Jagd in Brandenburg - Umweltministerium sieht Wolf als Grund für weniger Wild

Do 21.12.23 | 17:33 Uhr
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Wolf in der Schorfheide in Brandenburg (Bild: imago images/Eibner)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 21.12.2023 | Charlotte Gerling | Bild: imago images/Eibner

Wenn Olaf Andert in seinem Brandenburger Revier auf die Jagd geht, trifft er auf weniger Wild - der Wolf sei oft schneller. Tatsächlich ist die Zahl der Abschüsse zurückgegangen. Das Umweltministerium sieht auch den Wolf verantwortlich.

Das Gewehr auf dem Rücken, die Mütze auf dem Kopf und in Begleitung seines Hundes Franz zieht Olaf Andert durch sein Revier. Der Jäger schaut in dem Waldstück in der Gemeinde Kloster Lehnin (Potsdam-Mittelmark) was er schießen kann - und ob alles seine Ordnung hat. Denn ein Faktor, der dem erfahrenen Jäger und Wildfleischer immer größere Sorgen bereitet, ist der Wolf. "Wolfsattacken auf die Wildtiere bleiben oft im Verborgenen. Manchmal findet man nicht einmal mehr die Knochen", sagt er.

Wenn Andert durch sein Fernglas blickt, sieht er in seinem Revier inzwischen deutlich weniger Wild als noch vor ein paar Jahren. Das könne verschiedene Gründe haben, sagt er. Verkehrslärm sei einer. Ein anderer Grund könnten auch Jäger sein, die zu selten in ihren Revieren Präsenz zeigten, um es bewirtschaften zu können. Doch er betont: "Der Wolf ist der Hauptfaktor." Und das sei nicht kleinzureden. "Schließlich haben wir mit rund 1.000 Wölfen auf der Fläche Brandenburg deutlich mehr als in ganz Schweden."

Inzwischen sieht er den Wolf sogar als größten Konkurrenten für Jäger in Brandenburg. "Wir wollen ein vernünftiges Lebensmittel haben - dafür gehen wir jagen und mehr 'bio' geht dann wirklich nicht. Seine Ausbreitung ist daher ein Riesenproblem für uns."

Auswirkungen des Wolfs auf die Hirschjagd in Brandenburg. (Quelle: rbb)
Jäger Olaf Andert | Bild: rbb

52 Wolfs-Rudel in Brandenburg aktiv

Ein Jäger bemerke den Wolf sofort. Zum einen sei die Präsenz der Tiere durch Fotofallen gut dokumentiert. Zum anderen verhielten sich die Hirsche dann anders. "Je nachdem wie lange der Wolf jagt, ist das Reh- und Damwild für die nächsten Tage und Wochen immer sehr scheu."

Anderts Jagdrevier ist eine Pächtergemeinschaft, auch andere gehen hier jagen. "Früher hatten wir hier kleine Rudel mit 10 oder 15 Stücken Damwild. Jetzt freut man sich, wenn man noch einen Schmalspießer (männliches Rotwild im zweiten Lebensjahr, Anmerk. der Redaktion) trifft."

Abschüsse von Wild regional sehr unterschiedlich

Tatsächlich ist der Wolfsbestand in Brandenburg in den letzten Jahren größer geworden. Dem Landesamt für Umwelt Brandenburg zufolge gibt es landesweit 52 Rudel [lfu.brandenburg], die in mehr als 60 Territorien aktiv sind. Zum Vergleich: 2018 wurden 41 Rudel gezählt, 2015 16 Rudel und 2010 nur ein einziges.

Gleichzeitig ist die Zahl der Abschüsse durch Jäger zurückgegangen. Noch vor zehn Jahren wurden landesweit 73.900 Rehe erlegt - aktuell beläuft sich die Zahl der Abschüsse auf 48.800. Beim Damwild sank die Zahl in dem Zeitraum von 14.400 auf 8.900.

Ein genauer Blick zeigt aber auch, dass die Abschüsse von Rot-, Dam und Muffelwild regional sehr unterschiedlich ausfallen. Beim Damwild etwa wurden im Zeitraum 2022 bis Ende 2023 8.855 Abschüsse gemeldet - ein Rückgang um 14 Prozent [mluk.brandenburg.de]. Davon entfallen 75 Prozent auf die Landkreise Oberhavel, Uckermark und Potsdam-Mittelmark. In den Landkreisen Dahme-Spreewald und Elbe-Elster hingegen wurden jeweils nur neun Stück Damwild zur Strecke gebracht.

Der drastische Bestandsrückgang steht im unmittelbaren Zusammenhang mit den zwischenzeitlich nach Brandenburg zurückgekehrten Wölfen.

