Zinnowitz (Usedom) - Kind von Seebrücke gestürzt - Geldforderung zurückgewiesen

Mo 30.09.24 | 11:24 Uhr
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Die heutige Seebrücke "Vineta", aufgenommen am 05.09.2024, wurde im Jahr 1993 errichtet und verfügt über eine Länge von 315 Metern. (Quelle: dpa-Bildfunk/Stefan Sauer)
dpa-Bildfunk/Stefan Sauer
Audio: Antenne Brandenburg | 30.09.2024 | Felicitas Montag | Bild: dpa-Bildfunk/Stefan Sauer

Eine Mutter aus dem Barnim war von einer Brücke auf Usedom ihrem kleinen Sohn hinterher gesprungen, der durch das Geländer gefallen war. Die Mutter verletzte sich daraufhin und verklagte die Gemeinde Zinnowitz - ihre Klage wurde jedoch abgewiesen.

Nach dem Sturz ihres damals zweijährigen Jungen von einer Seebrücke auf Usedom vor mehr als drei Jahren hat das Landgericht Stralsund Geldforderungen der Mutter abgewiesen. Die Seebrücke sei ausreichend sicher, heißt es in der Urteilsbegründung. Sie müsse nicht die Erwartungen etwa an einen Spielplatz erfüllen und das Herabstürzen von Kleinkindern aus jeglicher - auch ungewöhnlicher - Position verhindern.

Die damals 34-jährige Brandenburgerin hatte ein Urlaubsfoto ihrer beiden Söhne machen wollen. Beim Versuch sich hinzuhocken war der jüngere Sohn nach Darstellung der Mutter rücklings durch das Geländer gefallen. Sie war hinterhergesprungen und hatte sich verletzt, besonders schwer am linken Bein. Der Junge war unverletzt geblieben.

Die Frau forderte mindestens 35.000 Euro Schmerzensgeld und zusätzlich Schadenersatz von der Gemeinde Zinnowitz - die Seebrücke sei nicht sicher genug.

Gericht verweist auf Aufsichtspflicht der Eltern

Das Gericht befand hingegen, die Gemeinde habe davon ausgehen können, dass Eltern Kleinkinder so im Blick haben, dass diese ihrem Spieltrieb nicht unbeaufsichtigt nachgehen, auch weil die grundsätzliche Gefahr herunterzufallen erkennbar war. Die Gemeinde musste demnach nicht damit rechnen, dass Kleinkinder sich so für ein Foto vor das Geländer hocken, dass sie beim Verlust des Gleichgewichts durch die höchstens 31-Zentimeter-Lücke des Geländers fallen. Auch die Mutter habe damit nicht gerechnet.

Das Geländer entspreche den Bauvorschriften und schütze vor erwartbaren Gefahren, etwa wenn Menschen sich an- oder hinüberlehnen, um auf das Wasser zu schauen. Die Seebrücke ist mehr als 30 Jahre alt. Mehrere Seebrücken im Nordosten stammen aus dieser Zeit.

Die aus dem Barnim kommende Mutter hatte sich beim Sprung aus etwa fünf Metern Höhe ins flache Wasser unter anderem das Sprunggelenk gebrochen, war längere Zeit arbeitsunfähig und erhält weiterhin Physiotherapie. Sie muss laut Urteil die Gerichtskosten tragen. Das Urteil ist bislang nicht rechtskräftig.

Sendung: Antenne Brandenburg, 30.09.2024, 13:00 Uhr

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58 Kommentare

  1. 58.

    @Karz:

    À propos Bauvorschriften: Das Gericht führte aus, das Geländer der Seebrücke sei stabil und sicher genug, um einen Menschen zu halten. Das Gericht betonte vor allem, dass die Seebrücke eine touristische Attraktion sei und somit nicht (!) die Anforderungen eines Spielplatzes erfüllen müsse (es geht hier übrigens auch nicht etwa um Geländer in Gebäuden, z.B. an Balkonen oder in Treppenhäusern).

    Bauliche Mängel waren also nicht ursächlich für diesen tragischen Unglücksfall.

  2. 57.

