Landungen nach Mitternacht - Nachtflugverbot am BER: Verspätete Flieger drehen nach Hannover und Leipzig ab

Fr 02.08.24 | 21:22 Uhr | Von Roberto Jurkschat
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Ein Passagierflugzeug landet neben BER am 14.08.2012 in Schönefeld (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Bild: dpa/Patrick Pleul

In den vergangenen Tagen konnten zwei verspätete Flüge wegen des Nachtflugverbots nicht wie geplant am BER landen, die Piloten steuerten die Maschinen nach Hannover. Seitdem wird diskutiert, ob die Vorgaben zu streng sind. Von Roberto Jurkschat

Lange sieht es am vergangenen Samstag so aus, als könnte es der Eurowings-Flug 5831 doch noch rechtzeitig nach Berlin schaffen. Laut Plan hätte der Airbus um 20.25 Uhr in Alicante abheben sollen, mit Landung um 23:25 Uhr am BER. Doch die Maschine startet erst um 21.33 Uhr - und die Ankunft am BER verschiebt sich Richtung Mitternacht.

Für Landungen verspäteter Flüge ist am Flughafen Berlin Brandenburg ein Zeitfenster von 23:30 und 0:00 Uhr vorgesehen. Danach beginnt das Nachtflugverbot, das lediglich für Regierungsflüge, Militäreinsätze und Rettungsflüge unterbrochen werden darf - nicht aber für Linienflüge.

"Man war zuversichtlich, dass der Flug den BER trotz Verspätung noch vor dem Beginn des Nachtflugverbots erreichen würde", sagt Eurowings-Sprecher Florian Gränzdörffer rbb|24 über den Flug von Alicante.

Flieger zieht 84 Meter über BER plötzlich nach oben

Als jedoch die Piloten des Flugs 5831 kurz vor der Landung mit der Eurowings-Verkehrszentrale Rücksprache halten, wird klar: Eine Landung wäre frühestens zehn Sekunden nach Ablauf der Landefreigabe möglich. In 84 Metern Höhe startet die Maschine plötzlich durch - und dreht nach Hannover ab. Die 212 Passagiere kommen mitten in der Nacht in der niedersächsischen Landeshauptstadt an, 300 Kilometer westlich von Berlin.

Seit der "Berliner Kurier" über den Vorfall berichtet hat, steht die Frage im Raum, ob eine so strenge Auslegung des Nachtflugverbotes verhältnismäßig ist.

Das Nachtflugverbot wurde erst bei der Planungsfeststellung für den BER ein Teil des Airport-Betriebs. Auf dem früheren Flughafen Schönefeld galten keine Beschränkungen nach Mitternacht, Starts und Landungen waren rund um die Uhr erlaubt. Auch heute ist die Regelung von den einzelnen Airports abhängig. In Köln/Bonn etwa wird rund um die Uhr geflogen, am nahegelegenen Flughafen in Düsseldorf ist Luftverkehr von 0 bis 6 Uhr verboten.

Am BER sind in den Nachtrandzeiten zwischen 5 und 6 Uhr sowie zwischen 23 und 24 Uhr nur eine begrenzte Anzahl von Starts und Landungen erlaubt, von 23:30 Uhr bis 24 Uhr und von 5 Uhr bis 5:30 Uhr dürfen grundsätzlich nur verspätete Flieger starten und landen.

Hannover und Leipzig statt Berlin

"Hannover und Leipzig werden wegen der relativen Nähe zu Berlin gerne als BER-Ausweichflughäfen angeflogen", sagte Robert Ertler, Sprecher der Deutschen Flugsicherung (DFS) am Freitag rbb|24. Zudem gebe es an den Flughäfen keine Nachtflugverbote. Die Airlines würden ihre Ausweichziele meistens bereits vor einem Flug festlegen. Ob diese Flughäfen dann wirklich angeflogen werden, hänge dann unter anderem von der Wetterlage ab - bei Unwettern kämen auch Landungen an weiter entfernten Airports in Betracht.

Laut Ertler ist die Änderung des Flugziels wegen Verspätungen die Ausnahme - häufiger würden Routen bei Unwetter geändert. Zahlen, wie häufig so etwas vorkomme, habe die DFS nicht.

Flugsicherung erteilt Start- und Landefreigaben

"An den meisten Flughäfen in Deutschland gibt es Beschwerden von Anwohnern, wenn Airlines gegen solche Regeln verstoßen, das ist in Berlin-Brandenburg nicht anders", sagt Ertler. Das Nachtflugverbot am BER wurde zum Schutz vor nächtlichem Fluglärm bereits vor 20 Jahren festgeschrieben.

