Fünf Jahre "Fridays for Future" - "Das Thema Klimawandel wurde auf ein Niveau gehoben, wo es vorher nicht stand"

So 20.08.23 | 08:14 Uhr
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Archivbild: Die 15-jährige Greta Thunberg steht am 30.11.2018 mit ihrem Schild: "Skolstrejk för klimatet" vor dem Schwedischen Parlament in Stockholm. (Quelle: Picture Alliance/TT/Hanna Franzén)
Video: rbb|24 | Material: rbb24 Abendschau | Bild: Picture Alliance/TT/Hanna Franzén

Vor fünf Jahren hat die Klimaaktivistin Greta Thunberg erstmals vor dem schwedischen Parlament protestiert. Welche Rolle das Thema Klimawandel spielt, und wie die "Letzte Generation" wahrgenommen wird, erklärt der Konfliktforscher Vincent August.

 

rbb24: Herr August, stiehlt die "Letzte Generation" den Klima-Demonstrierenden der "Fridays for Future"-Bewegung inzwischen die Show?

Vincent August: Die "Letzte Generation" ist auf jeden Fall aktuell der präsentere Spieler der Klimabewegung. Das kann man schon sagen. Das war aber auch im Grunde zu erwarten, weil sich solche Massenproteste, wie "Fridays for Future" sie sehr erfolgreich organisiert hat, selten auf lange Dauer stellen lassen.

Zur Person

Vincent August (Quelle: HU Berlin/Falk Weiß)
HU Berlin/Falk Weiß

Dr. Vincent August ist Soziologe an der Humboldt-Uni Berlin und Leiter der Forschungsgruppe "Ökologische Konflikte"

Dabei steht immer die Frage im Raum, wie sich die Bewegung weiter entwickelt. Hier haben wir eben auch eine Ausdifferenzierung dieser Klimabewegung in verschiedene Strategien beobachten können.

Was hat "Fridays for Future" denn erreicht?

Sie haben natürlich zum einen erreicht, dass das Thema Klimawandel auf ein Niveau gehoben wurde, wo es vorher nicht stand. Wo es jetzt auch durch andere Krisen nicht mehr in die Randrolle gedrängt werden kann, die es vorher einmal hatte. Das Hauptmittel war dafür natürlich der Massenprotest, den sie eben auch international organisieren konnten. Dass sie international sehr breit aufgestellt sind, unterscheidet sie auch von anderen Bewegungen.

Ein zweiter wichtiger Punkt, der darüber oft vergessen wird, ist, dass sie auch mit strategischer Prozessführung sehr erfolgreich waren und darüber den Rechtsrahmen mit verschoben haben. Das Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts kann man hier als Beispiel nennen.

Die Erfolge haben als Folge sozusagen, dass sich auch die Gegenspieler mobilisiert haben, beziehungsweise, dass der Konflikt dadurch vorangetrieben und teils auch verschärft wurde.

Was ist der größte Verdienst von Greta Thunberg, die auch vor der UN und vielen Regierungschefs gesprochen hat?

Mit dieser Aktion des zivilen Ungehorsams hat sie diese ganze Bewegung angeschoben und das auch stetig vorangetrieben. Über einen relativ langen Zeitraum hat sie es geschafft, diese Massenproteste zu mobilisieren. Gleichzeitig haben sie sich als Repräsentanten bei verschiedenen Organisationen etabliert - dass sie anerkannt sind als diejenigen, die jetzt für Klimawandel sprechen dürfen.

Gleichzeitig hat man das Gefühl, dass sich trotz der Massenproteste in der deutschen Politik gar nicht so viel getan hat. Ist es deswegen quasi folgerichtig, dass sich mit der "Letzten Generation" Leute zu Wort melden, die auf eine andere Art demonstrieren?

Ja, man kann beobachten, dass sich das politische System als ein sehr träges System erwiesen hat. Relativ schnell wieder hat es wieder in das gewohnte Spiel zurückgefunden nach dem durchaus erfolgreichen Druck, den die "Fridays for Future"-Bewegung aufgebaut hat.

Doch Massenproteste erschöpfen sich sozusagen, weil es den Einzelnen sehr viel Energie und auch Zeit abverlangt, was sehr schwer auf Dauer zu stellen ist. Die "Letzte Generation" hat im Grunde eine andere Strategie gewählt, die anstatt auf große Proteste, eher auf kleinere, homogenere Gruppen setzt, die mobiler und auch konfrontativer agieren können.

Andererseits sagen jetzt viele: Mit denen wollen wir nichts mehr zu tun haben; so toll finden wir Klimaschutz doch nicht. Also vielleicht auch kontraproduktiv?

Die Frage, ob das kontraproduktiv ist, kann man im Moment nicht abschließend beurteilen. Man muss dabei sehen, dass es eben auch widersprüchliche Effekte gibt, weil das ein Zusammenspiel unterschiedlicher Akteure ist.

