Neuer Lokführerstreik - Bahn scheitert mit Eilantrag gegen Streik - Arbeitskampf im Güterverkehr angelaufen

Mo 11.03.24 | 21:44 Uhr
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Archivbild:07.03.2024, Berlin, Deutschland, Europa - Zugreisende stehen an einem Bahnsteig.(Quelle:picture alliance/O.Schülke)
Audio: Fritz | 11.03.2024 | Nachrichten | Bild: picture alliance/O.Schülke

Der Tarifkonflikt bei der Bahn mündet in einem weiteren Streik, der im Personenverkehr von Dienstagfrüh bis Mittwochfrüh andauern soll. Ein Eilantrag der Bahn dagegen scheiterte. Die Berliner S-Bahn bietet einen "Streikfahrplan" an.

  • Lokführer streiken im Personenverkehr von Dienstag- bis Mittwochfrüh, Güterverkehr seit Montagabend betroffen
  • Bahn scheitert vor Gericht mit Eilantrag gegen Streik, will aber in Berufung gehen
  • S-Bahn veröffentlicht Notfahrplan
  • BVG ist nicht betroffen, rechnet aber mit volleren Fahrzeugen

Der bundesweite Lokführerstreik im Fern- und Nahverkehr der Deutschen Bahn (DB) kann wie geplant in der Nacht zu Dienstag beginnen. Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat am Montag den Antrag der Bahn gegen den Streik zurückgewiesen. Die Bahn kündigte allerdings an, in Berufung zu gehen.

Aufgerufen zu dem Streik hat die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL). Der Personenverkehr soll von Dienstag, 2 Uhr bis Mittwoch, 2 Uhr bestreikt werden. Im Güterverkehr hat bereits am Montag um 18 Uhr ein 24-stündiger Ausstand begonnen. "Die Cargobetriebe werden seither flächendeckend bestreikt", sagte ein Bahnsprecher.

Bahn kündigt Berufung an

Die Deutsche Bahn hatte den Eilantrag eingereicht, weil sie den Ausstand für unverhältnismäßig hält. Begründet wurde das unter anderem mit dem kurzen Vorlauf für den Streik. Vom Arbeitsgericht in Frankfurt am Main hieß es nun, der Ausstand sei nicht unverhältnismäßig.

Die Bahn will nun beim Hessischen Landesarbeitsgericht in Berufung gehen. "Die Streikankündigung ist viel zu kurzfristig. Zudem gibt es rechtswidrige Forderungen", sagte Florian Weh, Hauptgeschäftsführer des Bahn-Arbeitgeberverbands AGV Move, am Montagabend. Wann die Entscheidung im Berufungsverfahren fällt, ist laut Bahn nicht absehbar. Daher wird das Unternehmen am Dienstag nur einen Notfahrplan anbieten.

Ein Vermittlungsversuch des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main blieb ergebnislos. Trotz der Moderation des Gerichts konnten sich die Parteien am Montagabend nicht auf einen offiziellen Wiedereinstieg in Verhandlungen einigen.

Die Deutsche Bahn hatte zuvor ein Ultimatum der GDL verstreichen lassen, ein neues Angebot schriftlich vorzulegen. Die Gewerkschaft hatte das bis Sonntagabend um 18 Uhr verlangt. Stattdessen hatte die Bahn erklärt, die Gespräche am Montag am Verhandlungstisch fortsetzen zu wollen, ohne vorher etwas schriftlich zu fixieren. Alternativ erklärte sich der Konzern bereit, in eine formale Schlichtung einzutreten.

BVG und Odeg nur indirekt vom Streik betroffen

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) sind von dem Streik erneut nicht direkt betroffen. Man müsse allerdings so wie während der jüngsten Bahnstreiks wieder mit volleren U-Bahnen, Trams und Bussen rechnen, teilten die Verkehrsbetriebe auf X mit.

Von der Ostdeutschen Eisenbahn GmbH (Odeg) hieß es am Montag, dass sie so wie zuletzt von den GDL-Streiks nicht betroffen sein wird. Gleichwohl könne es zu Störungen und Unregelmäßigkeiten kommen, betont das Unternehmen auf seiner Internetseite [odeg.de].

Bahn arbeitet an "Grundangebot"

Sowohl die Deutsche Bahn als auch die Berliner S-Bahn wollen "Grundangebote" aufrechterhalten. "Das Grundangebot wird schrittweise in der Fahrplanauskunft auf bahn.de und im DB Navigator veröffentlicht. Darüber hinaus hat die DB eine kostenlose Sonderhotline unter 08000 99 66 33 eingerichtet", teilte die Bahn auf ihrer Internetseite [bahn.de] mit.

Fahrgäste, die bis einschließlich Sonntag ein Ticket für eine Reise am Dienstag gekauft haben, können ihr Ticket zu einem späteren Zeitpunkt nutzen, wie die Bahn mitteilt. Die Zugbindung sei aufgehoben. Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden. Zudem könnten Fahrgäste im Fernverkehr "im Rahmen einer Sonderkulanz" ihre Reise vorverlegen und bereits an diesem Montag früher fahren.

