Bis Ende November - Arme Berliner Familien bekommen vorerst keine Klassenfahrt-Zuschüsse mehr

Do 17.10.24 | 19:17 Uhr
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Symbolbild: Kind sitzt einsam auf seinem Schulranzen. (Quelle: dpa/Thomas Koehler)
dpa/Thomas Koehler
Audio: Fritz vom rbb | 17.10.2024 | Timo Mascheski | Bild: dpa/Thomas Koehler

Berlin spart nicht nur bei den Zuschüssen für Klassenfahrten bei Lehrern: Der CDU/SPD-Senat bewilligt vorerst auch keine Hilfen mehr für Kinder aus armen Familien. Anspruch auf diese Zuschüsse hatten zuletzt rund 30 Prozent der Schüler.

Kinder aus armen Familien in Berlin bekommen vorerst keinen Zuschuss mehr für Klassenfahrten bewilligt. Das wurde am Donnerstag bekannt.

Die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Franziska Brychcy, hatte zuerst darauf aufmerksam gemacht. Wie sie am Donnerstag unter Berufung auf ein Schreiben der Sozialverwaltung mitteilte, wurden nicht nur die Zuschüsse für Lehrkräfte auf Eis gelegt, denen das Land die Reise finanziert. Auch die Kostenübernahme für Klassenfahrten für Schülerinnen und Schüler mit Anspruch auf Bildungs- und Teilhabeleistungen sei ausgesetzt worden - zunächst bis mindestens Ende November 2024.

Die Senatsverwaltung erklärte dem rbb, dass bis Ende November 2024 keine Zuschüsse ohne vorherige Abklärung genehmigt werden sollen.

Bisher Lehrer-Zuschüsse im Fokus

Unter Verweis auf Einsparzwänge hatte Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) Mitte Oktober angekündigt, dass Berliner Schulen bis Ende November keine Klassenfahrten mehr buchen dürfen. Es gehe darum, keine Kosten für den Landeshaushalt zu verursachen. Unter anderem werden die Reisekosten von Lehrerinnen und Lehrern mit öffentlichen Mitteln finanziert. Hier hieß aus der SPD, Klassenfahrten könnten aber stattfinden, wenn Lehrkräfte die Kosten selbst trügen.

"Verheerende Entscheidung"

Die Berliner Linke übt scharfe Kritik am vorläufigen Stopp der Bezuschussung von Klassenfahrten. Die Entscheidung des Senats sei verheerend und treffe die Schwächsten der Gesellschaft, erklärte Brychcy. "Die Finanzverwaltung muss diesen bildungs- und sozialpolitischen Wahnsinn sofort beenden", forderte Brychcy. Alle Schüler müssten an Klassenfahrten teilnehmen können. "Für unabweisbare, dringend notwendige Sozialleistungen wie die Kostenübernahme von Klassenfahrten braucht es eine Ausnahme von der Haushaltssperre."

Günther-Wünsch betonte inzwischen, dass sie davon ausgehe, dass es 2025 wieder ein Budget für Klassenfahrten geben werde. Mit dem Geld müsse wegen der angespannten Haushaltslage aber "maßvoll" umgegangen werden.

Nach Angaben der Senatorin wurden in diesem Jahr 8.500 Klassenfahrten durchgeführt oder beantragt. Das Volumen der Reisekostenerstattung habe im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent zugenommen.

Anspruch auf sogenannte Bildungs- und Teilhabeleistungen, also auch auf Zuschüsse für Klassenfahrten, haben etwa 30 Prozent aller Berliner Schüler, also um die 120.000. Allerdings dürfte nur ein vergleichsweise geringer Teil davon vom aktuellen Stopp der Zuschüsse für sechs Wochen betroffen sein.

Sendung: Fritz vom rbb, 17.10.2024, 21:30 Uhr

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34 Kommentare

  1. 34.

