Haushaltsloch - Streichliste in Potsdam wird laut Oberbürgermeister Unruhe und Schmerz auslösen

Do 05.12.24 | 14:34 Uhr
  14
Archivbild:Blick auf die Innenstadt von Potsdam am 22.08.2024.(Quelle:picture alliance/dpa/C.Soeder)
Bild: picture alliance/dpa/C.Soede

Die Stadt Potsdam muss Millionen einsparen. Der Oberbürgermeister rechnet mit viel Aufregung wegen der Kürzungspläne. Bis auf eine sollen städtische Einrichtungen aber erhalten bleiben.

Angesichts des millionenschweren Haushaltslochs kündigte Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) schmerzhafte Einsparungen in der brandenburgischen Landeshauptstadt an. "Die Streichliste hat für Unruhe gesorgt und wird für Unruhe sorgen", sagte der SPD-Politiker in der mehrstündigen Stadtverordnetenversammlung am Mittwochabend.

Die notwendigen Einsparungen seien angesichts eines strukturellen Defizits von rund 50 Millionen Euro notwendig, aber auch schmerzhaft. "Wir wollen möglichst keine städtischen Einrichtungen schließen – bis auf die Biosphäre", sagte Schubert weiter. Bislang habe sich die Landeshauptstadt Potsdam mehr leisten können als die meisten anderen Städte in Brandenburg. Vieles davon werde wahrscheinlich "bei uns auch nicht mehr gehen", so der Oberbürgermeister.

Haushaltsentwurf steht immer noch aus

Neben der Schließung des Tropenhauses Biosphäre und Kürzungen bei Zuschüssen im Kultur- und Jugendbereich stehen auch mögliche neue Abgaben zur Diskussion – etwa Eintrittsgelder für die Potsdamer Parks, eine mögliche Verpackungssteuer und eine sogenannte City Tax.

Am Abend von den Stadtverordneten beschlossen wurde bereits eine Erhöhung der Wasserpreise um elf Prozent. Und auch die Müllentsorgung wird teurer: Die sogenannte Basisgebühr steigt dem Beschluss zufolge pro Haushalt und Person um 6,47 Euro im Jahr. Weitere Entscheidungen zu höheren Abgaben oder Sparmaßnahmen der Stadt und der Haushaltsentwurf stehen jedoch noch aus.

"So schwierig war es ewig nicht, wie es im Moment ist", sagte Potsdams Kämmerer Burkhard Exner (SPD) zum anstehenden Haushaltsentwurf, der eigentlich Ende Dezember vorgelegt werden sollte. Exner hat im Stadtparlament aber beantragt, noch bis Ende Januar Zeit zu bekommen. Dem haben die Stadtverordneten mehrheitlich zugestimmt.

Kämmerer: Keine Kürzungen im ÖPNV in Potsdam

Die Einsparpläne und -zwänge zogen sich durch viele der insgesamt mehr als 150 Einzelpunkte, Vorlagen und Anträge der Mammut-Sitzung - und lösten in der Stadtverordnetenversammlung abermals viel Kritik aus. Dass die ehrenamtlichen Stadtverordneten statt eines Haushaltsentwurfs eine "Potenzialliste" mit möglichen Kürzungen erhielten, kritisierte etwa Leon Troche, der im Sommer von der SPD zur CDU-Fraktion gewechselt war. "Giftliste trifft es, ehrlich gesagt, besser", sagte Troche während der Sitzung und kritisierte Schubert für Ankündigungen, die dieser nicht erfülle.

Auf der "Potenzialliste zur Haushaltsaufstellung 2025 ff.", die dem rbb vorliegt und die Einsparmöglichkeiten beziehungsweise Kürzungen im Haushalt für die kommenden drei Jahre auflistet, stehen zum Beispiel: Zuschüsse zum Schulessen, Projektförderungen in der Jugendarbeit, Erhebung von Bibliotheksgebühren auch für Kinder und Jugendliche unter 18, die Rückabwicklung kommunaler Kitas und deren Abgabe an freie Träger, die Schließung von Nachbarschaftshäusern, die Deckelung der Förderung des Potsdam Museums, des Naturkundemuseums und des Hans Otto Theaters, aber auch eine mögliche Ertragsoptimierung auf dem Sportareal Luftschiffhafen durch stärkere kommerzielle Nutzung sowie die Erhöhung der Pacht auf öffentlichem Grün.

