Maul- und Klauenseuche - Fleischwirtschaft rechnet mit dreistelligen Millioneneinbußen
Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche auf einem Hof in Brandenburg sorgt für Unsicherheit in der Fleischwirtschaft: Export- und Transportverbote stellen die Branche vor große Herausforderungen.
Einschränkungen für die Fleischwirtschaft
Das Transportverbot für Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen und andere Paarhufer gilt in Brandenburg weiterhin - mindestens bis Samstagmorgen. Das Verbot ist Teil der weitreichenden Maßnahmen, um die hochansteckende Maul- und Klauenseuche einzudämmen, die vor fast einer Woche in einem Betrieb in Hönow im Landkreis Märkisch-Oderland in einer Wasserbüffelherde ausgebrochen ist.
Es wird eng im Stall
Normalerweise werden in den Ställen des Agrarbetriebs "Landboden" direkt in Bronkow jede Woche bis zu 40 Schweine und drei Rinder geschlachtet und verarbeitet. Seit dem vergangenen Samstag geht nichts mehr. Denn: Zur Eindämmung der Maul- und Klauenseuche ist es verboten, die Tiere aus dem Stall zu lassen. Selbst, wenn der Weg zur Hofschlachterei nur zwei Kilometer durch den Ort führt.
Stefan Grundey leitet den Betrieb und sucht nach Lösungen: "Wir haben Hälften zukaufen müssen. Das bedeutet höhere Kosten und wir können unser Regionalitätsprinzip im Moment nicht aufrechterhalten." Für eine Woche sei das als Übergangslösung denkbar, sagt Grundey. "Wenn wir nicht spätestens übernächste Woche wieder schlachten können, wird es problematisch", sagt der Landwirt.
Zum einen für die Schweine, denn die bekommen schnell ein Platzproblem. Auch die, die sonst geschlachtet werden, stehen nun im Stall und wachsen weiter. Auf der anderen Seite wird es durch den Zukauf des Fleisches aus anderen, nicht mit der Maul- und Klauenseuche belasteten Bundesländern, für den Betrieb teurer.
Doch Grundey will seine Kunden nicht verprellen und den hauseigenen Fleischbetrieb am Laufen halten. Die Landfleischerei hat sich über die Region hinaus wegen der Direktvermarktung einen Namen gemacht.
"Angst haben wir nicht"
Tina Opitz bedient hinter der Fleischtheke täglich rund 200 Kunden. Sie muss aktuell viele Fragen beantworten. "Die Leute sind schon ein bisschen erschrocken. Die haben Angst und denken, der Mensch könnte unter der Seuche leiden. Aber das ist ja nicht so." Angst müsse wegen der MKS niemand haben, sagt sie. Die Kunden im Geschäft sehen das ähnlich.
"Angst haben wir nicht", sagt ein Mann. "Wir kaufen immer hier ein - frischer geht es nicht." Ein Anderer: "Ich denke, hier wird gut vorgesorgt, da dürfte nichts passieren."
Die Kunden kommen. Aber: Wenn weiterhin keine Tiere transportiert werden dürfen, wird sich das auf den Preis durchschlagen, befürchtet Stefan Grundey. Und auch in den Ställen wird es immer enger. Die Nachricht von einem weiteren möglich Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in Brandenburg zerschlägt erst einmal die Hoffnung auf ein schnelles Ende der angespannten Situation.
Umsatzverlust in dreistelliger Millionenhöhe
Der Verband der Fleischwirtschaft rechnet bereits jetzt mit Umsatzverlusten in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro. Das sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands, Steffen Reiter, am Donnerstag im rbb24 Inforadio. Als Grund gab Reiter den Exportstopp mehrerer Drittländer für Rind- und Schweinefleischprodukte aus Deutschland an.
Innerhalb der EU gilt das sogenannte Regionalisierungsprinzip. Es besagt, dass die Tiere und Produkte, die außerhalb der Sperrzone gehalten oder produziert wurden, in der EU frei gehandelt werden können. Anders bei Drittländern - also Ländern außerhalb der EU - wie Südkorea oder Vietnam. Diese haben Importverbote verhängt, da sie verlangen, dass das Lieferland komplett frei von MKS ist. Dies wird durch Veterinärzertifikate nachgewiesen, die aktuell nicht mehr ausgestellt werden können.
"Hier wiegt für uns vor allem der Exportstopp nach Großbritannien sehr, sehr schwer", sagte Reiter weiter. "Von der einen Milliarden Euro, die wir bislang im Drittland mit Rind-, Schweinefleisch und entsprechenden Produkten erlöst haben, macht Großbritannien fast die Häfte aus."
Exportstopp nach Großbritannien könnte bis zu sechs Monate bestehen bleiben
Laut Bauernpräsident Joachim Rukwied beläuft sich das Exportvolumen der Branche alleine nach Großbritannien auf jährlich 850 Millionen Euro. Das sagte Rukwied zu Beginn der Agrarmesse Grüne Woche in Berlin. Oberste Priorität müsse sein, die Seuche letztlich auszumerzen. "Im Best Case, wenn das gelingen würde, wären die Restriktionen in drei Monaten weg. Im realistischen Szenario eher sechs Monate."
Fleischwirtschaftsverbandschef Reiter jedoch hofft, dass sich auch Großbritannien mit der EU auf das Regionalisierungsprinzip einigt, wodurch Exporte aus nicht betroffenen Regionen wieder möglich wären. Dies könnte den Schaden deutlich begrenzen.
Auf die Frage nach möglichen Forderungen der Fleichwirtschaft nach staatlichen Hilfen antwortete Reiter im rbb24-Inforadio zurückhaltend. Forderungen nach Finanzhilfen seien derzeit verfrüht. Die Fleischwirtschaft konzentriere sich derzeit darauf, den Schaden durch effektive Seuchenbekämpfung und die durch die Wiederaufnahme von Exporten zu minimieren.
Sinkende Preise vorerst nicht zu erwarten
Ein Preisverfall für Fleisch und Milch in Deutschland ist laut Reiter unwahrscheinlich. Die deutsche Nachfrage konzentriere sich auf spezifische Teilstücke wie Filets, die weiterhin importiert werden müssten - insbesondere aus EU-Nachbarländern. Überschüsse bei weniger gefragten Produkten wie Nebenstücken, die normalerweise exportiert würden, hätten keinen Einfluss auf den Binnenmarkt. Als Beispiel nennt Reiter "Öhrchen und Pfötchen", die bis zuletzt etwa nach Vietnam hätten ausgeliefert werden können.
Insgesamt könnte es im Gegenteil sogar zu leicht steigenden Preisen kommen: "Weil wir eben immer ein ganzes Tier vermarkten müssen. Insofern müssen wir die Wertschöpfung jetzt ausschließlich auf dem Binnenmarkt erzielen."
Reiter lobt aber auch die konsequenten Maßnahmen der Behörden - sowohl die Eindämmung der Seuche als auch die Kommunikation mit der Wirtschaft.
Sendung: rbb24 Inforadio, 16.01.2025, 09:00