Darts-Profi Martin Schindler vor der WM - Verrückte Fans, verrückter Traum
Martin Schindler ist einer von fünf Deutschen, die ab Freitag bei der Darts-WM in London an den Start gehen werden. Der Strausberger gibt sich selbstbewusst und will die Enttäuschung des vergangenen Jahres vergessen machen. Von Fabian Friedmann
Im vergangenen Jahr verpasste er die große Überraschung denkbar knapp. Im Drittrunden-Match bei der Darts WM 2022 lag Martin Schindler gegen den damaligen Weltranglisten-Vierten Michael Smith bereits mit 3:1-Sätzen vorne, der erstmalige Achtelfinaleinzug war zum Greifen nahe. Doch Smith schlug zurück, holte sich die drei folgenden Sätze und checkte am Ende mit einer Doppel-20 zum Sieg. Martin Schindler musste die Heimreise antreten - Michael Smith krönte sich am Ende des Turniers zum neuen Darts-Weltmeister.
Selbstbewusst mit großem Potential
Spiel verloren, Respekt gewonnen! Denn dass der gebürtige Straußberger den englischen Top-Spieler und späteren Champion am Rande der Niederlage haben würde, war so nicht zu erwarten gewesen. Dass er großes Potential mitbringt, daran glaubt der 27-Jährige weiterhin felsenfest: "Wenn ich das umsetzen kann, was ich zu Hause am Board spiele, dann kann eigentlich kommen wer will", sagt Schindler selbstbewusst im Gespräch mit rbb|24.
Ab dem 15. Dezember kann es der Brandenburger der Darts-Welt wieder beweisen. In London steigt dann im berühmten Alexandra Palace – von den Fans nur liebevoll "Ally Pally" genannt – die nächste Ausgabe der Darts-WM.
Und Schindler ist aufgrund seiner guten Weltranglisten-Position 26 wie im Vorjahr gesetzt und bekommt deshalb zunächst ein Freilos. Sein Auftaktgegner in der 2. Runde wird in der Partie zwischen Jermaine Wattimena und Fallon Sherrock ermittelt.
Gnadenlos ausgepfiffen im biergeschwängerten Tollhaus
Die WM im "Ally Pally" ist mit Abstand das wichtigste Turnier im Darts-Kalender. "Da bekommen wir die meiste Aufmerksamkeit. Es gibt das höchste Preisgeld und es kann viel in deiner Karriere verändern", sagt Schindler. Für ihn ist es bereits seine vierte WM-Teilnahme.
Dreimal scheiterte er in der 1. Runde, letztes Jahr gelang ihm immerhin sein erster Sieg durch ein 3:1 in der 2. Runde gegen den Engländer Martin Lukeman. Damals pfiffen ihn die englischen Fans gnadenlos aus.
Und auch diesmal werden die Zuschauer die Halle in ein biergeschwängertes Tollhaus verwandeln. Eine Atmosphäre, die "The Wall" (Martin Schindlers Spitzname) schon jetzt ein Lächeln aufs Gesicht zaubert, auch wenn er 2022 gegen Lukeman noch darunter leiden musste. "Die Fans sind absolut verrückt. Die sitzen dort den ganzen Tag in der Halle bei 40 Grad im Bananenkostüm. Die ziehen das gnadenlos durch."
Der Hype um "Pikachu" und "Gaga"
Mit Schindler werden in diesem Jahr erstmals vier weitere Deutsche in der WM-Hauptrunde an den Start gehen: Ricardo "Pikachu" Pietreczko, Vorjahres-Halbfinalist Gabriel "Gaga" Clemens, Dragutin "Herkules" Horvat und Florian Hempel. Damit befindet sich Darts auf dem sportlichen Höhepunkt in Deutschland. Dieser Hype ist auch für Martin Schindler deutlich spürbar: "Man merkt immer mehr, welche große Reichweite man bekommen hat. Vor fünf, sechs Jahren war das alles noch nicht so groß."
Die Zielsetzung für die WM lautet für ihn schlicht und einfach: Mindestens ein Spiel gewinnen, natürlich mit der Hoffnung auf mehr. "Aber wenn ich ehrlich bin, dann möchte ich mich schon nach oben orientieren", sagt Schindler, der aber auch weiß, dass allein die erneute Teilnahme schon ein großer Erfolg ist. "Das Niveau ist mittlerweile so hoch, dass man von Glück reden kann, wenn man bei der WM dabei ist, vor allem wenn man sich sieht, welche Top-Spieler zuletzt das Turnier verpasst haben."
580.000 Euro für den WM-Sieg
Seinen Lebensmittelpunkt hat Schindler mittlerweile ins hessische Rodgau verlagert. Dort lebt er mit seiner Frau und der kleinen Tochter Hailey. Sollte er sein Auftaktmatch gewinnen, würde er wieder zurück nach Deutschland reisen, um die spielfreien Tage mit der Familie verbringen zu können. Denn das Turnier ist ein wahrer Marathon. Das Endspiel wird erst am 3. Januar angeworfen. Bis dahin ermitteln insgesamt 96 Spieler in 28 Sessions die zwei Finalisten.
Schindler ist überzeugt, dass er das Zeug dazu hat, weit zu kommen. In diesem Jahr konnte er bereits zwei Viertelfinals bei Major-Turnieren erreichen. "Ich sehe, dass ich noch Potential nach oben habe. Dass ich noch mehr erreichen kann", sagt der dreimalige Deutsche Meister, der auch kein Hehl daraus macht, von einem WM-Sieg zu träumen. Sollte ihm dieses Kunststück gelingen, würde er circa 580.000 Euro Preisgeld mit nach Hause nehmen.
Schindlers Generalprobe verlief allerdings nicht wie gewünscht. Beim letzten Major-Turnier des Jahres, den Players Championship Finals im englischen Minehead, erlebte er vergangene Woche einen ganz bitteren Abend und verlor sein Auftaktmatch knapp mit 5:6 gegen den Belgier Kim Huybrechts.
Sendung: rbb24, 17.11.2023, 21:45 Uhr
Dieser Beitrag erschien erstmals am 29. November 2023.