Handwerker-Leistungen - Was es bei Vorkasse oder Anzahlung zu beachten gibt

Di 15.10.24 | 17:44 Uhr | Von Susett Kleine
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Vorkasse bei Handwerkerleistung. (Quelle: rbb)
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Video: Super.Markt | 14.10.2024 | Susett Kleine | Bild: rbb

Handwerker verlangen oft eine Anzahlung oder Vorkasse. Doch eine gesetzliche Grundlage gibt es nicht. Wird die Leistung fehlerhaft oder nicht erbracht, sieht es schlecht aus mit der Rückzahlung. Wie bekommt man sein Geld zurück? Von Susett Kleine

Handwerkerinnen und Handwerker sind inzwischen Mangelware, Kunden längst keine Könige mehr. Denn viele Betriebe können sich ihre Aufträge mittlerweile aussuchen und bereits Geld fordern, bevor sie überhaupt mit der Arbeit angefangen haben.

Das erlebte auch Renee König aus Berlin-Karow, als sie ihre Wärmepumpe reparieren lassen musste. "Vorkasse war Bedingung. Ich konnte es nicht anders machen und habe überwiesen", schildert die Berlinerin. Rund 400 Euro wurde für das Ersatzteil und die Reparatur veranschlagt, das sei die Hälfte ihrer Rente gewesen. Vor allem Zeitnot brachte König dazu, den kompletten Betrag per Vorkasse zu zahlen. Ihre alte Pumpe hatte geleckt, nachdem ein Verbindungsstück gebrochen war. Von sich aus hätte sie das nie gemacht, erzählt sie.

Rund 14.000 Euro Anzahlung gefordert

Auch Frank Fels machte ähnliche Erfahrungen, als er in seinem Haus in Berlin-Pankow eine Wärmepumpe installieren lassen wollte. Rund 14.000 Euro sollte er anzahlen, also die Hälfte des Gesamtpreises. Das war die Voraussetzung für die Firma, sonst hätte sie den Auftrag nicht angenommen. "Das ist ein Vermögen. Dafür kann man sich einen Kleinwagen kaufen", beschreibt er die Lage. Die Summe sei schmerzlich für ihn gewesen.

Ob es überhaupt rechtens ist, vorab eine Anzahlung zu leisten oder sogar alles begleichen zu müssen und was passiert, wenn nach der Zahlung etwas schief geht, weiß Verbraucheranwalt Timo Gansel. "Das Gesetz sieht vor, dass die Vergütung des Handwerkers fällig wird nach Abnahme des Werkes, also wenn er seine Arbeiten ordnungsgemäß beendet hat." Individuelle und einvernehmliche Absprachen bleiben davon unberührt.

Vorkasse bei Handwerkerleistung. (Quelle: rbb)
Geforderte Anzahlung von 13.995 Euro für Installation einer Wärmepumpe. | Bild: rbb

Experte rät zu Abschlagszahlungen

Gansel rät daher zu Abschlagszahlungen, wenn ein Teil der Arbeit erbracht wurde. "Was sie vereinbaren dürfen, ist ein Abschlag. Ein Abschlag ist ein pauschaler Teilbetrag des vereinbarten Werklohns für die Erbringung von Leistungen", erklärt er.

Renee König hat einen Werkvertrag geschlossen, also das Erbringen einer Leistung beziehungsweise eines Werkes in Auftrag gegeben. Der übliche Vertrag, den man schließt, wenn man einen Handwerker bestellt. Dann hat man oft nur zwei Optionen: zahlen per Vorkasse oder eine Anzahlung leisten.

Firma nicht mehr erreichbar

Rückblickend hätte das Frank Fels auch lieber so gemacht. Jetzt wartet er schon seit Monaten auf seine neue Wärmepumpe. Er hatte dafür extra eine Wand aufgerissen und neue Rohre verlegt. "Das ist Leben auf der Baustelle", sagt er. "Das zieht sich inzwischen seit Monaten hin und du bist einfach sauer." Die beauftragte Firma meldet sich dann plötzlich auch nicht mehr. Frank Fels beginnt sich Sorgen zu machen. Wie steht es um seine hohe Anzahlung?

