Einsatz bei Massenverfahren zu Fluggastrechten - Tests mit KI an Brandenburger Gerichten gestartet

Sa 15.06.24 | 10:28 Uhr
  9
Symbolbild: Stapel mit Gerichtsakten. (Quelle: dpa/Ulrich Baumgarten)
Audio: Antenne Brandenburg | 15.06.2024 | Luise Burkhardt | Bild: dpa/Ulrich Baumgarten

Justizministerin Susanne Hoffmann hat für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) an Gerichten ein Projekt mit einem Berliner Start-up auf den Weg gebracht. "Erste Tests mit einem KI-Prototypen lieferten bereits vielversprechende Ergebnisse und sind im Geschäftsbereich auf positive Resonanz gestoßen", sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur in Potsdam. Das KI-Modell soll noch 2024 erprobt werden, zunächst bei Massenverfahren zu Fluggastrechten. Außerdem beteiligt sich Brandenburg seit 2023 auch an einem KI-Projekt in Hessen zur künftigen Anwendung eines sogenannten Richterassistenztools.

Sprachmodell soll bei häufig wiederkehrenden Problemen helfen

Das eigene KI-Vorhaben des Justizministeriums basiert auf einem großen Sprachmodell, das es ermöglichen soll, auf gezielte Fragen zu häufig wiederkehrenden rechtlichen Problemen frei formulierte Antworten einschließlich einer Begründung zu erstellen. "Vereinfacht ausgedrückt soll eine Software geschaffen werden, die mittels KI Gerichtsentscheidungen durchsucht und in der Lage ist, unterschiedliche Auffassungen und Argumente einzelner Entscheidungen gegenüberzustellen und mit Fundstellen zu belegen", so die Ministerin. "Die eigene Entwicklung einer KI-Anwendung bietet den Vorteil, dass wir als Justiz die Daten bestimmen und uns auf die Ergebnisse eher verlassen können."

Justizministerin will eigenes KI-Projekt mit Start-up umsetzen. (Foto: dpa)
Bild: dpa

Probelauf bei Fluggastrechteverfahren

Sie sei überzeugt, dass KI als Schlüsseltechnologie künftig maßgeblich dazu beitragen könne, die Arbeit der Richterinnen und Richter zu erleichtern und die Entscheidungsprozesse zu verkürzen. "Wichtig ist, dass am Ende immer die Entscheidung des Richters steht", sagte Hoffmann. Das KI-Projekt solle noch vor Ablauf des Jahres 2024 in Fluggastrechteverfahren erprobt werden. Die Ministerin rechnet mit Kosten im unteren sechsstelligen Bereich. "Ich bin zuversichtlich, dass sich unsere Entwicklung mittelfristig über Fluggastrechteverfahren hinaus auch für andere Massenverfahren einsetzen lassen wird."

Bei Gerichten an den Standorten größerer Flughäfen landet eine Flut von Klagen gegen Airlines, so auch beim Amtsgericht Königs Wusterhausen, das für den Flughafen BER zuständig ist. Die Kunden verlangen unter anderem Entschädigungen für ausgefallene oder verspätete Flüge. 2023 gab es nach Angaben des Amtsgerichts Königs Wusterhausen rund 14.000 Flug- und Reiseklagen - doppelt so viele wie 2022.

Kooperation mit Hessen

Das in Hessen entwickelte KI-Projekt mit dem Namen "Frauke" wird in Brandenburg bislang noch nicht angewendet. Beide Länder hatten im November 2023 eine Zusammenarbeit vereinbart. Das Justizministerium in Potsdam hat nach eigenen Angaben für den Einsatz von KI-Anwendungen in den Haushaltsjahren 2023 und 2024 jeweils 200.000 Euro bereitgestellt.

Sendung: Antenne Brandenburg, 15.06.2024, 10:00 Uhr

9 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 9.

    Die KI wird uns noch eine totalüberwachte Welt bescheren, wie wir es uns nicht vorstellen können!

  2. 7.

    Nutzen bzw. suchen Sie sich bitte einen eigenen Nicknamen, Herr ...!

  3. 6.

    Die KI kann mich mal!Ich werde versuchen wieder analog zu leben - das ist wahre Freiheit, alles andere Überwachung + Zeitverschwendung!

  4. 4.

    Ich denk mir das so, dass die Software sehr schnell gerichtsakten und urteile durchsuchen kann, ob schon eine Rechtsprechung zu diesem Fall vorliegt und somit eine Klage abgewiesen oder über den Fall neu geurteilt werden muss. Gerade im Bereich der flugrechte gibt es ja internetagenturen, die gegen Entgelt noch so obskure Forderungen versuchen vor Gericht zu bringen. Bei Einzelfällen hingegen hätte ich so meine Bedenken, denn KI kann kaum auf subjektive tatatbestände eingehen.

  5. 3.

    Wenn es zu einem Problem zu viel Klagen gibt, muss man an die Ursache der Klagen ran...(Wer klagt schon gerne?)

  6. 2.

    Na warum soll denn der Kläger oder sein Rechtsanwalt das Programm nicht nutzen dürfen? Er muss die Nutzung halt genau wie jeder andere bezahlen.

  7. 1.

    Chancengleichheit für Klagende sehe ich da allerdings nicht, auch sie sollten das System nutzen können.
    "soll eine Software geschaffen werden, die mittels KI Gerichtsentscheidungen durchsucht und in der Lage ist, unterschiedliche Auffassungen und Argumente einzelner Entscheidungen gegenüberzustellen und mit Fundstellen zu belegen", so die Ministerin.
    "Die eigene Entwicklung einer KI-Anwendung bietet den Vorteil, dass wir als Justiz die Daten bestimmen"

Nächster Artikel