Berlin und Brandenburg - Zahlreiche Gedenkveranstaltungen zum 85. Jahrestag der Novemberpogrome
Am Abend des 9. November 1938 wurden auch in Berlin und Brandenburg jüdische Menschen attackiert, Synagogen zerstört, Geschäfte geplündert. In diesem Jahr wird erneut an die Angriffe erinnert.
85 Jahre nach der Pogromnacht 1938 erinnern Berlin und Brandenburg an die Opfer. Überschattet wird das Gedenken in diesem Jahr von dem Angriff der Hamas auf Israel.
Die zentrale Gedenkveranstaltung findet am Donnerstagvormittag in der Synagoge in der Brunnenstraße statt. Diese war kurz nach Wiederaufflammen des Nahost-Konflikts attackiert worden. Eingeladen zu dem Gedenken hat der Zentralrat der Juden in Deutschland. Neben dessen Präsidenten Josef Schuster wollen daran auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) teilnehmen.
In der City West laden die evangelische und die katholische Kirche zu einem stillen Gedenkweg ein. Mit den beiden Bischöfen Christian Stäblein und Heiner Koch und dem Antisemitismusbeauftragten Felix Klein führt dieser vom Winterfeldtplatz über Nollendorf- und Wittenbergplatz, Tauentzien und Kurfürstendamm zum Jüdischen Gemeindehaus in der Fasanenstraße. In den angrenzenden Straßen befanden sich früher mehr als hundert jüdische Geschäfte.
Fasanenstraße: Namen von 55.696 Opfern werden verlesen
Am Endpunkt des Gedenkweges, im Gemeindehaus Fasanenstraße, findet in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin am Abend eine Gedenkveranstaltung mit Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und dem israelischen Botschafter Ron Prosor statt. Dort soll auch eine Simulation der ehemaligen Synagoge Fasanenstraße auf die heutige Fassade des Jüdischen Gemeindehauses projiziert werden. Bereits den ganzen Tag über werden dort die Namen der 55.696 ermordeten Berliner Juden verlesen.
Im Berliner Dom ist zum 85. Jahrestag der Novemberpogrome am Abend ein Gottesdienst geplant. Die Predigt hält die Erinnerungsbeauftragte der evangelischen Landeskirche, Marion Gardei.
Weitere Veranstaltungen in Berlin
In Schöneberg lädt die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz zur Teilnahme an einem "Gedenkweg". Start ist 16 Uhr am Winterfeldplatz. Der Gedenkweg führt dann zum jüdischen Gemeindehaus in der Fasanenstraße, durch Straßen, in denen sich früher mehr als einhundert jüdische Geschäfte befanden. Rund 1.000 Teilnehmer sind angemeldet.
Zudem laden der Bezirksbürgermeister Jörn Oltmann (Grüne) zu einer Kranzniederlegung und Gedenken am Mahnmal der ehemaligen jüdischen Synagoge in der Münchener Straße 38. Ein Rabbiner spricht dabei aus der Tora. Beginn ist ebenfalls um 16:00 Uhr.
In Hohenschönhausen gedenkt um 19:00 Uhr die Evangelische Kirchengemeinde Hohenschönhausen-Nord (in der Straße Am Berl 17) an Jizchak Schwersenz - dem ehemaligen Vorbeter der kleinen Synagoge Hohenschönhausen.
In Tempelhof wird der Schändung der Synagoge des israelitischen Religionsvereins Neutempelhof gedacht. Beginn in der Mussehlstraße 22 ist um 18:00 Uhr.
In Reinickendorf findet am Mahnmal für die Opfer der Gewaltherrschaft um 16 Uhr eine Kranzniederlegung und ein Gedenken an die Opfer des 1942 zerstörten tschechischen Ortes Lidice statt. Es spricht die Bezirksbürgermeisterin und eine Schülerin des Europäischen Gymnasiums Bertha von Suttner. Das Mahnmal befindet sich am Rathaus Reinickendorf.
