Gefahr für Nutztiere - Giftiges Frühlingskreuzkraut breitet sich in der Lausitz aus

Fr 19.05.23 | 11:20 Uhr
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Jakobskreuzkraut auf einem Feld (Foto: rbb/Schaale)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 19.05.2023 | Ronja Bachofer | Bild: rbb/Schaale

Nach Ambrosia und Jakobskreuzkraut verbreitet sich eine weitere giftige Pflanze in der Lausitz: Das Frühlingskreuzkraut. Der Bauernverband warnt, Landwirtinnen und Landwirte machen sich Sorgen. Von Ronja Bachofer

Es sieht auf den ersten Blick wie Raps oder Johanniskraut aus, ist aber in Wirklichkeit gefährliches Frühlingskreuzkraut, das bei Landwirt Heiko Terno in Kemlitz (Teltow-Fläming) wächst."Das ist hier wie der Apfel bei Schneewittchen. Sieht schön aus, ist aber giftig", sagt er.

Das Frühlingskreuzkraut breite sich in der Lausitz aus, sagt Terno, der auch Vizepräsident des Brandenburger Bauernverbandes ist. Bei ihm wachse das giftige Kraut in diesem Jahr zum ersten Mal. Das plötzliche Auftreten vergleicht Terno mit Corona. "Wir kannten Frühlingskreuzkraut bisher gar nicht und dieses Jahr [ist es] invasionsartig."

Das hatte bereits direkte Auswirkungen. So habe er die Ernte der Luzerne um zwei Wochen verschieben müssen, weil er zuerst das Frühlingskreuzkraut auf dem Feld beseitigen musste.

Landwird Heiko Terno auf einem Feld mit Frühlingskreuzkraut (Foto: rbb/Screenshot)
Heiko Terno | Bild: rbb24 Brandenburg Aktuell Screenshot

Schwerpunkte im Norden Brandenburgs

Das Frühlingskreuzkraut fühlt sich an sonnigen Orten in trockenen, sandigen Böden besonders wohl. Erst Anfang Mai hatte der Landesbauernverband vor Kontakt mit den gelben Blüten gewarnt. Die Pflanze sei derzeit an vielen Straßen- und Feldrändern zu sehen und breite sich auf die angrenzenden Wiesen und Weiden aus. "Vorkommen in geringen Anzahlen sind unbedenklich", heißt es vom Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft (MLUK/PDF). "Zum Problem werden Kreuzkräuter bei massenhaftem Auftreten."

Aktuelle Daten zur Verbreitung gibt es nicht, die letzten Zahlen hat das Ministerium 2017 veröffentlicht. Demnach waren vereinzelt auch landwirtschaftliche Flächen befallen, die vor allem in den Landkreisen Oberhavel und Havelland.

Auf einer Karte von Brandenburg ist die Verbreitung des Krauts zu erkennen (Grafik: rbb24 Brandenburg Aktuell)
| Bild: rbb24 Brandenburg Aktuell

Frühlings- und Jakob-Kreuzkraut

Bei Heiko Terno wächst das Kraut auf einer sogenannten Stilllegungsfläche. Um hier zu mähen, braucht er eine Ausnahmegenehmigung, die er vom Landkreis bekommen hat.

Schnelles Handeln sei hier auch nötig, sagt der Landwirt. "Bei so einer Fläche, das ist ja Wahnsinn, was hier an Samen rauskommt. Man sieht ja, wie leicht der ist. Wenn hier Wind ist, fliegt der kilometerweit." Terno befürchtet, dass das giftige Kraut so auf angrenzende Flächen gelangt, auf denen er Kartoffeln, Mais oder Erbsen anbaut.

Landwirte wie er, die Felder bewirtschaften, sollten das Frühlingskreuzkraut entfernen und nicht auf den Kompost, sondern in eine Verbrennungsanlage bringen. Ähnliches gilt für Privatpersonen, bei denen die Pflanze zum Beispiel im Garten wächst: Wo es sich zu sehr ausbreitet, sollte es mit Handschuhen möglichst mit den Wurzeln rausgerissen und verbannt oder im Restmüll entsorgt werden.

Mehrere Schafe gestorben

Rund 80 Kilometer weiter östlich in Hornow hat Saskia Dörry ähnliche Sorgen wie Heiko Terno. Zwischen Klee und Löwenzahn verstecken sich überall die gelben Blüten des Frühlingskreuzkrautes. Für ihre Schafe ist es wegen seines Gehalts an Alkaloiden giftig, die Leberfunktionsstörungen verursachen können und krebserregend sind.

Es ist ein Gift, dass das ganze Leben in der Leber bleibe und nicht abgebaut werden könne, so Dörry. "Jedes Jahr ein paar Blätter... und dann nach zehn Jahren kann das eine Blättchen zu viel gewesen sein und dann fallen sie tot um."

Sechs ihrer Schafe seien im letzten Jahr gestorben, nachdem sie Jakobskreuzkraut gefressen hatten, sagt Dörry. Es ist mit dem Frühlingskreuzkraut verwandt, blüht ab Mitte Juni und ist in Brandenburg schon länger heimisch. Auch andere Tierhalter hätten ihr von Todesfällen erzählt, sagte sie.