    >"Und was hat das mit der verletzten Frau zu tun? Verwirrt?"
    Also wenn Sie schon durch eine Antwort auf [Manfred] vom 30.09.2024 um 17:33 verwirrt sind...
    Vielleicht hält sich die Verwirrung in Grenzen, weil die Mutter als Grund ihrer Klage mangelde Sicherheitsvorkehrungen der Gemeinde beim Benutzen dieser Seebrücke vorbrachte. Sei es durch für Kinder ungeeignete Geländer oder Achtungshinweise, dass die Nutzung dieser Seebrücke für Kinder gefährlich sein könnte und mehr.
    Immer noch verwirrt, was Menschenverstand und unnötige Verbotsschilder mit meinem Kommentar zu tun haben?
    PS: Mit ein wenig google erfahren Sie auch die Klagegründe der Mutter. Diese waren im Zusammenhang mit dem vorherigen Verfahren in der Regionalpresse aus dem Nordenosten dort ausführlicher beschrieben.

  3. 56.

    Wir waren alle nicht dabei. Eigentlich heisst es ja immer Aufsichtspflicht erfüllt.Nur kann man nicht ständig die Verantwortung an andere übertragen und wenn gemeckert wird. Geht Euch nix an oder eben halt einen auf ich verklag Euch machen. Eigentlich ist die Seebrücke sicher, auch für Fotos. Zum Urlaub machen nur zu empfehlen. Auch mit Kindern.Da ist das Kleinkind sehr unglücklich gefallen. Vielleicht sollte man doch über eine Latte dazwischen nachdenken. Immerhin besteht an der Stelle erhebliche Verletzungsgefahr für die Retter . Oder wie erklärt man einem Kleinenkind bitte am Rettungsring festhalten?

  4. 54.

    >"Ganz Deutschland erstickt bereits in Schildern. Außerdem ließt sie eh kein ach so hipper Mensch im Jahr 2024."
    Aber wirklich! Eigentlich könnten die Hälfte aller Verbots- und Gebortsschilder weg. Grundsätzlich gilt in Deutschland: Es ist alles erlaubt, was nicht ausdrücklich durch Gesetze, zivilisierte Verhaltensregeln oder gesonderte Hinweise verboten ist. Es braucht vor einem Grundstück kein Schild "PRIVAT, Betreten verboten". Weil es sich nicht gehört, erkennbar nicht öffentliche Grundstücke zu betreten. Oder wie bei uns hier schon oft an den Zufahrten zu Waldwegen Schilder "Müll ablegen verboten". Weil es per Gesetz schlicht verboten ist, Müll in die Landschaft zu kippen - usw...
    >"Wo ist der gesunde Menschenverstand abgeblieben?"
    Der ging wohl samt der Selbstverantwortung fürs eigene Leben in den letzten 30 Jahren irgendwie verschütt.

  5. 53.

    Sehe ich völlig anders. Keine Schilder. Ganz Deutschland erstickt bereits in Schildern. Außerdem ließt sie eh kein ach so hipper Mensch im Jahr 2024. Wo ist der gesunde Menschenverstand abgeblieben? Genetisch zurückgebildet über die Jahre? Die oft grundsätzliche Orientierung in der Gemeinschaft am DAU finde ich ebenso falsch. Bitte auch kein Maschendrahtzaun. Es verschandelt die ganze Optik einer Seebrücke. Insofern ist dies doch ein korrekt erscheinendes Urteil. Das Leben birgt Risiken. Diese sollte jeder Mensch selbst bewältigen. Dazu gehören entsprechende Fähigkeiten und Erfahrungen. Mein subjektiver Eindruck ist, es wird immer mehr erwartet, dass der deutsche Staat eine Risikobewertung übernimmt. Fähigkeiten und Erfahrungen verkümmern. Wenn dem so ist, halte ich diesen Weg für gefährlich und falsch.

  6. 52.

    Sie haben aber gelesen, dass die Seebrücke über 30 Jahre alt ist. Da gab's auch andere Vorgaben für Autos.

  7. 51.

    Mit Verlaub: Seebrücken sind ein Kulturgut, analog des Kulturgutes von Schlössern und historischen Gärten. Entlang von allgemeingültigen Vorschriften beim Betreten von Fahrzeugen dürfte weder die Wuppertaler Schwebebahn als Hängebahn und erst recht kein Schiff betreten werden, weil der Untergrund nicht fest und das Fahrzeug als solches schlingernd ist. ;-

  8. 50.

    Geländer haben je nach Höhe zum Boden eine ausreichende Höhezu haben, dass ist hier offenbar der Fall. Sie sollten aber bis 70 cm keine vertikalen Streben haben und die Streben müssen einen mindestabstand von 12 cm haben. Beides ist hier im Bild nicht der Fall. Der Schutz gilt den Kleinkindern, die ihren Kopf nicht durch das Geländer stecken können sollen und nicht hoch klettern können sollten. Das sind Bauvorschriften, die auch hier gelten müssten, aber es offensichtlich hier nicht tun.

  9. 49.