S-Bahn veröffentlicht Streikfahrplan

Die Berliner S-Bahn muss ihr Angebot ab Dienstagmorgen stark einschränken. Sie hat am Montagmittag auf ihrer Internetseite [sbahn.berlin] einen Notfahrplan vorgestellt. Demzufolge entfallen von Dienstag ab 2 Uhr bis Mittwoch 2 Uhr folgende Linien komplett: S26, S41, S42, S45, S47, S7, S75, S8 und S85.

Auf folgenden Linien gibt es einen Streikfahrplan:

S1 Birkenwerder – Nordbahnhof (60-Min-Takt)
S2 Bernau – Anhalter Bahnhof (60-Min-Takt)
S25 Hennigsdorf – Nordbahnhof (60-Min-Takt)
S3 Erkner – Ostbahnhof (60-Min-Takt)
S46 Königs Wusterhausen – Bundesplatz (60-Min-Takt)
S5 Strausberg Nord – Ostbahnhof (40-Min-Takt)
S9 Friedrichstraße – Schöneweide – Flughafen BER (20-Min-Takt)

Der planmäßige Bus-Ersatzverkehr fährt auch während des Streiks, also Bus S1X: Birkenwerder – Oranienburg sowie Bus S1A: Birkenwerder – Oranienburg.

Zusätzlich soll auf folgenden Strecken ein Bus-Ersatzverkehr angeboten werden:

Bus S25: Teltow Stadt – Lichterfelde Ost (10-Minuten-Takt)
Bus S2: Südkreuz – Blankenfelde (10-Minuten-Takt)

Karte Streik Fahrplan S-Bahn Berlin.(Quelle:S-Bahn Berlin)

Bundesregierung ruft zu Kompromiss auf

Unterdessen will sich die Bundesregierung auch weiterhin nicht in den Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn einmischen. Das sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin. Die Streiks beträfen aber sehr viele Menschen, was beide Seiten im Blick behalten müssten. Es sollte bald eine Lösung geben. Dies sei aber ein reiner Appell. Die Bundesregierung plane nicht, das Streikrecht einzuschränken, auch nicht in bestimmten, besonders wichtigen Bereichen.

Ein Sprecher des FDP-geführten Verkehrsministeriums sagte, der Appell richte sich insbesondere an die Lokführergewerkschaft GDL. Sie müsse an den Verhandlungstisch zurückkehren. Nötig sei ein förmliches Schlichtungsverfahren. Die GDL überspanne den Bogen.

Am Sonntag hatte sich der Tarifkonflikt bei der Bahn erneut zugespitzt. Während die Bahn forderte, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, erklärte GDL-Chef Claus Weselsky, anstatt ein verbessertes Angebot vorzulegen und darüber Lösungen im Rahmen von Tarifverhandlungen zu finden, werde weiter so getan, als ob die GDL nicht kompromissbereit sei. Das Verstreichen lassen der Frist führe "unweigerlich in den Arbeitskampf".

Bereits fünfter Streik der GDL

In der laufenden Tarifrunde streikte die GDL inzwischen bereits fünfmal, der fünfte Ausstand über 35 Stunden endete erst am Freitagmittag. In der vergangenen Woche war zuvor eine weitere Verhandlungsrunde gescheitert. In dieser hatten zwei Moderatoren - Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther und der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière (beide CDU) - einen Vorschlag für etwaige weitere Verhandlungen vorgelegt.

Die Bahn hatte die GDL anschließend zur Wiederaufnahme von Verhandlungen auf Basis des Moderatorenvorschlags aufgefordert. Die Gewerkschaft lehnte dies allerdings ab und bezeichnete den Vorschlag als nicht annehmbar. Die Kernforderung der GDL in der Tarifauseinandersetzung mit der Bahn ist die schrittweise Einführung einer 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich.

Sendung: Fritz, 11.03.2024, 21:30 Uhr

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282 Kommentare

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  1. 282.

    Schade, dass ein ubertriebenes ego der GDL so viel zerstört. Der Zuspruch in der Bevölkerung schwindet. Ich finde den Einwand des Ehrenvorsitzenden von probahn nicht verkehrt, dass bei der Bahn durch gesetzliche Regelungen Bedingungen geschaffen werden, dass bei Streik knapp 50 % der Verbindungen erhalten bleiben müssen. So wie es derzeit läuft, geht es nicht mehr. Andersrum sollten wir alle mal überlegen, wie jeder entscheiden wurde, wenn die Wochenarbeitszeit 30 Stunden betragen und das Gehalt um 1000€ aufgestockt wird. Wer meckert dann über den Streik?

  2. 281.

    Tja, vielleicht war die alte Behördenbahn mit ihrem Gemeinwohlauftrag und verbeamteten Beschäftigten doch nicht so schlecht. Damals fuhren die Züge pünktlich und zuverlässig, die Technik funktionierte und wegen des Beamtenstatus gab es auch keine Streiks. Aber durch Privatisierung wird ja alles besser…

  3. 279.