Kürzungen beim ÖPNV solle es nicht geben, beschwichtigte Kämmerer Exner. Alle Verluste, die die von der Stadt bezuschusste Verkehrsbetrieb Potsdam GmbH macht, würden durch die Stadtwerke getragen. "Es gibt den gültigen Fahrplan und den öffentlichen Dienstleistungsauftrag, der gilt bis 2033 - da hängt niemand in der Luft. Selbstverständlich wird weitergefahren im jetzigen Umfang", sagte Exner.

Harte Einsparungen auch in Berliner Haushalt geplant

Rathauschef Schubert verwies im Rahmen der Stadtverordnetenversammlung auch auf rote Zahlen in vielen deutschen Städten. Im kommenden Jahr wird sich nach Angaben der kommunalen Spitzenverbände das Defizit der deutschen Kommunen voraussichtlich auf eine Rekordhöhe von 13,2 Milliarden Euro verdoppeln.

Auch das benachbarte Berlin muss deutlich sparen. Dort lösen geplante Kürzungen etwa im Kultur-, Sozial- und Bildungsbereich viel Protest aus. Die schwarz-rote Berliner Koalition will im Landeshaushalt 2025 Einsparungen in Höhe von drei Milliarden Euro vornehmen.

Bisher sind unter anderem Einsparungen von 660 Millionen Euro im Verkehrssektor und 130 Millionen Euro in der Kultur geplant. Der Entwurf für den Berliner Nachtragshaushalt soll am 19. Dezember verabschiedet werden, sodass die Kürzungen dort zu Beginn des neuen Jahres wirksam werden könnten.

Mit Material von Jacqueline Piwon, Tim Jaeger und Michaela Grimm

Sendung: Antenne Brandenburg, 05.12.2024, 06:30 Uhr

14 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 14.

    Die Außenministerin schreibt sich Baerbock, nicht Bärbock. Kurzum: Manchmal trifft "Ae" lautmalerisch mit "Ä" überein, oft genug aber auch nicht. Ich schreibe dies vor allem deshalb, weil ich fürchte, dass aus dem Poeten irgendwann lautmalerisch im Umkehrschluss der "Pöt" wird.

    ;-)

  2. 13.

    Solange täglich ein Politiker,da können sie sogar mit dem Zug fahren,nach Kiew reist,um zu fragen,ob man nicht noch ein wenig mehr Geld von deutschem Steuerzahlern will,fehlt das Geld nicht,es wird nur falsch ausgegeben.
    Und z.B.Blackrock verdient an allen Waffengeschäften mit u d damit auch die Vertreter der Firma,wie z.B.Herr Merz.
    Und dann sollen die Deutschen,die brav ihre Steuern nach Kiew bezahlt haben,im Inland jegliche Einschränkung erfahren,weil der E nur einmal ausgegeben werden kann.

  3. 12.

    Nun ist die ScholzHabeckBärbock-Politik auch in Brandenburg und Berlin angekommen, massiv...

  4. 11.

    Was die Finanzen angeht, gab und gibt es in der Tat eine Art Achterbahnfahrt: Massive Einsparungen bei den Personalausgaben für das städtische Klinikpersonal und gezielte Auslagerungen mit Entgelt-Dumping dazu einhergehend, dann, als das Personal sich in alle Richtungen verdünnisierte, die Maßnahmen wieder - sinnvollerweise - korrigierend. Derartige Entgeltsteigerungen sind im Haushaltsdefizit natürlich berücksichtigt und das ist auch überaus sinnvoll.

  5. 10.

    Das ist ja eine recht merkwürdige Logik: Weder habe ich noch jemand anders etwas über die Verursachenden geschrieben, ansonsten würde sich eine derartige Neueinstellung mehrfach "rechnen." So etwas mit dem Hinweis auf eine Haushaltssperre nicht zu tun, wäre so, wie seinerzeit Sven Petke bezüglich der maximalen Kilometerbegrenzung für die Polizei argumentiert hat: Weil die DURCHSCHNITTLICHE Fahrleistung aller Dienstwagen mit gut 43.000 km unterhalb der 50.000 km Obergrenze läge, sähe er das aufgeworfene Problem nicht, dass Polizisten in entlegenen Gebieten mit höheren Fahrleistungen kundtäten.