Umweltministerium

Ministerium: Rückgang von Abschüssen hat mit Wolf zu tun

Auch beim Muffelwild gibt es einen Rückgang. Und hier ist das Umweltministerium Brandenburg sehr deutlich: "Der drastische Bestandsrückgang steht im unmittelbaren Zusammenhang mit den zwischenzeitlich nach Brandenburg zurückgekehrten Wölfen", heißt es. Bei anderen Arten, etwa beim Rot- und Damwild, drückt sich das Ministerium etwas zurückhaltender, aber immer noch deutlich aus: "Auch wenn dazu keine konkreten Zahlen existieren können, so ist es naheliegend, dass der Wolf auch eine der Ursachen für die Streckenrückgänge bei den anderen Schalenwildarten ist."

Andert ist nicht nur Jäger, sondern auch Ladenbetreiber. In Kloster Lehnin verkauft er Wildfleisch. Da weniger geschossen wird, steigen die Einkaufspreise, wie er sagt. Mit zehn bis 20 Prozent mehr werde gerechnet. Die höheren Kosten an die Kunden weiterzugeben, hält er aber für keine gute Idee. "Wir sind hier im ländlichen Raum, wir müssen uns an der Kaufkraft orientieren. Das Umfeld, also unsere Stammkundschaft, muss sich das leisten können", sagt Andert. Erst einmal wolle er die Preise deshalb nicht erhöhen, schließt dies in Zukunft aber nicht aus.

Der Jäger sagt, dass die Auswirkungen, die vom Wolf ausgingen, in Brandenburg künftig größer würden. Er betont aber auch, dass diese je nach Situation unterschiedlich stark ausfallen könnten. "Natürlich spielt auch die Größe der Reviere eine Rolle. Je größer die Fläche, umso mehr Ausweichmöglichkeiten haben die Hirsche."

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 21.12.2023, 19:30 Uhr

49 Kommentare

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  1. 49.

    Große Probleme entstehen auch dann, wenn der Halter der Kangals seinen Hunden nicht gewachsen ist.

  2. 48.

    der Neid von zwei Alpha Tieren( Wolf/ Mensch), wenn doch nur auch Wölfe reden könnten wäre deren Argumentation eine
    völlige andere die würden dem Menschen die schuld zuweisen.

  3. 47.

    Ist das jetzt ein Argument den Menschen vor sich selbst zu beschützen?
    Also Herdenschutz durch Hunde ist nun uralt. Menschen können mit so vielem nicht richtig umgehen.
    Hier gilt lediglich das was überall gilt, sich nicht übermütig einer Herde zu nähern, sondern Warnzeichen ernst zu nehmen. Das bedeutet im Übrigen auch seinen eigenen Hund anzuleinen. Und genau das ist die Aufgabe des Kangals, seine Familie vor JEDEN Eindringlingen zu schützen.

  4. 46.

    Wer ein wenig geradeaus denken kann, wir die zukünftige Entwicklung sehen. Noch mehr Wölfe benötigen noch mehr Fleisch. Ist der Wald fast leer werden die Weidetiere gefressen. Es wird Zeit, dass wir den günstigen Erhaltungszustand definieren und den Artikel 16 der FFH Richtlinie eins zu eins in das Bundesnaturschutzgesetz übernehmen. Erst dann werden wir zum aktiven Management übergehen können.

  5. 45.

    Das gehört wieder ins Reich der Märchen. Da ich nur mit dem Rad unterwegs bin, sehe und rieche ich die armen überfahrenen Tiere Wochenlang, ohne dass sie jemand wegräumt. Und es sind natürlich Naturfreunde, die ekelhafte Treibjagden veranstalten.

  6. 44.

    Es ist schon beachtlich wieviel Unwissenheit verbreitet ist. Jäger jagen nicht nur, sie betreiben Biotoppflege, räumen oft den Müll der ach so lieben Besucher und angeblichen Naturfreunde weg. Müssen totes überfahrenes Wild von der Straße räumen und vergraben. Sie erfreuen sich aber auch am Anblick des Wildes, es wird in den seltensten Fällen etwas erlegt. Für die meisten Jäges ist es ein Hobby und geht nicht um rumballern, aber für bestimme Ideologen ist das nun mal so.

  7. 43.

