Gemeindevertretersitzung um Abwahlantrag - Historiker: Grünheider Bürgermeister war Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi

Fr 13.10.23 | 10:45 Uhr
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Archivbild:Arne Christiani am 24.01.2020.(Quelle:dpa-Zentralbild/J.Stähle)
Audio: Antenne Brandenburg | 13.10.2023 | Stasi-Akten-Experten Helmut Müller-Enbergs | Bild: dpa-Zentralbild/J.Stähle

Auf der Gemeindevertretersitzung in Grünheide (Oder-Spree) ist am Donnerstagabend noch keine Entscheidung zu einem möglichen Abwahlverfahren des Bürgermeisters Arne Christiani (parteilos) gefallen, da man sich nicht einigen konnte, ob die Diskussion dazu im öffentlichen oder nichtöffentlichen Teil der Sitzung geführt werden soll.

Historiker: Christiani war Inoffizielle Mitarbeiter

Hintergrund der Diskussion ist ein Gutachten des Historikers und Stasi-Akten-Experten Helmut Müller-Enbergs, welches Christiani eine Mitarbeit im Ministerium für Staatssicherheit der DDR als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) bescheinigt. Dieses wurde am Abend vor Beginn der Gemeindevertreter-Sitzung im Ort vorgestellt.

Müller-Enbergs sagte dem rbb im Anschluss: "Es war zu untersuchen, ob die Bereitschaft von Herrn Christiani bestanden hat, Informationen an das Ministerium für Staatssicherheit zu liefern" Es gebe eine Akte und mindestens elf Beispiele, wo er Informationen an die Staatssicherheit gegeben habe. "Wenn es mündlich ist, kann man streiten. Aber schwer ist es, wenn es handschriftliche Berichte sind mit seiner eigenen Unterschrift. Man kann zu keinem anderen Schluss kommen als in ihm einen Inoffiziellen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit zu sehen", sagte Müller-Enbergs weiter.

So gehe aus den Unterlagen hervor, dass sich Christiani mit der Stasi zu Treffen verabredet und dort auch handschriftliche Berichte oder mündliche Informationen geliefert hat, so der Historiker weiter. "Das geht sehr schlüssig aus den Akten hervor, eine Akte die einwandfrei - also keine fiktive Akte ist - hervor."

Bürgerbündnis äußert Misstrauen

Das Gutachten ist im Auftrag der Fraktion "Bürgerbündnis/FDP" in Grünheide erstellt worden. Sie will, dass Arne Christiani abgewählt wird, sagte der Fraktion-Vorsitzende Thomas Wötzel dem rbb am Donnerstagabend.

"Wir sind der Meinung, dass jemand, der hier als oberster Verwaltungsbeamter Einsichtnahme in so viele Details dieser Verwaltung hat - ob Sozialrechtsschutz, Meldewesen, Ordnungsamt - eine eindeutig klare Integrität haben muss", so Wötzel. "Ich als Bürger habe große Befürchtung - gerade wo wir im Vorfeld der Sitzung den Gutachter gehört haben, wie er mit Informationen fremder Menschen umgegangen ist."

Bürgermeister Christiani fehlte auf der Sitzung. In der Vergangenheit hatte er immer wieder eine Stasi-Tätigkeit bestritten. Christiani trägt Verantwortung für die Geschicke der Gemeinde, in dem der US-Elektroautobauer Tesla seinen Europastandort aufgebaut hat.

Sendung: Antenne Brandenburg, 13.10.2023, 06:30 Uhr

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35 Kommentare

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  1. 35.

    Wenn Herr Christiani seit 20 Jahren schon Bürgermeister von Grünheide ist, kann er ja so schlecht nicht sein sonst hätte man ihn nicht immer wieder gewählt. Vielleicht sollte man mehr den Fokus darauf legen und nicht auf das was vor 30 Jahren war.

    Meiner Meinung nach wird einfach nur ein Sündenbock gesucht von die jenigen die von anfang an gegen Tesla waren und den Bau trotz aller Einwände nicht verhindern konnten.
    So wie ich es in den Medien verfolgt habe als Außenstehende Person.

  2. 34.

    Das ist ja der Hammer!

    Schließt sich jetzt der Kreis?
    Stasi-Gelände - Christiani - Musk - AfD - Putin?
    Ist die Fabrik in Freienbrink vielleicht ein Werk von KGB und Stasi?

    Dann wär die Politik fein raus!

  3. 33.

    Bei der Justiz in Potsdam sind von allen über 80 Staatsanwälten aktuell auch 28 bei der Stasi gewesen. Einen solchen Staatsanwalt habe ich persönlich erleben dürfen.

