Tarifkonflikt spitzt sich zu - GDL-Mitglieder stimmen für unbefristete Streiks bei der Bahn

Di 19.12.23 | 21:09 Uhr
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Symbolbild: Ein DB-Zug fährt in einen Bahnhof ein. (Quelle: dpa/Arne Dedert)
Audio: rbb24 Inforadio | 19.12.2023 | O-Ton Weselsky | Bild: dpa/Arne Dedert

Die Lokführergewerkschaft GDL darf im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn nun auch zu unbefristeten Streiks aufrufen. In einer Urabstimmung sprachen sich rund 97 Prozent der abstimmenden Mitglieder dafür aus, wie die GDL mitteilte.

  • 97 Prozent der GDL-Mitglieder stimmen für unbefristete Streiks
  • Vor dem 8. Januar 2024 soll es keine Bahnstreiks geben
  • GDL-Chef Weselsky: "Es wird länger und härter für die Kunden"
  • Bahn will Grundangebot aufrecht erhalten

Im Tarifstreit mit der Bahn haben sich die Mitglieder der Lokführergewerkschaft GDL für unbefristete Streiks ausgesprochen. Die Gewerkschaft gab am Dienstag in Frankfurt am Main das Ergebnis der Urabstimmung bekannt, wonach sich 97 Prozent für längere Arbeitskämpfe aussprachen.

Damit kann GDL-Chef Claus Weselsky einen solchen jederzeit als Druckmittel im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn einsetzen. Die Gewerkschaft hat aber versprochen, frühestens am 8. Januar erneut zu streiken. Von den Streiks dürften auch wieder wie zuletzt bei den Warnstreiks die Berliner S-Bahn sowie neben dem Fernverkehr auch Regionalzüge in Berlin und Brandenburg betroffen sein.

Weselsky: "Es wird härter für die Kunden"

"Insgesamt gesehen haben die Kolleginnen und Kollegen ein klares Signal gesendet", sagte GDL-Chef Claus Weselsky zum Ergebnis. Für unbefristete Streiks waren 75 Prozent Zustimmung nötig. Laut Weselsky lag die Wahlbeteiligung bei mehr als 70 Prozent.

Nach einer Urabstimmung müssen Streiks prinzipiell nicht mehr zeitlich begrenzt werden. "Das, was jetzt kommt, wird kräftiger, wird länger, wird härter für die Kunden", kündigte der Gewerkschafts-Chef an im Vergleich zu den bisherigen Warnstreiks an. Gleichzeitig betonte er kürzlich: "Wir sind so verantwortungsbewusst, dass wir nicht auf ewige Zeiten streiken werden." Bei weiteren 24-Stunden-Streiks bleibe es aber eben auch nicht.

Bahn will Grundangebot aufrechterhalten

Die Bahn zeigte sich derweil zuversichtlich, zumindest ein Grundangebot aufrecht halten zu können. "Wir sind für mögliche Streik-Szenarien vorbereitet", teilte der bundeseigene Konzern am Abend nach der Verkündung des Urabstimmungsergebnisses mit. "Im Regional- und Fernverkehr hat sich ein Notfahrplan bewährt", hieß es. "Dieser umfasst im Fernverkehr rund 20 Prozent des üblichen Fahrplanangebots. Auch im Regional- und S-Bahn-Verkehr haben wir vor Ort entsprechende Notfahrpläne entwickelt."

Längster GDL-Streik dauerte 127 Stunden

Bei vorigen Tarifrunden waren mehrtägige Streiks keine Seltenheit. Der bisher längste GDL-Streik bei der Bahn fand mit 127 Stunden (5 Tage plus 7 Stunden) im Personenverkehr und 138 Streikstunden (5 Tage plus 18 Stunden) im Güterverkehr im Mai 2015 statt. Damals handelte es sich allerdings um den bereits achten Streik seit Beginn des Tarifkonflikts. 2021 streikte die GDL für etwa fünf Tage.

Für längere Streiks sind Urabstimmungen nötig, weil nur so gewährleistet werden kann, dass eine breite Mehrheit der Mitglieder die Strategie der Gewerkschaftsführung auch unterstützt. Für die Beschäftigten bedeutet jeder Streiktag Einnahmeverluste. Zwar gleichen Gewerkschaften den Lohn- und Gehaltsausfall aus der Streikkasse aus, aber in der Regel nicht in vollem Umfang. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben darum per Urabstimmung das Signal, dass sie zu diesem finanziellen Opfer bereit sind.

Tarifverhandlungen festgefahren

Die GDL und die Deutsche Bahn haben sich im Tarifkonflikt festgefahren. Weselsky erklärte die Verhandlungen nach der zweiten Runde für gescheitert. Ein Knackpunkt ist die von der GDL geforderte Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter bei vollem Lohn. Die Gewerkschaft will eine Absenkung von 38 auf 35 Stunden erreichen. Die Bahn hält das für unerfüllbar.

Die GDL hat seit Beginn der Tarifverhandlungen Anfang November bereits zweimal mit 20 beziehungsweise 24 Stunden langen Warnstreiks im Personenverkehr die meisten Züge zum Stillstand gebracht.

