"Nakba"-Jahrestag in Berlin-Neukölln - Verwaltungsgericht bestätigt Verbot von pro-palästinensischer Demonstration
Zum 75. Jahrestag der "Nakba" sollte am Samstag in Berlin-Neukölln eine pro-palästinensische Demonstration stattfinden. Die Berliner Polizei hat dies verboten, ein Eilantrag dagegen wurde abgelehnt. Berliner Juden planen einen Solidaritäts-Demo.
- Die Berliner Polizei hat eine pro-palästinensische Demonstrationen mit Bezug zur Staatsgründung Israels verboten
- Ein Widerspruch der Veranstalter ist erfolglos geblieben - ein Gericht hat das Verbot bekräftigt
- Eine Gruppe Berliner Juden und Israelis organisiert solidarischen Protest gegen das Demo-Verbot
Die Berliner Polizei hat erneut eine Demonstration palästinensischer Gruppen verboten. Angemeldet war eine Kundgebung für Samstag - zum Vertreibungs-Gedenktag Nakba. Die Polizei teilte am Freitagmorgen jedoch mit, diese Versammlung dürfe nicht stattfinden. Auch eine Ersatzveranstaltung am Samstag oder Sonntag dürfe es nicht geben.
Der Veranstalter versuchte zunächst, juristisch gegen das Verbot vorzugehen - scheiterte aber: Das Verwaltungsgericht Berlin bestätigte das Demo-Verbot am Freitagnachmittag.
Dem Veranstalter bleibt zwar noch der Weg vor das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) als nächsthöhere Instanz, wie ein Gerichtssprecherin sagte. Zunächst war aber offen, ob der Veranstalter diesen Weg noch wählt.
Demonstration am Samstag am Hermannplatz geplant
Die Demonstration war für Samstag am Hermannplatz in Berlin-Neukölln geplant, erwartet wurden bis zu 1.000 Teilnehmer. Die Berliner Polizei begründete das Verbot mit der "unmittelbaren Gefahr", dass es bei der Versammlung zu antisemitischen und volksverhetzenden Ausrufen, Gewaltverherrlichungen und Gewalttätigkeiten kommen könne.
In den vergangenen Wochen hatte die Berliner Polizei mehrere palästinensische Demonstrationen gegen die Politik Israels verboten, weil sie antisemitische Parolen und Gewalttätigkeiten erwartete. Gerichte hatten die Verbote bestätigt. Zuvor hatten am Osterwochenende Teilnehmer einer Palästina-Demonstration israelfeindliche und antisemitische Parolen gerufen.
Unterstützung von Berliner Juden und Israelis
Für Samstagnachmittag ist allerdings auch eine Solidaritäts-Demonstration auf dem Oranienplatz angekündigt. Sie steht unter dem Motto: "Jüdische Berliner*innen fordern das Recht auf Erinnerung - auch für Palästinenser*innen". In einem Aufruf beklagt die Gruppe das Vorgehen der Berliner Polizei mit den Worten: "Diese repressive Politik schützt uns nicht." Deswegen wolle man ein Zeichen setzen, "gegen antipalästinensischen Rassismus und für Gerechtigkeit und Frieden für alle Menschen in Israel-Palästina", heißt es.
Die Veranstalter verweisen auf einen offenen Brief von mehr als 100 Berliner Juden und Israelis. Bereits Ende April hatten sich diese gegen das Vorgehen der Polizei ausgesprochen und gefordert, dass Demonstrationen von Berliner Palästinensern nicht verboten werden sollen [theleftberlin.de].
Laut einer Polizeisprecherin sind für diese Demonstration keine verstärkten Vorkehrungen vorgesehen. Es werde Polizei wie sonst vor Ort sein, hieß es. Die Veranstaltung ist laut der Versammlungsseite der Polizei zwischen 15 und 16.30 Uhr am Oranienplatz angemeldet.
Erinnerung an ersten Nahostkrieg
Palästinenser erinnern jedes Jahr am 15. Mai an Flucht und Vertreibung Hunderttausender Menschen im ersten Nahostkrieg 1948. Aus einem Teil des britischen Mandatsgebiets Palästina wurde am 14. Mai 1948 Israel. Die arabischen Nachbarn griffen den neuen Staat an. Im Zuge der Kämpfe flohen rund 700.000 Palästinenser oder wurden vertrieben. Der Begriff der "Nakba" (arabisch für "Unglück" oder "Katastrophe") erinnert daran.
2022 waren rund um den Tag Hunderte Polizisten in Neukölln im Einsatz, um Verbote der palästinensischen Demonstrationen durchzusetzen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 19.05.2023, 11:00 Uhr