nachkommen groß zu ziehen und Wiesen, um Nahrung zu finden. Diese besteht hauptsächlich aus Insekten und Regenwürmern, aber auch Spinnen, Schnecken und gelegentlich Aas.
Auch in Siedlungsgebieten wird es den Igeln nicht leicht gemacht: Die Vorgärten sind mit Kies zugeschüttet, Ziergewächse bieten den einheimischen Insekten keine Nahrung, Gehölze sind akkurat zurechtgestutzt. Neue Gefahren drohen auch durch Technik, die in Gärten, Grünanlagen und auf Golfplätzen vermehrt eingesetzt wird. Neben Rasenkantenschneidern sind das auch die vermeintlich smarten Mähroboter. Die sind meistens nicht smart genug, um Igel zu erkennen, wie die Leiterin der Igelforschungsgruppe am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung Anne Berger in ihren Studien herausgefunden hat.
Viele Igel leiden lange Zeit
Dass Igel von Mährobotern verletzt werden, ist gewiss kein Einzelfall: 70 Igel- und Wildtierauffangstationen dokumentierten über 16 Monate mehrere hundert schnittverletzte Igel mit Fotos und Diagnosen. Bei 47 Prozent der gemeldeten Fälle waren die Verletzungen so schwer, dass die Igel nicht mehr zu retten waren. "Erschreckend war auch, dass viele Igel Wunden hatten, die bereits Stunden, Tage oder Wochen alt waren", so Anne Berger: "Sie hatten bereits lange Zeit gelitten, an Verletzungen, die ihnen durch elektrische Gartengeräte zugefügt wurden. Und das ist laut Tierschutzgesetz verboten."
Igel erkennen Mähroboter nicht als Gefahr
Es liegt nicht unbedingt in der Natur des Igels, Feinden aus dem Weg zu gehen. Igel sehen schlecht, hören und riechen aber gut. Bei Gefahr bleibt er stehen, verhält sich ruhig und igelt sich sprichwörtlich ein. Bei Raubtieren hat dies bisher relativ gut geklappt. Diese suchen sich, wenn sie keinen Erfolg haben, nach einiger Zeit leichtere Beute.
Mähroboter sind, wie auch Autos, immun gegen die Stacheln. Gleichzeitig ist der Igel äußerst neugierig - wird etwas nicht als Gefahr erkannt, so steckt der Igel gerne seine Nase in unbekannte Dinge und beschnüffelt und knabbert sie an, um herauszufinden, ob sie fressbar sind. Das ist keine besonders hilfreiche Strategie gegen Mähroboter.
Nachtfahrverbot für Mähroboter gefordert
Alternativen gibt es, die einfachste wäre ein Nachtfahrverbot für Mähroboter, das empfiehlt zum Beispiel der BUND. Das würde schon viele tödliche Begegnungen verhindern. Igel sind nachts unterwegs und tagsüber nur selten aktiv. Die Hersteller könnten die Roboter so programmieren, dass sie sich nachts nicht mehr einschalten ließen. Leider machen dies nur wenige.
"Oft wird in den Sicherheitshinweisen der Hersteller nur darauf hingewiesen, man solle den Garten nach Kleintieren absuchen oder das Gerät nicht unbeaufsichtigt laufen lassen. Damit wird den Verbrauchern die Verantwortung für die Unfälle zugewiesen", sagt Anne Berger.
Auch vermeintlich kleintiersichere Geräte erkennen die Igel nicht zuverlässig als Hindernis. In Hunderten von Testläufen wurde ein Igel nur einmal als Hindernis erkannt. Die Verletzungen durch Mähroboter reichten von kleinen Schnittwunden bis hin zu Fällen, wo die Igel buchstäblich geschreddert wurden. Die Tests wurden mit bereits toten, anderweitig verstorbenen Tieren durchgeführt.
Doch auch kleinere Schnittwunden können tödlich enden. Wird der Igel an einer Stelle verletzt, an der er die Wunde nicht sauber halten kann, kommt es zu Entzündungen oder Fliegen legen ihre Eier in die Wunde. Diese Igel sterben dann einen langen, qualvollen Tod.
Crashtests für Mähroboter
Auch wenn ein allgemeines Nachtfahrverbot für Mähroboter über eine Aktualisierung der Software umgesetzt würde, fordert Anne Berger weitere Maßnahmen, auch vom Gesetzgeber. Bisher gibt es keine Möglichkeit für Käufer zu überprüfen, ob die Geräte wirklich Igel erkennen. "Wir verlangen, dass es EU-weit verpflichtend für alle Mähroboter einen standardisierten Test geben muss, der feststellt, ob die Geräte kleintiersicher sind. Gerade entwickeln wir einen Igel-Dummy für einen Crashtest, wie er beim Auto bekannt ist."
Selbst wenn in nächster Zeit immer mehr Mähroboter mit Kameras und künstlicher Intelligenz auf den Markt kommen, ein solcher Test wäre eine Entscheidungshilfe für den Gartenfreund, ob ihm die sauberen Rasenkanten oder lebendige Igel wichtiger sind. Vielleicht gibt es ja bald beides.
Bis dahin gilt: Lieber nicht nachts fahren, am besten auch nicht zwei Stunden vor und nach Sonnenunter- beziehungsweise -aufgang und immer ein Auge auf den "smarten" Gartenhelfer haben.