Berliner Feuerwehr - Wie komme ich aus dem Haus, wenn es brennt?

Mi 02.08.23 | 13:51 Uhr | Von Julian von Bülow
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Eine Person rennt schnell eine Treppe hinunter (Quelle: IMAGO/Lutz Wallroth)
IMAGO/Lutz Wallroth
Video: rbb24 | 29.07.2023 | Vanessa Materla | | Bild: IMAGO/Lutz Wallroth

Zwei Menschen sprangen aus einem Kreuzberger Hochhaus in den Tod - obwohl die Feuerwehr da war, sahen sie keinen anderen Weg. Wie verhält man sich im Brandfall? Diese Regeln gelten für Fluchtwege in Berliner Häusern. Von Julian von Bülow

Darauf ist die Feuerwehr nicht vorbereitet: Nachdem ein Feuer in der Wohnung ausbricht, retten sich ein Mann und eine Frau auf den Balkon im zwölften Stock. Während die Feuerwehr schon vor Ort ist und notdürftig ein Sprungpolster vorbereitet, springen die beiden aus dem zwölften Stock in die Tiefe. Schwer verletzt erliegen sie ihren Verletzungen vor Ort.

So schildern Polizei und Feuerwehr den Vorfall in einem Hochhaus in der Kreuzberger Lindenstraße am vergangenen Freitag. Warum der Mann und die Frau die Rettungswege im Inneren nicht nutzten, sei unklar, zitierte die "Morgenpost" die Feuerwehr. So blieb nur der Balkon.

Doch die Berliner Feuerwehr besitzt nur Drehleitern für Einsätze in bis zu 23 Metern Höhe. Ihre Sprungpolster sind nur für eine Fallhöhe von 16 Metern ausgelegt. "Eine Drehleiter hat eine Maximalhöhe", sagte ein Sprecher der Berliner Feuerwehr dem rbb. "Hier am Einsatzort war es das zwölfte Stockwerk, das sind über 30 Meter. Da kommt man dann hier auch an die Grenzen des Möglichen eines solchen Rettungsgerätes." Die Feuerwehr begründet die Grenzen ihrer Ausstattung mit den geltenden Brandschutzbestimmungen: Eine Rettung aus dem Fenster sei bei Hochhäusern nicht vorgesehen.

Welche Rettungswege vorgesehen sind

Zwei Rettungswege müssen Gebäude vorweisen können. Das regelt die Berliner Bauordnung. Der erste Rettungsweg ist das Treppenhaus. "Der zweite Rettungsweg kann über Leitern der Feuerwehr bis zu einer Brüstungshöhe von 23 Metern sichergestellt werden", teilt die Berliner Feuerwehr rbb|24 mit. Weiter führt sie aus: "Gebäude, die höher sind, gelten als Hochhäuser. Bei diesen wird der erste und zweite Rettungsweg baulich sichergestellt, etwa durch zwei voneinander unabhängige Treppenräume oder einem Sicherheitstreppenraum." In diese kann kein Brand ausbrechen und kein Rauch eindringen. Die Rettung durch Fenster ist bei Hochhäusern nicht vorgesehen.

Zusätzlich zu den Treppen gebe es spezielle Feuerwehraufzüge, die im Brandfall noch genutzt werden können, erklärt Brandschutz-Prüfingenieur Helmuth Bachmann. Jene seien für moderne Hochhäuser vorgeschrieben. Damit könne die Feuerwehr zum Brandort vordringen und Menschen in Sicherheit bringen, etwa Rollstuhlfahrer:innen.

Doch für Bachmann wären Aufzüge ohnehin nicht das Mittel der Wahl: "Mit der Treppe können schlicht am meisten Menschen in kürzester Zeit ein Gebäude verlassen", sagt er. Die Treppen seien in der Regel aus Beton, moderne Häuser hätten zudem qualitativ bessere Türen als unrenovierte Altbauten. Und selbst wenn das Treppenhaus bereits verqualmt sei, könne die Feuerwehr Menschen mit Schutzmasken nach draußen führen. Dies sei auch im brennenden Kreuzberger Hochhaus mit einer Person geschehen, so ein Sprecher der Berliner Feuerwehr.

In Altbauten gilt alter Brandschutz

Der Fluchtweg über Leitern sei meist problematischer, sagt Brandschutz-Prüfer Bachmann. Die Höfe der vielen Berliner Altbau-Hinterhäuser seien oft recht klein, dort stünden Mülltonnen und Fahrräder. Die könnten das Aufstellen von tragbaren Feuerwehrleitern blockieren.

Mit denen kommt die Feuerwehr etwa bis zum dritten Stock eines Hauses. Da meist nur ein Treppenhaus existiert und die Feuerwehr nicht mit Drehleitern anfahren kann, heißt das: Der zweite Rettungsweg ist für Menschen in Altbauten möglicherweise nur eingeschränkt verfügbar. Das liegt daran, dass der Brandschutz zum jeweiligen Bauzeitpunkt gilt und das ist im Zweifel dann auch mal das Jahr 1900.

