Neubesetzung - Fraktionen loben Verfassungsrichter-Kandidaten und kritisieren langes Verfahren

Di 02.07.24 | 19:31 Uhr
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Symbolbild: Blick auf die Roben der Richter. (Quelle. dpa/Uli Deck)
Video: rbb24 Abendschau | 02.07.2024 | Dorit Knieling, Leonie Schwarzer | Bild: dpa/Uli Deck

Drei Frauen, drei Männer, verschiedene Hintergründe - die Berliner Abgeordneten sind überwiegend zufrieden mit den Nominierten für die obersten Richterämter. Es gibt nur einen Schönheitsfehler: Die Posten hätten schon 2021 neu besetzt werden müssen.

Die Kandidierenden für das Berliner Verfassungsgericht sind bei ihrer Vorstellung in den Abgeordnetenhaus-Fraktionen auf eine überwiegend positive Resonanz gestoßen.

"Ich bin glücklich, dass wir ein gutes Tableau von hervorragenden Juristinnen und Juristen gefunden haben, die auf unsere Verfassung schauen werden", sagte der Vorsitzende der CDU-Fraktion Dirk Stettner dem rbb.

SPD-Rechtspolitiker Jan Lehmann lobte die "Super-Durchmischung von Männern und Frauen".

Von einer "guten und starken" Besetzung sprach Grünen-Fraktionschef Werner Graf.

Linken-Fraktionschefin Anne Helm zeigte sich vor allem erleichtert, dass eine jahrelange Hängepartie mutmaßlich zu Ende sei.

Die AfD monierte, dass mit ihr niemand gesprochen habe.

CDU, SPD, Grüne und Linke hatten sich in monatelangen vertraulichen Gesprächen auf drei Männer und drei Frauen verständigt, die ins Berliner Verfassungsgericht gewählt werden sollen. Die Kandidatinnen sind die Familienrecht-Fachanwältin Lucy Chebout, die Verwaltungsrichterin Juliane Pätzold und Rosanna Sieveking, Richterin am Bundesverwaltungsgericht. Nominiert sind auch Björn Retzlaff, Vorsitzender Richter am Berliner Kammergericht, der Hoschulprofessor Florian Rödl von der Freien Universität Berlin sowie der Berliner Amtsrichter Florian Schärdel.

Verspätete Besetzung

Die sechs Richterposten am Verfassungsgericht hätten eigentlich schon 2021 neu besetzt werden müssen. Allerdings musste das Gericht zwischenzeitlich über die Pannen bei der Abgeordnetenhauswahl urteilen.

CDU-Fraktionschef Dirk Stettner zeigte Verständnis für den Unmut darüber, dass es so lange gedauert habe. Er entschuldigte sich dafür, betonte aber auch, dass es um "Qualität und Gründlichkeit" gegangen sei. Stettner lobt alle sechs als "hervorragende Juristen".

Auch der SPD-Rechtspolitiker Jan Lehmann hob die Expertise der Kandidierenden hervor. "Besonders liegt mir natürlich am Herzen: Es sind jetzt auch zwei in Ostdeutschland geborene Frauen dabei." Grünen-Fraktionschef Werner Graf betonte, dass es sich um ein breit aufgestelltes Team handele. Auch wenn seine Fraktion sich noch mehr Vielfalt im Verfassungsgericht gewünscht hätte, sei er zufrieden mit dem Personalvorschlag. "Es gibt Menschen mit Migrationshintergrund im neuen Gericht. Das ist sehr wichtig und richtig. Mehr geht immer." Unter den sechs Vorgeschlagenen ist die Anwältin Chebout die einzige mit Migrationshintergrund.

AfD ohne Kandidaten

Einzig die AfD äußerte sich kritisch zu den Kandidierenden und insbesondere zum Verfahren. Ronald Gläser, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion, sagte, die Personalien seien "politisch einordbar". Seine Fraktion sei in den Prozess gar nicht eingebunden worden. Dabei hätte ihr auch die Nominierung eines Kandidaten zugestanden, so Gläser.