Laut Luftverkehrsgesetz können Verstöße mit Bußgeldern bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Selbst bei minimalen Verspätungen sei das der Fall. "Ich kann verstehen, dass die Flugumleitungen wegen minimalen Verspätungen ärgerlich sind für alle Beteiligten. Aber irgendwo muss man ja eine Grenze ziehen." Erlter betont allerdings auch: Aufgabe der Deutschen Flugsicherung sei es zwar, zeitlich begrenzte Freigaben für Starts und Landung zu erteilen - ob die Airlines sich daran halten, sei eine andere Sache.

Eurowings-Sprecher Gränzdörffer betont gegenüber rbb|24: "Eine Landung nach Eintreten des Nachflugverbots war keine Option." Als klar gewesen sei, dass der Flug das Limit überschreiten würde, "wurde die Entscheidung getroffen, nach Hannover auszuweichen".

Flug von Heraklion ebenfalls umgeleitet

Laut Eurowings ist eine Ausweichlandung grundsätzlich nicht ungewöhnlich. Solche Fälle ließen sich gerade in der Hochreisezeit nie ausschließen. "Es ist natürlich für uns als Airline unser oberstes Ziel, ein solches Ausweichen zur vermeiden und die Passagiere auch bei Verzögerungen (sei es infolge Wetter, Flugsicherung, Beladung etc.) zu ihrem Zielflughafen zu befördern", erklärt Gränzdörffer.

Die Frage der Verhältnismäßigkeit oder eine andere Abwägung stelle sich für Eurowings aber nicht, "da das Nachflugverbot am BER eine vom Gesetzgeber beschlossene Reglung ist, die eingehalten werden muss". Über mögliche Änderungen habe die Politik zu entscheiden.

In der Nacht von Montag auf Dienstag kam es bei Eurowings dann erneut zu einer Flugumleitung: Eine Maschine hob verspätet vom Flughafen Heraklion auf der griechischen Insel Kreta ab, eine Landung in Berlin vor 0 Uhr konnte relativ früh ausgeschlossen werden - die Maschine landete in Hannover.

In der Regel steht Flugreisenden bei Verspätungen ab drei Stunden eine finanzielle Entschädigung von bis zu 600 Euro zu [EU-Verordnung 261/2004], wenn die Airlines für die Verspätungen verantwortlich sind. Eurowings hat Passagiere darauf hingewiesen, über ein Kontaktformular ihre Ansprüche zur Prüfung einreichen zu können.

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Beitrag von Roberto Jurkschat

146 Kommentare

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  1. 146.

    Herr Woidke nannte den BER eine „Erfolgsgeschichte“... :-(
    Ich beneide ihn für seine Wahrnehmung. Und das Beste: Sie selber können diese „Erfolg(los)geschichte“ sogar erneut wählen....bald ist es soweit.

  2. 145.

    Lesen Sie doch einfach den ganzen Artikel. Da steht alles Grundsätzliche drin.

  3. 144.

    Bin grundsätzlich dafür, dass die allgemeine Nachtruhe auch für den BER gelten sollte. Wenn man will, würde es gehen,

  4. 143.

    Nur mal nebenbei, das Durchstarten war garantiert lauter als einfach zu landen....

  5. 142.

    In Schönefeld gibt es schon seit 1962 einen Flughafen. Die meisten werden wohl dort hingezogen sein als es denn Flughafen schon gab.
    Aber gut es wollen ja alle Ruhe haben. Also von 0-5 Uhr kein Auto, LKW, Zug, Bus und Straßenbahn Verkehr.

  6. 141.

    Von 1-5 Uhr macht 4h Schlaf. Fragen Sie mal Ihren Doc, ob er Ihnen das empfiehlt. Soviel Egoismus auf einem Haufen. Alle diejenigen, die das nicht betrifft, sollten sich echt schämen.

  7. 139.

    Mann muss ja Fehler immer wiederholen. Das habe ich schon im Kindergarten gelernt. *Der hat ja auch.... "

  8. 138.

    Nichts würde passieren. Wenn sich in Deutschland nicht immer alles um Geld drehen würde, würden der Umwelt paar Flüge weniger nicht schaden. Und die könnten am Tage erfolgen. Die Menschen könnten sich gesund schlafen, den Krankenkassen Geld sparen und auf Arbeit mehr Leistung bringen.

  9. 137.

    ......Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass jetzt nochmal der Standort gewechselt werden würde oder glauben Sie das etwa? Was meinen Sie denn, was das für weitere Kosten verursachen würde? Das ist meiner Meinung nach vollkommen unrealistisch.

  10. 136.

    "Bei der heutigen Technik kann man auch ohne fliegen International Geschäfte machen".
    Dann sagen Sie bitte wie? Für alle Wirtschaftsbranchen. Die Politiker nicht vergessen?

  11. 135.

    Ein internationales Drehkreuz war nach Wahl des falschen Standortes ausgeschlossen. Wenn das jetzt in der Planung stehen soll, wurden wir doch schon wieder verschaukelt. Nachtflugverbot und KEIN inteternationales Drehkreuz hieß es damals aufgrund der ungünstigen Lage, dass die Routen über soviele Gemeinden und Naturschutzgebiete führen. Also jetzt mal bitte nicht die Tatsachen verdrehen.

