Deutsch-polnische Grenze - Bundespolizei startet mit neuen Grenzkontrollen

Di 17.10.23 | 15:29 Uhr | Von G.S. Russew, Martina Rolke und iris Wußmann
  25
Beamte der Bundespolizei stehen bei der Einreise nach Deutschland am deutsch-polnischen Grenzübergang Stadtbrücke in Frankfurt (Oder).
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 17.10.2023 | Material: rbb24 Brandenburg aktuell | Bild: dpa

Nach und nach setzt die Bundespolizei die von Bundesinnenministerin Faeser bei der EU angemeldeten stationären Kontrollen an der polnischen Grenze durch. In Frankfurt (Oder) hat sich aber bislang wenig verändert.

  • Bundespolizei kontrolliert seit Montagabend an festen Punkten
  • Kontrollpunkte auf Autobahnen sollen entstehen
  • Zuspruch für Kontrollen aus Kommunen - Gewerkschaft der Polizei sieht diese kritisch

Die Bundespolizei setzt seit Montagabend die neuen Grenzkontrollen an der deutsch-polnischen Grenze um. In einer ersten Bilanz hat die Bundespolizei in Frankfurt (Oder) und in Ortschaften in Südbrandenburg rund 45 unerlaubt Einreisende festgestellt. Zudem seien die durch die Kontrollen entstandenen Verkehrsbeeinträchtigungen überschaubar gewesen, hieß es. Es habe bislang keine Rückstaus an der Grenze gegeben, sagte Bundespolizei-Sprecher Jens Schobranski dem rbb.

Mit der Einrichtung fester Kontrollen soll die Schleuserkriminalität an der Grenze zu Polen zurückgedrängt werden. Generell sei ab sofort davon auszugehen, dass an allen Grenzübergängen der Fokus nun auf festen Kontrollen liege, betonte Schobranski.

Blickpunkt Frankfurt (Oder)

An der Frankfurter Stadtbrücke hat sich auf den ersten Blick zum bisherigen Prozedere wenig verändert. Die ersten Bundespolizeiposten stehen auf der Brücke, schauen sich die durchfahrenden Fahrzeuge an und geben ihren Kollegen einige Meter weiter in Frankfurt - an einer Verkehrsinsel postiert - entsprechende Infos über Funk, welche Fahrzeuge und Personen überprüft werden sollten.

Wichtig sei, dass der Grenzverkehr möglichst wenig beeinträchtigt werden solle. "Wer über die Stadtbrücke läuft, merkt bestenfalls keine Veränderung. Es wird nicht jeder kontrolliert - nur Stichproben sollen vorgenommen werden", erklärte Schobranski.

Teils werde, wie an der Frankfurter Stadtbrücke, stationär an ehemaligen Grenzübergängen kontrolliert, teils nur temporär. Genaueres wollte Schobranski aus taktischen Gründen nicht dazu sagen. Man müsse sich an der deutsch-polnischen Grenze aber "überall auf Kontrollen einstellen. Der Fokus liegt auf internationalen Verkehrsachsen."

Blickpunkt A12

Eine solche Achse ist die Autobahn A12. Aktuell gebe es bei Einreise nach Brandenburg noch keinen Kontrollpunkt, sagte Schobranski. Polizeistreifen stünden parat und zögen verdächtige Fahrzeuge zwischen der Grenzbrücke und der Anschlussstelle Frankfurt-Mitte heraus. Es solle jedoch ein Kontrollpunkt nahe der Grenzbrücke auf deutscher Seite enstehen. Hierfür wird laut Schobranski das Fahrtempo auf zwei Fahrspuren demnächst heruntergeregelt. "Dann wird stichprobenartig auf die Standspur rausgewunken und kontrolliert.

Blickpunkt Guben und Zuspruch aus Märkisch-Oderland

In Guben wurde am Dienstagmorgen laut Bundespolzei stichprobenhaft kontrolliert. Kleinere Übergänge wie hier würden nicht permanent überwacht. An der A15 sei dies etwas anderes.

Feste Kontrollen seien aber nur ein erster Schritt, sagte der Gubener Bürgermeister Fred Mahro (CDU). "Wir müssen sehen, dass wir in der EU die Außengrenzen sichern." Für ihn sei es ebenso wichtig, dass den Menschen in den Herkunftsländern erklärt werde, dass es in Deutschland und Europa keine Bleibeperspektive gebe, so dass sich diese nicht erst auf den Weg machten.