Linken-Fraktionschefin Anne Helm verwies hingegen darauf, dass es kein gesetzliches Vorschlagsrecht gebe und zeigte sich überzeigt, dass "die Kandidierenden ein breites demokratisches Spektrum abbilden und verschiedene Perspektiven mitbringen".

Der AfD-Abgeordnete Gläser räumte ein, dass seine Fraktion für einen von ihr aufgestellten Kandidaten wahrscheinlich nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit bekommen hätte. Die AfD hatte keine Kandidaten benannt. Gläser ließ offen, ob die AfD bei der Wahl am Donnerstag im Plenum den von den anderen Fraktionen Nominierten ihre Stimme geben wird.

Vertreter von CDU, SPD, Grünen und Linken zeigten sich optimistisch, dass das Personalpaket bei der Abstimmung im Abgeordnetenhaus eine Mehrheit bekommen wird. Linken-Fraktionschefin Anne Helm erinnerte alle Parlamentarier an die "große Verantwortung, dass das funktioniert".

Sendung: rbb24 Inforadio, 02.07.2024, 10:40 Uhr

19 Kommentare

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  1. 19.

    Holgi, da hilft nur Auswandern! Wie unzufrieden muss man mit seinem Leben sein, um solch einen pessimistischen Wirrwarr zusammen zu schreiben.

  2. 18.

    Na dann fragen Sie doch mal Menschen aus anderen Staaten, wie sie unser System einschätzen.
    Da hören Sie ganz anderes. Und ich rede hier nicht von Bürgern aus Entwicklungsländern, sondern aus vergleichbaren westlichen Staaten.

    Dass es Probleme, teils auch gravierend gibt, kann man nicht abstreiten.
    Aber alles desolat?
    Desolat = trostlos, miserabel. Verödet, keine Hoffnung auf Besserung

    Ein bissel Übertreibung ist ok, aber auch das hat Grenzen.
    Daher mein ironischer Verweis auf drn failed state

    Wenn es Ihnen hier so miserabel geht, sollten Sie nach Alternativen suchen.

  3. 16.

    Nennen Sie doch mal ein paar Bereiche, angefangen bei der gesamten Infrastruktur, innere Sicherheit, Migration, Bildung, Finanzen, Bahn, Bundeswehr u.ä., wo es richtig rund und gut läuft. Also vorbildlich, um es einzugrenzen. Eventuell könnte man das Einziehen von Steuern und Bußgeldern nennen, oder Beiträge zum ÖRR, Gewerkschaften, Verfassungsschutz, Bürgergeld aber sehr viel mehr auf Anhieb zu benennen wird schwer. Mal sehen, was Sie noch beizusteuern haben ?

  4. 15.

    Die rbb-Redaktion hat sich bemüht, nach dem Männerausschluss durch das „Kandidateninnen“ im ersten Artikel, nun richtiges Deutsch anzuwenden. Mit einem nicht nötigen Bindestrich. Das Sovielen das richtige Verstehen, durch die richtige Sprache, wichtig ist lässt doch hoffen..., dass wir nicht kurz vor den „Fahrradständer:innen“ stehen.

  5. 14.

    „ Es gibt nicht einen Bereich, in dem alles halbwegs rund läuft. Alles desolat“

    Über solche Kommentare kann ich immer herzhaft lachen.
    Es fehlt nur noch die Aussage, Deutschland ist ein failed state.

    Wem es zu gut geht, der kommt eben zu solchen Schlußfolgerungen.
    Des Deutschen liebstes Hobby ist und bleibt das Meckern.

  6. 13.

    Da bringen Sie aber einiges durcheinander. Die Richter werden nicht von der Justiz ausgewählt. Auch nocht von Deutschland. Zwischenzeitlich waren Urteile zur Nachwahl und eine Wiederholungswahl. Zu lange hat es natürlich trotzdem gedauert.