In Marzahn-Hellersdorf finden mehrere Stolpersteinspaziergänge statt, zum Beispiel ab 14:00 Uhr, ausgehend vom Stadtteilzentrum "Mosaik" (Altlandsberger Platz 2). Eine Liste weiterer Spaziergänge findet sich hier [www.https://buendnis.demokratie-mh.de].
In Wilmersdorf richtet das Gottfried-Keller-Gymnasium einen Schweigemarsch gemeinsam mit dem Walther-Rathenau-Gymnasium und der Polizeiakademie Berlin aus. Treffpunkt ist um 16:30 Uhr in der Erdener Straße/Ecke Königsallee. Der Weg führt zum Mahnmal "Gleis 17" am S-Bahnhof Grunewald. Von diesem Gleis wurden tausende Juden mit Zügen der Deutsche Reichsbahn aus Berlin deportiert.
In Mitte gedenken um 11:00 Uhr Schüler der Theodor-Heuss-Schule am Gedenkort Güterbahnhof Moabit der Pogrome. Von diesem Ort aus wurden über 30.000 Menschen in Ghettos und Vernichtungslager deportiert. Eine weitere Gedenkveranstaltung mit Schülern verschiedener Schulen findet außerdem um 11:00 Uhr an der Gedenktafel am Jüdischen Krankenhaus in der Heinz-Galinski-Straße 1 statt.
Unter dem Leitgedanken "Gedenken - Erinnern - Mahnen" wird darüber hinaus am Jüdischen Friedhof in der Großen Hamburger Straße 26 ab 18:30 Uhr eine Mahn- und Gedenkveranstaltung stattfinden.
Veranstaltungen in Brandenburg
Auf dem jüdischen Friedhof in Potsdam wird bei einem Gedenken am späten Vormittag der Geiger Daniel Hope dabei sein. Dort ist der erste Rabbiner Potsdams, Michel Hirsch, begraben. Stargeiger Hope, der in Südafrika geboren ist, ist einer seiner Nachfahren. Um 18 Uhr gibt es in der Landeshauptstadt am Standort der früheren Synagoge am Platz der Einheit eine Gedenkveranstaltung.
Die Stadt Oranienburg (Oberhavel) veranstaltet in Kooperation mit der Gedenkstätte Sachsenhausen einen Gedenkweg. Dieser beginnt um 14 Uhr am Gedenkstein für das zerstörte Jüdische Bethaus, verläuft über den Bahnhof und die Bernauer Str. und endet an der Baracke 38 in der Gedenkstätte Sachsenhausen.
In Frankfurt (Oder) findet ein gemeinsames Gedenken am Synagogengedenkstein statt. Das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt lädt um 19.30 Uhr zu einem Lesekonzert ein, mit Texten aus Friedrich Lotters Buch "Aus dem Dunkel – wie Juden aus Frankfurt (Oder) den Nazis entkamen".
In Eberswalde (Barnim) lädt der Ökumenische Arbeitskreis in die Gedenkstätte "Wachsen mit Erinnerung" ein.
In Seelow (Märkisch-Oderland) werdem die sogenannten Stolpersteine in der Stadt geputzt. Diese erinnern an die Opfer des Nationalsozialismus. Im Rahmen der Woche des jüdischen Lebens veranstaltet der Heimatverein "Schweizerhaus" gemeinsam mit Schülern einen jüdischen Abend.
Auch in Fürstenwalde (Oder-Spree) gibt es eine Gedenkveranstaltung. Dazu gehören eine Andacht im Dom ab 18 Uhr und eine Großprojektion auf dem Marktplatz. Vor Ort wird auch ein Nachfahre einer einstigen jüdischen Fürstenwalder Familie sein, hieß es aus dem evangelischen Kirchenkreis Oderland-Spree. In Beeskow findet eine Gedenkveranstaltung um 18 Uhr in der Marienkirche statt. In diesem Jahr sei das Gedenken in besonderer Weise mit der Solidarität für Israel verbunden, so die Veranstalter.
Sendung: rbb24, 08.11.23, 13:00 Uhr