Protest auch in Berlin und Brandenburg - Die meisten Apotheken bleiben am Mittwoch geschlossen

Mi 14.06.23 | 15:34 Uhr
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Apothekenstreik von Sabine im Rathaus Center Pankow (Quelle: rbb/Sabine Priess)
Audio: Antenne Brandenburg | 13.06.2023 | Tony Schöneberg | Bild: rbb/Sabine Priess

Lieferprobleme bei Medikamenten, Bürokratie und stagnierende Honorare: Die Beschwerdeliste der Apotheker ist lang. Am Mittwoch blieben bis zu 90 Prozent der Apotheken geschlossen. In Berlin gab es zudem einen großen Protestmarsch.

Zahlreiche Apotheken in Berlin und Brandenburg sind am Mittwoch wegen eines bundesweiten Protesttages geschlossen geblieben. In der Hauptstadt sei die "überwiegende Mehrheit" der Apotheken zu, sagte der Sprecher des Berliner Apotheker-Vereins, Stefan Schmidt.

Auch in Brandenburg sei die Beteiligung sehr hoch, sagte der Geschäftsführer des Apothekerverbands Brandenburg, Thomas Baumgart: "Außerhalb des Notdienstes sind sicherlich über 90 Prozent der Apotheken in Brandenburg heute geschlossen." Zum Protesttag aufgerufen hatte die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Ihren Angaben zufolge beteiligten sich bundesweit etwa 85 Prozent der Apotheken an den Ausständen.

Medikamente gibt es nur in Notdienstapotheken

Die Versorgung mit Arzneimitteln soll über Notdienstapotheken gesichert werden. Deren Standorte kann man etwa im Internet finden oder sich telefonisch ansagen lassen. Laut ABDA gibt es in Berlin derzeit 765 Apotheken und in Brandenburg 567. Das entspricht 21 beziehungsweise 22 Apotheken pro 100.000 Einwohner. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 23.

Die Apothekerverbände verlangen, eine seit zehn Jahren nicht erhöhte fixe Pauschale von 8,35 Euro pro rezeptpflichtigem Medikament für Beratung auf zwölf Euro anzuheben. Sie müsse dann auch regelmäßig an die Kostenentwicklung angepasst werden. Kommen solle zudem eine zusätzliche Pauschale für jede Apotheke, um das Versorgungsangebot in der Fläche als solches abzusichern. Für den Extra-Aufwand bei nicht lieferbaren Medikamenten solle es für jeden Austausch 21 Euro als Zuschlag geben.

"Für unseren Berufsstand steht fest: Die Bundesregierung hat diesen Protesttag provoziert", teilte der Vorsitzende des Apothekerverbandes Brandenburg, Olaf Behrendt, vorab mit. Lieferengpässe, Personalnot, ausufernde Bürokratie und eine seit Jahren bestehende Unterfinanzierung hätten 2022 zum größten Apothekensterben in Deutschland seit Bestehen der Bundesrepublik geführt. Trotz steigender Kosten und der Inflationsentwicklung hätten die Apotheken in den vergangenen zehn Jahren keine Honoraranpassung erhalten.

4.000 Menschen demonstrieren in Berlin

Ihren Protest trugen am Mittwoch fast 4.000 Menschen auf die Straßen in Berlin. Der Demonstrationszug startete am Mittag am Potsdamer Platz und führte zum Invalidenpark. Die Demonstrierenden kritisierten, dass es durch den Medikamentenmangel deutlich mehr zu tun gebe. Wenn ein Präparat nicht verfügbar sei, müssten viele komplizierte Absprachen zwischen Apothekern, Hausärzten und den Patienten getroffen werden. Der Mehraufwand werde aber nicht bezahlt.

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Tino Sorge, äußerte am Mittwoch im rbb24 Inforadio Verständnis für die Proteste. Die Arbeit der Apotheker müsse angemessen vergütet werden. Man müsse verstehen, dass die Mentalität "Geiz ist geil" im Gesundheitswesen nicht funktioniere.

Der Geschäftsführer des Apothekerverbands Brandenburg, Thomas Baumgart, sagte Antenne Brandenburg vom rbb am Dienstag, es gehe um die Zukunft der Apotheken und um die wohnortnahe Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln. Die Honorare für Apotheker seien seit gut zehn Jahren nicht erhöht worden. Per Gesetz seien sie im Februar sogar gekürzt worden. Baumgart fügte hinzu, die Apotheker wollten darauf aufmerksam machen, dass in vielen Bereichen Arzneimittel knapp seien. Inzwischen seien fast 500 Artikel in Deutschland kaum noch lieferbar.

Sendung: rbb24 Abendschau, 14.06.2023, 19:30 Uhr

58 Kommentare

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  1. 58.