Zuspruch kam auch aus Märkisch-Oderland. "Ich finde es erstmal richtig, dass wir an der Grenze Kontrollen einführen. Am Ende sind die Landkreise, Städte und Gemeinden in Brandenburg die, die die Last der ungeordneten Zuwanderung tragen müssen", unterstrich Landrat Gernot Schmidt (SPD).

Gewerkschaft der Polizei weiter gegen stationäre Kontrollen

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht die Maßnahme derweil weiter kritisch. Der GdP-Vorsitzende für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf, sagte am Dienstag im rbb24 Inforadio, er hoffe, dass die festen Kontrollen kein Dauerzustand werden. Er nannte es wenig effektiv, Kräfte 24 Stunden am Tag an einem Ort zu binden.

Ähnlich äußerte sich auch Roßkopfs regionaler Amtskollege Lars Wendland. Die festen Kontrollen würden keinen deutlichen Effekt zur Senkung der irregulären Migration beitragen, sagte der GdP-Vorsitzende für Bundespolizei und Zoll in Berlin und Brandenburg. Mindestens 90 bis 95 Prozent der Migranten, die über die Grenze kämen, stellten einen Asylantrag. Sie könnten damit nicht abgewiesenwerden. "Von daher wird das, was alle hoffen, nicht einsetzen", so Wendland.

"Fiktive Nichteinreise"

Jens Schobranski erklärte in diesem Zusammenhang, dass man mit den Grenzkontrollen Menschen einfacher zurückweisen könne. So spricht die Bundespolizei bei den Kontrollen in Grenznähe von einer "fiktiven Nichteinreise", so dass die Kontrollierten noch nicht als eingereist gelten. Allerdings gelte diese Praxis nicht für Schutzsuchende. Für sie gelte das Asylrecht weiter, bestätigte auch Schobranski. Somit bleibe abzuwarten, "inwiefern sich damit die Einreisezahlen verändern", so der Bundespolizeisprecher.

Güterverkehrsbranche sieht neue Kontrollen kritisch

Auch die Güterverkehrsbranche sieht die neuen festen Kontrollen an der Grenze zu Polen kritisch. Die Grenze weise "ein hohes Verkehrsaufkommen sowohl durch gewerbliche Transporte als auch durch Pendlerverkehre auf", sagte eine Sprecherin des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) am Dienstag. Von der Grenze zu Österreich, wo Deutschland bereits seit 2015 wieder stationäre Grenzkontrollen dauerhaft vornehme, sei bekannt, dass diese Kontrollen zu zähflüssigem Verkehr und auch Staus sowie Unfällen auf den Autobahnen führen könnten.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte am Montag nach längerem Zögern stationäre Kontrollen für die Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz bei der EU-Kommission angemeldet. Die Bundespolizei könne künftig "flexibel, je nach aktueller Lage das gesamte Bündel an stationären und mobilen grenzpolizeilichen Maßnahmen einsetzen", erklärte sie am Montag. Die festen Kontrollen der Bundespolizei sind zunächst auf zehn Tage angelegt.

Sendung: Antenne Brandenburg, 17.10.2023, 15:10 Uhr

Beitrag von G.S. Russew, Martina Rolke und iris Wußmann

25 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 25.

    Papier ist geduldig. Polen und weitere EU sind keine sicheren Drittstaaten, Polen praktiziert unter der PiS Regierung illegale Pushbacks.

  2. 24.

    Zur Frage der sicheren Herkunftsländer -Ich muss gestehen, dass ich mir nicht sicher war- findet sich Folgendes
    auf der aktuellen Internetseite des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge.
    "In Deutschland gelten derzeit folgende Länder als sichere Herkunftsstaaten:
    die Mitgliedstaaten der Europäischen Union.........".
    Das würde nach meinem Verständnis bedeuten, dass Zurückweisungen nach Polen durchaus möglich waren und sind, jedoch aus mir unbekannten Gründen nicht praktiziert werden.

  3. 23.

