Bundeswehr in Brandenburg - "Dass der Angriffskrieg passiert, das haben ich und ganz viele nicht gedacht"

Fr 24.02.23 | 16:42 Uhr | Von Michael Nowak und Juan F. Álvarez Moreno
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Oberfeldwebel Franka und Oberstabsfeldwebel-Dietmar
Video: rbb|24 | 24.02.2023 | Material: Brandenburg Aktuell | Bild: rbb/Michael Nowak

Der Ukraine-Krieg hat die Mentalität der Bundeswehrsoldaten in Brandenburg geändert. Für das Informationstechnikbataillon 381 in Storkow ist der Krieg seit nun einem Jahr ein Dauerthema. Doch das gehöre zum Soldatenleben, heiß es aus der Truppe.

Vier Soldaten arbeiten konzentriert auf der Wiese der Kurmark-Kaserne in Storkow. Sie bauen ein mobiles Richtfunksystem auf. Auf dem dunkelgrünen Aufhänger steht nun ein großer vertikaler Antennenmast, der mit vier schrägen Stützen stabilisiert wird. Das System gehört zur Kernkompetenz des Informationstechnikbataillons 381. Doch neben ihrer Arbeit beschäftigt vor allem ein Thema die 700 Bundeswehrangehörigen einer der größten Militärstandorte Brandenburgs: der Ukrainekrieg.

Vorbereitungen auf militärische Übung laufen

Bei der Bundeswehr hat sich die Stimmung seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine geändert. Gespräche über den Ukraine-Krieg seien für alle längst ein selbstverständlicher Teil des Alltags, sagt Truppführerin Franka, die mit Schutzhandschuhen und schwarzem Helm neben dem Richtfunksystem steht. Nach einer Vorgabe der Bundeswehr darf hier nur ihr Vorname genannt werden.

"Jeder hat sich Gedanken gemacht, bevor er zur Bundeswehr gegangen ist. Und wer es nicht getan hat, der hat jetzt natürlich Schwierigkeiten, mit dem Gesamtpaket umzugehen", sagt die Truppführerin. Sie bereitet sich mit den Soldaten gerade auf eine militärische Übung in Bayern vor, die lange geplant sei. Einen Zusammenhang mit den russischen Angriffen gebe es nicht.

"Opa, musst du jetzt in den Krieg?"

Mittagspause in der Kantine der Kaserne. Der Chef des technischen Zugs, vom Dienstrang Oberstabsfeldwebel, holt sich ein Teller mit Currywurst und Pommes, dazu eine Cola. Der Ukraine-Krieg scheint vom Kasernen-Alltag weit entfernt – und doch irgendwie stets präsent. Das gehöre wohl zum Soldatenberuf, findet Zugführer Dietmar.

"Ich habe zum Beispiel meine Enkelkinder, die es mitgekriegt haben in den Nachrichten, als das losging letztes Jahr. Die haben mich auch gefragt: `Opa, musst du jetzt in den Krieg?‘ Das war natürlich schwer“, sagt der Zugführer.

Zur neuen Ausrichtung der Armee hat er eine klare Meinung: "Für mich ist es relativ einfach. Ich bin schon seit 29 Jahren bei der Bundeswehr und ich kenne dieses alte Szenario noch. Die Landesverteidigung und Bündnisverteidigung, damit bin ich noch groß geworden. Deswegen ist es für mich nichts Neues."

Gemeint ist die Kehrtwende bei der Bundeswehr vom Fokus auf Auslandseinsätze zurück zur Landesverteidigung. Auch dafür wurde ein Sondervermögen von 100 Milliarden zur Finanzierung von Ausrüstungsvorhaben der Bundeswehr geschaffen. Vom angekündigten Geld aus dem Sondervermögen sei in Storkow bisher nichts angekommen, wie mehrere Gesprächspartner berichten.

Kommandeur Marc TachlinskiKommandeur Marc Tachlinski

Sie haben noch Hoffnung auf Frieden

Im Süden des großen Kasernengeländes liegt das Stabsgebäude, ein beige-brauner zweistöckiger Bau aus DDR-Zeiten. Hier laufen die Fäden der Kurmark-Kaserne zusammen. Kommandeur des Storkower Bataillons ist seit fast drei Jahren Marc Tachlinski. Der Ukrainekrieg, gut 1.000 Kilometer weiter östlich, sei für ihn auch ein Dauerthema.

Tachlinksi erinnere sich ganz genau an den 24. Februar 2022: "Ich konnte es auch selber gar nicht glauben und fassen. Wir haben uns im Vorfeld natürlich mit der Thematik beschäftigt. Aber dass der Angriffskrieg passiert, das habe ich nicht gedacht und das haben ganz viele nicht gedacht", sagt der Kommandeur.

