Zahlen und Fakten - Asyl, Schutz, Duldung – mit welchem Status syrische Geflüchtete in Deutschland leben

Do 12.12.24 | 18:48 Uhr
Ein Mann füllt ein Formular aus neben einem Schild vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. (Quelle: dpa/Julian Stratenschulte)
Bild: dpa/Julian Stratenschulte

Viele Syrer sind seit 2011 vor dem Bürgerkrieg in ihrem Land geflohen - auch nach Deutschland. Welchen Schutzstatus die Geflüchteten erhalten, hat sich mit den Jahren deutlich verändert.

Die Entscheidungspraxis des Bundesministeriums für Migration und Flüchtlinge (Bamf) bei Asylsuchenden aus Syrien hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert. Das zeigt eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linke-Fraktion im Bundestag.

Während 2015 noch 99,7 Prozent der syrischen Asylsuchenden einen Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention erhielten, sank dieser Anteil im ersten Halbjahr 2020 auf nur noch knapp fünf Prozent. Stattdessen wurde demnach im ersten Halbjahr 2024 in 77 Prozent aller Fälle lediglich subsidiärer Schutz zugestanden – ohne Option auf Familiennachzug.

Zehntausende Syrer in Berlin und Brandenburg

Ende Oktober lebten laut dem Bundesinnenministerium 974.136 Menschen mit syrischer Herkunft in Deutschland. Davon waren 5.090 anerkannte Asylbewerber. 321.444 hatten den Flüchtlingsstatus. 329.242 genossen "subsidiären Schutz" - sie haben also weder einen Flüchtlingsschutz noch eine Asylberechtigung, ihnen droht in ihrem Heimatland aber ernsthafter Schaden. Die übrigen Personen hatten andere Aufenthaltstitel, etwa über den Familiennachzug.

Nach Angaben des Landesamtes für Statistik lebten in Berlin (Stichtag 30. Juni 2024) rund 49.000 Menschen mit syrischer Staatsangehörigkeit – von ihnen hatten 27.150 einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen. 311 dieser Menschen hat das Bamf als asylberechtigt eingestuft, 10.900 Personen wurde der Flüchtlingsstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention zuerkannt. 15.800 Menschen leben mit subsidiärem Schutzstatus in Berlin. Für 233 Personen gilt ein Abschiebungsverbot.

Von den 49.000 Personen mit syrischer Staatsangehörigkeit waren laut der Berliner Senatsinnenverwaltung 354 ausreisepflichtig – von ihnen sind 290 geduldet.

In Brandenburg lebten zu Ende Oktober insgesamt 21.347 syrische Staatsangehörige, wie das Innenministerium dem rbb mitteilte. Davon hatten 13.072 Personen einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen. 56 Menschen wurden als Asylberechtigte anerkannt, 4.471 Personen als Geflüchtete nach der Genfer Flüchtlingskonvention. 6.850 Menschen standen unter subsidiärem Schutz. 2.094 Personen erhielten ein Aufenthaltsrecht aus familiären Gründen. 1.166 Personen hatten Aufenthaltsrecht, weil ihr Asylverfahren noch lief oder sie zwar bereits registriert wurden, aber noch keinen Asylantrag gestellt haben.

335 Menschen aus Syrien waren ausreisepflichtig. Davon war bei 317 Personen die Abschiebung ausgesetzt, sie erhielten eine Duldung.

Mit Stand 30. November 2024 waren in Brandenburg 736 und in Berlin 1.497 Asylanträge von syrischen Staatsangehörigen anhängig, wie das Bamf dem rbb mitteilte. Die Behörde hat wegen der unklaren Lage in Syrien vorerst alle Entscheidungen über Asylanträge aus dem Land gestoppt.

Welche Schutzformen das Asylrecht vorsieht

Schutzsuchende aus Syrien dürfen sich nach einem Asylverfahren mit einem befristeten oder einem unbefristetem Aufenthaltstitel in Deutschland aufhalten.

Eine Niederlassungserlaubnis, mit der sie unbefristet in Deutschland leben dürfen, ist unabhängig vom Schutzstatus der Antragsstellenden frühestens nach fünf Jahren möglich. Ausschlaggebend dafür sind Sprachkenntnisse und ein Arbeitsverhältnis.