    Ne, ich hätte nur echt ANGST. Also ich selber fühle mich auf Seebrücken nicht wohl, mag ja der anderen Mutter anders gehen. Ich finde den Freien Raum zwischen Meer und Laufweg beängstigend, auch von unten betrachtet. Ich würde mein Kind, Kletterkurs seit der 1. Schulklasse, da nie rumlaufen lassen... mit DREI.

  10. 47.

    Mutterliebe ist, ein Kind an der Hand zu halten auf der Seebrücke und nicht zu sagen, hock dich da mal hin fürn Fotto. Und wenn gehampelt wird, streng werden.

  11. 46.

    Gehts noch!? Er äußert eine Falschaussage und bezichtigt öffentlich die Mutter einer Betrugsabsicht: ,,die Mutter, die auch noch aus ihren Versagen(Aufsichtspflicht) Profit schlagen will''! Das ist für mich Verleumdung!

  12. 45.

    Womit macht sich @Mo H. Mett strafbar? Nur, weil er Mutmaßungen äußert, die durchaus zutreffend sein können?
    Nun hat sich die Person den Knöchel gebrochen. Nicht vorzustellen, die Person wäre mit einem Kopfsprung hinterher gesprungen.

  13. 44.

    In dem Artikel geht es aber um das Gerichtsurteil. Und das ist doch korrekt und nachvollziehbar. Wie hier andere schon treffend argumentiert haben, war die Gefahrenquelle bekannt und klar ersichtlich. Die Mutter ist im vorliegenden Fall halt leider ihrer Aufsichtspflicht nicht gerecht geworden. Was ja nur menschlich ist und halt passieren kann. Nur, die Schuld dann bei anderen zu suchen, ist einfach unangebracht.

  14. 43.

    In dem Artikel geht es aber um das Gerichtsurteil. Und das ist doch korrekt und nachvollziehbar. Sie können doch nicht leugnen, dass das Verschulden für den Unfall bei der Mutter liegt. Wie hier schon andere treffend argumentiert haben, war die Gefahrenquelle klar ersichtlich. Die Mutter ist im vorliegenden Fall leider ihrer Aufsichtspflicht nicht gerecht geworden. Was ja auch nur menschlich ist und halt passieren kann. Nur, die Schuld dann bei anderen zu suchen ist einfach nicht angebracht.

  15. 42.

    Na, in der im Artikel beschriebenen Situation wäre wohl jeder Elternteil hinterhergesprungen. Aber gut, Ausnahmen (im vorliegenden Fall Sie) bestätigen die Regel. Aber es geht hier nicht um einen 30m-Sprung in die Elbe, sondern um einen Sprung aus 5m Höhe in ufernahes Gewässer. Angemerkt sei, dass ich die Brücke hier als Ufer interpretiere, von dem aus schnell geholfen werden kann, zum Beispiel durch das Werfen eines Rettungsrings. Ein zweijäriges Kind alleine im Wasser ist aber nicht in der Lage, diesen sicher zu greifen. Kurz: Dass Sie Ihrem Kind nicht nachgesprungen wären, glaube ich Ihnen zum Glück nicht. Seien Sie froh. Es wäre umso trauriger, wenn ich es Ihnen glauben müsste.

  16. 41.

    Was? Sie wären als Mutter Ihrem 2jährigem Kind nicht hinterhergesprungen? Das will verstehen, wer will, ich aber NICHT!
    Mutterliebe?

  17. 39.

    Sie begeben sich in eine Situation, die tendenziell unlösbar ist, weil faktisch unendlich viele Möglichkeiten bestehen, durch Unachtsamkeit, Fahrlässigkeit oder auch Bewusstheit die getroffenen Sicherungsmaßnahmen zu umgehen. Kein Gitter könnte hoch genug beschaffen sein, als dass da jemand nicht noch rüberspringen könnte, keine Zugkupplung mit Absperrgittern drauf beschaffen sein, als dass da Jugendliche nicht noch obendrauf klettern würden.

    Das Problem liegt eher in der Beschaffenheit des Staatshaftungsrechts: Ein sehr guter Ansatz, damit auch staatliche Stellen für Unzulänglichkeiten in Haftung genommen werden können, wird das von etlichen Menschen ausgenutzt, um für Verhaltensweisen, die es immer gab, Schadenersatz zu erlangen.

    Ein See hat mal eingezäunt werden müssen, weil eine Sitzbank aufgestellt wurde. Damit war es offizielle Badestelle. Ein beschilderter Wanderweg mit Tal und Höh´n verpflichtet den Staat zur Wegesicherungspflicht. etc.

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