Vor Klausur in Leipzig - Ex-Finanzsenator übt Fundamentalkritik an schwarz-roter Haushaltspolitik

Do 25.01.24 | 11:15 Uhr
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Archivbild:Matthias Kollatz am 14.01.2024.(Quelle:imago images/C.Ditsch)
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Vor der Klausurtagung der SPD-Abgeordnetenhausfraktion in Leipzig an diesem Wochenende wächst innerhalb der SPD die Kritik an der Haushaltspolitik von Koalition und Senat.

Der ehemalige Finanzsenator Matthias Kollatz und der SPD-Kreischef von Charlottenburg-Wilmersdorf Kiran Niroomand monieren, dass die Koalition, die für "eine seriöse, professionelle und verantwortungsvolle Politik stehen möchte", es an "Mut und Klarheit" fehlen lassen. "Zur Transparenz gegenüber den Menschen in unserer Stadt hätte es aber auch gehört, eine ehrliche Diskussion vor dem Beschluss des Haushalts zu führen."

Bekanntlich hatte das Abgeordnetenhaus im Dezember einen Haushalt beschlossen, in dem eine Finanzierungslücke von 1,75 Milliarden Euro in diesem Jahr klafft. Finanzsenator Stefan Evers (CDU) hatte daraufhin zu Beginn des Jahres in einem Rundschreiben alle Senatsverwaltungen aufgefordert, pauschal 5,9 Prozent ihres jeweiligen Etats einzusparen. Mehrere SPD-geführte Senatsverwaltungen haben bereits Widerstand gegen diese Vorgabe angekündigt. In Mitte protestieren seit Wochen Träger von Jugendeinrichtungen gegen ihre drohende Schließung.

In einer gemeinsamen, schriftlichen Erklärung betonen Kollatz und Niroomand, dass es trotz der Sparzwänge nicht um die Wiederholung der Sparpolitik der 2000er Jahre gehen könne. Einen sozialen Kahlschlag dürfe es nicht geben. Gleichzeitig fordern sie, dass es nach dem drastischen Anstieg der staatlichen Ausgaben in der Corona-Pandemie wieder eine Normalisierung geben müssen. "Berlin darf nicht in eine finanzielle Schieflage geraten".

Staatlich eingerichteten Kreditfonds als Lösung?

Als Lösung setzen beide auf alternative Finanzierungsmodelle jenseits des Landeshaushalt. Dazu schlagen Kollatz und Niroomand einen staatlich eingerichteten Kreditfonds vor. Dieser wäre außerhalb des Haushalts angelegt.

Investoren könnten mit Geld aus diesem Nebenhaushalt in Maßnahmen und Projekte in den Bereichen Klimaschutz, Digitalisierung, Mobilität investieren. Da es sich um Darlehen handele, würde Geld später zurückgezahlt. Durch den Kreditfonds könnte eine Nettoneuverschuldung des Landes vermieden werden, hoffen die Autoren.

Explizit schreiben Kollatz und Niroomand, wo nach Ihrer Auffassung Kürzungen vermieden werden müssten. Das sind der Sozialbereich, die Krankenhäuser, Wissenschaft, Bildung, der Wohnungsbau, die Mietenpolitik und der Sport. Auffällig an dieser Auflistung ist, dass damit vor allem SPD-geführte Verwaltungen von unmittelbaren Kürzungen ausgenommen wären.

Sendung: rbb24 Abendschau, 25.01.24, 19:30 Uhr

13 Kommentare

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  1. 13.

    "Mit privatem Wirtschaftskapital. Um ein Vielfaches. Sonst reicht es nicht."

    Latürnich. Einnahmen privatisieren, Ausgaben sozialisieren. Schön den Staat, also unsere Gesellschaft plündern. Sorry, ich bin kein FDP Wähler, ich kann noch klar denken.

    Bei Öffentlich-privaten Partnerschaften hat der Steuerzahler am Ende IMMER draufgezahlt. Ich empfehle die Dokumentation „Der geplünderte Staat“.

  2. 12.

    „Wenn wir heute nicht in den Bereichen Klimaschutz, Digitalisierung, Mobilität investieren“
    Sehr richtig. Deshalb kann man nicht alle (Rekord-)Einnahmen „aufessen“, man muss auch investieren. Schlau ist es besonders, wenn ein zig Milliardenhaushalt noch übertroffen werden kann und muss: Mit privatem Wirtschaftskapital. Um ein Vielfaches. Sonst reicht es nicht.

  3. 11.

    Es ist hochinteressant wenn sich MöchtegernVWLer und Rechtspopulisten über den Staatshaushalt der BRD auslassen.