  6. 9.

    Nun denn, werden Sie begrifflich konkret und erklären detailliert, was Daseinsvorsorge ist und was nicht. Woher Sie diese Abgrenzung nehmen. Warum in diesem Land seit Jahren die Einnahmeseite hinsichtlich Vermögender und Gutverdienender sakrosankt ist. Ich gehöre statistisch zu letzteren und bekomme das kalte Kotzen, wenn ich diese Kürzungsideen sehe und die Auswirkungen und gleichzeitig weiß, dass mich ein paar Prozente mehr Einkommenssteuer auf die oberen Prozente meines Einkommens immer noch gut leben lassen würden.

  7. 8.

    Ich staune ja, so ein wichtiges Thema, und bis jetzt nur 3 Kommentare. Vielleicht kommt ja noch was.
    Der Punkt City Tax ist doch sehr interessant.

  8. 7.

    Wenn Haushaltssperre ist, wird kein Personal eingestellt. Falschparker haben den schiefen Haushalt übrigens nicht verursacht.

  9. 6.

    Wenn schon dann Zahlungen an alle Parteien einstellen, anderenfalls wird das Gerichtsverfahren teurer als die Zahlung.

  10. 5.

    Potsdam wird nicht die letzte Kommune sein, die die jahrelange Schieflage ihres Haushaltes schmerzhaft korrigieren muß. So manche "soziale Wohltat" kann man sich halt nicht mehr leisten, daß "Kerngeschäft" einer Kommune ist und bleibt die "Daseinsvorsorge". Alles andere kann man sich nur leisten, wenn man das Geld dafür hat. Wer kann schon als Privatmann jahrelang über seine Verhältnisse leben. Die "öffentliche Hand" nimmt sich dieses Recht einfach heraus.

  11. 4.

    Das erklären Sie mal. Ich kann Ihnen irgendwie nicht folgen.

  12. 3.

    Liest man die "Potentiale" im Artikel, trifft der Rückzug der öffentlichen Hand natürlich wieder überproportional Menschen mit geringen Einkommen. Auf der anderen Seite steht als Bundesbremse eine kleine Lobbyvereinigung vermögender Menschen namens FDP, welche Einnahmeerhöhungen zu Lasten Vermögender und Gutverdienender verhindert, ja mehr noch diese in den letzten Jahren überproportional entlastete. Ein System, das seit Jahren ungebremst umverteilt. Einfach krank.

  13. 2.

    Ein Teil der Herausforderungen ließe sich auch durch eine Verbesserung der Einnahmenseite lösen. Das Geld liegt ja förmlich auf der Straße und auch Potsdam weigert sich, in adäquatem Maße zuzugreifen. Streifen, die vorschriftswidrig abgestellte Fahrzeuge notieren und ein Bußgeldbescheid ausstellen, sind a. o. selten zu sehen. Das ist nicht nur in Parkverbotszonen so, auch in bewirtschafteten Zonen und in Einmündungsbereich, in denen im 5 Meter-Bereich gar kein Kfz. abgestellt werden darf.

    Beim Letztgenannten hat die Bestimmung den Sinn, dass sich Verkehrsteilnehmer - gleich des Verkehrsmittels, was sie benutzen - besser sehen können und zum Zweiten dient es dazu, dass die Gehwege über die Fahrbahnen HINWEG benutzt werden können - sozusagen als "unsichtbarer Gehweg". Nicht nur Geheingeschränkte mit Rollstühlen und Rollatoren, auch Kinder unter 10 Jahre leiden darunter, dass sie mit ihren Rädern jäh an abgestellten Fahrzeugen enden.

    Greifen Sie zu. Stellen Sie Personal ein.

  14. 1.

    Dann sollte sie auch die Zahlungen an rechtsextremistische Parteien einstellen, sofort!

Nächster Artikel