Interview | Union-Präsident Dirk Zingler - "Sportlicher Erfolg hilft immer, aber am Ende müssen wir Bedingungen für diesen schaffen"
Union-Präsident Dirk Zingler hat in den vergangenen Jahren im Verein viele Steine ins Rollen gebracht. Im Interview erklärt er, wie es finanziell um die Eisernen steht und wie weit man mit den Umbauplänen rund um die Alte Försterei ist.
rbb: Herr Zingler, die Mitgliederversammlung ist immer auch der Zeitpunkt, an dem man auf die Zahlen der vergangenen Saison zurückblickt. Wie zufrieden sind Sie als Präsident mit diesen?
Dirk Zingler: Wir sind sehr zufrieden und dankbar über die Entwicklung der letzten Monate. Wir haben uns nicht nur sportlich in der letzten Saison auf Rang vier vorgekämpft, sondern auch wirtschaftlich neue Plateaus erreicht. Es ist wichtig, dass wir diesen Erfolg des Klubs verstetigen und nicht nur vom tagesaktuellen Fußball-Ergebnis abhängig machen. Wir konnten in der letzten Saison über 170 Millionen Umsatz machen und haben ein sehr positives Ergebnis von 18 Millionen Euro erzielt. Seit 1990 weisen wir außerdem erstmals auch ein positives Eigenkapital auf.
Was bei den Zahlen ein bisschen für Stirnrunzeln gesorgt hat, sind die 77 Millionen Euro Verbindlichkeiten. Wie kommen diese zustande?
Man darf diese Zahl nicht isoliert betrachten. Wir haben ja auch 93 Millionen Euro Vermögen. Das heißt, wir haben rund 30 Prozent mehr Vermögen als Verbindlichkeiten. Wir nehmen nur Verbindlichkeiten auf, um ins Vermögen zu investieren. Wir haben 25 Millionen Euro in Nachwuchsleistungszentrum investiert. Außerdem investieren wir in ein neues Trainingszentrum in der Hämmerlingstraße. Wir sind also klassische Baufinanzierer. Wichtig ist, dass wir mit Krediten nicht Ausgaben, sondern nur Vermögen finanzieren. Und mit der Entwicklung unseres Vermögens in den letzten Jahren sind wir sehr zufrieden.
Sie haben das Nachwuchsleistungszentrum angesprochen. Das ist ein großes und wichtiges Projekt für den Verein. Wie ist da der aktuelle Stand?
Wir sind im Zeit- und Kostenplan. Wir werden es Ende des Jahres – spätestens im Januar – komplett in Betrieb nehmen. Wir haben viele Jahre darum gekämpft, endlich ein zentrales Nachwuchsleistungszentrum zu haben, mit Internat und mehreren Plätzen, wo die Kinder, Jungs, Mädchen und Frauen Fußball spielen werden. Wir haben insgesamt 25 Millionen Euro dafür investiert. Das ist für uns nicht nur räumlich wichtig, sondern auch inhaltlich, weil wir unser Ausbildungsniveau erhöhen wollen. Nach dem Abschluss der Investition in Steine werden wir auch mehr in Beine im Nachwuchs investieren.
Investition in Steine ist ein gutes Stichwort – Die Ausbaupläne für das Stadion An der Alten Försterei liegen seit langem in der Schublade. Auch im Stadionumfeld soll eine Menge passieren. Wie weit sind die Pläne?
Wir sind insgesamt mit den Fortschritten der letzten Monate zufrieden und haben mit allen Behörden intensiv zusammengearbeitet. Jetzt sind alle Fragen geklärt und wir setzen die Pläne nun um. Der Zeitplan bleibt weiterhin, dass wir die Saison 2025/26 im Olympiastadion spielen wollen. Bis dahin wollen wir das Klubhaus und das Profitrainingszentrum gebaut haben. Und parallel zu unseren Baumaßnahmen liegen uns nun Erkenntnisse vor, dass das Baurecht für die Westumfahrung im nächsten Frühjahr existieren soll und wir jetzt unmittelbar vor der Auslegung der Planunterlagen sind. Das ist wichtig für uns, weil sich das Umfeld verändern wird. Es wird viele geben – und zu denen gehöre ich auch – die darauf ein bisschen mit einem weinenden Auge schauen, weil für mich gehörte die Alte Försterei immer zur Wuhlheide. Wir sind durch den Wald zum Stadion gegangen – das wird sich in den nächsten Jahren ändern. Es wird sich also auch das Umfeld des Stadions stark verändern.
Der Verein erlebt eine unglaublich erfolgreiche sportliche Phase. Welche Einfluss hat das auf die Pläne des Ausbaus und Umbaus des Stadions An der Alten Försterei?
Sportlicher Erfolg hilft immer, aber am Ende müssen wir Bedingungen für diesen sportlichen Erfolg schaffen. An diesem Standort wird seit über 100 Jahren Fußball gespielt und das in allen verschiedenen Ligen. Die Menschen gehen schon immer in die Alte Försterei, deshalb darf man das auch nicht überbewerten. Fußballspiele werden nun mal gewonnen oder verloren, davon können wir uns nicht abhängig machen. Wir müssen zusehen, dass wir den Erfolg verstetigen und die Bedingungen permanent verbessern. Aber den Standort wir es immer geben, deshalb ist es unsere Aufgabe, diesen für die Menschen aus unserer Region zu entwickeln. Das ist für uns ein Generationsprojekt und diese Verantwortung wollen wir sehr gerne übernehmen.
Zum Abschluss noch eine sportliche Frage: Kevin Behrens ist erstmals für die Nationalmannschaft berufen worden. Was bedeutet das dem ganzen Verein?
Ich bin danach extra zum Training gegangen, um ihm zu gratulieren. Wir alle im Verein freuen uns riesig für ihn. Die Entwicklung von Kevin ist grandios. Er ist seit zwei Jahren hier, ist Nationalspieler und spielt in der Champions League. Das macht den Fußball aus, dass solche Karrieren möglich sind. Ich freue mich also sehr für ihn und hoffe, dass er bald wieder für uns und auch die Nationalmannschaft trifft.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Jakob Rüger, rbb Sport.
Sendung: rbb24, 08.10.2023, 18 Uhr