Jagd in Brandenburg - Umweltministerium sieht Wolf als Grund für weniger Wild
Wenn Olaf Andert in seinem Brandenburger Revier auf die Jagd geht, trifft er auf weniger Wild - der Wolf sei oft schneller. Tatsächlich ist die Zahl der Abschüsse zurückgegangen. Das Umweltministerium sieht auch den Wolf verantwortlich.
Das Gewehr auf dem Rücken, die Mütze auf dem Kopf und in Begleitung seines Hundes Franz zieht Olaf Andert durch sein Revier. Der Jäger schaut in dem Waldstück in der Gemeinde Kloster Lehnin (Potsdam-Mittelmark) was er schießen kann - und ob alles seine Ordnung hat. Denn ein Faktor, der dem erfahrenen Jäger und Wildfleischer immer größere Sorgen bereitet, ist der Wolf. "Wolfsattacken auf die Wildtiere bleiben oft im Verborgenen. Manchmal findet man nicht einmal mehr die Knochen", sagt er.
Wenn Andert durch sein Fernglas blickt, sieht er in seinem Revier inzwischen deutlich weniger Wild als noch vor ein paar Jahren. Das könne verschiedene Gründe haben, sagt er. Verkehrslärm sei einer. Ein anderer Grund könnten auch Jäger sein, die zu selten in ihren Revieren Präsenz zeigten, um es bewirtschaften zu können. Doch er betont: "Der Wolf ist der Hauptfaktor." Und das sei nicht kleinzureden. "Schließlich haben wir mit rund 1.000 Wölfen auf der Fläche Brandenburg deutlich mehr als in ganz Schweden."
Inzwischen sieht er den Wolf sogar als größten Konkurrenten für Jäger in Brandenburg. "Wir wollen ein vernünftiges Lebensmittel haben - dafür gehen wir jagen und mehr 'bio' geht dann wirklich nicht. Seine Ausbreitung ist daher ein Riesenproblem für uns."
52 Wolfs-Rudel in Brandenburg aktiv
Ein Jäger bemerke den Wolf sofort. Zum einen sei die Präsenz der Tiere durch Fotofallen gut dokumentiert. Zum anderen verhielten sich die Hirsche dann anders. "Je nachdem wie lange der Wolf jagt, ist das Reh- und Damwild für die nächsten Tage und Wochen immer sehr scheu."
Anderts Jagdrevier ist eine Pächtergemeinschaft, auch andere gehen hier jagen. "Früher hatten wir hier kleine Rudel mit 10 oder 15 Stücken Damwild. Jetzt freut man sich, wenn man noch einen Schmalspießer (männliches Rotwild im zweiten Lebensjahr, Anmerk. der Redaktion) trifft."
Abschüsse von Wild regional sehr unterschiedlich
Tatsächlich ist der Wolfsbestand in Brandenburg in den letzten Jahren größer geworden. Dem Landesamt für Umwelt Brandenburg zufolge gibt es landesweit 52 Rudel [lfu.brandenburg], die in mehr als 60 Territorien aktiv sind. Zum Vergleich: 2018 wurden 41 Rudel gezählt, 2015 16 Rudel und 2010 nur ein einziges.
Gleichzeitig ist die Zahl der Abschüsse durch Jäger zurückgegangen. Noch vor zehn Jahren wurden landesweit 73.900 Rehe erlegt - aktuell beläuft sich die Zahl der Abschüsse auf 48.800. Beim Damwild sank die Zahl in dem Zeitraum von 14.400 auf 8.900.
Ein genauer Blick zeigt aber auch, dass die Abschüsse von Rot-, Dam und Muffelwild regional sehr unterschiedlich ausfallen. Beim Damwild etwa wurden im Zeitraum 2022 bis Ende 2023 8.855 Abschüsse gemeldet - ein Rückgang um 14 Prozent [mluk.brandenburg.de]. Davon entfallen 75 Prozent auf die Landkreise Oberhavel, Uckermark und Potsdam-Mittelmark. In den Landkreisen Dahme-Spreewald und Elbe-Elster hingegen wurden jeweils nur neun Stück Damwild zur Strecke gebracht.
Ministerium: Rückgang von Abschüssen hat mit Wolf zu tun
Auch beim Muffelwild gibt es einen Rückgang. Und hier ist das Umweltministerium Brandenburg sehr deutlich: "Der drastische Bestandsrückgang steht im unmittelbaren Zusammenhang mit den zwischenzeitlich nach Brandenburg zurückgekehrten Wölfen", heißt es. Bei anderen Arten, etwa beim Rot- und Damwild, drückt sich das Ministerium etwas zurückhaltender, aber immer noch deutlich aus: "Auch wenn dazu keine konkreten Zahlen existieren können, so ist es naheliegend, dass der Wolf auch eine der Ursachen für die Streckenrückgänge bei den anderen Schalenwildarten ist."
Andert ist nicht nur Jäger, sondern auch Ladenbetreiber. In Kloster Lehnin verkauft er Wildfleisch. Da weniger geschossen wird, steigen die Einkaufspreise, wie er sagt. Mit zehn bis 20 Prozent mehr werde gerechnet. Die höheren Kosten an die Kunden weiterzugeben, hält er aber für keine gute Idee. "Wir sind hier im ländlichen Raum, wir müssen uns an der Kaufkraft orientieren. Das Umfeld, also unsere Stammkundschaft, muss sich das leisten können", sagt Andert. Erst einmal wolle er die Preise deshalb nicht erhöhen, schließt dies in Zukunft aber nicht aus.
Der Jäger sagt, dass die Auswirkungen, die vom Wolf ausgingen, in Brandenburg künftig größer würden. Er betont aber auch, dass diese je nach Situation unterschiedlich stark ausfallen könnten. "Natürlich spielt auch die Größe der Reviere eine Rolle. Je größer die Fläche, umso mehr Ausweichmöglichkeiten haben die Hirsche."
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 21.12.2023, 19:30 Uhr