Bundeswehr in Brandenburg - "Dass der Angriffskrieg passiert, das haben ich und ganz viele nicht gedacht"
Der Ukraine-Krieg hat die Mentalität der Bundeswehrsoldaten in Brandenburg geändert. Für das Informationstechnikbataillon 381 in Storkow ist der Krieg seit nun einem Jahr ein Dauerthema. Doch das gehöre zum Soldatenleben, heiß es aus der Truppe.
Vier Soldaten arbeiten konzentriert auf der Wiese der Kurmark-Kaserne in Storkow. Sie bauen ein mobiles Richtfunksystem auf. Auf dem dunkelgrünen Aufhänger steht nun ein großer vertikaler Antennenmast, der mit vier schrägen Stützen stabilisiert wird. Das System gehört zur Kernkompetenz des Informationstechnikbataillons 381. Doch neben ihrer Arbeit beschäftigt vor allem ein Thema die 700 Bundeswehrangehörigen einer der größten Militärstandorte Brandenburgs: der Ukrainekrieg.
Vorbereitungen auf militärische Übung laufen
Bei der Bundeswehr hat sich die Stimmung seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine geändert. Gespräche über den Ukraine-Krieg seien für alle längst ein selbstverständlicher Teil des Alltags, sagt Truppführerin Franka, die mit Schutzhandschuhen und schwarzem Helm neben dem Richtfunksystem steht. Nach einer Vorgabe der Bundeswehr darf hier nur ihr Vorname genannt werden.
"Jeder hat sich Gedanken gemacht, bevor er zur Bundeswehr gegangen ist. Und wer es nicht getan hat, der hat jetzt natürlich Schwierigkeiten, mit dem Gesamtpaket umzugehen", sagt die Truppführerin. Sie bereitet sich mit den Soldaten gerade auf eine militärische Übung in Bayern vor, die lange geplant sei. Einen Zusammenhang mit den russischen Angriffen gebe es nicht.
"Opa, musst du jetzt in den Krieg?"
Mittagspause in der Kantine der Kaserne. Der Chef des technischen Zugs, vom Dienstrang Oberstabsfeldwebel, holt sich ein Teller mit Currywurst und Pommes, dazu eine Cola. Der Ukraine-Krieg scheint vom Kasernen-Alltag weit entfernt – und doch irgendwie stets präsent. Das gehöre wohl zum Soldatenberuf, findet Zugführer Dietmar.
"Ich habe zum Beispiel meine Enkelkinder, die es mitgekriegt haben in den Nachrichten, als das losging letztes Jahr. Die haben mich auch gefragt: `Opa, musst du jetzt in den Krieg?‘ Das war natürlich schwer“, sagt der Zugführer.
Zur neuen Ausrichtung der Armee hat er eine klare Meinung: "Für mich ist es relativ einfach. Ich bin schon seit 29 Jahren bei der Bundeswehr und ich kenne dieses alte Szenario noch. Die Landesverteidigung und Bündnisverteidigung, damit bin ich noch groß geworden. Deswegen ist es für mich nichts Neues."
Gemeint ist die Kehrtwende bei der Bundeswehr vom Fokus auf Auslandseinsätze zurück zur Landesverteidigung. Auch dafür wurde ein Sondervermögen von 100 Milliarden zur Finanzierung von Ausrüstungsvorhaben der Bundeswehr geschaffen. Vom angekündigten Geld aus dem Sondervermögen sei in Storkow bisher nichts angekommen, wie mehrere Gesprächspartner berichten.
Sie haben noch Hoffnung auf Frieden
Im Süden des großen Kasernengeländes liegt das Stabsgebäude, ein beige-brauner zweistöckiger Bau aus DDR-Zeiten. Hier laufen die Fäden der Kurmark-Kaserne zusammen. Kommandeur des Storkower Bataillons ist seit fast drei Jahren Marc Tachlinski. Der Ukrainekrieg, gut 1.000 Kilometer weiter östlich, sei für ihn auch ein Dauerthema.
Tachlinksi erinnere sich ganz genau an den 24. Februar 2022: "Ich konnte es auch selber gar nicht glauben und fassen. Wir haben uns im Vorfeld natürlich mit der Thematik beschäftigt. Aber dass der Angriffskrieg passiert, das habe ich nicht gedacht und das haben ganz viele nicht gedacht", sagt der Kommandeur.
In der Kurmark-Kaserne ist ein Jahr nach Beginn des Krieges von einer neuen Ernsthaftigkeit die Rede. Die Soldatinnen und Soldaten verfolgen weiter den Kriegsverlauf und die Meldungen zu neuen Waffenlieferungen. Und noch eines eint sie: die Hoffnung auf ein baldiges Ende des Ukraine-Krieges.
Sendung: Brandenburg Aktuell, 24.02.2023, 19:30 Uhr
Mit Material von Michael Nowak