Es gibt zum Beispiel so etwas wie den Effekt der radikalen Flanke. Das heißt, dass die Moderaten wie "Fridays for future" davon profitieren könnten, dass es eine radikalere Flanke wie die "Letzte Generation" gibt. Gleichzeitig sieht man auch, dass die Ablehnung gegenüber der "Letzten Generation" natürlich weit verbreitet ist, und dass das aber eben keinen Auswirkungen darauf hat, ob man dadurch jetzt Klimaschutz weniger unterstützen würde.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview mit Vincent August führte Angela Ulrich, rbb24 Inforadio.

Der Text ist eine redigierte Fassung. Das Originalgespräch können Sie über den Audio-Player oben im Artikel nachhören.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.08.2023, 07:45 Uhr

130 Kommentare

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  1. 130.

    ...die auch vor der UN und vielen Regierungschefs gesprochen hat?
    Und genau an dem Punkt frage ich mich immer, wie ist Greta überhaupt in diese Situation geraten?
    Zufall? Wohl eher nicht, also wie schafft es ein Teenager aus Schweden in so eine Position...?
    Kampagne eher wahrscheinlich, dann ist das aber auch alles "gesteuert" und eben keine unabhängige kleine Weltretterin, sondern knallhart von Interessen geleitet...

    ...Gleichzeitig haben sie sich als Repräsentanten bei verschiedenen Organisationen etabliert - dass sie anerkannt sind als diejenigen, die jetzt für Klimawandel sprechen dürfen.
    Und warum, welche Expertise?

    Eine Teenagerin aus Schweden kommt also durch eigene Proteste relativ schnell in den Genuss, den Politikern und Mächtigen vor Parlamenten und Institutionen die Meinung zu Geigen und keine 5 Jahre vergehen und Sie ist eine der "wenigen" Personen die für Klimawandel sprechen dürfen!? Ist das eigentlich schon Satire oder wirklich Real?

  2. 129.

    Meine Antwort bezog sich auf die von Ihnen genannten Importe aus Norwegen. Ihre Benotung mit einer 6 lässt mich völlig kalt. Ihre Kommentare sind recht hitzig. Hoffentlich reicht der Strom noch für den Ventilator um Block 1 zu kühlen.

  3. 128.

    Deshalb sind die Norweger auch sauer, denn durch den teuren Export des preiswert erzeugten Stromes haben Sie Angst das sich auch ihr Strompreis erhöht. Haben uns die Tourguids auf unseren Ausflügen bestätigt.
    Ist ja auch ärgerlich wenn der Strompreis von 4 Cent auf unerhörte 6-8 Cent steigt.

  4. 127.

    Die Boomer sind an allem Schuld? Sie werden sich noch umschauen, wenn die Boomer in Rente gehen. Ein großer Anteil der von Ihnen noch besetzten Jobs, insbesondere im Handwerk, wird aufgrund des Desinteresses der Jugend und des Umschulens der jetzigen 40-50 Jährigen die sich nicht mehr in einem Knochenjob von Kunden vorschreiben lassen wollen, wie sie zu arbeiten haben, unbesetzt bleiben. Im übrigen benötigen viele Boomer weder alle paar Jahre/jährlich die neueste Technik, Fast-Food-Gerichte und ToGo Kaffee etc., noch werden ständig modische Saisonartikel gekauft, sondern auf lange Lebensdauer gekauft und diese entsprechend gepflegt und instandgesetzt.

  5. 126.

    Thema verfehlt, setzen, sechs. Mein Kommentar war die Antwort auf "Das Schließen von AKW war ein Fehler. Jetzt wird Atomstrom aus dem Ausland eingekauft."

    Eine handfeste Lüge.

  6. 125.

    Lassen Sie mal den Blick durch Ihre 4 Wände schweifen und überlegen Sie, woraus ist, was Sie sehen. Nachdem, was Sie von sich geben, hocken Sie vor dem Skelett eines Höhlenbären und erfinden das Rad. Wofür brauchen Sie es eigentlich?

  7. 124.

    Hurra, dann muss doch die Frage lauten warum Strom so teuer ist. In Norwegen ist Strom billig, meist Wasserkraft. Aber Norwegen verschenkt den Strom nicht, sondern verkauft ihn sehr teuer. Den zahlen wir dann?

  8. 123.

    Komisch, bei SMARD. de steht aber bei Nettoexport meistens ein Minuszeichen vor den Ziffern. Müsste dann ja Import sein.

  9. 122.

    Nun, beziehen wir die "Schiedsgerichte" ein, bestehend aus 3 nicht demokratisch gewählten Internen der Großindustrien. Diese (s. Vattenfall) haben ja die Gewaltenteilung des GG ersetzt. Mag sein, dass die Grünen den Weg des Marktes versuchen: Hohe Nachfrage in der Masse unten bringt die Reaktion auch oben.
    Auch wenn die menschl. Psyche in der Tat nicht so funktioniert, dass mensch auf Zwang und Druck hin kreativ und willig würde. Da könnten sie was nachholen.
    Zeigt sich auch beim Thema (Kinder-)Grundsicherung/BGE. Würden sie das BGE in der gesamten Gesellschaft umsetzen, wäre viel erreicht: Erneuerungskapazitäten, Ideenwettbewerb, Motivation, keine Angst mehr.
    Diese Angst lähmt. z. B. Arbeitsplatzverlust.