    Das ist so auch nicht ganz richtig. Es gibt eine Menge Unterstützung und Möglichkeiten für Teilhabe. Aber man muss es erstmal wissen und teilweise auch intellektuell und sprachlich in der Lage sein, sich zu kümmern.
    Allerdings haben es auch zwei Otto-Normalverdiener mit zwei Kindern ohne jede zusätzliche Unterstützung in diesen Tagen nicht mehr so leicht. Das wird in allen Diskussionen auch gern mal vergessen.

  2. 33.

    Wem gehören die Kinder? Den Eltern,nicht dem Staat! Auch nicht dem Senat!
    JEDER kann nur das ausgeben, was er zur Verfügung hat.
    Mit dummen Sprüchen ist keinem Kind geholfen. Früher haben Eltern für bedürftige Kinder die Klassenfahrt ermöglicht,nicht der Staat oder der Senat.

  3. 32.

    Ich hoffe mal, dass hier Bundesrecht dieser Entscheidung entgegensteht und dagegen gerichtlich vorgegangen wird. Kinder von den Klassenfahrten auszuschließen, nur weil ihre Eltern arm ist nicht nur extrem unfair, sondern trägt weiter zur Spaltung der Gesellschaft bei. Ich habe ja von der CDU auch nichts anderes erwartet, aber es muss ja Leute gegeben haben, die sie gewählt haben. Hoffentlich öffnen sich hier die Augen mancher Menschen, was uns ab 2025 erwartet, sollten die aktuellen Umfragen sich bewahrheiten. Und Merz ist noch einen Zacken schärfer als der Berliner Bürgermeister.

  4. 31.

    Boah, Sie haben ja echt Ahnung. Was kosten wohl 3 bis 5 Tage Übernachtung mit Vollverpflegung im Umland oder im Harz? Wissen Sie eigentlich, was arm sein bedeutet? Haben Sie das schonmal erlebt? Und was: die Kinder sollen dann beim Abwasch helfen? Ich finde diesen Kommentar echt krass. Oder war das nur Spaß? Gar nicht witzig!!!

  5. 30.

    Ich hatte vergangenes Jahr vier klassenfahrten, 2x Neustrelitz, 1x Harz, 1x Zinnowitz. Alles bestenfalls Jugendherbergsniveau. 1500Euro in Summe. Von all inclusive kann da keine rede sein
    Zwei der Fahrten dann auch noch via Regionalbahn. Die Zustände da kennt man ja. Da gehen dann auchb gleich zwei volle Tage allein für an und abreise ab. Mich trifft das jetzt selbst hart. Hatte eigentlich mit dem Zuschuss gerechnet. Da es aber Bundesgesetz ist kann och mir nicht vorstellen, dass dieser "Ausgabenstopp" sozial- und verfassungsrechtlich rechtmäßig ist.

  6. 29.

    Man ist ja von CDU-Regierungen in Berlin so einiges gewohnt aber so viel Unfähigkeit und Dreistigkeit habe selbst ich mir nicht vorstellen können.
    Ob Frau Günther-Wünsch wohl aufgefallen ist dass es eine Inflation gibt die sich gerade bei Übernachtungspreisen niederschlägt? Ein Senat der es noch nicht einmal schafft Kinder vernünftig mit Essen zu versorgen kann vermutlich nicht sehen dass eine Klassenfahrt nach Coronaeinschränkungen, die ja vor allem auf den Rücken von Kindern ausgetragen wurden, die psychische Gesundheit stärkt.
    Wer hier von Luxusreisen faselt hat wohl nicht mitbekommen dass die Brandenburger hohe Einbußen durch den Beschluss des Berliner Senats fürchten.

  7. 28.

    Meine Kinder konnten auch nicht jede Klassenfahrt mitmachen, aus finanziellen Gründen. Sie sind weder traumatisiert, noch hatten sie das Gefühl, arm zu sein. Wir waren immer berufstätig, Vollzeit, gute Facharbeit, trotzdem immer nur Mindestlohn, da war nichts mit Zuschüssen, entweder es reichte oder eben nicht. Die Kinder verstehen das auch, wenn sie sehen, wie die Eltern dafür rackern und es reicht trotzdem nicht.
    Daraus lernt man, einen Beruf zu erlernen, der krisensicher und gut bezahlt ist, das haben meine Kinder auch umgesetzt.
    Merke, auch aus Krisen kann man mit Resilienz viel Positives mit in die Zukunft nehmen.