Sendung: rbb24 Abendschau, 19.12.2023, 19:30 Uhr

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140 Kommentare

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  1. 140.

    Genau so ist es. Bei der Wahl des eigenen Wohnortes und dem eigenen Arbeitgeber ist es ebenso. Wer dort eine bewusste Entscheidung getroffen hat, hat sich folglich auch bewusst entschieden wie er oder sie zur Arbeit kommt. Ich glaube es steht in keinem Arbeitsvertrag, dass dies ausschließlich mit der Bahn passieren muss. Es gibt neben dem Fußmarsch, dem Rad, dem Moped, dem Auto, den Fahrgemeinschaften, dem Taxi, dem Bus, der Tram oder etlichen anderen Unternehmen welche man nutzen kann. Übrigens ist es beim Bahnpersonal ähnlich. Man stelle sich mal vor, dass bestimmte Bahnpersonale auch sehen müssen wie sie zum ersten Zug kommen, der von dem besagten Bahnpersonal vorbereitet bzw. eingesetzt wird. Btw. sieht es bei den letzten Zügen und der später anschliessenden Heimfahrt ebenso aus.

  2. 139.

    Jeder hat das Recht sich zu organisieren und dort vertreten zu lassen wo er oder sie sich wirklich vertreten fühlt. Übrigens kommen die Tarifverträge verschiedener Gewerkschaften überall zur Anwendung mit Ausnahme eines Unternehmens. Man kann ja mal recherchieren um welches von über 60 Unternehmen es sich dabei handelt.

  3. 138.

    Wenn es um sie geht soll alles nach ihrer Nase tanzen .
    Hauptsache sie kommen an ihr Ziel.
    Was sollen die Mitarbeiter der Bahn sonst tun um ihren Unmut gegen die Bahn kundzutun.
    Solange dieser uneinsichtige Bahnvorstand , der meiner Meinung vollständig zurücktreten müsste, nicht einsichtig wird , wird die Situation so angespannt bleiben.
    Für mich ein Skandal, das sich der Bahnvorstand mit Millionen bereichert, aber die Angestellten im Regen stehen lässt.

  4. 137.

    Wenn es um eigene Einschränkungen und Beeinträchtigungen sowie Mehrkosten geht, dann sind Meinungen, Vorsätze, Ansichten wie ordentlicher Lohn, gerechter Lohn, soziale Einkommens-, Vermögensverteilung und Steuerbelastung, Tierwohl, Umweltschutz plötzlich nicht mehr wichtig. Es findet sich dann immer eine Argumentation um energische Kämpfer für eine Sache zu verunglimpfen und zu diskreditieren.

  5. 136.

    Was ich bimmer noch nicht verstehe, warum es in einem Unternehmen (DB) 2 Gewerkschaften gibt, die für die selbe Berufsgruppe (Lokführer) zuständig sind. Sowhl EVG als uach GDL. Wenn es nach mir ginge dürfte das nicht sein. Gewerkschaften sind wichtig aber es sollte auch da klare Zuständigkeiten geben, gegen die nicht verstoßen werden darf. Ich habe nämlich das Gefühl, dass hier auf dem Rücken der Kunden, das jeweils bessere Angebot für die eigenen Mitglieder herausgeholt werden soll oder gilt dieses auch immer für die Mitglieder der anderen Gewerkschaft? Falls ja wären 2 ja erst recht sinnlos.

  6. 135.

    Sie sind für den Streik, ich nicht. Wie schön, dass in Deutschland jeder eine eigene Meinung haben darf und diese auch aussprechen kann. Sie sprechen hier nicht für alle. Vielleicht hätten Sie das gerne, es ist aber nicht so.

  7. 134.

    Alle sprechen hier nur über den Personennah oder-fernverkehr. Das die Ticketpreise dann verteuert werden liegt auf der Hand. Das lässt sich individuell steuern. Nicht steuern lasen sich allerdings die damit ebenfalls verbundenen Preiserhöhungen auf Güter und Waren des täglichen Lebens durch den Gütertransport. Denn auch dort möchten die Lokführer ein Stück vom Kuchen.

  8. 133.

    Die Bahn hat offenkundig gar kein Interesse an wie auch immer gearteten Verhandlungen. Das hat man bereits bei den Verhandlungen mit der Haus und Hof Gewerkschaft EVG gesehen. Nur die 5 Mio für den Vorstand gingen ratz fatz. Ich hoffe, die GDL lässt sich diese Unverschämtheiten nicht bieten. 35 Stunden Woche sollte für alle Schichtarbeiter gelten, die Nachts, Sonn- und Feiertags ihr Familienleben opfern. Das betrifft mich selbst nicht (mehr) aber ich weiß wie es ist, wenn man seine Kinder kaum aufwachsen sieht, weil man zu normalen Zeiten oft auf Arbeit hängt, vielleicht 100Km von Zuhause entfernt. Gerade jetzt zu Weihnachten wird dies wieder überdeutlich.