    Das ist nicht richtig. Die Vorbereiter der jetzigen Situation war die CDU mit der Kanzlerin. Natürlich mit wohlwollenderZustimmung fast aller anderen Parteien in Deutschland.

  4. 22.

    "Wieso erfolgt keine unmittelbare Zurückweisung in das sichere EU-Land Polen oder ist dazu nur das BAMF und nicht die Bundespolizei befugt? "

    Weil Polen eben kein sicheres Drittland ist. Könnte sich aber ändern, wenn die PiS als EU und demokratiefeindliche Regierung bald Geschichte ist.

  5. 21.

    "Das würde NIX ändern!" Doch würde es. Ist in der Realität in Dänemark eindeutig nachgewiesen. Die Ankunftszahlen dort zeigten einen klaren Zusammenhang mit der jeweiligen Regierung und den von ihr geänderten Rahmenbedingungen im Asylrecht. Die Sozialdemokraten dort haben das inzwischen begriffen. Deren Politik mag nicht der Weisheit letzter Schluss und durchaus streitbar sein, aber sie ist wirksam.

  6. 20.

    Ist es denn menschlicher, die hiesige Bevölkerung immer stärker zu belasten, die Infrastruktur zu überlasten und die Flüchtlinge hier in ein dauerhaftes Leben an der Armutsgrenze mit staatlichen Dauerleistungen zu verfrachten, weil sie aufgrund ihrer Ausbildung und Sprachbarriere in weiten Teilen niemals eine realistische Chance auf dem immer komplexer werdenden deutschen Arbeitsmarkt haben werden?

  7. 19.

    "ieso erfolgt keine unmittelbare Zurückweisung in das sichere EU-Land Polen..." Weil es politisch nicht gewollt ist und sich die Paragrafen widersprechen. Lauf Grundgesetz wäre eine Zurückweisung nicht nur möglich sondern sogar geboten. Das Asylrecht erlaubt aber die unmittelbare Zuführung zur Erstaufnahmestelle und das Einleiten eines Asylverfahrens. Eine Anpassung des Asylrechts ist von der Ampel nicht gewollt und von der CDU nicht durchsetzbar, weil dann die AfD zustimmen müsste. Es existiert also durchaus eine politische Mehrheit, die es umsetzen könnte, die ist aber politisch nicht gewünscht. Also bleibt alles beim Alten, man beschert der Polizei noch ein wenig mehr Arbeit, aber am Ende ändert sich am Ergebnis gar nichts. Die paar erwischten Schleuser sind von den Kriminellen einkalkuliert. Das sind nur die kleinen Fische, wie beim Autodiebstahl, die etwas Geld verdienen wollten.

  8. 18.

    distelkamp:
    "Antwort auf [Immanuel] vom 17.10.2023 um 21:01
    " Behandlungen, die Flüchtlinge abschrecken würden, "
    ergo die Migration als alternativlos akzeptieren ? Folgen ?"

    Ich weiß auch nicht die optimale Lösung, weil es diese auch gar nicht gibt. Ich weiß nur, dass es keine einfachen Lösungen gibt. Man wird Migration auch nicht vollständig verhindern können, man kann sie lediglich eindämmen - aber nicht mit einfachen Mittel, wie Leistungen für Asylbewerber kürzen. Das funktioniert nicht oder ist unmenschlich.

  9. 17.

    An den deutschen Küsten kommen die Flüchtlingsboote nicht an. Die Länder, aus denen Flüchtlinge an deutsche Grenzen kommen, liegen nach meinem Kenntnisstand auch nicht am Mittelmeer. Frau Meloni hat die EU um Hilfe gebeten. Frau von der Leyen war auf Lampedusa. Getan hat sich nichts. Glauben Sie, die Bewohner von Italiens Inseln finden die Situation toll? Der Schutz der Außengrenzen der EU ist nicht allein die Aufgabe Italiens und Meloni deswegen rechtspopulistisches Gequatsche vorzuwerfen, ist nur die übliche Nazikeule. Italien hat demokratisch gewählt und Meloni hat 53% Zustimmung. Sie muss sich an die EU-Vorschriften halten und allen Unkenrufen zum Trotze tut sie das seit 13 Monaten. Es wäre ganz schön, wenn die EU sich um den Schutz der Küsten am Mittelmeer kümmern würde, statt nur Länder wie Zypern, Malta, Italien oder Griechenland in die Pflicht zu nehmen und in Brüssel Kaffee zu trinken.