  7. 12.

    Die Deutschen waren schon immer gut darin, anderen gute Ratschläge zu erteilen und zu ermahnen, während im eigenen Laden alles drunter und drüber geht. Es gibt nicht einen Bereich, in dem alles halbwegs rund läuft. Alles desolat ! Manche finden das auch noch gut und möchten immer mehr davon !

  8. 11.

    Mal eine richtig herrlich-erfrischende Kommentarspalte! Obwohl am Thema vorbei, ich kam aus dem Schmunzeln nicht mehr raus.

  9. 10.

    Warum werden hier denn die Fraktionen eigentlich alle befragt? Es hätte doch die regierende Partei genügt.

  10. 9.

    Das ist ja alles schön und gut, wirkt aber doch beides ein bisschen wie Kindergarten im Vergleich zum "Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz"! :-)

  11. 8.

    3 Jahre ohne Richternominierung.... Unfähigkeit der Justiz ist erschreckend. Deutschland sendet Ratschläge nach Ungarn, Polen und Türkei aber schaft nicht eigene Justiz in Griff zu bekommen. Die Parteien ernennen Kanzlerkandidat, schön apolitisch!

  12. 6.

    >"Dann aber ...beleuchtung..."
    Ah... da hat jemand den Aufmerksamkeitsfehler bemerkt! Respekt. Einen mache ich immer als Prüfmarker für Reaktionen ;-))
    Ich hatte jetzt eigentlich noch erwartet, dass jemand den Unterschied zwischen Trennung / Trennstrich und Bindestrich erklärt. OK.. mach ichs halt: Hier in der Überschrift bei dem getrennten zusammengesetzten Substantiv handelt es sich genau genommen um einen Bindestrich, der nur als Trennstrich erscheint, weil die verbundenen Worte auf die nächste Zeile umgebrochen werden. Naja... mal so nebenher außerhalb des eigentlichen Artikelinhalts.

  13. 5.

    Ick hab bei Donaudampfschifffahrtsgesllschaftskapitänsmütze noch nie 'n Bindestrich jemacht. So!

  14. 3.

    Nachtrag zu meinem Vorherigen Kommentar noch:
    Die Trennung in langen zusammengesetzten Substandtiven ist erlaubt durch die sogenannte Sinntrennung.
    Verfassungsrichter ist als ein Wort bekannt, Kandidat als Einzelwort ebenso mit jeweils unterschiedlicher Einzelbedeutung.
    Damit Ihnen als Ausgleich für diese Trennung mal richtig einer abgeht, gebe ich Ihnen meinen persönlichen Favoriten für zusammengesetzte Substantive auf den Weg: Schlafzimmerschrankbeläuchtungsschalter.
    Was sagen Sie dazu? Ist das ein Wort! ;-))

  15. 2.

    >"Verfassungsrichterkandidaten ist ein zusammengesetztes Substantiv; ein Bindestrich somit nicht notwendig."
    Lieber Ick nu wieder.. nun mal nicht so kleinlich. Es dürfen zusammengesetzte Substantive, die aus mehr als zwei einzelnen Substantiven bestehen (hier Verfassung, Richter, Kandidaten) auch in 2 + 1 Trennung geschrieben werden. Zudem hier deshalb, weil das Überschriftenfeld im Weblayout kein so langes Wort zulässt. Es sollte ja auch auf schmalen Smartphones Hochformat noch in eine Zeile passen. Ich weiß.. wir Deutschen sind Meister in langen zusammengesetzten Substantiven. Keine andere Sprache kann das. Aber ein wenig Spielraum lässt unsere Sprache schon, um solche langen Begrifflichkeiten gut lesbar darzustellen.

  16. 1.

    Liebes Team des rbb24,
    Verfassungsrichterkandidaten ist ein zusammengesetztes Substantiv; ein Bindestrich somit nicht notwendig.

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