Mails, die er an das Unternehmen schickte, kamen mit Fehlermeldung zurück, telefonisch erreichbar war niemand mehr"Für uns ist das eine Katastrophe, die Heizung ist immer noch alt und wir müssen jetzt gucken, wie wir über den Winter kommen", so Fels.

Wenn Unternehmen insolvent ist

Später findet er heraus: Der Geschäftsführer der beauftragten Firma ist untergetaucht. Und es gibt weit über 100 Geschädigte. Frank Fels geht mit ihnen in den Online-Austausch. Auch auf eine Anfrage von der rbb-Sendung Super.Markt reagiert die Firma nicht. Sollte es sich hier um einen Betrug handeln, wäre das Geld weg, meint Jurist Gansel. Das gilt im Zweifel auch, sollte die Firma Insolvenz anmelden. "Wenn ich eine Anzahlung geleistet habe, dann trage ich das Insolvenzrisiko, bis ich meine Ware habe. Und das kann ich auch durch keine Handlung ausschließen", erklärt er. Üblicherweise würden Insolvenzverfahren Jahre dauern und liege durchschnittliche Quote bei fünf Prozent.

Für Frank Fels wären das 700 Euro. Mehr gäbe es nicht zurück. Auch Renee König wartet noch auf die Leistung, für die sie 400 Euro vorab bezahlt hat. Ihre Wärmepumpe soll repariert werden, damit sie ihren Pool nutzen kann.

Daraufhin schickt die Firma zwar einen Monteur zu ihr. Doch nachdem er alles auseinandergenommen und wieder zusammengeschraubt hatte, fiel ihm ein falsches Gewinde auf, schildert König. "Dann hat er geflucht und hat gesagt, er kann daran nicht weitermachen und das wäre auch nicht seine Aufgabe."

Vorkasse bei Handwerkerleistung. (Quelle: rbb)
Für ein gebrochenes Verbindungsstück verlangte die Firma eine Anzahlung von 400 Euro | Bild: rbb

Kein Anspruch auf Bezahlung

Der Monteur schreibt genau das auf. Das Dokument liegt auch der Firma vor. Doch statt noch einmal jemanden zu schicken oder das gezahlte Geld entsprechend komplett zu erstatten, will die Firma nur einen Bruchteil zurückzahlen. "Das macht mich schon wütend. Es ist ja nicht so, dass ich Millionär bin. Das ist die Hälfte meine Rente und ich finde auch das geht überhaupt nicht, dass man eine Leistung nicht erbringt und sie das mit einer Vorkasse einfach so erledigt ist", so die Rentnerin.

Verbraucheranwalt Timo Gansel sagt: Renee König hat einen Anspruch darauf, das Geld zurückzubekommen. "Es gab keine Abnahme. Das Werk ist nicht vollbracht worden, die Wärmepumpe ist nicht repariert worden. Dadurch hat das Unternehmen keinen Anspruch auf Bezahlung.”

Hilfe bei der Schiedsstelle

Super.Markt bittet die Firma um Stellungnahme, doch die will sich nicht erklären. Renee König hat das Verhalten der Firma nicht hingenommen und sich an eine Schiedsstelle gewandt.

Das ist ein Tipp, um sich gegen ungerechtfertigte Vorauszahlungen zu wehren. Des Weiteren sollte man Werkverträge, bei denen Vorkasse oder eine Anzahlung Voraussetzung sind, ablehnen.

In Fällen wie dem von Rainer Fels sollte man auf Abschlagszahlungen bestehen. Und ein besonderer Tipp: In manchen Haftpflichtversicherungen kann eine Forderungsausfallversicherung nutzen. Handwerker sind oft am längeren Hebel. Doch verhandeln wie gezahlt wird, ist wichtig! Vor allem, um sich am Ende selbst zu schützen.

Sendung: Super.Markt, 14.10.2024, 20:15 Uhr

Beitrag von Susett Kleine

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10 Kommentare

  1. 10.

