Parteitag der Berliner Linken - Die zweite Reihe übernimmt

Sa 13.05.23 | 10:39 Uhr | Von Sebastian Schöbel
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Ein Becher mit dem Logo der Partei Die Linke steht kopfüber auf einer Wasserflasche (Quelle: Flashpic/Jens Krick)
Bild: Flashpic/Jens Krick

Die Berliner Linke steht vor einem Umbruch: Die bisherige Landeschefin geht, beim Parteitag am Wochenende soll erstmals eine Doppelspitze gewählt werden. Prominenz steht nicht zur Wahl, sondern die Jungen aus der zweiten Reihe. Von Sebastian Schöbel

Die Namen Franziska Brychcy und Maximilian Schirmer hat außerhalb der Berliner Politik-Blase vermutlich noch kaum jemand gehört. Dennoch wollen die beiden nun als Duo den wichtigen Berliner Landesverband ihrer Partei führen. "Es stimmt, dass wir nicht in der ersten Reihe standen", sagt Brychcy. "Es ist ein Generationswechsel, wir nehmen die Aufgabe an."

Die 38-Jährige wurde in Meißen geboren, hat fünf Kinder, sie hat in Paris und Berlin studiert, lebt seit über zehn Jahren in Steglitz-Zehlendorf und sitzt seit 2016 für die Linke im Abgeordnetenhaus. Dort macht sie vor allem Bildungspolitik. Maximilian Schirmer, mit dem sie gemeinsam antritt, kommt aus Pankow, ist dort Fraktionsvorsitzender der Linken und Anfang 30 - ungefähr so alt wie Klaus Lederer, als der 2007 zum ersten Landeschef der damals neu gegründeten Berliner Linkspartei wurde.

In den Parteivorstand drängen auch etablierte Linke

Die Partei neu sortieren, personell verjüngen und mit der Zivilgesellschaft vernetzen sei jetzt das Ziel, sagt Brychcy. "Wir müssen wirklich mit den Menschen reden, Politik wirklich von unten machen, mit den Bürgerinitiativen vor Ort. Das ist für alle Parteien angezeigt die wollen, dass Politikverdrossenheit abnimmt."

12,2 Prozent der Zweitstimmen bekam die Linke bei der Wiederholungswahl - nochmal weniger als 2021 und 2016. Ein Negativtrend, den man wieder umdrehen will - vor allem als lauteste Gegenstimme zur CDU-geführten Regierung - und ihrer Juniorpartnerin SPD. "Die SPD hat sich da ein stückweit verkauft", sagt Brychcy und lacht. "Das müssen sie aushalten, dass die Linke Druck macht und zum Beispiel an der Vergesellschaftung dranbleiben werden."

In den Parteivorstand, als Stellvertreterin, drängen auch etablierte Linke, wie Katalin Gennburg. Schon drei Mal gewann sie ihren Wahlkreis in Treptow-Köpenick direkt, eine linke Hochburg im nun fast komplett CDU-schwarzen Gürtel der Außenbezirke. Gennburg galt schon in der rot-grün-roten Koalition als unbequem, rieb sich häufiger an der SPD-geführten Stadtentwicklungsverwaltung. Egal ob beim Hochhausbau am Alexanderplatz, Eigentumswohnungen bei landeseigenen Neubauprojekten oder den Signa-Plänen für Karstadt am Herrmannplatz: Gennburg suchte immer die Konfrontation mit der SPD.

Hoffen auf Enteignung

Die immer tiefer werdende Spaltung der Stadt, vor allem in Arm und Reich, bleibe das Hauptthema ihrer Partei, so Gennburg - und das politisch erfolgreichste. "Wir erleben, dass sich gesellschaftliche Debatten wahnsinnig radikalisieren, und auch die Linke hat sich in der Regierungsbeteiligung radikalisiert."

So habe zuvor noch keine Partei aus einer Regierung heraus den Enteignungs-Volksentscheid unterstützt, so Gennburg. Man habe an der Seite städtischer Bewegungen linke Projekte an den Koalitionspartnern vorbei durchgesetzt. "Das ist eine historische Erfahrung, mit der wir auch bundesweit punkten wollen."

Zunächst aber gilt es, in Berlin das Ruder herumzureißen. Ob das gelingt, wird auch von der neuen Parteispitze abhängen, die - anders als manche in der Partei gehofft hatten - ohne die Prominenz von Ex-Senatorin Katja Kipping auskommen muss, sondern aller Voraussicht aus Franziska Brychcy und Maximilian Schirmer bestehen wird.

An den Erfolg des Volksentscheids und die Enteignung der Immobilienkonzerne hängt die Berliner Linke nun ihre politische Hoffnung - auch für die Wahl 2026.

Sendung: rbb24 Abendschau, 13.05.2023, 19.30 Uhr

Beitrag von Sebastian Schöbel

41 Kommentare

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  1. 41.

    "Sie wollen es inhaltlich, warum es Die Linke nicht hierzulande nicht braucht?
    Beispielsweise, Austritt aus den NATO und Enteignungen, das sind zwei wichtige Gründe, da diese fundemental konträr zu hiesigen Verfassung stehen."

    Es sind die immer gleichen Lügen was uns die Sympathisanten und Wähler der rechtsextremen AfD erzählen wollen. Von einem Militärbündnis steht nichts im GG und Enteignungen sind lt. GG grundsätzlich erlaubt.