  9. 132.

    Das kann man nur genauso unterstreichen. Mich würde mal interessieren, wieviele der Personen welche hier gegen das Fahrpersonal hetzen, selbst in der Lage sind ihre Konzentration über die gesamte Schicht hinweg auf 100% zu halten! Ich tippe es hält kaum einer durch. Auch das Fitnesslevel nach über 50 Stunden in einer Woche mit vielleicht mal nem netten 9 oder 11 Stunden Übergang ohne den Weg von und wieder zur Arbeit würde mich bei so Personen mal brennend interessieren. 4 Dienste mit zB. knapp 12 Stunden hintereinander lassen auch wenig Zeit zum regenerieren und die Konzentration muss trotzdem immer auf 100% sein. Wenn dies alles so einfach und so toll wäre, hätte die Bahn definitiv mehr Personal welches dann aber auch erstmal den Einstellungstest beim Arzt überstehen muss. Spätestens dort ist aber bei vielen Bewerbern Feierabend und dies ohne einen einzigen Meter gefahren zu sein.

  10. 131.

    97% Zustimmung zum Streik bei den Mitgliedern der GDL.
    Das sieht nach einer riesigen Unzufriedenheit bei den Mitarbeitern der DB aus. Kein gutes Zeugnis für das Management, welches sich gerade Millionenboni gegönnt - für welche Leistung eigentlich..??

  11. 128.

    Die Forderung der GDL nach einer 35-Stundenwoche kann ich nur doppelt und dreifach unterstreichen. Ich selbst war über viele Jahre als Busfahrer bei der BVG beschäftigt und weiß, dass die Tätigkeit im Transportwesen ein sehr hohes Maß an ständiger Konzentration und Aufmerksamkeit erfordert. Von daher sind ausreichende Ruhezeiten zwischen den Schichten unerlässlich, um weiterhin die Sicherheit für die Fahrgäste und alle übrigen Verkehrsteilnehmer(einschl. sich selbst) gewährleisten zu können.
    Dessen sollten sich die DB, aber auch alle anderen Betreiber diverser Fahrbetriebe (Bus, Taxi, Speditionen usw.) immer bewusst sein!!!

  12. 127.

    Wo sie wohnen ist ihre Sache.
    Wo sie Arbeiten ist Ihre Sache.
    Nehmen Sie andere nicht für Ihre Privatsachen in Haftung.
    Seien Sie Kreativ, reden Sie mit Ihrem AG über Lösungen, gestreikt wird sicherlich nicht das ganze Jahr 2024.
    Es sei denn , die Bahn bewegt sich nicht.

  13. 126.

    Ich denke, in Ihrer Betrachtung der haftende "Verursacher" (und da sehe ich mal vom gesetzlichen Streikrecht ab, welches Sie offenbar ebenfalls ausblenden) fehlt die zweite Verhandlungspartei, das zu 100% dem Bund gehörende Unternehmen Deutsche Bahn AG. Ich denke, Ihnen ist auch bewusst, dass solche Forderungen praktisch das Streikrecht abschaffen. Das ist m. E. eine sehr bedenkliche Einstellung.

  14. 125.

    "dann halt das Fahrrad zu nutzen, auch wenn es nicht der schönste Wintertag ist."
    Wenn die Stecke nicht zu lang ist dann kann man das selbstverständlich tun. Wenn aber der Fahrweg zu lang wird, geht das nicht mehr. Freuen Sie sich einfach darüber, dass Sie in Berlin wohnen.

  15. 124.

    Ich schlage vor, dass dann die Gewerkschaft auch in die Haftung für den am Kunden entstandenen Schaden genommen wird. Als Summe könnte man sicher 50 Millionen Euro je Streiktag ansetzen. Damit es nicht nur hart für den Kunden bzw. den Bürger ist. Es ist von der Gewerkschaft richtig gesehen, dass ein Bahnstreik (sehr)hart für den Kunden ist. Andererseits ist es jedoch so, dass derjenige, der den Schaden verursacht, auch haften muss!

  16. 123.

    Wie viele der hier Kommentierenden, die sich für die GDL aussprechen und so überaus verständnisvoll sind, sind wirklich von der Bahn abhängig? In Berlin gibt es auch noch die BVG und alle Autofahrer können natürlich locker Verständnis zeigen. Sie sind ja überhaupt nicht betroffen.

  17. 122.

    Die BVG ist für mich als S-Bahn-Ersatz nicht so hilfreich, da ich dann eine großen Teil meines Weges mit Bussen im Berufsverkehrstau stehe. Hilfreich ist ein Arbeitgeber, mit dem ich reden kann und auch meine innere Einstellung, dann halt das Fahrrad zu nutzen, auch wenn es nicht der schönste Wintertag ist.

  18. 121.

    "Wenn ich hier so die Kritiker der GDL so höre denkt man echt die hätten teilweise den Schuss nicht gehört."
    Sie sind mit ziemlicher Sicherheit kein Pendler oder benutzen das Auto. Dann lässt es sich leicht reden.

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