Zu dem Fall, dass in einem modernen Hinterhaus etwa im sechsten Stock ein Feuer ausbreche, sagt die Berliner Feuerwehr: "Dann muss eine Aufstellfläche für die Drehleiter oder eine Außentreppe vorhanden sein. Wenn für die Bewohnenden der Treppenraum aufgrund von Rauch oder Feuer nicht mehr zugänglich ist, sollte man bis zum Eintreffen der Feuerwehr in der Wohnung, etwa am Fenster oder auf dem Balkon verbleiben." Bei Eintreffen der Feuerwehr solle man deren Anweisungen Folge leisten.

Dann können etwa auch Sprungpolster zum Einsatz kommen, wie sie die Feuerwehr auch im Falle des Kreuzberger Hochhausbrandes einsetzte. Jene sind aber nur bis zu einer Fallhöhe von 16 Meter ausgelegt – das ist bei einem Sprung aus dem zwölften Stock aber kaum eine Hilfe.

Elektrizität häufigste Brandursache

Rund 529.000 Einsätze hatte die Berliner Feuerwehr im vergangenen Jahr. Den Großteil (77 Prozent) machten Rettungseinsätze aus, in die Kategorie Brandbekämpfung fielen 9.578 Einsätze, so die Berliner Feuerwehr. Brände wurden in den vergangenen 20 Jahren am häufigsten ausgelöst durch Elektrizität, menschliches Fehlverhalten sowie Brandstiftung und Überhitzung, wie das Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer bekanntgab.

Sendung: rbb24 spät, Sa., 29.07.2023, 21:45 Uhr

Beitrag von Julian von Bülow

8 Kommentare

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  1. 8.

    Der hofft auf nachbarliche Hilfe oder Rettung durch die Feuerwehrleute.
    Blöde Frage.
    Jeder Behinderte ist im Gefahrenfall gefährdet.

  2. 7.

    Hoztreppe mit Stoffauflage als Treppenhaus im "Bürgergeld"-Altbau ("zumutbar, gell) + zugestellter enger Innenhof – auch das ist Armuut in Deutschland! Was sollen wir bei Feuer machen???

  3. 6.

    Es gibt Rettungsleitern, die sich jeder selbst kaufen kann.

    Sie sind platzsparend zusammengefaltet und können unter dem Bett oder im Schrank aufbewahrt werden.

    Im Notfall können sie aufgefaltet und am Balkon oder am Fenster fixiert werden. Sie können bis 20 m lang sein und sogar 2-3 Personengleichzeitig tragen.

    So könnten am Gebäude entlang mehrere Stockwerke überbrückt werden--weg vom Brandort und den Flammen. Dort könnte man dann warten, bis die Feuerwehr mit der Leiter kommt--oder man könnte sogar selbst den Boden sicher erreichen.

    Vielleicht könnte der RBB darüber einmal eine Doku drehen.

  4. 5.

    Solange Einzelwohnungen betroffen sind, sollte auch eine Höhenrettung durch Spezialkräfte per Helikopter vorzugsweise über den Balkon möglich sein.
    Hat man doch schon bei anderen Einsätzen gesehen, bei denen sich die Einsatzkraft und die zu rettende Person aneinandergekettet hochhieven lassen.
    Was zu klären wäre ist, welche thermischen Schwankungen der Helikopter durch die Brandhitze aushält und ob an steilen Wänden ein Strömungsabriss droht.
    Da zahlenmäßig sehr viele Personen in diese Situation kommen können und durch zukünftigen Bau in die Höhe (um nicht noch mehr Flächen zu versiegeln), immer mehr betroffen sein werden, muß das Thema unbedingt geklärt werden.

  5. 4.

    Was passiert denn in den Neubauten Baujahr ab 1975 fragt man sich da. 11 Geschosser und drüber. Darf man von einer Rettung vom Balkon hoffen......

  6. 3.

    In einem Altbau bleibt ihm nur die Rettung durch Feuerwehrmänner, wenn diese rechtzeitig zu ihm gelangen können oder Mitbewohner, die stark genug sind und wenn zudem der Weg durch das Treppenhaus frei ist, um ihn hinauszutragen.

  7. 2.

    Für alle Eventualitäten im Leben gibts keinen Plan. Das ist situationsabhängig. Wenns nicht in in der egenen Hütte brennt, dann rate ich mal, in der Wohnung zu bleiben, Türen zu und in ein von der Wohnungstür entferntes Zimmer zurückziehen. Möglichst in ein Zimmer mit großem Fenster oder Balkon, über das dann die Feuerwehr retten kann.
    Wenns in der eigenen Hütte brennt, dann ist die Wohnungstür hoffentlich unbeschadet erreichbar.

  8. 1.

    WAS macht ein Rollstulfahrer ?

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