Vom Prestige- zum Nostalgieobjekt - Humboldt-Forum zeigt Sonderausstellung über Palast der Republik

Do 16.05.24 | 13:50 Uhr | Von Andrea Handels
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15.05.2024, Berlin: Medienvertreter besichtigen nach der Pressekonferenz in der Sonderausstellung "Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart" das Geschirr aus dem Palast der Republik.(Quelle:dpa/S.Stache)
Audio: rbb24 Inforadio | 16.05.2024 | Harald Asel | Bild: dpa/S.Stache

30 Jahre galt der Palast der Republik als DDR-Prestigeobjekt. Nach dem Abriss 2008 wurde an der Stelle das Berliner Stadtschloss errichtet. Eine Sonderausstellung ab Freitag widmet sich nun der Geschichte des Palastes und der Zeit nach der Wende. Von Andrea Handels

Der Palast der Republik wurde 2008 gegen viele Widerstände nach einem Beschluss des Bundestags abgerissen. An seiner Stelle wurde bekanntlich eine (Teil-)Rekonstruktion des Berliner Schlosses errichtet, in die dann das Humboldtforum einzog. Jetzt widmet das Humboldtforum dem Palast der Republik einen ganzjährigen Themenschwerpunkt. Höhepunkt ist die Sonderausstellung "Hin und weg – Der Palast der Republik ist Gegenwart", die bis Februar nächsten Jahres im Erdgeschoss zu sehen ist.

Original-Objekte aus dem Palast und viele zeitgeschichtliche Dokumente

Fragmente der berühmten "Gläsernen Blume", die sonst im Depot des Deutsche Historischen Museums lagern, das Rednerpult aus dem Volkskammersaal, Teile eines floralen Wandreliefs aus dem Palastrestaurant sind nur einige der originalen Objekte aus dem Palast der Republik in der Ausstellung. Ein Drittel der Stücke stammt aus privaten Sammlungen, ein Drittel von öffentlichen Leihgebern, der Rest aus den Beständen des Humboldtforums selbst. Mit dabei auch Porzellan, Stühle, Arbeitskleidung sowie Gemälde wie Willi Sittes "Rote Fahne – Kampf Leid und Sieg" aus der Palast-Galerie.

Doch es ist keine reine Nostalgie-Schau, die in den beiden großen Räumen auf insgesamt 1.300 Quadratmetern zu sehen ist. Die Objekte werden flankiert von jeder Menge Informationen: historischen Videos auf großen Screens, Plakaten, Fotos, Texten zu den politischen Entwicklungen, die zum Bau des Palastes führten, was darin alles stattfand von der Volkskammer bis zur Kulturstätte, wie nach der Wende zunächst die freie Volkskammer der DDR einzog, anschließend Teilabriss und Zwischennutzung.

Man sieht zum Beispiel auf einem Video wie rbb-Reporter Uli Zelle sich auf einem Boot durch das geflutete Gebäude schippern lässt. Dann die Proteste gegen den Abriss und schließlich der Abriss selbst.

Palast der Republik © Wikimedia Commons / Istvan, CC-BY-SA 3.0

Persönliche Geschichten auf der "Insel der Erinnerungen"

Im Mittelpunkt stehen persönliche Erinnerungen von Zeitzeug:innen. Das kuratorische Team hat zahlreiche Interviews geführt – mit Prominenten wie Sabine Bergmann-Pohl, die 1990 der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR für ein halbes Jahr als Präsidentin vorstand. Sie war damals sehr gegen den Abriss, hätte sich eine Sanierung, einen Umbau gewünscht, hat aber inzwischen damit ihren Frieden gemacht, wie sie sagt.

Aber es kommen auch Menschen zu Wort, die noch nie dazu zu hören waren, die jahrzehntelang zum Beispiel im Palast-Restaurant gearbeitet haben oder einfache Besucher:innen. Auf einer der "Insel der Erinnerungen", mitten im zweiten Raum kann man ihre Biographien lesen und anhören, was sie zum Palast der Republik zu erzählen haben.

Die Kritiker haben sich schon gemeldet

Vielstimmig, divers und partizipativ will das Humboldtforum sein. Logisch, dass auch die Ausstellungsbesucherinnen und -besucher zu Wort kommen sollen. An mehreren Stellen werden sie aufgefordert, ihre Meinung zu hinterlassen: "Was denken Sie, hätte der Palast der Republik weiter genutzt werden sollen?" Eine Wand aus glänzender Bronzepappe ist sogar ganz für Kommentare reserviert. "Was ist wichtig zu erinnern?", so die Frage. Auf die Kommentare darf man gespannt sein.

Zumal sich schon eine Gruppe um den Architekten Philipp Oswalt und den früheren Berliner Kultursenator Thomas Flierl zu Wort gemeldet hat, die die Ausstellung als "Zynismus" bezeichnet. Sie sei "ein fadenscheiniges Feigenblatt, solange es nicht zu einer Korrektur der äußeren Erscheinung des Bauwerks kommt". Allerdings – wo, wenn nicht an diesem Ort, sollte eine Ausstellung über die kontroverse Geschichte des Palastes der Republik richtig sein? Mit den Anhängern von Glanz und Gloria des Preußentums macht sich die Ausstellung jedenfalls an keiner Stelle gemein. Vielmehr werden hier die historischen Entwicklungen mit kritischer und wissenschaftlicher Distanz präsentiert und vor allem viele Fragen gestellt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 16.05.2024, 07:55 Uhr

Beitrag von Andrea Handels

16 Kommentare

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  1. 16.

