Bundestreffen in Cottbus - Woidke fordert auf Bauerntag weitere staatliche Unterstützung von Landwirten

Do 27.06.24 | 14:47 Uhr
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27.06.2024, Brandenburg, Cottbus: Cem Özdemir (l-r, Grüne), Bundeslandwirtschaftsminister, Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg und Joachim Rukwied, Bauernpräsident(Quelle:dpa/P.Pleul)
Audio: rbb24 Inforadio | 27.06.2024 | Amelie Ernst | Bild: dpa/P.Pleul

Der Brandenburger Ministerpräsident spricht auf dem Bauerntag in Cottbus - und präsentiert sich als Gegenspieler der Ampel-Regierung. Der Bauernverband zeigt sich erfreut über Woidkes Unterstützung - und erneuert seine Forderungen an den Bund.

Der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat die Bundesregierung im Streit um die Abschaffung der Steuervergünstigungen für Agrardiesel zu einer Kehrtwende zugunsten der Bauern aufgefordert. Die Entscheidung zum Agrardiesel sei - auch wenn sie in Teilen korrigiert worden sei - "eine falsche Entscheidung - und dabei bleibe ich auch", sagte Woidke am Donnerstag beim Deutschen Bauerntag in Cottbus.

"Wenn man Dinge nur halbrichtig macht oder sogar falsch, dann braucht man Kraft - man braucht dann nämlich die Kraft zur Korrektur", sagte Woidke weiter. "Ich wünsche der Bundesregierung vor allen Dingen auch diese Kraft zur Korrektur." Die Bauern applaudierten dabei lautstark. "Das wäre ein wichtiges Signal nicht nur in die Landwirtschaft hinein, sondern insgesamt in die ländlichen Räume."

Der Regierungschef forderte stabile Rahmenbedingungen für die Agrarbetriebe, damit sie weiter in umweltschonende Produktionsverfahren und Klimaschutz investieren könnten. Die Anforderungen an die Branche, zum Beispiel beim Umwelt- und Tierschutz, würden immer höher. Das müsse auch ausgeglichen werden, sagte Woidke und bezog sich dabei rein auf Steuergeld.

Distanz zur Ampel

Woidke warnte auch vor zu viel Bürokratie. Er kündigte an, dass Brandenburg - wie andere Bundesländer auch - deswegen kein grünes Licht für das Düngegesetz im Bundesrat am 5. Juli geben werde. Woidke fordert für den Brandenburger Landtag die Wiedereinrichtung eines Sonderausschusses zum Abbau von Normen und Standards. "Lieber Cem Özdemir, ich glaube, das wäre auch ein guter Vorschlag für die Bundesebene", sagte er adressiert an den grünen Bundeslandwirtschaftsminister.

Damit geht Woidke nicht zum ersten Mal im Jahr der anstehenden Landtagswahlen auf Distanz zur Ampel-Koalition im Bund. Im vergangenen Februar hatte Woidke angekündigt, Brandenburg werde dem sogenannten Wachstumschancengesetz, einer größeren Gesetzesänderung, im Bundesrat nur zustimmen, wenn der Bund im Gegenzug die Kürzungen beim Agrardiesel zurücknehme [youtube.com]. Davon war kurz darauf keine Rede mehr. Brandenburg stimmte zu und die Staatskanzlei gab laut der "MAZ" zu Protokoll, die beiden Dinge hätten nichts miteinander zu tun [maz-online.de].

Bauernpräsident fordert weitere Entlastungen vom Bund

Der Bauernpräsident Joachim Rukwied bedankte sich am Donnerstag bei Woidke für dessen Unterstützung: "Das macht uns Mut." Rukwied geht das Entlastungspaket der Bundesregierung nicht weit genug, wie er sagte. Darin geht es etwa um Erleichterungen bei der Verrechnung von Gewinnen aus guten und schlechten Jahren bei der Steuer und um weniger Bürokratie. Um die höheren Kosten für mehr Tierwohl tragen zu können, schlägt der Bauernverband unter anderem eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für Fleisch vor.

