Flugverkehr - Wie Billigflieger und BER nach Corona wieder zusammenfinden wollen
Die sogenannten Low-Cost-Carrier wie Eurowings und Ryanair mussten ihr Geschäftsmodell irgendwie durch die Corona-Krise retten: nun kehren sie allmählich zur alten Größe zurück. Von Martin Küper
Die Zahl der Passagiere steigt zwar wieder, aber in deutlich langsameren Schritten als in manchen europäischen Nachbarländern: knapp sechs Millionen hat die Flughafengesellschaft von Jahresbeginn bis Ende April am BER gezählt, das ist verglichen mit dem Zahlen von 2022 ein Zuwachs um 1,2 Millionen, aber vor wenigen Jahren gab es in den ersten vier Monaten noch etwa elf Millionen An- und Abflüge von den damals zwei Berliner Flughäfen Schönefeld und Tegel. Mit dem neuen Flughafen kamen auch höhere Gebühren und gerade die knapp kalkulierenden Billiganbieter müssen nun neu rechnen.
Gebremstes Wachstum
Die irische Airline Ryanair zum Beispiel hat die Corona-Krise insgesamt gesehen zwar überwunden: Verglichen mit der Vor-Corona-Zeit, wird sie ihren Europa-Verkehr in diesem Sommer um 30 Prozent steigern, kündigte Ryanair-Chef Eddie Wilson jetzt an. Nur in einem Land sehen sich die Iren benachteiligt: es gebe "weiterhin keine Anreize für Airlines wie Ryanair oder Easyjet, in Deutschland zu wachsen", kritisierte Wilson bei der Vorstellung des Berliner Sommerflugplans.
Wie schon in den Jahren zuvor, beklagte er außer der Gebührenhöhe in Berlin die deutsche Steuerpraxis, die seine Airline gegenüber den nationalen Fluggesellschaften benachteilige. Für Berlin heißt das: 50 Ziele im Sommer, statt wie früher 61, dabei nun wieder Billund, Venedig und Banja Luka. Insgesamt ist man mit den Berlin-Kapazitäten damit immer noch etwa 25 Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau. Nicht nur Ryanair ist vorsichtig: Auch Konkurrent Easyjet hat sein altes Berlin-Engagement nicht wieder hochgefahren.
Die lange Debatte um die Flughafengebühren
Flughafensprecher Hannes Hönemann widerspricht der Kritik, dass man mit hohen Gebühren den Aufschwung bewusst ausbremsen würde: "Das ist nicht nur für Ryanair ein Thema, das betrifft alle Anbieter – wir verstehen das Problem, sind aber nicht in der Lage, es den Airlines angenehmer zu machen." Der Grund dafür: die Gebühren sind vereinbart mit den zuständigen Ministerien und ihre Höhe hängt auch damit zusammen, dass der BER aufgrund seiner teuren Vorgeschichte öffentlich subventioniert wird. Die EU musste dem zustimmen und die Bedingung dafür waren die Gebühren in der aktuellen Höhe. Dennoch würde der Flughafen alles dafür tun, auch die Billiganbieter zu unterstützen: je mehr Direktflüge vom BER zu internationalen Ferienzielen, umso besser auch für die Flughafenbilanz, so Hönemann.
Offensives Wachstum
Andere Airlines – andere Strategien: So kündigte die Lufthansa-Billigtochter Eurowings auf der Internationalen Tourismusbörse (ITB) Anfang März an, ihr Berlin-Angebot zum Frühjahr auf nun 30 Ziele zu verdoppeln. Eurowings-Chef Jens Bischof beklagte gegenüber der Berliner Morgenpost auch, dass Deutschland einer der teuersten Luftverkehrsstandorte der Welt sei, er aber dennoch vorsichtig optimistisch sei. Die Nachfrage sei weiterhin stabil.
Aber eine reine Billigairline könne man in diesen Zeiten nicht mehr sein: "Keine Airline kommt an höheren Ticketpreisen vorbei. Fliegen zum Taxipreis ist nicht mehr möglich." Knapp 40 Euro kostet nun das billigste Eurowings-Ticket, bei Ryanair beginnen die Berliner Preise bei rund 30 Euro. Diese Einstiegspreise lagen vor Corona um etwa zehn Euro niedriger. Was sich nicht geändert hat: je nach aktueller Nachfrage und zusätzlichen Leistungen wie Sitzkomfort und Gepäcktransport wird es sehr schnell dreistellig.
Kurz- statt langfristige Planungen
Für alle Airlines gilt: der Sommerflugplan macht den Unterschied. Hier entscheidet sich, wie profitabel das Gesamtjahr bilanziert wird, daher ist auch hier der Wettbewerb am größten. Doch Ryanair-Chef Wilson sieht den Wettbewerb an deutschen Flughäfen generell in Gefahr: "Es sind insgesamt erst wieder 80 Prozent der Flüge vor Corona am Markt. Das sind schlechte Nachrichten, denn je geringer das Angebot, desto weniger Wettbewerb, desto höhere Ticketpreise." Die Iren setzen zwar auch auf den Sommer, kündigten aber nun an, künftig auf Sicht zu fliegen und von Saison zu Saison entscheiden, wie es weitergeht mit ihrem Portfolio – auch in Berlin. Auch die Eurowings-Manager können sich nicht entspannen: das letzte Jahr beendeten sie mit tiefroten Zahlen und der Mutterkonzern Lufthansa wartet daher dringend auf eine Trendwende.
Flughafen setzt auf Zusammenarbeit
Für den Berlin-Brandenburger Flughafen kommt es nun darauf an, in den ersten Jahren nach dem Neustart die etwa gleichverteilte Mischung aus Linien- und Lowcost-Flügen an ihrem Airport weiterzuentwickeln: "Wir haben nicht vor, dass in irgendeiner Weise zu verändern", so Flughafensprecher Hönemann. Im Vergleich zu anderen großen Flughäfen seien die Lowcost-Airlines in Berlin relativ stark vertreten und daher werde man weiter intensiv mit ihnen zusammenarbeiten, um im Ergebnis immer mehr Flüge anbieten zu können: "Zur Hauptstadtregion kann man eben nur über den BER fliegen."
Sendung: rbb24 Abendschau, 25.04.2023, 19:30 Uhr