  10. 16.

    " Behandlungen, die Flüchtlinge abschrecken würden, "

    ergo die Migration als alternativlos akzeptieren ? Folgen ?

  11. 15.

    " weil jeder Ort in Europa immer noch besser ist als die Orte, wo sie herkommen. "

    das mag wohl zutreffen

  12. 14.

    Matze:
    "Wenn wir nicht baldigst das Asylrecht ändern und den materiellen Anreiz, unbedingt nach Deutschland zu gehen, ändern, werden wir weiter täglich hunderte Asylbewerber bekommen. Die Politik weiß das, ändert aber nix."

    Das würde NIX ändern!

    Denn die Flüchtlinge kommen so oder so. Man würde sie nur von einem Land in das andere verdrängen, aber nicht von Europa abhalten, weil jeder Ort in Europa immer noch besser ist als die Orte, wo sie herkommen.

    Das alles ist einfach nur noch ein Wettbewerb, welches Land am Schäbigsten mit den Flüchtlingen umgeht und diese damit in die Nachbarländer verdrängt, die wiederum auch versuchen noch schäbiger mit ihnen umzugehen und sie dadurch wieder zurückdrängen. Aber die Flüchtlingszahlen in Europa reduzieren sich durch solche Maßnahmen ("materielle Anreize") überhaupt nicht. Behandlungen, die Flüchtlinge abschrecken würden, aus dem noch viel schlimmeren Elend ihrer Heimat nach Europa zu kommen, würden gegen die Menschenrechte verstoßen!

  13. 13.

    Nach meinem Verständnis geht es ja bei all diesen Maßnahmen letztendlich darum, die ungeregelte Einwanderung nach Deutschland zu reduzieren bzw. zu unterbinden. Aber, Zitat (GDP): "Mindestens 90 bis 95 Prozent der Migranten, die über die Grenze kämen, stellten einen Asylantrag. Sie könnten damit nicht abgewiesenwerden."
    Meine Frage in dem Zusammenhang? Wieso erfolgt keine unmittelbare Zurückweisung in das sichere EU-Land Polen oder ist dazu nur das BAMF und nicht die Bundespolizei befugt?
    So stellen die Kontrollen wirklich nur ein ärgerliches resourcenbindendes Verkehrshindernis, sprich Aktionismus dar.

  14. 12.

    " Viele Kommunen sehen sich, was die Unterbringung, Versorgung und Integration der Geflüchteten angeht, an der Belastungsgrenze " ( ARD )

    ist der Ampel offenbar egal

  15. 11.

    Nationalen Grenzen dicht machen. Ich sehe keine andere Möglichkeit. Und Deutschland muss endlich die diversen Pullfaktoren beseitigen. Ich kann schon verstehen, daß Tschechien und Polen nicht für Deutschland den Türsteher machen wollen.
    Schuld an der beängstigenden Migration nach Deutschland ist alleine die Ampel-Regierung.

  16. 9.

    Diese sinnlosen und personalintensiven Aktionen haben nur einen Grund. Opium fürs Volk.

  17. 8.

    "Es habe bislang keine Rückstaus an der Grenze gegeben, sagte Bundespolizei-Sprecher Jens Schobranski dem rbb."

    Ja, stimmt. Der Rückstau ging gestern gerade mal bis zur Kreuzung 1 Maja/ aleja Niepodleglosci, also gerade mal 2km.

  18. 7.

    Wenn man Grenzkontrollen "wie in den 90ern" (und natürlich auch bis 2008) durchführen würde (und damit den Schengen-Vertrag brechen würde) hätte das so ziemlich genau keinen Einfluss, weil trotzdem niemand, der einen Asylantrag stellt, zurück geschickt werden dürfte, es sei denn er wurde bereits einmal abgeschoben und hat ein Einreiseverbot.

  19. 6.

    Wenn wir nicht baldigst das Asylrecht ändern und den materiellen Anreiz, unbedingt nach Deutschland zu gehen, ändern, werden wir weiter täglich hunderte Asylbewerber bekommen. Die Politik weiß das, ändert aber nix.

Nächster Artikel