Rukwied hatte deutlich gemacht, dass die Mehrwertsteuer auf Fleisch von bisher ermäßigten sieben Prozent um zwei oder drei Punkte erhöht werden könnte - aber nicht auf den vollen Satz von 19 Prozent, damit auch einkommensschwächere Familien weiterhin Fleisch und Wurst kaufen könnten. Zugleich sollte die Politik eine Vereinbarung treffen, "dass dieses Geld ausschließlich in der Tierhaltung landet für den Umbau der Ställe, für höhere Haltungsformen".

Özdemir: "In der Agrarpolitik über Jahrzehnte viel liegen geblieben"

Özdemir äußerte am Donnerstag Verständnis für die Kritik des Bauernverbandes: "Auf dem Bauerntag ging es immer etwas deutlicher zu, etwas herzhafter zu. Und das gehört dazu. Die Arbeitsbeschreibung des Bauernverbandes ist nicht, Bundesregierungen zu loben, sondern für ihre Branche möglichst viel zu erreichen."

Seine Aufgabe sei es, die Interessen der Landwirte mit dem Naturschutz und dem Verbraucherschutz zusammenzubringen. "Ich komme nicht mit leeren Händen. Was Bürokratieabbau angeht, ist das Entlastungspaket das umfangreichste, das es in den letzten Jahren gab."

Das Thema sei kleinteilig, mache für die Berufsgruppe aber einen Unterschied, so Özdemir weiter. In der Agrarpolitik sei über Jahrzehnte viel liegen geblieben, sagte der Grünen-Politiker am Donnerstag im Deutschlandfunk. "Ich sorge dafür, dass das vollgefüllte Fass, das mir dankenswerterweise durch meine Vorgänger überreicht wurde, abgetragen wird. Das dauert halt."

Sendung: rbb24 Inforadio, 27.06.2024, 14:00 Uhr

13 Kommentare

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  1. 13.

    Musterbeispiel für Extrawürste.

  2. 12.

    Wer SPD wählt , ne Danke.
    Die Bauern haben durchgesetzt , das wieder Pestizide eingesetzt werden-
    Wie war das mit den Rückrufen von Nahrungsmittel , siehe Kartoffeln-
    Ne , ich werde sie nicht wählen und auch die beiden anderen Koalitionspartner haben versagt.

  3. 11.

    Ich sehe da (ehrlich gesagt) keine Fortschritte auf uns alle zukommen.
    Die Landwirte agieren (in der Masse) mindestens so kurzsichtig und ignorant wie die Erdölförderer. Sie wollen maximalen Ertrag einfahren und dabei minimale Investitionen tätigen.
    Herr Özdemir: Ich vermisse sowas wie einen Lagebericht zum Zustand unserer Ackerböden und dem Grundwasser darunter. Hochwasser und schlechte Bodenqualität im Sinne eines industriellen Raubbaus bedingen sich. Warum gibt es keine relevanten Interviews von ihnen im TV? Kann es sein, dass sie die Rolle des Landwirtschaftsministers lediglich als Platzhalter nutzen um weiterhin ihre Yale-Doktrin in die Partei Die Grünen zu tragen?
    Ich halte Cem Özdemir für einen zahnlosen Tiger. Bisher hat er sich immer auf die Seite der Großagrarier gestellt und die Großchemie hofiert. Die Grünen haben fertig.

  4. 10.

    Herr Rukwied ist also zufrieden, wenn die Verbraucher die Mehrkosten tragen. Wird diese Einnahme auch gesetzlich zweckgebunden sein? Und wie verhält es sich mit importierten Fleisch? Oft ist auf Wurstverpackungen zu lesen:"Hergestellt aus Fleisch aus EU Ländern". Für mich ist es nichts weiter als eine Steuererhöhung. Von Herrn Rukwied hätte ich ein bisschen mehr erwartet, aber Hauptsache die Pfründe sind in trockenen Tüchern.

