Drehort: Kirche St. Martin - Die Gedenkfeier für gefallene Soldaten
Der Zufall führte das Babylon-Team in die St.-Martin-Kirche nach Kaulsdorf. Lars Eidinger sollte als Afred Nyssen unbedingt in einem modernen Kirchenbau der gefallenen Soldaten des 1. Weltkriegs gedenken. Klare Worte gegen den Waffenproduzenten kommen von Helga Rath.
Es ist ein eigenwilliger und moderner Kirchenbau im Stil der Neuen Sachlichkeit, der im August 1930 feierlich katholisch geweiht wird. Den roten Klinkerbau dominiert vor allem der hohe quergestellte Turm. Der Fensterschlitz, der den Turm in der gesamten Höhe teilt, erinnert manche Betrachter an die Geschichte des Heiligen Martins, des Kirchenpatrons, der seinen Mantel durchschnitt und mit einem Bettler teilte.
Der Kirchenbau der Diasporagemeinde finanziert sich vor allem durch Spenden. Die Kirche liegt zwischen Einfamilienhäusern im Ortsteil Kaulsdorf, weit außerhalb des urbanen Zentrums. Aber zur selben Zeit wird im Berliner Stadtzentrum, genauer am Alexanderplatz, gebaut und alte Häuser werden abgerissen. Hier können preiswert 400.000 Abbruchsteine für den Kirchenbau erworben werden. St. Martin entsteht also aus Ziegelsteinen vom Alexanderplatz – vielleicht vom Königstädtischen Theater oder vom Gasthaus "Zum Hirschen".
Der expressionistische Jesus musste umziehen
Die Wand hinter dem Altar stammt nicht aus der Bauzeit, sondern wird nach dem Zweiten Weltkrieg neugestaltet. Ursprünglich befindet sich hinter dem Altar ein in die Wand eingelassenes, raumgroßes, aus Ziegelsteinen gemauertes Kreuz. An der daran hängenden Figur des Gekreuzigten entzündet sich ein Konflikt zwischen der Kirchengemeinde und dem Berliner Bischof. Die geschnitzte Holzfigur ist über vier Meter groß, aus einem einzigen Eichenstamm grob gearbeitet und zeigt mit großer Ausdruckskraft den leidenden Christus am Kreuz. Das expressionistische Kunstwerk gefällt aber nicht allen. Der Münchener Erzbischof hält es für gotteslästerlich und der Berliner Bischof befiehlt, es abzuhängen. Proteste des Pfarrers Alois Schölzel verhallen, die Figur muss verschwinden. Sie wird in einem Stall zwischengelagert und hängt nach einer Odyssee durch verschiedene Gotteshäuser heute in einer anderen Kirche in Marzahn.
In der St. Martins-Kirche findet in der Serie Babylon Berlin eine Gedenkveranstaltung der Nyssen-Stiftung für gefallene Soldaten statt, bei der Alfred Nyssen und Helga Rath aufeinandertreffen. Bei der Suche nach einem passenden Drehort kommt der Zufall zu Hilfe. Nach einem halben Drehtag auf der Rennbahn in Hoppegarten braucht das Team um Regisseur Hendrik Handloegten eine weitere Location, um den Drehplan des Tages zu füllen. Am besten sei ein moderner Kirchenbau, um Szenen mit Lars Eidinger filmen zu können. Aber eine moderne Kirche in Hoppegarten? Niemand wäre auf die Idee gekommen, hier nach einem passenden Motiv zu suchen. Als einer der Locationscouts tatsächlich fündig wird und gleich um die Ecke in Kaulsdorf einen passenden Ort ausmacht, will dies zunächst niemand glauben. Mit Hilfe von St. Martin ist der Drehtag ausgefüllt und das moderne Gotteshaus in Kaulsdorf erlangt Filmruhm.