    "...ästhetische Verbindung" hin oder her. Für mich war der Palast ein willkommener architektonischer Kontrapunkt zu all der mehr oder weniger grauen historischen Architektur rings herum (Schinkel-Bauten ausgenommen). Ein helles, freundliches, lichtdurchflutetes Gebäude, das genau an der richtigen Stelle stand. Der heute dort stehende Schloss-Nachbau wirkt erdrückend, innen eng und dunkel. Eben ein Bau von gestern. Für Gestrige.

  2. 15.

    und es ist eine Schande, dass dieser Klotz immer noch steht und jährlich Millionen Euro an Steuergeldern verschlingt...

  3. 14.

    "Die ästhetische Verbindung zu "Unter den Linden" wurde damit faktisch gekappt"
    Den Eindruck hatte ich nie, auch wenn mir das Städtebauliche als junger Mensch sicher nicht so wichtig war. :-)
    Wenn ich die Linden stadteinwärts ging, bildete die Schmalseite mit den akzentuierten weißen "Säulen" (das richtige Wort dafür fehlt mir gerade) durchaus einen zufriedenstellenden Abschluss.
    Sicher war sie von den Architekten ja auch genauso gedacht.
    Aber das war nur mein Eindruck, ich war eben mit dieser Sichtachse ganz glücklich... :-)

  4. 13.

    Also wegen mir hätte 2008 auch das ICC gleich mit abgerissen werden können.

  5. 12.

    Der Palast der Republik war jedenfalls ein gut genutztes, sehr viel attraktiveres Gebäude als dieses bunkerartige Schlossplagiat, Ausdruck monarchistischen Größenwahns.

  6. 11.

    Schade auch, dass Einige von ihren künstlich geschaffenen Frontstellungen nicht lassen wollen, ggf. unvermögend sind, dies zu können. ;-

  7. 10.

    Vor allem wäre darauf hinzuweisen, dass der Palast der Republik mitnichten der bauliche Ersatz für das niedergemachte Berliner Schloss war, sondern ein Mittel, um die selbstgeschaffene Leere zu füllen - denn nach dem Abriss des Schlosses herrschte dort die gähnende Leere einer Aufmarschfläche.

    Der Palast orientierte sich in östliche Richtung hin, in Richtung Fernsehturm, Alexanderplatz und das dort neu geschaffene Zentrum. Die ästhetische Verbindung zu "Unter den Linden" wurde damit faktisch gekappt, folglich konnte der Palast dementsprechend der Straße auf kein Auftakt sein. Deren Verlauf wurde ja restauriert, deren Endpunkt, das Brandenburger Tor, auch.

    Keine Linden ohne Schlossbau; die Ostfassade des Palastes hätte aber sehr wohl erhalten und genutzt werden können.

  8. 8.

    Nein, ist leider zu fragil und schlecht abgebaut/gelagert um sie wieder zusammenzusetzen, das würde sie endgültig zerstören.

  9. 7.

    Ja Ja Ja, im Osten (gerade Berlin) war aber auch ALLES MÜLL!
    Es ist überraschend das dieses Gebäude nicht von alleine eingefallen ist.
    "das Berliner Stadtschloss" - irgendwie eine Glorifizierung der Monarchie.
    Kaiser und König - wie sehr darf man sich solch Zeiten wieder herbeisehnen?

    Wieviel Wohnungen sind den (im Westteil) in Berlin noch mit Asbest-Bodenbelägenausgestattet?
    Abreißen - sofort, und auch gleich das ICC, und weiter auch das ...

  10. 6.

    Wer, wo etc ist oder hat den Rest..... Wäre doch schön es auch zu erwähnen oder ist es streng geheim....

  11. 5.

    Vielen, vielen Dank den Veranstaltern, dass wir uns jetzt noch mal Bilder und Gegenstände aus unserem Palast der Republik ansehen dürfen, die da wie Devotionalien aufgereiht sind. Wie großzügig.
    Und danke, dass wir dafür auch noch bezahlen dürfen!
    Nein, es ist und bleibt eine Schande.

  12. 4.

    "Fragmente der berühmten "Gläsernen Blume""...
    Und da war ea bei all dem Aufwand nicht möglich, für ein ganzes Jahr auch einmal die ganze Blume wieder aufzustellen?

  13. 3.

    Ach ja, die alte Leier. Gott sei Dank ist Erich's Lampenladen weg. Ich darf das sagen, ich habe von 81 bis 91 in Ost-Berlin gelebt. Jetzt steht was Anderes da, na und... Is mir wumpe!

  14. 2.

    Soviel Verlogenheit und Zynismus ist kaum zu ertragen. Erst wurde den Menschen eingeredet für Palast der Republik muss weg. Gründe dafür, wurden bald gefunden und weg war er. Dafür wurde das jetzige Gebäude errichtet, welches weder schön noch zweckmäßig ist. Nun werden Gegenstände aus dem Palast ausgestellt und Menschen, dort einst gearbeitet haben, kommen zu Wort. Was soll dieses Theater??? Die „Herren“ haben über die Köpfe hinweg entschieden und schwelgen nun in Nostalgie.

  15. 1.

    Das ist für mich Zynismus. Erst von zwielichtigen Investoren gegen den Willen der Ostberliner der Palast zerstört und dafür das Fakeschloß hingestellt und jetzt diese alberne Ausstellung?

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