    Worauf man sich verlassen kann:
    Die Damen und Herren aus dem medizinischen Leistungserbringerbereich und dessen Umfeld, fühlen sich permanent unterbezahlt.
    Da mag kommen was will.
    Und zudem sind sie bereit ihre quasi Monopolstellung rigoros zu nutzen. Man ist sich zu fein dazu, das ganze Streik zu nennen, nee, das überlässt man lieber der Plebs, aber ab und an mal ein Informationstag, an dem die Läden geschlossen bleiben, das hat schon auch die gleiche Wirkung.

  2. 57.

    Schauen Sie doch bitte in die Gehaltstabelle, wie hoch das Gehalt der Apotheken Inhaber ist und Teilen Sie mit Uns Ihr Wissen wer den Inhabern dieses Gehalt zahlt. Apotheker sind Zwangsläufig auch Kaufleute und an dem Punkt wo Inhaber den Betrieb Bezuschussen müssen, rät der Steuerberater zur Schließung.
    Sie können in der freien Marktwirtschaft nicht mit Zuteilungen Abgespeist werden die den Laufenden Unterhalt nicht Decken.
    Und von Altklugen Kommentaren kann Niemand Kredite abbezahlen,

  3. 56.

    Weil ja so viele Arzneimittel nicht lieferbar sind und keiner versteht warum, folgt hier mal eine Problembeschreibung, der RBB kann gerne mal recherchieren. Bsp. Tamoxifen: GBA bzw GKV legen fest, wieviel für ein Arzneimittel maximal bezahlt wird. Manchmal ist das aber weniger als die Kosten für die Produktion der Arzneimittel, dann lohnt es sich nicht mehr für den Hersteller und der verkauft seine Arzneimittel lieber in Staaten, wo er zumindest nicht mit einem Minus rausgeht. Das ist bei Tamoxifen passiert! Die Krankenkassen haben mit dem niedrigen Preis am falschen Ende gespart und Patienten gefährdet. Das ist nun auch bei Paracetamol, Ibu und diversen Antibiotika passiert. Problem ist leider die GKV.

  4. 55.

    Ja, 56000€ Jahrestarif. Für einen Akademiker nach mindestens 11 Berufsjahren. Darüber lachen sich andere Berusgruppen kaputt. Vergleichen Sie wirklich Akademiker mit Busfahrern oder Verkäufern? Und haben Sie mal die anderen Berufe in der Apotheke angeschaut? 2587 € brutto für 40 Stunden pro Woche (ab dem 15. Berufsjahr)finden Sie dann auch zuviel, nur weil eine Person in der Apotheke arbeitet?

  5. 54.

    Schade, dass dies der einzige Artikel zum Protesttag ist. Da hatte ich mir von Radioeins mehr erhofft. Auch dass es beim „Apothekenhonorar“ nicht um den Tariflohn eines Apothekers geht, scheint nicht verstanden worden zu sein. Ich selbst erhalte als angestellte Apothekerin ein, wie ich finde, angemessenes Akademikergehalt, nur wird sich das mein Arbeitgeber langfristig nicht mehr leisten können, da Betriebskosten, Bürokratie und Aufwand durch die Decke gehen. Gleichzeitig sinkt das Honorar je Rezept (8,35 minus bald 2 Euro „Zwangsrabatt“) und nein, die berühmte „Zuzahlung“ bleibt nicht bei uns..

  6. 53.

    Warum findet sich niemand, der es wie bspw. bei Zahnärzten macht wird?
    Eigene Erfahrung!
    Der eigentliche Doktor in Urlaub.
    Frische Abgängerin... "Guten Tag Zähne, tschüss Zähne"
    Die Privatrechnung wies nicht den 2,3 flachen Satz wie üblich aus. Den für Chefärzte und sehr schwieriger Behandlung ausgewiesenen 3,5-fache Satz.
    Die Gebührenordnung wurde 2014 zuletzt geändert..... Die Aussage des Arztes. Die Zahnärztekammer findet das in Ordnung. Ich sage Betrug.
    Idee für Apotheker?

  7. 52.

    Das sind Apothekergehälter (Akademiker) nach mehreren Berufsjahren. In Apotheken gibt es Berufsgruppen mit viel, viel geringeren Gehältern. In anderen Branchen, auch Apotheken nah verwandten, wird deutlich mehr verdient und das führt dann auch zu einem Fachkräftemangel, da die Apotheken diese Gehälter nicht bezahlen können.

  8. 51.

    Also doch keine Apothekenfachkraft! Laut Tariftabelle 2023 Gehalt zwischen 50.400 bis 56.000 TE per anno im Durchschnitt.
    Nix mit 12.08 oder 12.80 Euro. Mal die Füssen schön still halten. Im übrigen gilt für drei große Weltreligionen das 8. Gebot.

  9. 50.

    So ist es. Und die Sozialabgaben für die Mitarbeiter haben ein anderes Niveau.

  10. 48.

