Protest auch in Berlin und Brandenburg - Die meisten Apotheken bleiben am Mittwoch geschlossen
Lieferprobleme bei Medikamenten, Bürokratie und stagnierende Honorare: Die Beschwerdeliste der Apotheker ist lang. Am Mittwoch blieben bis zu 90 Prozent der Apotheken geschlossen. In Berlin gab es zudem einen großen Protestmarsch.
Zahlreiche Apotheken in Berlin und Brandenburg sind am Mittwoch wegen eines bundesweiten Protesttages geschlossen geblieben. In der Hauptstadt sei die "überwiegende Mehrheit" der Apotheken zu, sagte der Sprecher des Berliner Apotheker-Vereins, Stefan Schmidt.
Auch in Brandenburg sei die Beteiligung sehr hoch, sagte der Geschäftsführer des Apothekerverbands Brandenburg, Thomas Baumgart: "Außerhalb des Notdienstes sind sicherlich über 90 Prozent der Apotheken in Brandenburg heute geschlossen." Zum Protesttag aufgerufen hatte die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Ihren Angaben zufolge beteiligten sich bundesweit etwa 85 Prozent der Apotheken an den Ausständen.
Medikamente gibt es nur in Notdienstapotheken
Die Versorgung mit Arzneimitteln soll über Notdienstapotheken gesichert werden. Deren Standorte kann man etwa im Internet finden oder sich telefonisch ansagen lassen. Laut ABDA gibt es in Berlin derzeit 765 Apotheken und in Brandenburg 567. Das entspricht 21 beziehungsweise 22 Apotheken pro 100.000 Einwohner. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 23.
Die Apothekerverbände verlangen, eine seit zehn Jahren nicht erhöhte fixe Pauschale von 8,35 Euro pro rezeptpflichtigem Medikament für Beratung auf zwölf Euro anzuheben. Sie müsse dann auch regelmäßig an die Kostenentwicklung angepasst werden. Kommen solle zudem eine zusätzliche Pauschale für jede Apotheke, um das Versorgungsangebot in der Fläche als solches abzusichern. Für den Extra-Aufwand bei nicht lieferbaren Medikamenten solle es für jeden Austausch 21 Euro als Zuschlag geben.
"Für unseren Berufsstand steht fest: Die Bundesregierung hat diesen Protesttag provoziert", teilte der Vorsitzende des Apothekerverbandes Brandenburg, Olaf Behrendt, vorab mit. Lieferengpässe, Personalnot, ausufernde Bürokratie und eine seit Jahren bestehende Unterfinanzierung hätten 2022 zum größten Apothekensterben in Deutschland seit Bestehen der Bundesrepublik geführt. Trotz steigender Kosten und der Inflationsentwicklung hätten die Apotheken in den vergangenen zehn Jahren keine Honoraranpassung erhalten.
4.000 Menschen demonstrieren in Berlin
Ihren Protest trugen am Mittwoch fast 4.000 Menschen auf die Straßen in Berlin. Der Demonstrationszug startete am Mittag am Potsdamer Platz und führte zum Invalidenpark. Die Demonstrierenden kritisierten, dass es durch den Medikamentenmangel deutlich mehr zu tun gebe. Wenn ein Präparat nicht verfügbar sei, müssten viele komplizierte Absprachen zwischen Apothekern, Hausärzten und den Patienten getroffen werden. Der Mehraufwand werde aber nicht bezahlt.
Der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Tino Sorge, äußerte am Mittwoch im rbb24 Inforadio Verständnis für die Proteste. Die Arbeit der Apotheker müsse angemessen vergütet werden. Man müsse verstehen, dass die Mentalität "Geiz ist geil" im Gesundheitswesen nicht funktioniere.
Der Geschäftsführer des Apothekerverbands Brandenburg, Thomas Baumgart, sagte Antenne Brandenburg vom rbb am Dienstag, es gehe um die Zukunft der Apotheken und um die wohnortnahe Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln. Die Honorare für Apotheker seien seit gut zehn Jahren nicht erhöht worden. Per Gesetz seien sie im Februar sogar gekürzt worden. Baumgart fügte hinzu, die Apotheker wollten darauf aufmerksam machen, dass in vielen Bereichen Arzneimittel knapp seien. Inzwischen seien fast 500 Artikel in Deutschland kaum noch lieferbar.
Sendung: rbb24 Abendschau, 14.06.2023, 19:30 Uhr