  8. 27.

    Bildung hat keinen hohen Stellenwert in Deutschland. Bedauerlich.

  9. 26.

    Armes Deutschland.
    Aber rum jammern, wenn die oberen 5% Top Verdiener mal paar Cent mehr steuern zahlen müssen.
    Das sollen die super reichen mal und das Geld soll lieber für die 30% der Kinder verwendet werden, deren Eltern sich das nicht leisten können.

    Das gebietet für mein Verständnis schon der Anstand.
    Und es ist völliger Quatsch, als ob Ostsee oder Harz nennenswert preiswerter wären, als Städte im Ausland.

  10. 25.

    Die Senatorin sollte sich zutiefst für diese Entscheidung schämen.

  11. 24.

    So ein Quatsch! Kinder aus armen Familien können sich das nicht leisten. Und die trifft es hier besonders hart, weil sie sonst eben meist auch keine Reisen, Ferien oder sonst was machen können!

  12. 23.

    Es ist eine Schande.Es kann nicht sein dass auf Kosten unserer zukünftigen Generation gespart wird.Außerdem ist dies ein herzlos Verhalten.

  13. 22.

    Wieso können sich nur noch 70 % der Familien die Klassenfahrten ihrer Kinder aus eigener Kraft leisten? Wieso gelten 30 % der Kinder als arm? Das ist ja unglaublich viel.

  14. 21.

    Ich weiß nicht, woher dieses Vorurteil kommt, Klassenfahrten würden alle nach Nizza, Paris oder in die Karibik gehen. Betroffen sind (wie immer im Kapitalismus) als erstes die Armen...

  15. 20.

    Das war ja absehbar mit dem Sieg der CDU. Prima, bei den Kindern sparen und schön die Wirtschaft pampern. Ich finde es das allerletzte. Gerade BuT Leistungen sind der Schlüssel zur Teilhabe ärmerer Kinder. Alleine durch Bußgelder für Mietwucher entgegen der Mietpreisbremse hätte Berlin genug Geld einnehmen können. Aber wie heute an anderer Stelle hier gelesen wurde bislang kein einziges Verfahren geführt. Immer weiter so CDU. Ganz großartig....

  16. 19.

    Danke, Kai.
    Endlich bekommt der Prenzlauer Berg ein neues Stadion, für letztlich hunderte Millionen Euro, dass so wichtig ist, weil das alte Stadion so untragbar ist. Kann man stoppen, will der Kai nicht, die Nachbarn aber schon. Warum sollten da Kinder auf Klassenfahrt gehen können, sollen die doch Kuchen essen, wenn sich die Eltern das Erlebnis nicht leisten können.

  17. 18.

    Danke, SPD. Hauptsache es ist Geld da für das sinnlose 29 Euro Ticket. Frau Giffey hat die Prioritäten gesetzt und bei der nächsten Wahl in Berlin kommt die Quittung.

  18. 17.

    Was sind Sie denn für Eine? Ich nehme an Sie haben keine Kinder. Und keine Empathie.

  19. 16.

    Die meisten Klassenfahrten gehen auch nicht „weiß ich wohin“. Und im übrigen heißt irgendwo an den See oder in den Harz auch nicht unbedingt günstig. Anbieter von Klassenfahrten schlagen ganz schön drauf.
    Außerdem gilt für Grundschulen in der Regel nur ins Brandenburger Umland zu fahren.
    Es ist eine Unverschämtheit, an der Stelle einen Ausgabenstopp zu verhängen. Man hätte es auch preislich deckeln können.

  20. 15.

    Entzückend. Macht ruhig weiter mit der Ausgrenzung.

    Das sorgt für sozialen Frieden in allen Richtungen. Große Güte was eine Armut.
    Nicht nur, dass bei Bildung überhaupt gespart wird, nun das.

    Bravo, wie man so in die Zukunft investiert.

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