Interview | Eisbären-Legende Sven Felski - "Die Mannschaft wirkt vor allem sehr, sehr reif"
Nach einem enttäuschenden Jahr sind die Eisbären Berlin in dieser Saison zur Hälfte der Hauptrunde wieder das beste Team der Deutschen Eishockey Liga. Vereinslegende Sven Felski erklärt im Gespräch mit rbb|24, was die Eisbären so stark macht.
rbb|24: Herr Felski, glaubt man den Zahlen, herrscht bei den Eisbären Berlin richtige Euphorie: Rund 2.200 Zuschauer mehr als im letzten Jahr kommen pro Spiel im Schnitt in die Halle. Woran liegt das?
Sven Felski: Ich glaube, dass tatsächlich gerade in der ganzen Liga ein Zuschauer-Boom herrscht. Dann gehört natürlich auch noch dazu, wie gut man selber gerade als Mannschaft spielt und das gelingt den Eisbären aktuell ja sehr gut.
Die Eisbären führen die Tabelle zur Halbzeit an. Kommt das für Sie überraschend, nachdem die Berliner in der letzten Saison sogar die Playoffs verpasst haben?
Ich habe natürlich im Vorfeld der Saison schon gesehen, dass die Eisbären sich enorm verstärkt haben, was die Schnelligkeit und die Offensive betrifft, aber dass sie so weit vorne stehen: Damit habe ich nicht gerechnet. Aber sie spielen sehr, sehr reif als Mannschaft und hatten eine gute Vorbereitungsphase. Torhüter, Verteidigung und Angriff passen gut zusammen. Da war schnell klar, dass wir auch wieder um die Playoffs spielen werden.
Ist das auch eine Belohnung dafür, dass Trainer Serge Aubin trotz des Misserfolgs in der letzten Saison weitermachen durfte?
Ich finde es super, dass wir das als Verein genauso gemacht haben. Man kann ja nicht einen Trainer, der im Vorfeld mit zwei Meisterschaften sehr erfolgreich agiert hat, einfach feuern. Die letzte Saison war sehr schlecht für uns, aber wir haben da einfach ein bisschen Ruhe bewahrt. Im Endeffekt macht der Trainer ja nichts anders und deswegen finde ich es sehr gut, dass man einen guten Trainer auch einfach mal behält.
Während in der letzten Saison auch der Sportdirektor viel Kritik für die Zusammenstellung des Teams einstecken musste, scheint er diesmal eine gute Auswahl getroffen zu haben. Die Neuzugänge funktionieren - auch im Zusammenspiel mit den etablierten Spielern - offensichtlich gut. Wie schätzen Sie die Zusammenstellung des Teams ein?
Die Mannschaft wirkt vor allem sehr, sehr reif. Wir haben uns in der Verteidigerposition mit Kai Wissmann extrem verstärkt, um mehr Stabilität reinzubekommen. Der Torhüter Jake Hildebrandt spielt überragend, aber das ist nur ein Teil des Ganzen. Auch die Stürmer müssen in der Verteidigung mithelfen. Wenn das funktioniert und passt, hilft das allen.
Gibt es einen Spieler, der neu gekommen ist, der Sie ganz besonders überrascht hat?
Nein, bei vielen wusste man ja schon vorher, dass die gut sind. Ein Frederik Tiffels ist ein sehr schneller Spieler, agil und wendig. Auch Tobias Eder hat seine Leistung schon im Vorfeld immer abgerufen. Hildebrandt steht hinten wie eine Eins, Blaine Byron kam zurück und war ein Spieler, den wir in Berlin schon kannten. Jeder einzelne Spieler, den wir geholt haben, hat große Qualität. Das müssen die Jungs nur aufs Eis bringen und das gelingt im Augenblick ziemlich gut.
Den Topscorer stellen die Eisbären zwar nicht, haben mit 95 Toren aber die beste Offensive. Was macht die Angriffsreihen so gut?
Ich muss ganz ehrlich sagen: Zu meiner Zeit war das ähnlich. Wir waren zwar sehr erfolgreich, aber wir hatten selten Spieler, die oben bei den Topscorern dabei waren. Jeder hat seinen Beitrag dazu gegeben. Das ist hintenraus in den Playoffs auch wichtig, die Last auf mehreren Schultern zu verteilen. Es ist leichter, wenn sich der Gegner auf mehrere Spieler konzentrieren muss. Das macht uns als Berlin gegen Ende der Saison gefährlicher.
Zwei dieser Schultern gehören Ty Ronning. Er erzielte direkt nach seiner Verletzungspause einen Doppelpack gegen München. Was zeichnet ihn aus?
Er ist technisch versiert und war schon in Ingolstadt ein Leader. Hier in Berlin sind viele Spieler, die sein Niveau haben. Aber er füllt seine Rolle in diesem Gefüge perfekt aus und gibt der Mannschaft qualitativ noch mehr Tiefe.
Welche Komponenten ihres Spiels könnten die Berliner denn noch verbessern?
In den Playoffs sind besonders die Special-Teams (die Über- und Unterzahlformationen, Anm.d.Red.) oft sehr wichtig. Viele Vereine sind in diesen Spielen auf ähnlichem Niveau und da kann sowas entscheidend sein. Bei den Eisbären ist im Überzahlspiel noch Luft nach oben. Das ist aber gar nicht so verkehrt, es ist ja noch Zeit.
Schaut man auf die Tabelle, sind die Eisbären das einzige von den traditionell favorisierten Teams, das die Erwartungen erfüllt hat. Meister München ist nicht in Top-Form, Mannheim hat schon das sportliche Führungspersonal ausgetauscht und steht in der unteren Tabellenhälfte. Wie gut stehen also die Chancen für Berlin, in dieser Saison wieder den Titel zu holen?
Wir sind bei der Hälfte der Saison, da sind noch sehr viele Eishockeyspiele zu spielen – um genau zu sein 26. Da kann noch sehr viel in die eine oder andere Richtung gehen. Wir sollten uns jetzt noch nicht darüber unterhalten, wer Deutscher Meister wird. Es wird wichtig sein, kleine Tiefs, die jede Mannschaft in einer Saison mal haben wird, möglichst kurz zu halten, damit wir auch in der Endphase der Vorrunde noch ein Top-Eishockey spielen können. In den Playoffs ist es dann ja auch ein Lotteriespiel. Wen bekommt man wann? Das weiß jetzt noch niemand. Von daher ist es wichtig, erstmal möglichst weit vorne zu landen, um dann in den Play-Offs Heimrecht zu haben.
Mit Bremerhaven und Straubing stehen mit den Eisbären zwei kleinere Teams ganz oben in der Tabelle. Was macht diese Mannschaften so stark?
Natürlich geht man immer davon aus, dass die Kölner Haie, die Eisbären und Mannheim da oben stehen. Aber es gibt auch andere Mannschaften, die richtig gute Arbeit leisten, wie zum Beispiel Straubing. Deshalb kommt das für mich gar nicht so unerwartet. Auch Bremerhavens Mannschaft spielt seit Jahren in der Form zusammen und wird punktuell verstärkt. Das sind mittlerweile Spitzenteams.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Till Oppermann.