Futtersuche am Straßenrand - Vorsicht Storch - Immer mehr Tiere werden in Brandenburg angefahren

Di 02.07.24 | 13:47 Uhr | Von Tony Schönberg
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Symbolbild:Ein Weißstorch in Brandenburg.(Quelle:picture alliance/dpa-Zentralbild/P.Pleul)
Audio: Antenne Brandenburg | 02.07.2024 | Wildtier-Beauftragter Lutz Ittermann | Bild: picture alliance/dpa-Zentralbild/P.Pleul

Vögelschützer Lutz Ittermann behandelt derzeit in seinem Keller einen verletzten Storch. Das Tier wurde angefahren, denn: Nahrungsmangel und intensive Landwirtschaft locken die Vögel in die Straßengräben.

Allein im Osten Brandenburgs hat es in den vergangenen Wochen mindestens sechs Zusammenstöße mit Störchen gegeben. Immer wieder werden sie im Straßenverkehr von Autos angefahren und verletzt. Das berichte der Wildtier-Beauftragte des Landkreises Oder-Spree, Lutz Ittermann, am Montag dem rbb. Ihm zufolge hätten die Unfälle zuletzt zugenommen. "Ich habe gerade einen frisch angefahrenen Storch von einer Straße abgeholt. In der vergangenen Woche wurden uns aus einem anderen Teil des Landkreises zwei Fälle gemeldet." Darüber hinaus wurde Ittermann über drei Kollisionen im Spreewald-Raum in Kenntnis gesetzt.

Der Straßengraben als zuverlässige Futterquelle

Auf Anfrage beim Landesumweltamt heißt es am Dienstag, dass keine aktuelle Statistik zu den Unfällen vorliege. Stattdessen wird auf den Naturschutzbund Brandenburg (Nabu) verwiesen. Doch auch dort gebe es derzeit keine offiziellen Erhebungen, sagt der Nabu-Storchenexperte Bernd Ludwig. Er bestätigt allerdings, dass in den vergangenen Jahren vermehrt Weißstörche von Autos verletzt wurden.

Als Grund führt Ludwig das gewachsene Verkehrsaufkommen auf Brandenburgs Straßen an. Außerdem sei die Nahrungsgrundlage nach wie vor schlecht, ergänzt der Wildtier-Beauftragte Ittermann, sodass die Tiere in den Straßengräben nach Futter suchen müssten. "Der Straßengraben ist oft aufgrund seiner Bewirtschaftung das letzte Refugium, wo sie ausreichend schnell Nahrung finden, dann aber eben mit dem erhöhten Risiko, beim Anfliegen Verkehrsopfer zu werden. Genau das haben wir gerade wieder massiv." So könnten sich die Störche beispielsweise im schon jetzt hochstehenden Mais kaum bewegen, wohingegen das Gras in den Gräben oft niedriger ist und dort häufig Blühpflanzen zu finden sind, sagt Ittermann weiter. Besonders leicht sei die Nahrung dort aber auch in den Tagen nach der Mahd erreichbar. Für Autofahrer gebe es allerdings kaum Möglichkeiten, schnell zu reagieren, wenn die Tiere plötzlich am Straßenrand stehen.

Wenige Amphibien und zu viele Monokulturen?

Dass es einen Nahrungsmangel gibt, bestätigt auch das Landesumweltamt. Zwar habe es in den vergangenen Wochen viel geregnet und die Kleinstgewässer seien gut gefüllt. Allerdings hätten sich die Amphibien-Bestände nach zuletzt schlechten Jahren mit Trockenheit noch nicht wieder erholt. Für die Zukunft ließen die aktuellen Bedingungen aber hoffen.

Bernd Ludwig vom Nabu kritisiert zudem landwirtschaftliche Faktoren. So sind ihm zufolge auf den Feldern hauptsächlich Monokulturen zu finden, die auch noch mit zu vielen Pestiziden behandelt werden: "Da gibt es kaum oder gar nichts an Mäusen und Insekten." Ludwig fordert deshalb die Wiedervernässung von Landschaften und mehr Blühstreifen.

Bisher gutes Storchen-Jahr

Es gibt aber auch gute Nachrichten. Nach Angaben des Nabu-Experten ist 2024 in Sachen Bestände ein besseres Storchen-Jahr als zuletzt. Zwar gebe es auch hier noch keine offiziellen Zahlen. Doch habe ein Kollege Ludwigs allein in der Prignitz 300 der Vögel beringt, bis ihm die Ringe ausgegangen seien. Auch der Nachwuchs entwickle sich vielerorts bis dato gut. Ähnlich erfreuliche Meldungen gibt es auch aus anderen Brandenburger Regionen, heißt es vom Naturschutzbund.