    Dann einmal die Frage welchen Vorteil die Online Apotheke biete wenn sie den gleichen Preis nehmen müssten den die Präsenzapotheke nehmen muss... Sie hat so gut wie keinen Gestaltungsspielraum die Preise sind bei den meisten Präparaten fix. Wo ist der Vorteil, kein Aufwand? Nun 90% der Apotheken vor Ort liefern auch nach Hause und sind dann auch noch da wenn man sie braucht, Medikament nicht lieferbar womit kann man substituieren... Nicht Rezept zurück wie im Onlinehandel ?

    Also wo liegt der Vorteil oder Nachteil, sollen die Kassen doch einfach den Apotheken in Deutschland die gleiche Marge geben die eine Niederländische Versandapotheke auch hat, hat sie nicht hier wird nach Lobby aufgeteilt wer wieviel bekommt. Da liegt die Krux Apotheken kriegen Aufgaben und Pflichten aber keine Mitsprache an den Geldern die werden durch die Politik festgelegt.
    Hilft nicht gegen Mangelwirtschaft aber der Steuerung dagegen.

  11. 47.

    Wahnsinn. Was wieder für ein geballter Groll gegen alles und jeden hier - vor allem gegen jeden, der eventuell ein paar Kröten mehr verdient als man selbst. Dass nun sogar Apotheker gehasst werden, überrascht mich dann aber doch. Ich schätze meine Stammapotheken sehr. Immer freundlich, zugewandt und hilfsbereit, wenig Personalfluktuation - man kennt die Mitarbeiter teilweise seit Jahren. Und nein, ich finde nicht, dass jeder am Existenzminimum bezahlt werden muss, damit keiner argwöhnisch guckt. Und nun suhlt Euch fleißig weiter in Eurem Neid.

  12. 46.

    Wenn einem ganz plötzlich am Sonntag einfällt, dass man ja seine Medikamente braucht, ist man in vielen Fällen selbst schuld.
    Akut OK, aber die meisten Bestellungen sind doch Dauermedikamente. Und da weiß ich doch, bis wann die reichen.

    Viele Apotheken und mehr Geld andere übrigens nichts daran, dass Medikamente zum Großteil im Ausland produziert werden und man selbst gegen Lieferschwierigkeiten nichts tun kann.

  13. 45.

    Ich bin gerade am überlegen, ob Sie mein Mann sind:-)
    Genau so läuft es gerade nämlich bei ihm.
    Die Boten werden mit Mindestlohn angefertigt, liefern teilweise 11 Stunden am Tag Medikamente aus, Chef jammert und kauft sich erstmal nen neuen Bentley.
    Weil ja alles so teuer ist

  14. 44.

    Also meine Bestellungen sind fast immer innerhalb von 3-4 Tagen bei mir.
    Abgesehen von einem Medikament, welches ich aber auch in den zahlreichen Apotheken vor Ort nie so schnell bekomme.

    Gerade, wenn es um Dauermedikamente geht, kann ich diese Zeit einplanen und rechtzeitig bestellen

  15. 43.

    Die Apotheken kaufen diese Zeitschriften von den Verlagen und geben diese Hefte kostenlos an Kunden. Weil die Kunden sonst zum Apotheker gehen der die Hefte dazugibt. Die Hefte sind „teuer“ und daraus wird die Fernsehwerbung Finanziert im Interesse der Verlage. Das ist also Anspruch der Kunden an Service. Die Erwartungen der Kunden bestimmen den Markt.
    Und wenn die Anzahl der Apotheken gesenkt wird dürfen Sie als Kunden Schlange stehen.

  16. 42.

    Verdienst 4000-5000€ brutto pro Monat ?!
    Das ist nun wirklich kein Grund zu klagen!! Viele Menschen träumen von so viel Gehalt im Monat & müssen mit viel weniger Geld auskommen.
    Das Argument über Ersatzpräperate nicht unbürokratisch selber entscheiden zu können, scheint mir viel einleuchtender für einen Protest

  17. 41.

    Kaum zu glauben mit den NOCH mehr Apotheken in McPom. Denn gefühlt befindet sich hier in Zehlendorf an jeder Straßenecke eine Apotheke.
    Aber sollte es zutreffen, so kann das auch sehr gut mit dem Altersdurchschnitt und der damit verbundenen Morbidität zu tun haben. PLUS vielleicht keine Affinität zum Internet/Internetbestellen.

  18. 40.

    Also allen Apothekern die ich kenne, geht es seht gut, die klagen nicht. Schon irgendwie komisch. Ich als Kunde habe nur zu klagen weil die Apotheker mittlerweile mit Fachunkompetenz glänzen. Die wissen auch alle nur noch das, was der Rechner ausspuckt. Da kann man quasi auch ein Bäcker hinstellen, der kann das auch. Jeder freut sich wenn er mehr verdient, das ist klar, aber dann muss man auch mehr dienen...

  19. 39.

    Das haben sie gut kommentiert, da gab es wohl persönlichen Frust.

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