  2. 40.

    Wie verblendet muß man sein um die Brexit Kampagne damit zu vergleichen? Die Expertenkommission hält eine Vergesellschaftung von Grundstücken für rechtlich möglich. Und das trotz der sehr einseitigen Besetzung.

  3. 39.

    Na ja. Das ist wie mit dem Brexit. Es wurde ein Haufen Unsinn erzählt. Aber es tagt ja eine Expertenkommission. Warten wir ab.

  4. 38.

    Aber nein, der Eigenutz und das Wohl der Allgemeinheit, das sind ganz verschiedene Dinge.
    Der Mensch ist nun mal ein Egoist und denkt zuerst an sich selbst.
    .

  5. 37.

    Es gibt einen erfolgreichen Volksentscheid in dem 1 Million Menschen dokumentiert haben, was "hierzulande" der Allgemeinheit dient.

  6. 36.

    Doppelspitzen sind also immer noch modern…? Manchmal weiß man nicht, wer für die jeweilige Partei wirklich spricht.

  7. 35.

    Ach ja, was zum wohle der Allgemeinheit dient, und was hierzulande darunter zu verstehen ist, dass will Die Linke nicht begreifen und auch nicht akzeptieren. Ergo, sie hat mit diesem Rechstaat ihr ureigenes Problem.

  8. 34.

    Das freut die demokratischen Parteien und rechtsstaatlich eingestellten Bürger ebenso.

  9. 33.

    Teil der Verfassung ist auch der besondere Schutz von Privateigentum.
    Die Verfassung schützt die Bürger vor staatlicher Willkür!

    Das GG umfasst ca 137 Artikel, und der besonderer Schutz von Privateigentum ist mit einer der wiichtigsten, gleich nach dem Schutz der Würde des Menschen.

  10. 32.

    Und das ist die berühmte arme Familie? Scherzkeks. Red mal mit Kassiererinnen usw., nicht mal das packt die Linke.

  11. 31.

    Das weiß man noch nicht.
    In Bremen ist die Linke in Umfragen auf 11% geklettert.
    Offenbar kommen da Tausende von SPD und Grünen gerade zur Linken zurück.
    Für mich ist das ein Protest gegen die Ampel von Menschen, für die CDU oder BIW nicht in Frage kommen.
    Solange die Linken Stimmen von den Grünen absaugen, kann mir die Linke nur recht sein.
    Die Wähler erkennen ja nun mittlerweile, was die Grünen anrichten.

  12. 30.

    Wäre mir neu, dass die Linke jemals Steuer- und Abgabensenkungen für Geringverdiener als Bedingung für den Eintritt in eine Koalition gefordert hat.
    Ich höre immer nur Bürgergeld rauf und offene Grenzen.

  13. 29.

    Stimmt auffällig. Die Linke ist auf Bundesebene nebensächlich. In Berlin war sie mir für die Beschaffung der Mehrheit mit an Bord. Weder SPD noch Grüne sind darüber happy gewesen. Die Berliner sind zwar eher links, aber eben nicht sozialistisch.

  14. 28.

    Nicht jeder, der den Linken das Aus wünscht, ist gleich ein Rechtsextremer. So leid es mir für ihr simples Weltbild auch tut.
    Dass die Linken selbst daran Schuld sind, wie es um ihren Laden steht, wird wohl niemand anzweifeln.
    Im Berliner Landtag ebenso wie im Bundestag.

  15. 26.

    Da Sie Hinweise auf die Rechtsprechung ignorieren, erspare ich mir die weitere Diskussion. Bitte erst Informieren und dann diskutieren. Ansonsten drehen wir uns im Kreis. Ich finde es schon schlimm genug, wenn die Politik Zeit und Geld für etwas verschwendet, was eh vom Gericht gekippt werden wird. Das dauert alles ohnehin so lange, dass die jetzigen Verantwortlichen in der Rente sind.

  16. 25.

    Was die Bürger von dieser Partei halten sieht man an den % bei Wahlen. Ohne die drei Direktmandate wäre sie auch nicht mehr im Bundestag....und das wird bei der nächsten Wahl hoffentlich auch passieren.

  17. 24.

    "Insbesondere für Menschen mit kleinem Einkommen hat die Linke doch gar nichts zu bieten.
    Anstatt knallharte Steuer- und Sozialabgaben-Senkungen zu fordern"

    Beim Steuerkonzept der Linken hätte ein 4 köpfiger Haushalt mit 5.000 Brutto ca. 400 € mehr im Monat. Keine Ahnung, was die anderen Parteien bieten, aber das Die Linke "insbesondere" Menschen mit kleinen Einkommen "gar nichts" zu bieten hat, ist schlichtweg falsch.

  18. 23.

    Ich ich verdrehe gar nichts, ich zitiere die Artikel im Grundgesetz.
    Selbstverständlich muss das Gesetz verfassungsrechtlich ok sein.

    Ob Grundsätze der Verhältnismäßigkeit vor dem Hintergrund der Mietsituation und des Volksentscheids hinreichend berücksichtigt sind, würde ich lieber der Einschätzung von erfahrenen Verfassungsrechtlern überlassen. Ich vermute Sie sind keiner?

  19. 22.

    Das schafft Berlin nichtmal mit den landeseigenen Wohnungen, insofern ist es unsinnig über Enteignung zu reden.

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