  5. 9.

    Für alle, die es nicht so richtig glauben wollen:
    Der Herr Dr. Woidke fährt mit dem spd-Ticket.

  6. 8.

    Was sagte der Kanzler Scholz im Bundestag: " Wir brauchen wirtschaftlichen Kapitalismus". Zitat.
    Leider wird dabei die Wanne bei Reiche noch voller, aber nicht für den Otto Normalverbraucher.

  7. 7.

    Özdemir verspricht zu viel, auch als Grüner wird er nicht alles schaffen was er sich als Bundeslandwirtschaftsminister vorstellt. Er sagt: "Ich sorge dafür, dass ..................!
    Die Welt der Bauern versteht er bestens? Der Verbraucherschutz liegt überall im Argen, wo und mit was werden die Verbraucher durch Özdemir geschützt? Gibt es eigentlich noch ein Kartellamt beim Markt? Das Entlastungspaket was den Bürokratieabbau angeht, dass muss sich erstmal bewähren, dass dauert ebenfalls seine Zeit. Erst dann kann darüber gesprochen werden, ob dies und jenes gelungen ist. Was gelingt schon seit der Ampel besonders? Dauerstreit und interne Quereleien mit Pleiten und Pannen lösen kaum Probleme wie man weiß!

  8. 6.

    Genau! Deswegen sollte Woidke das Glyphosat selber auf den Äckern verteilen-

  9. 5.

    Ich glaube nicht, dass der Bauer am Ende des Jahres mit 20000 nach Hause geht.
    Also bitte mal die Luft anhalten.

  10. 4.

    Man soll niemals etwas versprechen, was man nicht einhalten kann!

  11. 3.

    Städter vs. Landwirt? Wenn Sie als Städter eine Forderung haben, wie andere ihre Arbeit zu machen haben, dann müssen Sie diese Forderung als Auftrag formulieren und bezahlen. Zu einem Stundensatz über Mindestlohn! Was meinen Sie, für wieviel der Bauer z.Z. arbeitet?
    Das das hier dankbare Termine für den MP sind ist zu spüren. Da kann man fordern. Was andere zu machen haben. Im Wahljahr würde ich das nicht machen. Die Leute sind nicht dumm. Es hat sich inflationär entwickelt: Das Fordern passt nicht zu den Ergebnissen.
    Eine, wie auch immer geartete Steuererhöhung für Fleisch verschwindet im Staatshaushalt. Ist nie sachbezogen. Da hat der Bauernpräsident falsche Vorstellungen. Unter Bauern mögen Zusicherungen gelten... woanders eher nicht.

  12. 2.

    Woidke war selber Landwirt- deshalb seine Unterstützung, die wir bezahlen! Das ist für mich Erpressung, was die machen.

  13. 1.

    Herr Woidtke sollte sich schämen, der Lobby Geschenke machen zu wollen. Die Bauern sollten anfangen nachvollziehbar zu argumentieren, warum sie schon wieder eine Extrawurst wollen. Naturschutz auf EU-Ebene ausbremsen, kein CO2 einsparen wollen, weiterhin massenhaft Milch und Tiere für den Export und Ackerflächenressourcen verschleudern und mit Nitrat vergiften wollen, statt mehr pflanzliche Nahrung anzubauen, Subventionen - also Steuergelder - bekommen wollen, damit drohen Parteien zu wählen, die in Teilen als rechtsextreme Verdachtsfälle gelten. Wie kleine wütende Kinder. - Erklärt den Steuerzahlern doch einmal, weshalb ihr euch bei Klimaschutz, Ökologischem Landbau, Förderung nicht nach Fläche sondern nach Nutzen für die Gesellschaft euch nicht bewegen wollt? Die Bundesregierung und auch Herr Woidtke sollte eure Forderungen nicht erfüllen!

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