Interview | Eduard Geyer - "Cottbus sollte nicht nur davon sprechen, die Liga halten zu wollen"

Mi 07.08.24 | 16:13 Uhr
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Ede Geyer
Bild: dpa-Zentralbild

Das Ost-Duell, mit Spannung erwartet: Am Freitag (19 Uhr) tritt Energie Cottbus bei Dynamo Dresden an. Eduard "Ede" Geyer prägte bei beiden Klubs erfolgreiche Epochen. Ein Gespräch über die Chancen der beiden Teams und Fitness im Alter.

rbb|24: Herr Geyer, was bedeutet es für Sie persönlich, dass Dynamo Dresden und Energie Cottbus nach acht Jahren wieder ein Punktspiel gegeneinander bestreiten?

Eduard Geyer: Ich kann das ganz entspannt sehen. Ich bin nicht mehr so versessen, mich halb tot zu ärgern, weil irgendetwas auf dem Platz nicht funktioniert. Aber es ist natürlich eine interessante Begegnung. Cottbus hat zu Hause so unglücklich verloren, in der 93. Minute (1:2 gegen Arminia Bielefeld, Anm. d. Red.). Dynamo hat auswärts gewonnen (2:1 gegen Viktoria Köln). Wenn jetzt Dynamo gewinnt, haben die sechs Punkte und wenn Cottbus verliert, dann sind sie schon sehr unter Zugzwang.

Wo werden Sie die Partie verfolgen?

Ich werde ins Stadion gehen.

Was für ein Spiel erwarten Sie?

Ich erwarte ein richtig spannendes Fußballspiel. Ich denke schon, dass auch Cottbus genau weiß, wo der Hammer hängt, weil sie mehr unter Zugzwang stehen. Aber Dynamo spielt im eigenen Stadion, ich denke es sind 30.000 Zuschauer. Da sind sie schon Favorit.

Der Cottbuser Trainer Claus-Dieter Wollitz wird nicht an der Seitenlinie stehen, weil er sich nach der Partie gegen Arminia Bielefeld mit dem Schiedsrichter anlegte. Wie schwer wiegt die Sperre?

Die Mannschaft ist ja vorbereitet auf das Spiel. Da hat man von außen nie den großen Einfluss. Natürlich ist es immer günstiger, wenn der Chef auf der Bank sitzt. Das ist ein bisschen spielnäher. Aber grundsätzlich denke ich, das Spiel von Cottbus wird nicht so darunter leiden.

Wollitz beschwerte sich im Nachgang über Arroganz des Schiedsrichters und forderte Verständnis für Emotionen. Auch Sie galten als lautstarker Trainer. Wie blicken Sie darauf?

Er hat sich echauffiert. Ich weiß nicht warum, aber vielleicht auch zu Recht. Die Schiedsrichter haben die Anordnung, dass sie darauf reagieren und dem schnell entgegentreten. Aber da muss man sich natürlich mal überlegen, ob man da so schnell eine rote Karte zieht und den Trainer sperrt. Die andere Seite ist: Wenn du die gelbe Karte hast, musst du einfach auch, auf Deutsch gesagt, die Schnauze halten.

Zurück zum Sportlichen. Wie haben Sie die Aufstiegssaison von Energie Cottbus erlebt?

Am Saisonende waren ein paar Begegnungen dabei, die waren schon ein bisschen grenzwertig, da hätte man alles verlieren können. Auch im Jahr davor war es so, da hat die Mannschaft in der Relegation gegen Unterhaching ihr Niveau gar nicht erreichen können. Wenn du in der 3. Liga bist, musst du die Heimspiele gewinnen, du musst stabil in der Abwehr stehen und du musst auch die Zuschauer mitnehmen. Die Gegner, die zu dir kommen, die müssen den gebührenden Respekt haben. Vielleicht auch ein bisschen Angst haben vor Cottbus.

Ist es für einen eher kleinen Verein wie Energie Cottbus heute schwieriger, sich im Profi-Fußball zu behaupten als zu Ihrer Zeit als Trainer?

Wir hatten wahrscheinlich sogar noch mehr Probleme als jetzt. Wir hatten 1.200 Zuschauer. In der Zeit, in der wir zusammengearbeitet haben, haben wir eine gewisse Fußball-Kultur erst entwickeln müssen. Cottbus war ja damals nicht das Aushängeschild für die ganze Region. Ich denke, wir haben erstmal die Bedingungen geschaffen, dass so eine Fußball-Kultur entsteht.

Während Cottbus den Klassenerhalt schaffen will, peilt Dynamo Dresden die Rückkehr in die 2. Liga an. Wie schätzen Sie die Chancen dafür ein?

Ich kann das erst beurteilen, wenn wir fünf, sechs, sieben Spiele hinter uns haben. Die Vorbereitungsspiele von Dynamo Dresden waren nicht so besonders. Auch die Spiele voriges Jahr, die haben mich nicht gerade vom Hocker gerissen. Dabei war die Chance auf den Aufstieg selten so groß wie in der vorigen Saison. Aber da hat es natürlich auf vielen Ebenen gehangen. Was Cottbus angeht: Sie sollten nicht nur davon sprechen, die Liga halten zu wollen. Es muss von Anfang an darum gehen, dass du Punkte sammelst. Klar sagt man als Aufsteiger, dass man gegen den Abstieg kämpft. Aber die Unterschiede zwischen der 3. Liga und der Spitze der Regionalliga, die sind nicht so riesengroß.