  4. 32.

    Umgehend entlassen, ist nicht mehr für das Amt tragbar!
    Warum soll der ehemalige IM abgewählt werden, damit der Herr seine Pensionsansprüche nicht verliert? Nach der Wende mussten ALLE Mitarbeiter z.B. im öffentlichen Dienst eine Erklärung zur Stasitätigkeit abgeben und eine Falschaussage hätte eine Kündigung zur Folge.
    Um solch ein Amt zu bekommen, gab es keine entsprechende Regelung?
    Über viele Jahre wurde immer wieder genau die Tätigkeit als IM thematisiert, nicht bewiesen und sicherlich nicht eingestanden. Zumal der Herr auch nicht viel von Demokratie hält und dies öffentlich zum Ausdruck brachte. Diesbezüglich fällt mir ein, wie der Herr mit kritischer Meinungsfreiheit gegen den Hauke Verlag agierte und es erinnerte mich an genau dem Stil der Stasi und das passt NICHT zu dem Amt.

  5. 31.

    Seit 2003 ist Arne Christiani Bürgermeister der Gemeinde Grünheide. Warum sollte er ein schlechtes Gewissen haben? 1945 wie auch 1989/90, nichts hatte sich verändert. Aufarbeitung der Vergangenheit? Nein! Es ist nichts Neues das Menschen die einem Regime gedient hatten, fortan sich in den Dienst neuer politischer Verhältnisse eingebracht haben. Und jede Regierung hat es wissentlich für sich genutzt. 1945 wie 1989/90. Zwei Tage nach dem der Wiedervereinigungsvertrag unterschrieben wurde, kaufte die Dresdner Bank sich einen ranghohen Major der Staatssicherheit. Matthias Warnig. Seine Russland Kontakte, ganz explizit seine Kontakte zu Wladimir Putin waren mehr als wertvoll. Alle Politiker von Helmut Kohl, Gerhard Schröder, Angela Merkel und Olaf Scholz, bedienten sich daran. Warum also kein IM der Stasi fürs Bürgermeisteramt? Wie oft müssen sich Opfer von Diktaturen noch ins Gesicht schlagen lassen? Und einige hier haben dafür noch Verständnis. Es ist eine Schande.

  6. 30.

    Im Prinzip haben Sie Recht.
    Aber wer wird sich wohl als Geheimdienstler selbst outen. Das können doch nur die Herrschenden und hierzu ist die Lage wohl klar.

  7. 29.

    Christiani ist nicht geläutert, sondern streitet seine mutmaßliche IM-Tätigkeit.

  8. 28.

    Ich weiß durchaus, dass meine Meinung dazu streitbar ist und ich denke tatsächlich auch an die Opfer. Diese waren aber in aller Regel nicht unmittelbar Opfer eines einzelnen Zuträgers. Die Stasi war geschickt darin, aus kleinsten Informationen eine Sammlung zu erstellen und daraus eine Anklage zu basteln. Es gab im Gesamtverhältnis nur wenige Opfer, die direkt durch einen Spitzel ausgeliefert wurden, zum Beispiel durch das Verraten von Fluchtplänen. Viele IM haben nichts anderes zugetragen, als die Stasi nicht auch hätte selbst herausfinden können. Die Opfer dieses menschenverachtenden Systems haben auch nichts davon, wenn geläuterte ehemalige IM bis in alle Ewigkeit ausgegrenzt werden. Das entspricht nicht unseren humanistischen Werten. Die Frage ist aus meiner Sicht: Hat er jemandem bewusst und direkt geschadet? Dann sollte er seinen Hut nehmen. Wenn nicht, dient das Gutachten nur zum Entfernen eines missliebigen Politikers.

  9. 27.
    Antwort auf [TRAMSR] vom 13.10.2023 um 16:49

    Wossi haut halt gerne den Wasserversorger in die Pfanne. Das LfU ist dem Antrag der WSE zur Förderung von mehr Wasser gefolgt, so dass dem Verband jetzt 4 Mio m³/a zur Verfügung stehen als vor Tesla. Manfred Schwartzerdt hatte dazu neulich erst wieder in einem Kommentar eine Beleg geliefert. Zudem hatte Bähler ja ausführlich dargelegt, warum seien Wasserförderung nicht mit dem sinkenden Pegel des Straussee zu tun.

  10. 26.