In der Kurmark-Kaserne ist ein Jahr nach Beginn des Krieges von einer neuen Ernsthaftigkeit die Rede. Die Soldatinnen und Soldaten verfolgen weiter den Kriegsverlauf und die Meldungen zu neuen Waffenlieferungen. Und noch eines eint sie: die Hoffnung auf ein baldiges Ende des Ukraine-Krieges.

Sendung: Brandenburg Aktuell, 24.02.2023, 19:30 Uhr

Mit Material von Michael Nowak

Beitrag von Michael Nowak und Juan F. Álvarez Moreno

33 Kommentare

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  1. 33.

    Ja, so habe ich das auch gehört. Übrigens hat Rußland schon reagiert auf die neuen Sanktionen und Polen die Erdöllieferungen (die sie im Gegensatz zu uns noch hatten) über die Pipeline abgedreht. War's das dann auch für Öl aus Kasachstan für's PCK? Dafür hat Deutschland letztes Jahr einiges mehr an Steinkohle importiert - größter Lieferant war Rußland.

  2. 31.

    Zitat: "Habe ich was verpaßt?"

    Nein, Sie haben nichts verpasst, ich habe mich "vergriffen". Russland hat bisher "nur" eine Teilmobilmachung ausgerufen. Das ist allerdings immerhin eine Art "Gesellschaftsvertragsbruch" zwischen Kreml und der szn. originär russischen Bevölkerung. Denn nachdem Anfangs vor allem Männer aus den südlichen Zonen Russlands - zynisch gesagt: Kanonenfutter - einberufen wurden, kam der Krieg dadurch auch bei jenen an, die sich bis dahin auf die Versprechungen der Obrigkeit verlassen haben: Wir kümmern uns um eure Grundversorgung und lassen euch weitestgehend in Ruhe euer Leben leben. Im Gegenzug muckt ihr nicht auf und mischt euch nicht in "politische Angelegenheiten" ein.

  3. 30.

    Ich sage nur Rasputiza und der zweite Weltkrieg hat gezeigt, welche Panzertypen dafür am geeignetsten waren.
    Wenn man den Ukrainer, sagen wir 200 Leopard-Panzer nebst Munition und Ersatzteile sofort zur Verfügung stellen könnte, ok.

  4. 29.

    Die Russen bauen einfach und in Masse. Den Ukrainer nützen keine 50 65-t-Panzer unterschiedlichster Bauart, Munitionierung und Treibstoffe. Sondern was die benötigen sind „leichte“ aber moderne Kampfpanzer auf der Skala 500-1000 Stk.
    Die müssen eine 1050 km Grenze sichelartig zerlegen und dabei liegengebliebene russische Munition und Treibstoffe bestenfalls verwerten können. Nichts darf dabei ungenutzt zurückbleiben.
    Gleiches gilt für Kampfjets. Die F16 ist kriegserprobt kostengünstig und besitzt exzellente Flugeigenschaften.
    Was wollen die mit einem Eurofighter, wenn es dafür 10 F16 gibt.

  5. 28.

    " Ich würde den wohlüberlegten Schlachtplan der überhasteten Gegenwehr vorziehen."

    Da kommen die Putinfans in Erklärungsnot, das Beispiel ist nämlich sehr treffend.

  6. 26.

    Mal sehen, wann Zar Putin das Baltikum schluckt...
    Und dann kommt Finnland und dann geht's immer weiter nach Westen. War (ist!) ja alles ,russische Welt' und die Auflösung der Sowjetunion war bekanntlich die größte Katastrophe des vorigen Jahrhunderts.

    Eurasien lässt grüßen..

  7. 25.

    Das ist komplett unwahrscheinlich, da dann die gesamte NATO gegen Rußland stünde, das wäre etwa in der Region 10:1 in Kampfkraft gegen Rußland.

  8. 24.

    Das Beispiel hinkt. Aber in diesem konkreten Fall, würde ich das als vorläufiges Ergebnis akzeptieren, den Einbrecher mit der Geisel in Sicherheit wiegen lassen, mich selbst und meine Kräfte sammeln und später mit einem wohlüberlegten Plan die Geisel und den Wohnungsteil zurückerobern. Ich würde den wohlüberlegten Schlachtplan der überhasteten Gegenwehr vorziehen.

  9. 23.

    Ich würde das optimistischer sehen. Deutsche Ingenieure sind super im Improvisieren, mehr oder minder waren die letzten Kriege doch auch großteils improvisiert bei der Produktion und Nachschub. Für diese Ingenieurskunst und Effizienz im Einsatz knapper Mittel wurde Deutschland immer beneidet.

  10. 22.

    Ja, oder sich von einer Brücke stürzen. Ich lasse die Polemik mal bei Seite. Die Klärung des Konflikts wird über Ressourcen entschieden. Und die Gefahr der Ausweitung ist real. Also würde ich es begrüßen wenn der Fall Eintritt, dass sich für die russische Armee die Hölle auftut wenn sie Nato Gebiet angreifen. Dafür sind aber Mannschaften und Ausrüstung nötig. Und zwar sofort, und nicht erst wenn der Fall X Eintritt. Si vis pacem parabellum.