    Fakt ist auch, dass es ganz anders ist, als Sie wahrnehmen. Die Jäger stehen inder UM-Kritik, dass sie die Abschussquoten nicht eingehalten werden und sinken. Das UM braucht die Jäger, damit die Baumsetzlinge nicht alle gefressen werden. Der Wolf hilft nicht so wie gewollt. Er sorgt dafür, dass das Wild „sein Wohnzimmer“ (Verstecke) wenig verlässt. Und da frist das Wild dann alle neuen Triebe weg.
    Kennen Sie einen Jäger, der von Wild leben könnte? Das Geld reicht nicht einmal für die Munition. Und andere, Sie wohl nicht, schätzen die Jagdpächter, wenn das tote Wild weggeräumt wird. Und das ist noch längst nicht alles.

  8. 41.

    „ man kann sie mit Kangals hervorragend vor Beutegreifern schützen“
    Mit den Kangals muss man auch umgehen können, nicht alle Menschen sind dazu in der Lage. Es ist eben kein Schoßhund.

  9. 40.

    1000 Wölfe in Brandenburg wau die fressen ja ordentlich was weg an Fleisch.
    Bin ja mal gespannt wenn der Wald bald leer ist wer die dann füttern geht ?
    sicherlich Hr.Vogel mit seinen Wolfsfreunden von den Grünen .
    Wozu brauchen wir heimisches Wild in Brandenburg? Wir brauchen nur den Wolf den wo der Jagd wächst der Wald
    noch. Die Menschen im 18/19 Jahrhundert waren da schlauer und haben den Wolf scharf bejagt jetzt scheitert dies an der Grünen Ideologie.

  10. 39.

    Die anthropogen überformte Kulturlandschaft Mitteleuropas ist aber weit von der ursprünglichen Naturlandschaft entfernt. Die anpassungsfähigen Wölfe kommen damit hervorragend zurecht, andere Wildtiere weit schlechter. Hier müssen die sich ergebenden Zielkonflikte sorgsam untersucht und gegebenenfalls behutsam korrigierend eingegriffen werden.

  11. 38.

    Wölfe gehen das wehrhafte Schwarzwild nur ungern an, da eine hohe Verletzungsgefahr besteht. Rot-und Rehwild sind erheblich angenehmere Beutetiere. Für das Muffelwild dürften die zunehmende Wolfsbestände das Aus bedeuten.

  12. 37.

    Was soll das Verhältnis Wolfspopulation : Bevölkerung beweisen? Eine Wildtierpopulation ist einzig und allein abhängig von ihrem Nahrungsangebot und der Größe ihres Biotops! Und aus derAnzal von Jungtieren läßt sich überhaupt nichts wissenschaftlich Valides zu einer Entwicklung z.B. eines Wolfsrudels aussagen. Was sich aber gesichert aussagen läßt ist, daß nicht nur das Bioptop Wald durch die Rückkehr des Prädators Wolf gewonnen hat, sondern auch die Populationen innerhalb des Nahrungsspektrums des Wolfes im Hinblick auf eine genetisch gesunde Entwicklung!! Der Wolf und andere große Prädatoren führen die Argumente von Jägern und ihre angebliche Notwendigkeit ad absurdum. Deshalb der mittlerweile argumentativ absurde bis lächerliche Kampf der Jäger und ihrer Organisationen gegen den Wolf!

  13. 35.

    Seitdem man sich mit Wildbret gesund, „antibakteriumfrei“ ernähren kann. Sehe die Jagd auch mal als Wirtschaftsfaktor und nicht durch die wirtschaftsferne, grüne Brille…

  14. 34.

    „ Wir haben eine totale UND GEWOLLTE Überpopulation an Wildarten“
    Bedeutet dies nun, dass es Ihrer Auffassung nach auch eine Überpopulation an Wölfen gibt? Das wäre dann doch eine gutes Argument, um den Schutzstatus zu senken.

  15. 33.

    Es sollte begrüßt werden, dass die Wölfe wieder einen stabilen Bestand gebildet haben. Schließlich gehören sie als heimische Art hierher. Der Wald braucht Raubtiere und insbesonders die Wölfe um das Wild zu regulieren. Dafür braucht es keine Jäger!! Die Natur reguliert sich von selbst - wenn der Mensch sie lässt. Das sollten ausgebildete Jäger und die Fachleute aus dem Umweltministerium eigentlich am besten wissen.

  16. 31.

    Die Wölfe reißen alles vom Reh, Dachs, Fuchs, Fische, Schafe, Kälber. Leider keine Waschbären die sind zu flinkt. Gehören auch nicht in diese Region. Abschuß der Wölfe wäre wichtig. 52 Rudel sind etwa 600 Tiere.

  17. 30.

    Warum das Rotwild weniger wird und der Wildschweinbestand steigt ist mir ein Rätsel! Wölfe reissen auch Wildschweine, naja vielleicht auch die Wilderei! Einen schuldigen muss es geben, leider!

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