Nachtrag: Am Dienstagnachmittag hat der Wildtier-Beauftragte Lutz Ittermann mitgeteilt, dass der am Montag angefahrene Storch mittlerweile an seinen Verletzungen gestorben ist. Geplant war ursprünglich, den Wildvogel transportfähig zu bekommen, um ihn in der Tierklinik der Freien Universität Berlin behandeln zu lassen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 02.07.2024, 15:10 Uhr

Beitrag von Tony Schönberg

12 Kommentare

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  1. 12.

    Intensive Landwirtschaft gibt es nicht erst „seit gestern“ - tausende Windkraftindustrieanlagen dagegen schon.

  2. 11.

    Ok, ganz flacher Ball:
    " Er bestätigt allerdings, dass in den vergangenen Jahren vermehrt Weißstörche von Autos verletzt wurden."
    ...
    "Immer wieder werden sie im Straßenverkehr von Autos angefahren und verletzt."
    ...
    Besser?

  3. 10.

    Nirgends in diesem Artikel steht das „rasendeAutofahrer“ die Verursacher sind. Einfach nochmal lesen, sofern dazu in der Lage, und einfach mal den Ball flach halten.

  4. 8.

    Die Polizei könnten sehr wohl viel mehr kontrollieren, etwa statt "Aufklärung" aber sie kontrollieren nur zweimal in Jahr, und mit Vorwarnung.

    Geht auch ohne Technik - ich würde Polizisten neben Stoppschilder stationieren, um Autofahrer das Lesen beizubringen.

  5. 7.

    Brandenburger können sich erinnern, dass die Landwirte gegen die Vernässung von Mooren waren. Der Einwand war, ihre Viehwirtschaft. Sie würden kein bzw. weniger Futter für ihre Tiere erhalten. Im Laufe der Zeit war alles andere wichtiger? Der Klimaschutz mit der Landwirtschaft ließ sich nicht vereinbaren? Was nützt ein Moorland, wenn es trockengelegt wurde und mehr CO2 ausstößt? Die Politik wird nie den Autoverkehr verbieten, er wird sich jedoch dem Klima anpassen müssen.

  6. 6.

    So traurig, diese Entfremdung: Nahrungsmangel und intensive Landwirtschaft locken die Vögel in die Straßengräben.
    Leute, macht mit und schließt Euch der Greenpeace-Verfassungsbeschwerde an, s. Website. Wir können nur gewinnen.

  7. 5.

    Das mit den Katzen hat jeder verantwortungsvolle Tierhalter ja selbst in der Hand... Einfach kastrieren lassen und nicht immer auf die Politik warten!

  8. 4.

    Sehr gut geschrieben !!!
    Wir brauchen in Brandenburg mehr Feuchtgebiete mehr Feuchtwiesen mehr Moore.
    Aber - auch weniger Katzen und Pkw, s und dafür einen besseren ÖPNV.

  9. 3.
    Antwort auf [Horst] vom 02.07.2024 um 14:29

    Die Polizei hat, bedingt durch Demonstrationen, Fussballspiele, Staatsbesuche, usw. leider kaum noch Zeit für Verkehrskontrollen.
    Und Wildtiere, Natur, Umwelt und Klima, haben nur geringen Stellenwert, im heutigen ,,Turbokapitalismus,,.
    Nach der Devise : Ellenbogen raus und neben, vor und hinter mir, Alles platt machen.

  10. 2.
    Antwort auf [Horst] vom 02.07.2024 um 14:29

    Zäune für wen? Für fliegende Störche/ Vögel und Katzen? Mehr Feuchtgebiete müsste es geben, wo die Störche und Vögel geschützter sind vor Menschen mit Auto. Es wird zu viel verbaut, was vorher ein guter Futterplatz für sie Mal war.
    Für mich ist es herrlich, wenn ich auf den großen weiten Wiesen Störche beobachten kann, am Abend und in der Früh von meinen Garten aus. Das kann nicht jeder, dass ist mir bewusst - aber für den Tierschutz kämpfen, das könnten alle.

  11. 1.

    Das Hauptproblem für Störche/Amphibien/Insekten/Tiere aller Art, sind die unendlichen Brandenburger Monokulturen.
    Feuchtgebiete/Feuchtwiesen verschwinden/wurden und werden trockengelegt - für Monokulturen der Agrarindustrie und der Energie-Lobby.
    Monokulturen zurückdrängen und die Landschaften wiedevernässen - dann klappt es auch mit der Tierwelt wieder und mit unserem Klima.

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