    Das ist nicht mein Thema gewesen. Dass die Verfolgung von Straftaten irgendwann endet, ist das eine. Dass aber auch verurteilten Straftätern selbst schwerster Straftaten eine Rehabilitation zugestanden wird, ist das andere. Die Spitzeltätigkeit war dabei noch nicht mal strafbar, auch im Nachhinein nicht. Sie war zutiefst verachtenswert und charakterlos. Aber auch diesen Menschen steht eine Rehabilitation ihrer Taten zu, sofern sie sich menschlich tatsächlich verändert haben. Eine gewisse Frau Kahane mit ihrer Stiftung wurde von den Bundesregierungen sogar hofiert, obwohl sie erkennbar ihre Meinung nicht geändert hat und die damaligen Methoden zumindest nicht ablehnt. Heute nennt man es Meldestelle, damals war es halt der Führungsoffizier, dem man missliebige Mitbürger melden konnte.
    Das lange Schweigen lasse ich als Beweis für sein Nichteinsehen nicht gelten, weil Jeder weiß, dass sonst die politische Karriere direkt zu Ende gewesen wäre.

  11. 25.

    Ich vermische hier nichts, sondern äußere soweit man es zulässt hier meine Meinung.
    In der DDR haben wieviele Spione für westliche Geheimdienste gearbeitet ? Müssen die Angaben zu ihrer früheren Tätigkeit machen ? Nein !
    Hier hat jemand von seinem guten Recht sich vor der gesellschaftlichen Empörung, die wohl an Messen mit zweierlei Maß kaum zu überbieten war und ist, zu schützen.
    Wenn Sie vor dreißig Jahren eine Straftat begangen haben, sind sie in der Regel heute nicht vorbestraft, können sich wählen lassen und müssen niemandem Auskunft geben. Dieser Mann hat keine Straftat begangen aber bei manchen ist der kalte Krieg immer noch nicht vorbei. "Wiedervereinigung" sieht für mich anders aus.

  12. 24.

    Ich bin immer wieder begeistert wenn die „ Untersuchungen“ durch Wessis gemacht werden. Geboren mit dem goldenen Löffelchen im Mund lässt es sich klug reden.

  13. 23.

    Noch gar nicht so lange her: Flugblattaffäre eines H. Aiwanger. Kann man das vergleichen?
    Ah, war ja in Bayern und hat Stimmenzuwachs gebracht.

  14. 21.

    Er hat das getan, was Wasserkenntnisarme brauchten, um ein ungeeignetes Grundstück zu verkaufen. Danach wollte er Herrn Bähler vom WSE abwählen lassen. Fehler bei der Standortwahl und gescheitert bei einem Abwahlbegehren reichen aus, um aus der Vergangenheit etwas zu finden. Es reicht sogar für die Zukunft die Wasserknappheit jemanden zuzuschieben, der bloß „Handlanger“ war?

  15. 20.

    Versteh ich nun gar nicht.

    Dauerte die Enttarnung wirklich über 30 Jahre?
    Wurde Herr Christiani nach seiner Wahl zum Burgermeister nicht "gegauckt"?

  16. 19.

    An die Stasi-Vergangenheitsverklärer, die hier von Vergangenheit und Verjährung fabulieren: habt ihr auch die Opfer im Sinn?
    Ich könnte kotzen, wenn ich soetwas lese:
    "Jedoch nach über 30 Jahren eine Person zu verurteilen ..."
    "Für mich zählt wie einer heute seine Aufgabe erfüllt und nicht was er vor Jahrzehnten gemacht hat."
    "... dass hier die "Stasikeule" als Instrument zur Disziplinierung eingesetzt werden soll."
    Sind Sie nicht einer derjenigen, der allzugerne die "Nazikeule" schwingt - das ist mit Ihrer Auffassung etwas völlig anderes.

  17. 18.

    Hat er was zu den Wasservorkommen oder zu dem Abwahlbegehren beim WSE gesagt?

  18. 17.

    "Wer Bürgermeister sein will, muss zu 100 Prozent integer und sauber sein. Das fängt schon damit an, dass man zu seiner Vergangenheit steht und nichts verheimlicht." Dann müßten aber auch Auskünfte über die (u.U. Informelle) Zusammenarbeit mit den aktuellen Geheimdiensten erteilt werden, das wird nicht gehen.

  19. 16.

    "Das Gutachten ist im Auftrag der Fraktion "Bürgerbündnis/FDP" in Grünheide erstellt worden. Sie will, dass Arne Christiani abgewählt wird" Warum ist das genau jetzt wichtig? Warum spielt es wohl in der Vergangenheit bis jetzt keine Rolle?

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