Änderung des Mobilitätsgesetzes - Berliner CDU will Vorrang für Radfahrer abschaffen
Schmalere Radwege, Vorbehalte gegen Spielstraßen, andere Prioritäten für die Verkehrsteilnehmer: Die Fraktion der CDU im Abgeordnetenhaus möchte einiges am Berliner Mobilitätsgesetz ändern, wie ein Entwurf zeigt.
Die CDU hat ihre Vorstellungen zur künftigen Mobilität in Berlin konkretisiert. Dem rbb liegt der Änderungsentwurf der CDU-Fraktion für das Mobilitätsgesetz vor. Demnach werden zahlreiche Passagen umformuliert oder ersatzlos gestrichen. "Wir wollen für alle Verkehrsteilnehmer Leistungsfähigkeit, Sicherheit und Angebot neu definieren", sagte der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion Johannes Kraft dem rbb. Seiner Fraktion gehe es um pragmatische Lösungen und eine schnelle Umsetzung von Maßnahmen, so Kraft weiter.
Bislang ist im Mobilitätsgesetz die Rede von einem Radnetz, in dem Fahrräder Vorrang vor Autos haben sollen. Diese von Rot-Grün-Rot verankerte Bevorzugung will die CDU kippen. Im Änderungsentwurf heißt es, dass Radnetz, ÖPNV-Netz, Fuß- und Wirtschaftsverkehr sich "nicht gegenseitig verdrängen" dürfen. Konkreter wird die Neuregelung an dieser Stelle jedoch nicht.
Rad- und Gehwege auf 2,50 Metern Breite
Dafür sollen Radwege und -streifen nicht mehr so breit gebaut werden wie bisher im Gesetz vorgesehen. Mobilitätssenatorin Manja Schreiner hatte diese Änderung schon mehrfach angekündigt. Bislang gilt der Standard, den die rot-grüne-rote Koalition gesetzlich verankert hatte: "Radstreifen sollen so gestaltet werden, dass sich Radfahrende sicher überholen können." Die CDU will hier deutliche schmalere Radstreifen und -wege zulassen. Auch gemeinsame Geh- und Radwege mit einem Mindestmaß von 2,50 m sollen laut Entwurf möglich sein.
Auch personell spiegelt sich die veränderte Prioritätensetzung wieder. Zurzeit gilt noch die Vorgabe, dass in jedem Bezirk mindestens zwei Beschäftigte für Planung und Umsetzung von Radverkehrsprojekten zuständig sind. Im CDU-Entwurf ist nur noch von einer Stelle pro Bezirk die Rede. Nach den Plänen der größten Regierungsfraktion soll die Instandsetzung bestehender Radwege wichtiger werden als der Bau neuer, sicherer Radstreifen.
Abgeschwächt werden sollen auch die Rechte von Fußgängern. Bisher ist im Gesetz von einem "Vorrang vor dem motorisierten Individualverkehr" die Rede. In der Neufassung wird dieser Vorrang der Fußgänger unter den Vorbehalt der "Anforderungen und Bedürfnisse anderer Verkehrsteilnehmer" gestellt.
Fraktion könnte Änderungswünsche am Dienstag beschließen
Auch auf Spielstraßen als Instrument der Verkehrsberuhigung blickt die CDU mit Skepsis. Im aktuellen Mobilitätsgesetz sollen die Spielstraßen "gefördert" werden. Im Änderungstext ist nur noch davon die Rede, dass ihre Einrichtung geprüft werden soll. Während im geltenden Gesetz die Vorgabe enthalten ist, dass der Autoverkehr in mehr Kiezen zurückgedrängt werden soll, ist diese Passage im CDU-Entwurf ersatzlos gestrichen.
Dass die CDU - wie im Wahlkampf angekündigt - das Auto nicht ausbremsen will, zieht sich wie ein roter Faden durch das Änderungswerk. Während bisher bei der Stadtentwicklungsplanung die Verkehrsmittel des Umweltverbundes besonders zu berücksichtigen waren, sind im Entwurf nun die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer genannt, also auch die der Autofahrer.
Die geplanten Änderungen sollen am Dienstag in der Sitzung der CDU-Fraktion besprochen und möglicherweise auch beschlossen werden. Danach steht eine Verständigung mit dem Koalitionspartner SPD an.
Sendung: rbb24 Inforadio, 15.09.2023, 18.30 Uhr