Zur Person

Der 79 Jahre alte Eduard "Ede" Geyer verbindet mit Energie Cottbus und Dynamo Dresden erfolgreiche Zeiten. Bei den Sachsen war er von 1968 bis 1975 als Spieler aktiv, feierte in dieser Zeit zwei Oberliga-Meisterschaften. Als Trainer führte Geyer die Mannschaft 1989 zum Titel. Bei Energie Cottbus übernahm er 1995 den Trainerposten und führte den Verein von der Regionalliga bis in die Bundesliga, wo sich die Lausitzer drei Jahre behaupten konnten.

In diesem Jahr feiern Sie Ihren 80. Geburtstag. Wie sieht derzeit Ihr Alltag aus?

Ich versuche mich fit zu halten, mit Fitnesstraining, Golf. Ich gehe wandern, spazieren und ernähre mich einigermaßen ordentlich. Ab und zu ein Bier trinken, das gehört auch dazu. Mir geht es verhältnismäßig gut.

Sind Sie im Olympiafieber?

Natürlich. In dieser Vielfalt kriegt man Sport selten geboten. Und vor allem auch Randsportarten.

Was schauen Sie am liebsten?

Hochachtung habe ich vor den Reitern, vor den Turnern, Wasserspringern und Schwimmern, vor den technischen Sportarten. Oder Stabhochsprung, das war ja phänomenal, was die Athleten bieten.

Was wünschen Sie Dynamo Dresden und Energie Cottbus?

Auf alle Fälle wünsche ich beiden Mannschaften, dass sie gesund bleiben, dass sie keine Verletzten haben, dass sie gut rüberkommen. Dynano wünsche ich natürlich vor allen Dingen im Heimspiel, dass sie ein bisschen emotionaler Fußball spielen und nicht so viel den Torwart anspielen, sondern das Spiel mehr nach vorne verlagern. Cottbus wünsche ich Kraft, vor allen Dingen, dass sie ihre Abwehr gut organisieren, die Standards gut nutzen und dass sie einfachen Fußball spielen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Shea Westhoff, rbb Sport.

Sendung: rbb24 Inforadio, 07.08.2024, 15:15 Uhr

7 Kommentare

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  1. 7.

    Nun, das freut mich zu lesen.
    Und ich hoffe, dass sie sich nicht weiter als Kleingeist erweisen (ihre eigenen Worte) und auf längst zurückliegende Schreibfehler hinweisen.

  2. 6.

    Letzte Worte....: Das war meine letzte Reaktion auf Ihre "Antworten", die ich heute(!) ausnahmsweise wieder mal gelesen habe. Diese Art der Zeitverschwendung werde ich beenden.
    Achtung!
    "Wenn man zu lange in den Abgrund blickt, schaut er zurück."
    (frei nach Nietzsche)



  3. 5.

    Korrektur
    "trotzdem" oder "ungeachtet dessen"
    Lassen Sie es sein!
    Stadienbesuche sind weder ein notwendiges noch ein hinreichendes Kriterium für das Wissen von der sich drehenden Welt und dem auf ihr gespielten Fußball.
    Die von Ihnen erwähnten gerade mal zwei "Konstanten" sind mir auch ohne Stadienbesuche bekannt. Wenigstens den Männel hätten Sie noch nennen können! Da wären "wir" schon bei drei "Konstanten".
    Wo Sie "Verklärung" gefunden haben, ist mir wiederum ein Rätsel.
    Meine indirekte Frage dagegen blieb unbeantwortet.
    –> Identifikation mit ständig wechselndem Personal.
    Ohne jemals im FCU-Stadion gewesen zu sein, weiß ich, dass Union zumindest mal Spitzenreiter der Bundesliga auf dem Gebiet der Fluktuation gewesen ist: "Im Schnitt bleiben die Profis knapp 28 Monate in Köpenick. So eine aktuelle Studie von „Ticketgum". Damit verlassen bei Union von allen Bundesligisten die Spieler am schnellsten wieder den Klub."

  4. 4.

    Den Respekt für Ede Geyer teile ich.

    Und trotz dessen: Manche Dinge bleiben für manche Menschen ein ewiges Rätsel.
    Nach 37 Jahren ohne eigenes Erleben im Fußball sollte man akzeptieren, dass sich die Welt weitergedreht hat.
    Nostalgische Verklärung ist fehl am Platze.

    Aber immer und überall gibt es auch Konstanten (wie Trimmel bei Union oder Dardai beim BCC),

  5. 3.

    Ede Geyer, den ich schon als Spieler gesehen habe -
    ER war und ist ein Typ, der als Identifikationsperson für Fußballanhänger galt und noch gilt.
    Wie man sich heute mit dem ständig wechselnden Personal auf den Trainerbänken und in den Mannschaften identifizieren kann, wird mir wohl ein Rätsel bleiben.

  6. 2.

    Cottbus sollte Esuard wieder holen......

  7. 1.

    Richtig, die heutige Situation lässt sich nur schwer mit Mitte der 90er vergleichen. Ohne Ede Geyer, Klaus Stabach und Dieter Krein wären heute nicht 13.000 Menschen und mehr im Stadion. Aber auch die Generationen danach haben ihren Anteil daran. Nicht verstecken, Energie, ihr könnt das, wenn ihr nur daran glaubt. Auch Dresden ist zu schlagen. Und was CDW angeht…dazu ist jetzt alles gesagt. Er muss sich zurücknehmen und gut ist‘s. Immer vorwärts Energie!

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