    Um eine Anzahlung zu bitten, ist in unseren Augen kein „Generalverdacht“. Wenn Sie einen Vodafone-Vertrag abschließen, geben Sie auch Ihr Einverständnis zur Schufa-Auskunft. Haben Sie dabei auch das Gefühl, unter Verdacht zu stehen ?
    Erfahrungen lehren uns doch grundsätzlich , es künftig besser zu machen.

  2. 9.

    Das was Sie beschreiben ist ab mittleren Projekten so Wert ab 20.000 Euro heutzutage üblich und auch nachvollziehbar. Es ist auch üblich, das Material vollständig als Anzahlung zu verlangen / zu leisten, wenn das Material dann auf dem Grund des Auftraggebers gelagert wird, also seinem Zugriff dann unterliegt.

  3. 8.

    Nun ist ein Handwerker aber kein Sklave. Gegen einen kostenpflichtigen Kostenvoranschlag, der bei Auftragserteilung voll verrechnet wird, einer hälfigen Anzahlung der notwendigen Materialien, der Rest bei Lieferung/Bereitstellung und einer Zahlung nach Baufortschritt dürfte doch nichts zu sagen sein, zumindest nicht bei Neukunden oder größeren Projekten. Das wäre Sicherheit für beide Seiten.

  4. 7.

    Zu beachten gibt es nur eins: niemals nicht auch nur einen Cent anzahlen.

  5. 6.

    Die einzige Zahlung vorab, wäre das Material. Das kann schon teuer sein. Die erbrachte handwerkliche Leistung wird nach Fertigstellung und positiver Abnahme bezahlt.

  6. 5.

    Sie stellen also alle potentiellen Kunden unter Generalverdacht, weil Sie mit einem Kunden schlechte Erfahrungen gemacht haben? Ist ähnlich unseriös wie ein Kunde der alle Handwerker unter Generalverdacht stellt.
    Nur eben bringen Sie alle Ihre potentiellen Kunden durch eine schlechte Erfahrung in eine rechtlich benachteiligte Situation.
    Nun, mit mir machen Sie dies sicher nicht. Ich vereinbare mit den Firmen Zahlungspläne/Zwischenzahlungen nach erbrachter Leistung. Bisher hatte ich keine Probleme mit Handwerksbetrieben und sie mit mir auch nicht.

  7. 4.

    Leider wird immer nur über den schlechten Handwerker gesprochen. Wer trägt das Handwerkerrisiko, wenn er Material bestellen und bezahlen muss, ehe überhaupt mit Arbeiten begonnen wird.
    Schwarze Schafe sind oft fremde, nicht ortsansässige Firmen.

  8. 3.

    Im Beitrag wird leider nur 1 Seite beleuchtet.Wir sind ein seriöser Handw-Betrieb u. fordern seit einer schlechten Kunden-Erfahrung von Neukunden Anzahlungen. Bei dieser einschlägigen Kundenerfahrung handelte es sich um einen Rechtsanwalt, der vorsätzlich seinen überschuldeten Vater (ebenfalls RA, im Ruhestand) Aufträge erteilen ließ,mit dem Wissen, dass dieser die Rechnungen nicht begleichen kann. Diese rechtliche Trickserei von „Fachleuten“ hat uns dazu gebracht, Anzahlungen zu verlangen.

  9. 2.

    auch wenn es seitens des rechts nicht ok ist, auf vorabzahlung zu bestehen, hat man als kunde dann im notfall keinen handwerker. diese klausel ist bei vielen firmen eben obligatorisch u als kunde die vorabzahlung abzulehnen heisst dann 'und tschüs, suchen Sie sich ne andere firma'.
    der artikel weist darauf hin, aber ne richtige lösung wird nicht geboten. evtl. würde sich das problem gesetzlich lösen lassen - aber in einem verbürokratiertem land will man nicht noch ein gesetz...

  10. 1.

    Tja, in allen Branchen gibt es viele schwarze Schafe, die auf der Jagd nach dem schnellen Geld ihr Unwesen treiben. Übrigens, es gibt auch andere Beispiele. Ich hab in 2 Firmen gearbeitet, denen die Zahlungsmoral der Kunden, insbesondere der öffentlichen Hand, das "Genick gebrochen" hat.

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