  12. 134.

    Ich nur in und in unmittelbarer Nähe der Einflugschneise. Seit dem TXL endlich geschlossen ist, ist die Lebensqualität hier erheblich gestiegen.
    Es werden am BER mal zwei, drei Flugzeuge eben umgeleitet, na und, außerhalb der Urlaubsfliegesommerlochzeit kümmert das keine Sau und rechnen muss man mit sowas - egal auf welchem Flughafen. Außerdem gehört der Reserveschlüpper eh ins kleine Handgepäck und wenns mal in die Binsen ging, gab es zumindest bei der Lusthansa keine Probleme mit den Mehrkosten. Wie es bei anderen Airlines ist weiß ich nicht aber wenn man Stehplatz bucht kann man eben nicht Loge erwarten.

  13. 133.

    Ja, richtig, eine Katastrophe. Da her pünktliche Abflüge planen und nicht Ursache und Wirkung vertauschen.

  14. 132.

    Ein Nachtflugverbot ist ein Segen für die Anwohner bei manchen Airports. Allerdings ein Fluch mit Nacht-Lärmstörung für Anwohner bei anderen Airports. Beim Nachtflugverbot hat die Politik die Regeln zu machen? Welche Option hat sie um gerecht Anwohner vor Lärm zu schützen? Klimafreundich ist es nicht, wenn Flugzeuge nach einem langen Flug auch in der Früh, eine Warteschleife drehen müssen um erst ab 5 Uhr landen zu dürfen. An den meisten internationalen Drehkreuzen gibt es ein Nachtflugverbot in der Regel nicht. Viele Ausnahmen sind bei den meisten Airports im Ausland zu finden, da ist der geschätzte Wettbewerb für die Wirtschaft zu spüren. Bei uns hat die Politik zum Bsp. vor, die noch erlaubten Postflüge/30 Nachtflüge pro Woche per Postgesetz wegzulassen. Der Transport soll auf LKWs umverlegt werden. Freude bei den Anwohnern, wenn auf Autobahnen, Landstraßen noch mehr LKWs bei ihnen vorbei rollen, nachts und am Tag? Lärm bleibt Lärm für das Ohr „aller Menschen“.






  15. 131.

    Sie haben Recht. Das Nachtflugverbot sollte für alle Bürger gelten, also für alle Städte. Denn gesünder Schlaf ist für alle wichtig und die Gesundheit der Bürger sollte oberste Priorität haben.

    Wenn die Bayern ihre Felder in der Nacht mähen dürfen, dann ist es eine Entscheidung von irgendjemanden. Ich bezweifl, dass das allen Anwohnern gefällt. Ich würde mich auch dagegen stark machen.

  16. 130.

    Das macht nur kaum ein Landwirt, weil nachts die Feuchtigkeit ins Getreide zieht. Dann kann man nicht mehr ernten. Weder in Bayern noch sonstwo in Deutschland.

  17. 129.

    Was erzählen Sie denn für einen Blödsinn. Bei uns in Erkner sind vor 13 Jahren, als wir hier her gezogen sind ca 3 Flieger über unser Grundstück geflogen. Jetzt haben wir hunderte. Und das zwischen 22 und 23 Uhr im 2-Minutentakt mit lautem Getöse. Ein Bekannter wohnt in Rudow und sagt, er kann mit dem Koffer zum Flughafen laufen und hört nicht einen Flieger in seinem Wohngebiet.

    Wenn Sie sich in Schönefeld wohlfühlen und den Fluglärm begrüßen, dann ist es Ihre Entscheidung. Aber Fluglärm macht krank. 7-8 h soll bekannter Weise ein Mensch schlafen, um sich gesund zu halten. Wo bleiben bei 0- 5 Uhr 7-8 h?

  18. 128.

    Zumal man dann in Leipzig festhängt. In Schkeuditz hält kaum ein Fernzug, geschweige denn einer nach Berlin. Und zur Zeit fährt gar nichts, weil Vollsperrung wegen Bauarbeiten. Nachts im SEV, mit grossem Urlaubsgepäck, ist auch kein Spass. Schon irgendwie kleinlich.

  19. 127.

    Welche Technik meine ich wohl? Wie wurde es bei Corona gemacht?
    Gibt doch Zoom und co, da braucht man nicht fliegen.
    Und wenn man doch mal hin muss braucht man auch kein Flugzeug sondern nur mehr Zeit und bessere Planung.
    Aber das scheint wohl zu umständlich zu sein.
    Aber eigentlich auch egal, ändert sich eh nichts.
    Also immer weiter so, wir bekommen die Erde schon klein. Wäre doch gelacht wenn der Mensch es nicht schaffen würde.

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