Mobilität - Berliner Senat legt Planungen für fast alle Radschnellwege auf Eis
Zehn Schnellverbindungen für Fahrradfahrer waren in Berlin geplant. Zeitnah umgesetzt werden soll davon voraussichtlich: eine. Die CDU-geführte Verkehrsverwaltung hat angekündigt, die Planungen für den Großteil der Routen nicht weiter zu verfolgen.
- Senat will viele geplante Radschnellwege nicht weiter vorantreiben
- Nur die Route Königsweg-Wannsee-Potsdam soll erst einmal gebaut werden
- Kritik von Rad-Initiativen, aber auch aus der SPD
Der Großteil der Planungen für Radschnellwege in Berlin wird wegen der angespannten Haushaltslage erstmal auf Eis gelegt. Wie die Verkehrsverwaltung dem rbb am Mittwoch mitteilte, wird von insgesamt zehn geplanten Verbindungen nur eine priorisiert vorangetrieben.
Dabei geht es um die Route Königsweg-Kronprinzessinnenweg, die durch den Grunewald in Richtung Wannsee/Potsdam führt (RSV 3). Hier soll "schnellstmöglich der Antrag auf Planfeststellung gestellt werden, um zeitnah mit dem Bau beginnen zu können", hieß es aus der Verwaltung.
Sechs andere Verbindungen werden eingefroren
Die Vorarbeiten für zwei weitere Routen sollen noch bis zum Planfeststellungsverfahren gebracht werden. Zum einen geht es um die West-Route, die Spandau über die Heerstraße und die Straße des 17. Juni mit der Stadtmitte verbinden soll. Zum anderen um die Ost-Route, die über Schlossplatz und Alexanderplatz bis nach Marzahn-Hellersdorf führen sollte. Hier wird allerdings nur der östliche Abschnitt weitergeplant, so die Verkehrsverwaltung.
Die Planung für sechs andere Verbindungen wird auf dem jetzigen Stand eingefroren. Ein Radschnellweg war bereits vor zwei Jahren gestrichen worden, weil eine Machbarkeitsuntersuchung zu dem Ergebnis kam, dass die Strecke nicht die Anforderungen an eine Radschnellverbindung erfüllt. Für alles außer der Verbindung RSV3 gilt nun laut Verkehrsverwaltung: "Die Weiterführung soll dann in Abhängigkeit der Finanzierbarkeit fortgeführt werden."
Nach heutigem Stand werden von den geplanten 100 Kilometern Radschnellweg also erstmal nur 13,8 Kilometer sicher gebaut. Laut Verkehrsverwaltung wären grob geschätzt etwa 400 Millionen Euro notwendig, um alle geplanten Radschnellverbindungen und alle geplanten Fahrradparkhäuser zu bauen. Nach rbb-Informationen wurde der landeseigenen Infravelo-Gesellschaft nun mitgeteilt, dass sie erstmal mit 50 Millionen rechnen kann.
Einsparungen stark kritisiert
Damit bestätigte die Verwaltung im Kern, was der Mobilitätswende-Verein "Changing Cities" [changing-cities.org] zuerst öffentlich gemacht hatte. Vereins-Sprecherin Ragnhild Sørensen kritisierte die Einsparungen gegenüber dem rbb scharf. "Wenn CDU und SPD nun auch die Axt an die Radschnellverbindungen anlegen, stirbt das Berliner Radverkehrsnetz und damit die Verkehrswende."
Sørensen betonte, die Radschnellwege seien die "Hauptschlagader des Radnetzes", ohne dieses "Herzstück" blieben kleinere Infrastrukturmaßnahmen, die in den Bezirken derzeit entstünden, isoliert.
"Sparen wir jetzt, gibt es die fette Quittung dafür in der Zukunft", sagte die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen, Oda Hassepaß, dem rbb. "Jeder Stopp verhindert, dass wir zukunftsgerecht werden."
Kritik auch aus der SPD-Fraktion
Aber nicht nur von Vereinen und Opposition kam Kritik, auch aus der schwarz-roten Koalition. Linda Vierecke, Sprecherin der SPD-Fraktion für Klimaschutz betonte, Radschnellwege seien wichtig, um die Klimaziele zu erreichen. "Ich halte diese Priorisierung der Verkehrsverwaltung für falsch und werde mich dafür einsetzen, dass wir mehr auf den Weg bringen", sagte Vierecke dem rbb.
Zuspruch kam derweil von der AfD. "Die Verkehrsverwaltung sollte den Planungsstopp nutzen, um die eigentlich gute Idee der Radschnellwege neu zu denken", sagte der verkehrspolitische Sprecher Rolf Wiedenhaupt. Die bisher geplanten Projekte seien zum Teil überteuert. Zudem müssten für die neuen Radstrecken zahlreiche Bäume gefällt werden, was dem Umweltschutz widerspreche.
Bau von Rad-Parkhäuser soll vorangetrieben werden
Priorisieren will die Verkehrsverwaltung auch bei den geplanten Fahrradparkhäusern. Die Standorte Schöneweide und Mahlsdorf werden prioritär bearbeitet, um kurzfristig mit dem Bau beginnen zu können. Weitere Vorhaben sollen unter Berücksichtigung der Finanzierbarkeit einzelfallbezogen geprüft werden.
Sendung: rbb24 Abendschau, 31.07.2024, 19:30 Uhr
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