Die überwiegende Mehrheit der Syrer in Deutschland hat befristete Aufenthaltstitel, die im Abstand von einem bis drei Jahren verlängert werden können. Eine mögliche Grundlage für eine befristete Aufenthaltserlaubnis bilden die vier Schutzformen im Asylverfahren, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) Antragstellenden erteilt.

Zunächst wird geprüft, ob Antragstellende eine Asylberechtigung nach dem Grundgesetz haben. Diese steht politisch Verfolgten zu, die nicht über einen sicheren Drittstaat eingereist sind. In der Praxis wird dieser Schutzstatus, fast nicht mehr vergeben, wie Zahlen des Bamf aus den vergangenen Jahren zeigen – was mit einer Harmonisierung in der EU-Asylpraxis in den vergangenen Jahren zu tun hat. Eine Asylberechtigung kann für drei Jahre erteilt und muss dann verlängert werden. Die Asylberechtigung erlaubt den Nachzug von Ehepartnern und minderjährigen ledigen Kindern nach Deutschland.

Ein zweiter Schutzstatus, der anstelle der Asylberechtigung in den vergangenen Jahren häufiger vergeben wurde, ist der Flüchtlingsschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Auch dieser steht nur politisch verfolgten Menschen zu, die etwa aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Nationalität, politischen Überzeugung, religiösen Grundentscheidung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe schwere Menschenrechtsverbrechen befürchten müssen – entweder von staatlichen Stellen oder anderen Akteuren, wie Clans oder Terrorgruppen.

Anders als bei der Asylberechtigung gilt der Flüchtlingsschutz auch für politisch Verfolgte, die über einen sicheren Drittstaat eingereist sind. Anerkannten Flüchtlingen ist der privilegierte Familiennachzug ebenfalls erlaubt, und auch sie müssen ihren Status nach drei Jahren verlängern.

Wer weder Asylberechtigung noch Flüchtlingsschutz erhält, dem kann das Bamf unter bestimmten Bedingungen einen eingeschränkten Schutz gewähren. Diesen subsidiären Schutz können Menschen erhalten, denen in der Heimat etwa Folter, Todesstrafe oder willkürliche Gewalt in einem bewaffneten Konflikt drohen. Der Nachzug von Familienmitgliedern ist für diese Gruppe allerdings bundesweit gedeckelt und darf ein monatliches Kontingent nicht überschreiten. In der Praxis führt das dazu, dass viele Menschen mit diesem Schutzstatus keine Angehörigen nach Deutschland holen dürfen.

Ein Abschiebungsverbot wird festgestellt, wenn keine andere Schutzform greift, aber trotzdem konkrete Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit im Herkunftsland bestehen. Dies kann beispielsweise aufgrund von schweren Erkrankungen der Fall sein, wenn im Herkunftsland keine adäquate medizinische Versorgung gewährleistet ist.

Wer keinen Aufenthaltstitel oder Duldung hat, kann abgeschoben werden

Alle vier Aufenthaltstitel sind befristet und müssen regelmäßig verlängert werden: Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention und Asylberechtigte müssen alle drei Jahre eine Verlängerung beantragen, Personen mit subsidiärem Schutz müssen sich teils jedes Jahr, teils alle drei Jahre um Verlängerung kümmern. Ein Abschiebeverbot bleibt ebenfalls für ein Jahr gültig.

Eine Duldung hingegen ist kein Schutzstatus und gilt auch nicht als legaler Aufenthaltstitel. Bei einer Duldung handelt es sich lediglich um eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung, während die Person ausreisepflichtig bleibt. Eine Duldung wird aus verschiedenen Gründen erteilt, wenn etwa fehlende Reisedokumente oder gesundheitliche Probleme vorliegen.

Wer weder eine Duldung, noch einen Aufenthaltstitel hat, gilt im Asylrecht als vollziehbar ausreisepflichtig und kann somit abgeschoben werden.

Sendung: rbb24 Abendschau, 12.12.2024, 19:30 Uhr

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