Gefahr für Nutztiere - Giftiges Frühlingskreuzkraut breitet sich in der Lausitz aus
Nach Ambrosia und Jakobskreuzkraut verbreitet sich eine weitere giftige Pflanze in der Lausitz: Das Frühlingskreuzkraut. Der Bauernverband warnt, Landwirtinnen und Landwirte machen sich Sorgen. Von Ronja Bachofer
Es sieht auf den ersten Blick wie Raps oder Johanniskraut aus, ist aber in Wirklichkeit gefährliches Frühlingskreuzkraut, das bei Landwirt Heiko Terno in Kemlitz (Teltow-Fläming) wächst."Das ist hier wie der Apfel bei Schneewittchen. Sieht schön aus, ist aber giftig", sagt er.
Das Frühlingskreuzkraut breite sich in der Lausitz aus, sagt Terno, der auch Vizepräsident des Brandenburger Bauernverbandes ist. Bei ihm wachse das giftige Kraut in diesem Jahr zum ersten Mal. Das plötzliche Auftreten vergleicht Terno mit Corona. "Wir kannten Frühlingskreuzkraut bisher gar nicht und dieses Jahr [ist es] invasionsartig."
Das hatte bereits direkte Auswirkungen. So habe er die Ernte der Luzerne um zwei Wochen verschieben müssen, weil er zuerst das Frühlingskreuzkraut auf dem Feld beseitigen musste.
Schwerpunkte im Norden Brandenburgs
Das Frühlingskreuzkraut fühlt sich an sonnigen Orten in trockenen, sandigen Böden besonders wohl. Erst Anfang Mai hatte der Landesbauernverband vor Kontakt mit den gelben Blüten gewarnt. Die Pflanze sei derzeit an vielen Straßen- und Feldrändern zu sehen und breite sich auf die angrenzenden Wiesen und Weiden aus. "Vorkommen in geringen Anzahlen sind unbedenklich", heißt es vom Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft (MLUK/PDF). "Zum Problem werden Kreuzkräuter bei massenhaftem Auftreten."
Aktuelle Daten zur Verbreitung gibt es nicht, die letzten Zahlen hat das Ministerium 2017 veröffentlicht. Demnach waren vereinzelt auch landwirtschaftliche Flächen befallen, die vor allem in den Landkreisen Oberhavel und Havelland.
Bei Heiko Terno wächst das Kraut auf einer sogenannten Stilllegungsfläche. Um hier zu mähen, braucht er eine Ausnahmegenehmigung, die er vom Landkreis bekommen hat.
Schnelles Handeln sei hier auch nötig, sagt der Landwirt. "Bei so einer Fläche, das ist ja Wahnsinn, was hier an Samen rauskommt. Man sieht ja, wie leicht der ist. Wenn hier Wind ist, fliegt der kilometerweit." Terno befürchtet, dass das giftige Kraut so auf angrenzende Flächen gelangt, auf denen er Kartoffeln, Mais oder Erbsen anbaut.
Landwirte wie er, die Felder bewirtschaften, sollten das Frühlingskreuzkraut entfernen und nicht auf den Kompost, sondern in eine Verbrennungsanlage bringen. Ähnliches gilt für Privatpersonen, bei denen die Pflanze zum Beispiel im Garten wächst: Wo es sich zu sehr ausbreitet, sollte es mit Handschuhen möglichst mit den Wurzeln rausgerissen und verbannt oder im Restmüll entsorgt werden.
Mehrere Schafe gestorben
Rund 80 Kilometer weiter östlich in Hornow hat Saskia Dörry ähnliche Sorgen wie Heiko Terno. Zwischen Klee und Löwenzahn verstecken sich überall die gelben Blüten des Frühlingskreuzkrautes. Für ihre Schafe ist es wegen seines Gehalts an Alkaloiden giftig, die Leberfunktionsstörungen verursachen können und krebserregend sind.
Es ist ein Gift, dass das ganze Leben in der Leber bleibe und nicht abgebaut werden könne, so Dörry. "Jedes Jahr ein paar Blätter... und dann nach zehn Jahren kann das eine Blättchen zu viel gewesen sein und dann fallen sie tot um."
Sechs ihrer Schafe seien im letzten Jahr gestorben, nachdem sie Jakobskreuzkraut gefressen hatten, sagt Dörry. Es ist mit dem Frühlingskreuzkraut verwandt, blüht ab Mitte Juni und ist in Brandenburg schon länger heimisch. Auch andere Tierhalter hätten ihr von Todesfällen erzählt, sagte sie.
Das Jakobskreuzkraut ist laut den Daten des MLUK von 2017 vor allem im Nordwesten und Südosten Brandenburgs verbreitet. Ein starker Befall von landwirtschaftlichen Flächen wurde demnach in den Landkreisen Oberhavel, Ostprignitz-Ruppin, Havelland und Prignitz festgestellt.
Laut MULK würden Schafe wie auch Ziegen größere Giftmengen von Kreuzkräutern tolerieren. Doch auch wenn die meisten Schafe von Saskia Dörry das Jakobskreuzkraut überlebt haben, merkt sie Veränderungen bei ihren Tieren. An den Inhaltsstoffen der Muttermilch habe "irgendetwas" nicht gestimmt, sagt sie. Die Tiere hätten sich nicht gut entwickelt.
"Ich hatte extrem viele Flaschenlämmer, die ich zufüttern musste, weil die Milchleistung schlecht war, obwohl alles andere eigentlich gestimmt hätte." Inzwischen fürchtet sich Saskia Dörry mehr vor dem Kraut als vor dem Wolf, sagt sie.
Auch für Menschen gefährlich
Laut dem Landesbauernverband in Brandenburg (LBV) könnten erfahrene Weidetiere das
Kraut im Gras ausmachen und würden es meiden. Allerdings würden sie es im konservierten Zustand als Heu oder Silofutter nicht mehr erkennen.
Auch für Menschen können Kreuzkräuter gesundheitsschädigend sein, heißt es vom MULK. Die enthaltenen Alkaloide könnten zum Beispiel durch Kräutertees oder Honig in den Körper kommen.
Sendung: Antenne Brandenburg, 19.05.2023, 7:30 Uhr