  10. 121.

    Herr Habeck setzt auf Wärmepumpen und die Abhängigkeit von China,Indien.. wächst.

    Beim BRICS-Gipfel treffen sich aktuell Brasilien-Rußland-Indien-China-Südafrika....alles Fans der deutschen femininen Außenpolitik und der Energiewende weg von Fossil und Atomkraft zu Strom. Und alle lieben Deutschlands know how der Menschenrechte.

    Wir brauchen Technologieoffenheit dringender denn je....

  11. 120.

    Wäre schön, wenn Sie die Parteien hier erwähnen, welche eine aktuelle Technologieoffenheit blockieren!
    Danke

  12. 119.

    "Das Übel an der Wurzel ist doch die rasante Überbevölkerung der Erde. Das wird aber in der Öffentlichkeit nicht erwähnt, ist ja auch nicht Mainstraemgerecht."

    "mmer wieder wird behauptet, dass die wachsende Zahl der Menschen auf der Erde der Hauptgrund für die Klimakrise ist.
    Tatsächlich wächst die Bevölkerung aber vor allem dort, wo die Menschen pro Kopf besonders wenig klimaschädliches CO2 ausstoßen.
    Einen viel größeren Einfluss auf das Klima haben die Menschen in Ländern, in denen sehr viel konsumiert wird. Dort ist das Bevölkerungswachstum aber sehr gering."

  13. 118.

    Wer ist denn wir ? Der klägliche Rest von Deutschland ? Solange wie Indien, China und der Rest der Welt weiterhin Vollgas geben und auch noch forcieren, ist das ganze Klima- Getue hier nur moralische Selbst-Hypnose und trägt nichts messbares zu einer Verbesserung bei. Brennende Länder und Wälder, Krieg, gesprengte Staudämme, brennende Schiffe, und die anderen Sauereien, wie aktuell 80 Tonnen Kerosin ablassen, tragen ja nicht wirklich was zur Verbesserung bei. Wer mal in die Mülltonnen vor seiner Haustür schaut, weiß wie die hässliche Wirklichkeit in der Praxis ausschaut.

  14. 117.

    "Es ist nun mal eine Tatsache, dass für die Montage eines Lastenfahrrades keinerlei Wissen vorhanden sein muss, die Montage eines LKW aber schon eine Ausbildung voraus setzt. "

    Wenn Blinde von Farben reden. Der Fahrradmonteur ist ein Ausbildungsberuf mit 2, der Zweiradmechatroniker Fachrichtung Fahrradtechnik einer mit 3,5 Jahren Ausbildungszeit.

  15. 116.

    Einen ökologischen Fußabdruck von Null hinterlässt keiner, es sei denn er oder sie lebt auf einem fremden Planeten. Es geht darum, dass der ökologische Fußabdruck nicht größer als Eins ist. Eine Eins bedeutet, dass in einem Jahr genau soviel verbraucht wird, wie die Biosphäre in einem Jahr regeneriert.

    Wir leben seit Ausgust auf Pump.

  16. 115.

    Der Vergleich zur vorindustriellen Zeit ermöglicht den Vergleich der Luftzusammensetzung (z. B. CO2 und andere klimaerhitzende Gase) ohne Industrie und mit der Industrie.

    So kann man belegen, welche Spuren die Menschen-Industrie hinterlässt und berechnen, wie die Welt ohne sie aussähe, mit ihren eigenen Zyklen.

    Es geht dabei gar nicht um die Menge der Menschen.

  17. 114.

    "Welche Innovationen denn? Deutschland hat sich doch längst aus allen wirklich wichtigen Forschungsfeldern zurückgezogen. Die Innovationen finden genau so wie die Fertigung längst woanders statt. "

    Ich bedanke mich für die umgehende Bestätigung dessen was ich geschrieben habe. Allen voran hat die cDU, namentlich Altmaier, den Ausbau der EE verhindert. Die Kohlelobby hatte sich durchgesetzt. Zusätzlich haben wir uns von vermeintich billiger Energie aus Russland abhängig gemacht.

  18. 113.

    Wer hat bitte seit Boomer-Geburtsjahrgang gelebt, die Boomer oder die jetzt Jungen? Wer hat die Menschenwelt so eingerichtet, dass jeder Lebensbereich durchkapitalisiert ist und zumeist auf fossilen Energien fußt?

    Es wäre auch ganz anders gegangen. Nun müssen wir das Ruder eben genau dahingehend rumreißen.

  19. 112.

    Danke, aber blöd: Ohne meine Daten als Währung darf ich es ja gar nicht lesen.

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