Frankfurt (Oder) - Viadrina-Student entwickelt App für bessere Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten

Eine Software als Schnittstelle zwischen Geflüchteten, Behörden und dem Arbeitsmarkt: Diese Entwicklung vom Studenten Al Khal in Frankfurt (Oder), der selbst 2015 von Syrien nach Deutschland flüchtete, soll Menschen das Ankommen in Deutschland erleichtern.
Ende März ist sie einsatzbereit, zumindest in technischer Hinsicht: Die "Integration Map" - eine Software, die Geflüchtete und Migranten in Deutschland bei der Orientierung unterstützen soll, indem sie mit Stadtverwaltungen und potenziellen Ausbildungs- und Arbeitsgebern an einem digitalen Ort interagieren können.
Die Idee dazu stammt von Al Khal, einem Studenten an der Viadrina Universität. "Ich wollte eine Software entwickeln, die die zentralen Integrationsprobleme in Deutschland adressiert und so einfach gestaltet ist, dass sie von allen Geflüchteten genutzt werden kann", sagte er dem rbb. Zu diesen Problemen zählt er neben Sprachbarrieren vor allem die zähen Abläufe in überlasteten Verwaltungen, lange Wartezeiten auf Anschluss-Termine und bürokratische Prozesse, die es Ankommenden in Deutschland zum Teil schwer machen würden.
Hürden bei Studienstart und Projektgründung
Sein Blick für die Problematik und der Wunsch, Lösungen anzubieten, speisen sich aus persönlichen Erfahrungen: "Vor allem der Umzug nach Frankfurt (Oder) war für mich ein nicht enden wollender Behördenlauf. Darunter habe ich sehr gelitten."
Khal ist 2015 gemeinsam mit seinen zwei Brüdern Diar und Joudi aus Syrien nach Deutschland geflüchtet, lebte zunächst in Stuttgart. 2017 zog er nach Frankfurt (Oder). "Die internationale Ausrichtung der Uni war auch ein wichtiger Aspekt für mich." Nach einem Bachelor in Finanzwesen, mehreren Auslandssemestern zum Beispiel in Paris und Budapest, und einem Master in Business Administration, studiert er derzeit an der Europa-Universität im zweiten Master-Studiengang European Studies.
Es war nicht leicht, andere Menschen von der Idee zu überzeugen: "Man hielt es für unmöglich, eine allumfassende Integrationslösung in Softwareform zu realisieren. Doch genau das ist mein Ziel: Integration neu zu denken, radikal zu hinterfragen und auf ein neues Niveau zu heben." Das Gründerzentrum der Viadrina unterstützt Khal bei seinem Projekt.
Abläufe für Geflüchtete und Verwaltungen verbessern
Die gemeinnützige Organisation "ProjectTogether" ist ein weiterer wichtiger Partner auf seinem Weg, die neue Software zu entwickeln und in die Kommunen zu bringen. Luise Garleff koordiniert dort die Arbeit der "Welcome Alliance", um das Ankommen und die Teilhabe für geflüchtete Menschen in Deutschland zu verbessern. Über die neue App sagt sie: "Die gelebte Erfahrung von Al ist die große Stärke dieser spezifischen Lösung. Er kennt die Probleme beim Ankommen."
Da mit der Software von Al Khal vor allem Prozesse in der Verwaltung verbessert werden sollen, lud Garleff im Zuge der Projektentwicklung Akteure aus verschiedenen Sektoren zu Workshops und Gesprächen ein. "Wir verstehen uns als Schaltstelle. Wir bringen Al an einen Tisch mit Akteuren Politik und Wirtschaft, deren Bedarfe für das Projektgelingen eine ebenso große Rolle spielen wie die der Zielgruppe." Die Organisation finanziert sich zum großen Teil über Spendengelder und zahlt Khal über drei Monate ein Stipendium, was seine Arbeit am Projekt ermöglicht.
Fünf Punkte-Plan für eine Zukunft in Deutschland
Die Oberfläche der Anwendung zeigt in Kacheln verschiedene Optionen für einen möglichen Werdegang auf: Beruflicher Zweig, ungefähres Monatsbruttoeinkommen. Bei Klick auf eine der Kacheln werden die einzelnen Jobprofile und notwendigen Qualifikationen angezeigt. Was einem am meisten zusagt, kann eingeloggt werden. Je nachdem, welche Vorkenntnisse in sprachlicher und fachlicher Hinsicht bei den eigenen Filtereinstellungen hinterlegt sind, entwirft die App einen individualisierten Fünf Punkte-Plan.
Der erste Schritt kann so beispielsweise ein Sprachkurs sein, um von A2 auf C1 Deutsch zu kommen. Danach könnte eine dreijährige Ausbildung folgen. Für Kurse, Ausbildungsplätze und Jobs kann man sich über die App gleich bewerben. Die Stadtverwaltungen können die so generierten Daten in Form von Diagrammen einsehen und einen Überblick über die Fachkräfteentwicklung in ihrer Region durch Geflüchtete und Migranten erhalten. Laut Khal wäre es sogar möglich, über die App gezielt Berufe zu pushen, bei denen verstärkt Bedarf besteht.
Mit Technologie für mehr cross-sektorale Zusammenarbeit
Die Software war nicht Khals erste Gründung. Bereits zuvor entwickelte er gemeinsam mit seinen Brüdern die Plattform "NewStarter". Hier können sich geflüchtete Menschen in Deutschland austauschen, vernetzen und gegenseitig unterstützen. Khal und seine Brüder haben alle drei bei ihren Bestrebungen um Studium, Ausbildung und Arbeitsplätze als Geflüchtete in Deutschland ähnliche Erfahrungen gemacht und sich während dieser Anfangszeit gegenseitig beraten und unterstützt. So kam die Idee für das erste IT-Projekt zustande.
Mit "Integration Map" begann ein neues Kapitel in Al Khals Karriere als Gründer. Die App richtet sich nicht nur an Geflüchtete, sondern auch an Menschen, die eine neue berufliche Perspektive in Deutschland suchen. Junge Fachkräfte etwa, die mit einem Visum oder einer Blue Card nach Deutschland kommen, könnten von dem Angebot profitieren.
Khal ist bereits mit einigen Stadtverwaltungen im Austausch und hofft, dass seine Software schon bald in möglichst vielen Kommunen in Deutschland zum Einsatz kommen kann.
Sendung: Brandenburg Aktuell, 01.03.2025, 19:30 Uhr
Mit Material von Robert Schwaß