Champions-League-Viertelfinale - BR Volleys kämpfen gegen ein ungerechtes System
Die BR Volleys treten im Viertelfinale der Champions League gegen das italienische Spitzenteam Itas Trentino an. Zuletzt kamen die Berliner nicht über das Viertelfinale hinaus - dabei wartet erst ab Halbfinale das große Geld. Ein strukturelles Problem.
Eigentlich ist Mittwoch ein Festtag für die BR Volleys. An jenem Abend (19:30 Uhr) begrüßt der Berliner Volleyballverein in der heimischen Max-Schmeling-Halle den italienischen Meister Itas Trentino – die "beste Mannschaft Europas", wie Volleys-Geschäftsführer Kaweh Niroomand gegenüber rbb|24 einschätzt. "Trentino führt seit Wochen unangefochten die italienische Liga an, die zusammen mit Polen die beste Liga Europas ist. Es wird ein tolles Volleyballfest."
Der Rahmen für jenes Spiel ist das Viertelfinale der Volleyball-Champions-League. Wie gesagt: eigentlich ein "kleines Highlight", wie Volleys-Spieler Ruben Schott findet. Immerhin messen sich die Hauptstädter mit einer Weltklasse-Mannschaft, und das bei wohl 6.500 Zuschauern. Doch zeigt jene Begegnung gleichzeitig die mittlerweile dramatisch auseinanderklaffenden Kräfteverhältnisse im europäischen Volleyball auf.
"Der Volleyball in Italien ist 30 Jahre weiter als der in Deutschland"
"Was uns unglaublich glücklich macht, ist, dass wir zum vierten Mal hintereinander unter die besten Acht Europas gekommen sind", so Niroomand. In den letzten drei Jahren war allerdings auch jedes Mal im Viertelfinale Schluss – und jeweils gegen ein italienisches Team. 2021 und 2022 gegen Trentino, 2023 gegen Perugia.
Eine Bilanz, die Italiens Stärke unterstreicht. "Der Volleyball in Italien ist, das kann man sagen, 30 Jahre weiter als in Deutschland. Sie haben viel früher angefangen, es zu professionalisieren, Strukturen zu schaffen – sowohl im Sponsoring als auch in der Jugendarbeit", erklärt Niroomand. Gegner Trentino sei mit seiner immensen Kaderqualität mit einigen Weltmeistern ein gutes Beispiel dafür.
Aufgrund der schnelleren Entwicklung haben sich die italienischen Mannschaften zusammen mit Polen, Russland und der Türkei an Europas Spitze festgesetzt. Das derzeitige Prämiensystem der Champions League zementiert jenen Status nur weiter. Dass die BR Volleys also regelmäßig im Viertelfinale gegen genau jene Teams verlieren, ist kein Zufall. Eine gläserne Decke.
Drittplatzierter kassiert über das Zehnfache der Viertelfinalisten
Ein Blick auf die vom Europäischen Volleyball-Verband ausgegebenen Zahlen macht die Problemlage offensichtlich. Für den Einzug ins Viertelfinale der Champions League kassieren Klubs 10.000 Euro an Prämie, ein Sieg in jener Runde bringt nur geringfügig höhere 12.000 Euro ein. Erst ab dem Halbfinale winkt das ganz große Geld: Ein Sieg in dieser Runde wird mit 20.000 Euro vergütet und birgt die Möglichkeit, unter die ersten drei Plätze zu kommen. Platz drei bekommt 125.000 Euro, bei Platz sind es 250.000 Euro, der CL-Gewinner erhält stolze 500.000 Euro.
"Ich finde, hier macht der europäische Verband einen Fehler, denn dadurch werden immer die guten Mannschaften mit guten Prämien versorgt, sodass die Schere immer weiter auseinandergeht", kritisiert Niroomand. Der 71-Jährige plädiert für eine andere, fairere Verteilung, "sodass alle Teilnehmer sagen können, dass sich die CL-Teilnahme gelohnt hat."
Die Champions League als Verlustgeschäft
"Ich bin mir sicher: wenn man die Kosten gegenrechnet, würden 70 Prozent der an der Champions League teilnehmenden Mannschaften sagen, dass es sich nicht gelohnt hat", so Niroomands Einschätzung. Vielmehr scheint die Champions League – obwohl die Teilnahme das große Ziel der Klubs ist – ein Verlustgeschäft für viele zu sein. Bis zum Halbfinale decken die Prämien gerade einmal die Reisekosten.
Dazu kommt, dass es im Volleyball keine Startprämie für die bloße Teilnahme an der Champions League gibt. Zum Vergleich: Im Fußball zahlt die Uefa für die "Königsklasse" gleich 25 Prozent der insgesamt zwei Milliarden Euro an Prämien für die reine Qualifikation aus. So kassierte Union Berlin in der laufenden Saison 15,64 Millionen Euro – ohne nur eine Minute gespielt zu haben. So werden eigentlich nur die Teams belohnt, die sehr weit im Wettbewerb kommen – mit der Zeit sammeln sich die Prämien also sehr konzentriert bei wenigen Klubs an.
Volleys setzen auf ihre große Zuschauerschaft
Neben den geringen Prämienzahlungen bis zum Halbfinale kritisiert Niroomand auch die schwache Vermarktung der Champions League. "Eigentlich wäre das System reformbedürftig – vom Weltverband bis nach unten geguckt. Überall, wo Volleyball halbwegs vernünftig präsentiert wird – das sehen wir bei den Volleyball-Männern in der Bundesliga – sind die Hallen nahezu ausverkauft", so der Volleys-Manager.
In Berlin habe man gezeigt, dass es geht: Die Berliner sind der Verein mit den meisten Zuschauern in Europa, haben letztes Jahr sogar eine kleine Prämie vom europäischen Verband dafür erhalten. "Es geht – es braucht nur anderes Management." Das sehen wohl viele kleinere Klubs so, doch eine wirkliche Kraft durch einen etwaigen Zusammenschluss als Interessensgemeinschaft hat man noch nicht entwickeln können.
Der starke Zuschauerschnitt sorgt neben den bisherigen Siegprämien dafür, dass diese Champions-League-Saison zumindest kein Verlustgeschäft für die Volleys gewesen sein wird. Auch am Mittwoch sollen die Fans ein Faustpfand sein. "Wir haben in den letzten Jahren gezeigt, dass wir immer für eine kleine Überraschung gut sind – vor allem zu Hause", so Spieler Schott. "Von daher hoffe ich auf ganz viele Zuschauer, die uns unterstützen. Wenn wir es schaffen, die Stimmung als Team aufzusaugen und wirklich zusammen zu spielen, dann können wir auch Trentino schlagen." Es wäre ein immens wichtiger Sieg: sportlich wie wirtschaftlich.
Sendung: Der Tag, 20.02.2024, 18 Uhr