Auf einer Landkarte von Brandenburg ist die Verbreitung des Jakobskrauts zu erkennen (Grafik: rbb24 Brandenburg Aktuell)

Das Jakobskreuzkraut ist laut den Daten des MLUK von 2017 vor allem im Nordwesten und Südosten Brandenburgs verbreitet. Ein starker Befall von landwirtschaftlichen Flächen wurde demnach in den Landkreisen Oberhavel, Ostprignitz-Ruppin, Havelland und Prignitz festgestellt.

Schäferin Saskia Dörry umgeben von mehreren Schafen (Foto: rbb/Screenshot)
Saskia Dörry | Bild: rbb24 Brandenburg Aktuell Screenshot

Laut MULK würden Schafe wie auch Ziegen größere Giftmengen von Kreuzkräutern tolerieren. Doch auch wenn die meisten Schafe von Saskia Dörry das Jakobskreuzkraut überlebt haben, merkt sie Veränderungen bei ihren Tieren. An den Inhaltsstoffen der Muttermilch habe "irgendetwas" nicht gestimmt, sagt sie. Die Tiere hätten sich nicht gut entwickelt.

"Ich hatte extrem viele Flaschenlämmer, die ich zufüttern musste, weil die Milchleistung schlecht war, obwohl alles andere eigentlich gestimmt hätte." Inzwischen fürchtet sich Saskia Dörry mehr vor dem Kraut als vor dem Wolf, sagt sie.

Auch für Menschen gefährlich

Laut dem Landesbauernverband in Brandenburg (LBV) könnten erfahrene Weidetiere das
Kraut im Gras ausmachen und würden es meiden. Allerdings würden sie es im konservierten Zustand als Heu oder Silofutter nicht mehr erkennen.

Auch für Menschen können Kreuzkräuter gesundheitsschädigend sein, heißt es vom MULK. Die enthaltenen Alkaloide könnten zum Beispiel durch Kräutertees oder Honig in den Körper kommen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 19.05.2023, 7:30 Uhr

11 Kommentare

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  1. 11.

    Es scheint eine Pflanzenart zu sein, die sehr früh mit der Blüte beginnt. Meist tut sie das früher als alle anderen Pflanzen und hat dadurch Standortvorteile. Bis heimische pflanzen an die Klimawandel angepasst sind, kann es dauern, da die Erwärmung nicht geradlinig und kontinuierlich verläuft.
    Ein weiterer Grund für das massive Auftreten dieser Pflanze scheint das seltene Mähen von Verkehrsnebenflächen zu sein.

  2. 10.

    Sie stellen Maßnahmen in Frage ohne ersteinmal die Hauptfrage zu klären, wieso breiten sich diese giftigen heimischen Kreuzarten überhaupt so rasant aus?
    Eines ist doch offensichtlich, es handelt sich um ein massiv gestörtes natürliches Gleichgewicht, sehr wahrscheinlich als direkte oder indirekte Rückwirkung größeren menschlichen Eingreifens in natürliche Prozesse, insbesondere im Zusammenhang mit Tierhaltung, Viehzucht und Ackerbau (Landwirtschaft).

  3. 9.

    Ja aber man soll ja z.b. keinen Rasen mähen, damit die Insekten genug Futter bekommen. Und jetzt rumjammern, dass sich giftige Pflanzen verbreiten. Es ist wie immer, es wird etwas rausposaunt ohne über die Folgen nachzudenken.

  4. 8.

    Jo, immer schön weiter Glyphosat auf die Felder, aber wundert euch nicht, zu was Mutter Natur noch so greift.

  5. 7.

    Jedwedes Gift ist schädlich und darf nicht in die Nahrungskette jedweder Lebewesen.
    Starke, vielfältiges Artensterben ist zu einem großen Teil auf Gifte vom Menschen verursacht zurückzuführen. China ist ein Beispiel. Obstplantagen müssen manuell bestäubt werden, da man alles ausgerottet hat.
    Am Ende verliert auch der Mensch!
    Für die hier beschriebene Pflanze wird es Gründe der Verbreitung geben und sicher auch Möglichkeiten, diese ohne Gift einzudämmem.

  6. 6.

    In Süden Brandenburgs - genau in Niedergörsdorf bei Jüterbog - beobachte ich die Verbreitung des Frühlingskreuzkrauts auch schon seit einigen Jahren, leider mit einer massiven Zunahme der befallenen Flächen.

  7. 5.

    Glyphosat in reiner Form (und nur die ist in der EU zugelassen) ist weit weniger umweltschädlich als andere Herbizide. Die glyphosathaltigen Giftcocktails, die in Amerika und China die Äcker und Baumwollfelder vergiften, waren hier nie erlaubt.

  8. 2.

    Ich hab diese Pflanze dieses Jahr auch erstmalig in Massen wahrgenommen. In der einschlägigen Literatur wurde es als schwach giftig ausgewiesen. Schade, dass es so gefährlich ist; ich finde es sehr attraktiv.

  9. 1.

    Was ist giftiger: Glyphosat oder Frühlingskreuzkraut?

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