  11. 21.

    die ca. 500.000 Unterzeichner der Initiative von Wagenknecht und Schwarzer könnten doch in kompletter Anzahl gleichzeitig im Kreml erscheinen und Putin wegen seiner völkerrechtswidrigen Angriffe zum sofortigen Abzug aus allen russisch besetzten Teilen inclusive derKrim bewegen, schließlich dient das den Sicherheitsinteresse der Ukraine und bei Wagenknecht und Schwarzer hätten Putin und seine Mitverbrecher auch einen Stein im Brett.

  12. 20.

    Wer die Waffenlieferungen stoppen möchte möchte Russland unterstützen und so dafür sorgen, dass auch D von der Landkarte samt sämtlicher Menschenleben verschwindet nerben andren Ländern auf die Putin auch noch Fressbedarf anmeldet. (Warum wirksam wenn man unwirksam alles schief gehen lässt während sich Hittler II. im Kreml freut.

  13. 19.

    die ca. 500.000 Unterzeichner der Initiative von Wagenknecht und Schwarzer könnten doch in kompletter Anzahl gleichzeitig im Kreml erscheinen und Putin wegen seiner völkerrechtswidrigen Angriffe zum softigen Abzug aus allen russisch besetzten Teilen inclusive derKrim bewegen, schließlich dient das den Sicherheitsinteresse der Ukraine und bei Wagenknecht und Schwarzer hätten Putin und seine Mitverbrecher auch einen Stein im Brett.

  14. 18.

    nur ein fiktives Beispiel zum Versuch, sich in Ihre Logik einzudenken: Eine Familie wird in Haus oder Wohnung überfallen, die Einbrecher erklären einen Teil der Zimmer als ihr Eigentum. Die herbeigerufene Polizei schreitet nicht ein, rät aber zu Verhandlungen mit den Einbrechern, die daraufhin als Minimum auf den von den Einbrechern zum Eigentum der Einbrecher erklären Zimmer bestehen samt einem Familienmitglied, dieses wird bei Weigerung mit dem Tod bedroht. Wenn Sie der überfallene Eigentümer wären - würden Sie so ein Verhandlungsangebot akzeptieren oder würden Sie sich dann unter Aufbietung all Ihrer Kräfte dafür entscheiden, sich mit maximaler Energie zu wehren? So wie in diesem Fallbeispiel stellt sich die Situation in der Ukraine dar.

  15. 17.

    Schöner Traum. Ich sage nur Lobbyisten, Beschaffungsrecht, Erbsenzähler. Aber solange unsere grüne Walküre noch Reden vor der UNO schwingen, kann ist die Welt noch in Ordnung. Wen interessiert da die kampffähigkeit. Wir haben garantiert noch einiges, das wir verschenken können.

  16. 16.

    „ Russland fährt die Produktion hoch. Man fragt sich besorgt, wann man in Berlin endlich in die Puschen kommt.“
    Ist wirklich ein Trauerspiel in der EU. Ich war immer der Meinung wenn Scholz kippt, dann bekäme die Sache endlich den notwendigen Schwung!! Nun haben wir mit Pistorius endlich seit Jahrzehnten wieder einen Verteidigungsminister, der sein Namen verdient, aber auch er kann natürlich nicht zaubern.
    Mein Vorschlag wäre inzwischen, wenn die Kampfpanzer sowieso neu gebaut werden müssen, aus vielerlei Aspekten, die Kohle in die Großproduktion des K2 Kampfpanzers zu stecken. Bei den Kampfjets sollte man sich zügig auf die F16 einigen.

  17. 15.

    Wieso? Es stammt doch. Bisher ist kaum ein Auftrag an die Industrie gegangen. Gestern war zu lesen, daß der Hersteller für die Leo-Motoren ganze acht Stück pro Jahr schafft. Allein die 14 Panzer zu ersetzen, die D liefert, dauert unter diesen Umständen zwei Jahre. Und die europäischen Partner wollen ihre Lieferungen auch ersetzen. Von Neubestellungen z.B. durch die Ukraine ganz zu schweigen. Bei Munition sieht es auch nicht besser aus. Selbst die USA betteln schon z.B. in Israel.
    Russland fährt die Produktion hoch. Man fragt sich besorgt, wann man in Berlin endlich in die Puschen kommt.

  18. 14.

    Zu welchem Schluß kommen die Menschen im Artikel ausser dass auch der russischen Krieg gegen die Ukraine bald ein Ende haben muss?. Als sich 2014 abzeichnete, dass die Ukraine sich stärker dem Westen öffnen will, besezte Putin kurzerhand die Krim.

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