    Da stimmt nämlich überhaupt nichts. Wenn wir heute nicht in den Bereichen Klimaschutz, Digitalisierung, Mobilität investieren werden es die folgenden Generation tausenmal teurer bezahlen müssen. Und nicht nur mit Geld. Sondern mit Lebensqualität und Gesundheit.

    Sie raten also dringend von ab weiter in die Materie einzusteigen? Logisch, sonst würden ihre Scharlatanerie und Milchmädchenrechnungen sofort auffallen.

  4. 10.

    Es gibt auch jede Menge Straftaten die nicht von Gerichten festgestellt werden.

  5. 9.

    Herr Merz hat zu keinem sozialen Kahlschlag aufgerufen. Das wirkt verleumderisch. Das Bürgergeld zielgenauer einzusetzen ist sogar Pflicht. 2/3 des Haushaltes ist für Soziales vorgesehen. Da ist von „Kahlschlag“ keine Rede. Aus meiner Sicht reichen 1/3 des Haushaltes auch aus.... um zu helfen statt die Wahlmöglichkeit Arbeit vs. Bürgergeld auszureizen. Denn diese Wahlmöglichkeit gibt es nicht und wäre sogar unsozial und unmoralisch.

    P.S. Straftaten sind dann welche, wenn es ein Gericht festgestellt hat. Und Gerichte sehen genau hin, was gesagt wurde oder ob es aus dem Zusammenhang gerissen wurde. Insofern ist Ihre Art und Weise, Missverständnisse zu provozieren, strafrelevant? Vor allem weil dies eine Lüge ist. Oder können Sie das belegen?

  6. 8.

    Ihr Denkansatz zu Schulden ist theoretisch einwandfrei und wäre wünschenswert. In der realen Politik geht es aber um Macht und um den möglichst langen Erhalt. Dazu macht man vor der Wahl Versprechungen, die dann finanziert werden müssen. Da aber die Steuereinnahmen diese Ausgaben nicht decken, macht man Schulden. Über die Tilgung müssen sich nachfolgende Generationen und Regierungen einen Kopf machen. Was machen die dann ? Die strecken und verlängern die Rückzahlung um Jahrzehnte, bis das Geld nichts mehr Wert ist ( keine Kaufkraft ), und bezahlen dann das ehemals gute Geld ( wertvoll ) mit schlechtem Geld (wertlos ) zurück. Wenn es ganz übel kommt, hat man noch die Währungsreform, nicht zu verwechseln mit einer Währungsunion. In diesem Fall beschließt der Staat per Gesetz, dass seine Schulden ungültig sind. Das ist vereinfacht das Procedere. Ich rate aber dringend davon ab, tiefer in die Materie einzusteigen, sei denn man mag üble Fakten.

  7. 7.

    Ich soll Fakten belegen? Merz will u.a. das Bürgergeld beschneiden. Wenn das kein "sozialer Kahlschlag“ ist, was dann?

    Mal abgesehen davon, dass das verfassungswidrig wäre. Und was den Vorwurf der Verleumdung betrifft wäre ich an ihrer Stelle sehr, sehr vorsichtig. Sie haben hier schon zu Straftaten aufgerufen.

  8. 6.

    Das wirkt verleumderisch. Belegen Sie dies. Oder müssen wir den Begriff „sozialer Kahlschlag“ klären?

  9. 5.

    "Wer will denn einen Kahlschlag? Keiner hat das behauptet."

    Fragen sie doch mal Lindner, Merz und die Rechtsextremen der AgD. Da werden sie geholfen.

  10. 4.

    „Einen sozialen Kahlschlag dürfe es nicht geben“
    Wer will denn einen Kahlschlag? Keiner hat das behauptet. Und wenn ein Ex-Finanzminister, der die aufgedeckten Sondervermögen befürwortet, einen Finanzminister im Amt kritisiert, der alles wieder geraderücken muss, dann stellt sich noch eine moralische Frage.

  11. 3.

    Schulden machen ist endlich und teuer. Wer spart, Schulden vermeidet und die Einnahmen klug investiert ist erfolgreicher.

  12. 2.

    Diese SPD Leute sind die Opposition in der Regierung und wollten "das weiter so" mit Links und Grün.

  13. 1.

    Der Senat zieht bzw hat sich schon aus der Finanzierung von Jugendfreizeiteinrichtungen zurückgezogen (Lichtenberg, Hohenschönhausen) und wie ich lese auch in Mitte....davon erfährt kaum jemand etwas...aber medienwirksam darüber reden wie Jugendgewalt und Kriminalität bekämpft werden können ...wie passt das zusammen? Zum Glück gibt's anscheinend noch Politiker(innen) denen zumindest auffällt wie absurd das Ganze ist....und dann immer zu Lasten derer die am meisten darauf angewiesen sind....

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