Fußball-EM - Berliner Hotels und Gaststätten "haben sich wesentlich mehr Geschäft erhofft"
Die Vorrunde der Fußball-EM ist zu Ende, die Achtelfinals stehen vor der Tür. Wie hat sich das Fußballturnier bisher eigentlich auf die Branchen ausgewirkt? Da gibt es unterschiedliche Erfahrungen.
Die Erwartungen der Gastronomie- und Hotelerie-Branche haben sich bislang nicht erfüllt. Das sagte am Freitag der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Berlin, Gerrit Buchhorn, einen Tag vor dem Beginn der Achtelfinal-Spiele zu rbb|24.
Laut einer Dehoga-Umfrage einen Monat vor Turnierstart hatten sich die Betriebe von der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland viel erhofft: 40 Prozent der Betriebe in den Spielorten erwarteten demnach mehr Gäste und Umsatz. Doch für die Hauptstadt habe sich das bislang nicht bestätigt, so Buchhorn.
Nur wenn die DFB-Elf spielt, brummt das Geschäft
Noch gebe es keine belastbaren Zahlen, weil die Auswertung der EM-Effekte auf die Branche erst Mitte Juli vorliege, sagte Buchhorn. Doch anhand der Rückmeldungen von Hotels und Gastronomiebetrieben ließe sich feststellen, die Betriebe "wesentlich mehr Geschäft" erwartet hätten.
Buchhorn sagt: "Im Schnitt spiegeln uns die Hotelbetriebe, dass die Auslastung nicht so ist, wie sie sich das erhofft hätten. Genauso ist es bei der Gastronomie. Da gibt es sicherlich vereinzelt Betriebe, die sagen: 'Es läuft.' Aber es gibt auch Betriebe, die sagen: 'Es ist nicht wirklich gut, das Geschäft, das wir bei der EM haben'."
Wenn die deutsche Nationalmannschaft spielt, und die Gastronomien die entsprechende Partie auf den Bildschirmen zeigen, gäbe es immerhin eine erhöhte Nachfrage. "Aber die Kontinuität der Auslastung ist so ein bisschen die Herausforderung."
Mit anderen Worten: Wenn die Deutschen nicht spielen, herrscht EM-Flaute in Hotels und Kneipen.
Analyse für Flaute fällt schwer
Was könnten die Gründe für die bislang enttäuschende Nachfrage sein? Die Ursachenforschung fällt schwer.
"Wenn das Wetter schlecht ist, hat das Einfluss auf die Außengastronomie. Wobei man sagen muss, bei den Deutschland-Spielen hatten wir immer gutes Wetter, glücklicherweise." Hat der Fachkräftemangel im Hotel- und Gastgewerbe etwas damit zu tun? Nein, sagt Buchhorn. "Die Fachkräftethematik hat aus meiner sich keinen Einfluss auf die Auslastung der Betriebe."
Angesprochen auf die Fanmeile und den Verzicht der Stadt Berlin, dort jedes Spiel während der Europameisterschaft zu zeigen, sagt Buchhorn: "Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass die Nutzung der Fanmeile während der gesamten Zeit auch noch einen positiven Aspekt mit sich gebracht hätte." Doch das sei hypothetisch. "Ob das dann so gekommen wäre, das kann man natürlich jetzt nicht sagen."
Eine gute Nachricht für den Dehoga könnte nun der Kurswechsel der Hauptstadt beim Public Viewing bedeuten. Zunächst wurden auf der Fanmeile bislang nur die Spiele mit deutscher Beteiligung gezeigt sowie sämtliche Partien an den Tagen, an denen das Olympiastadion EM-Austragungsort ist. Am Freitag teilte Innensenatorin Iris Spranger mit: Am kommenden Dienstag sollen auch die mit Spannung erwarteten Partien Rumänien gegen Niederlande sowie Österreich gegen die Türkei auf der Straße des 17. Juni gezeigt werden. "Das ist eine tolle Sache", sagt Buchhorn. "Ich kann mir durchaus vorstellen, dass das einen positiven Effekt hat."
Spranger: "Berlin erfüllt zur Halbzeit alle Erwartungen"
Spranger sowie Vertreter aus Kultur und Wirtschaft zogen ihrerseits eine positive Halbzeitbilanz der EM. "Die Sportmetropole Berlin erfüllt zur Halbzeit alle Erwartungen, im Olympiastadion Berlin, in den Fan-Zones am Brandenburger Tor und Reichstag sowie in der ganzen Stadt", so Spranger in einer Mitteilung.
482.000 Besucherinnen und Besucher seien während der Vorrunde in den sogenannten Fan-Zones am Brandenburger Tor und Reichstag zum Public Viewing gekommen sowie zu den Park-Tagen auf dem ausgerollten Kunstrasen auf der Straße des 17. Juni. 213.000 Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgten zudem die drei ausverkauften Vorrundenspiele im Berliner Olympiastadion.
"Überall feiert die Stadt. Der Einzelhandel liegt aktuell bei einem Plus von 2 bis 3 Prozent über normal", frohlockte auch Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg. Guter Absatz sei auch bei Fan-Artikeln zu verzeichnen, "die Trikots von Deutschland, Polen, Türkei und Albanien liefen besonders gut".
Turnier ist teuer
Während die bisherigen Erfahrungen im Bereich Hotellerie und Gastronomie sowie im Einzelhandel offensichtlich auseinandergehen, ist eines schon jetzt ganz klar: Für das Land Berlin ist die Ausrichtung der EM teuer. Für die Fanmeile am Brandenburger Tor sowie die Fan-Zone vor dem Reichstag hat die Stadt Berlin 24 Millionen Euro ausgegeben, wie aus Untersuchungen von "correctiv" [correctiv.org] hervorgeht.
Sendung: rbb24 Inforadio, 28.06.2024, 16:15 Uhr