Vorschlag aus Rheinsberg - Neue Runde im Streit um das Tucholsky-Literaturmuseum

Seit einem Jahr wird um den Betrieb des Kurt-Tucholsky-Literaturmuseums Rheinsberg gerungen. Der Landkreis Ostprignitz-Ruppin will das Museum übernehmen, die Stadt will es abgeben – aber zu ihren Bedingungen. Jetzt läuft ein neuer Einigungsversuch. Von Björn Haase-Wendt
Nach der Kommunalwahl im Juni war es ruhig geworden um das Kurt-Tucholsky-Literaturmuseum in Rheinsberg. Die Probleme um das Museum, das zum Leben und Wirken Tucholskys und zur Publizistik in der Weimarer Republik informiert, sind aber längst nicht ausgeräumt.
Das Museum steht weiter ohne eine eigenständige Museumsleitung da, nachdem der langjährige Museumschef Peter Boethig im Frühjahr in den Ruhestand ging. Die Stadt wollte und will die Stelle nicht nachbesetzen, um angesichts klammer Kasse und einer Haushaltssicherung Kosten zu sparen. Allein im letzten Jahr habe Rheinsberg rund 240.000 Euro in das Museum stecken müssen, so die Stadt - zusätzlich zu den 80.000 Euro, die sie von Land und Landkreis für den Betrieb bekommen habe.
Bürgermeister lässt Frist verstreichen
Die Stadt wollte also ein neues Amt für Tourismus und Kultur einrichten, das nebenbei auch noch das Literaturmuseum übernimmt – keine eigenständige Museumsleitung mehr.
Deutschlandweit sorgten diese Pläne für einen Aufschrei. Der Deutsche Kulturrat setzte das Museum auf die Rote Liste bedrohter Kultureinrichtungen und auch Bundeskulturstaatsekretärin Claudia Roth (Grüne) forderte den Erhalt der wissenschaftlichen Leitung.
Der Kreis Ostprignitz-Ruppin würde gern übernehmen, aber dem Rheinsberger Bürgermeister Frank-Rudi Schwochow (BVB/Freie Wähler) gefiel der Übernahmevertrag nicht, den der Kreistag Anfang Juni beschloss. Schwochow ließ eine siebentägige Frist zur Vertragsunterzeichnung verstreichen. Er forderte Nachbesserungen und verteidigt sein Handeln bis heute. "Der Vertrag ist nicht im Interesse der Stadt Rheinsberg gewesen", sagte Schwochow am Montagabend auf der Stadtverordnetenversammlung.
AG überarbeitet Vertragsentwurf
Dort wurde das Ergebnis einer Arbeitsgruppe vorgestellt, die von der Stadtverordnetenversammlung eingerichtet worden war: Vertreter aller Fraktionen und der Bürgermeister hatten in den vergangenen Wochen den Vertrag überarbeitet und teilweise verändert.
Änderungen gibt es etwa zum Umgang mit dem Museumsinventar, das der Landkreis nach Wunsch der Stadt komplett übernehmen soll, oder zur Frage, wer die für das Museum erhaltenen Fördermittel abrechnet. Auch bei einer möglichen Verlagerung des Museumssitzes oder einer Schließung will die Stadt nach der Übernahme ein Mitspracherecht haben.
Wert der Museumssammlung
Ein Knackpunkt ist die umfangreiche Museumssammlung mit tausenden Dokumenten, Fotos und Objekten rund um Kurt Tucholsky. Die Stadt will, dass die Sammlung zu einem vorher festgelegten Preis an die Landkreisstiftung verkauft wird. "Sollte keine Einigung über den Kaufpreis der Sammlung erzielt werden, ist der Trägerschaftswechsel rückgängig zu machen", heißt es im neuen Entwurf, den die Arbeitsgruppe vorlegte.
Der Bürgermeister befürchtet erheblich Einnahmeverluste. "Im bisherigen Vertrag stand, dass bei den Büchern oder ähnlichem, was über Förder- oder Drittmitteln angeschafft oder geschenkt worden ist, das nicht berücksichtigt wird. Das hätte dazu geführt, dass etwa zwei Drittel des Buchwertes nicht erstattet worden wären", so Schwochow.
Die Stadt strebt nun eine Abgabe des Museums zum Jahreswechsel an und wäre bereit, künftig jährlich 85.000 Euro für den Betrieb beizusteuern.
Der CDU-Stadtverordnete Andreas Endler, der Mitglied der städtischen Arbeitsgruppe ist, sieht darin ein gutes Ergebnis - auch weil der jetzige Entwurf einstimmig von der Arbeitsgruppe verabschiedet wurde. Das ist im politisch zerstrittenen Rheinsberg durchaus eine Besonderheit. "Man sollte das Ganze vielleicht wohlwollend betrachten und der Stadt Rheinsberg und dem Tucholsky-Museum helfen", sagt Endler.
Kreis muss entscheiden
Der Ball liegt jetzt also wieder bei der Kreisverwaltung. Die bestätigt dem rbb, dass der "angepasste" Vertragsentwurf übermittelt wurde. Die Verwaltung in Neuruppin sieht darin wesentliche Änderungen im Vergleich zum vom Kreistag Ende Mai beschlossenen Vertrag. Es fehlten auch eine Kostenaufstellung und andere notwendige Unterlagen zum Museum. Die Kreisverwaltung werde zudem keine gesonderte Erklärung zum Datenschutz unterzeichnen, wie von der Stadt gefordert.
Der Kreis fühlt sich weiterhin an seinen Vertragsentwurf vom Sommer gebunden. Ob er sich auf die neuen Vorschläge aus Rheinsberg einlassen wird, ist unklar. Eine Einigung um das Kurt-Tucholsky-Literaturmuseum scheint vorerst also weiter nicht in Sicht.
Sendung: rbb24 Inforadio, 01.10.2024, 18:55 Uhr
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