    „Dieser Vorstand sollte ausgetauscht werden.“

    Vollkommen korrekt.
    Aber gleiches trifft auch auf Herrn Weselsky zu. Störrisch, arrogant, herrisch, beratungsresitent agiert er mit erpresserischen Methoden. Er agiert destruktiv, kompromissunfähig. Eine Minderheit der Bahnangestellten, die sich in der GdL organisiert hat, rennt ihm blind nach.
    Man kann nur hoffen, dass nach der Ära Weselsky jemand kommt, der mit Augenmaß agiert.

    Und ich weiß aus eigenem Erleben, dass viele, wenn nicht sogar eine Mehrheit der DB-Mitarbeiter, fassungslos über das Treiben Weselskys sind.

  4. 278.

    Früher bin ich mal gern Bahn gefahren. Aber nun wird der Laden von der GDL auseinandergenommen.
    Daher ist mein Fortbewegungsmittel der Zukunft ganz klar das Auto
    Tschüss Verkehrswende

  5. 277.

    Das gibt es doch nicht, das dieser machtbesessene Wiselsky immer und immer wieder damit durchkommt. Dieser Mensch will sich ein Denkmal setzen komme was wolle. Ich habe inzwischen null Verständnis für diese Streiks im Gegenteil wenn ich diesen " Menschen " sehe schwillt mir der Kamm. Um was es wirklich geht zählt doch schon lange nicht mehr

  6. 276.

    Das Automobil ist und bleibt eine der besten Erfindungen.

  7. 275.

    Betreibt nicht Herr W. eine Leiharbeitsfirma für Lokführer?
    (K)ein Schelm, der böses dabei denkt!

  8. 274.

    "Die Bahn will nun beim Hessischen Landesarbeitsgericht in Berufung gehen."

    Wird die DB wohl kaum so verkündet haben, denn das geht gar nicht. Gegen die Ablehnung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gibt es keine Berufung, sondern nur die Sofortige Beschwerde.

  9. 273.

    Weselsky muß seine Unfähigkeit, mit der DB zu verhandeln unf einzusehen, daß seine Forderungen unmöglich sind, nicht an den Kunden auslassen.

  10. 272.

    Wie geht dieses doch zu erwartende Urteil mit Geiselhaft und sonstig komischen Aussagen zusammen? Wo blieb oder bleibt nur die Schnappatmung wenn andere Sparten gestreikt haben oder noch streiken?

  11. 271.

    Wie geht dieses doch zu erwartende Urteil mit Geiselhaft und sonstig komischen Aussagen zusammen? Wo blieb oder bleibt nur die Schnappatmung wenn andere Sparten gestreikt haben oder noch streiken?

  12. 269.

    Wenn es ein produzierender Betrieb wäre, würde ich sagen: Streikt bis der Laden pleite ist, vielleicht seid ihr ja dann zufrieden, wenn die Aufträge von der Konkurrenz im Ausland übernommen werden und ihr arbeitslos seid.

  13. 268.

    Wäre mal spannend, ob die Streikenden zu Hause sitzen oder sich am Arbeitsplatz befinden. ;-)
    Wenn wir hier irgendwann Umstände wie in Frankreich haben, wird es spaßig. Denn dann gibts auch genügend Menschen die ihren Unmut gegenüber den Streikenden mit körperlicher Gewalt Luft machen oder einfach die Züge beschädigen - wirklich erstrebenswert mit Vorbildfunktion :-D

  14. 267.

    Sehr trocken, staubig die Gesetzeslage, wenn dabei unschuldige Bürger dadurch finanzielle Verluste haben, die sogar die Wirtschaft hinnehmen muss.
    Der Glaube an Gerechtigkeit, der fließt mit den Fluss Main dahin, in Deutschland.

  15. 266.

    Die Begründung ist ganz einfach… der Streik ist nicht unverhältnismäßig.
    22 Std. Bzw. 30 Std. Dies vorher anzukündigen ist nicht zu kurz.
    Was zu kurz wäre, wurde nicht gesagt und war auch nicht Gegenstand der Klage.
    Ein Gericht urteilt immer nur über die Sachen die angegriffen werden und nicht darüber hinaus.

  16. 265.

    Ich kündige mein Abo der Bahncard wieder. Danke an den Vorstand der Bahn.

  17. 264.

    Die Gefahr besteht bei den Urteil vom Arbeitsgericht das Nachahmer folgen bei einen anderen Streik - Berufszweig. Was machen dann die Richter? Das Vertrauen zum Arbeitsgericht dürfte seitens der Bürger gestört sein, die mit dem GDL Streik nichts zu tun haben.
    Dann könnte jeder walten wie er gerade möchte und andere Bürger behindern.

  18. 263.

    Soll doch bitte der Vorstand, der Aufsichtsrat und das höhere Mgmt bitte auf ihre Boni in Millionenhöhe Abstriche machen, dann kann man auch die arbeitende Gesellschaft angemessen entlohnen.
    Bitte erstreikt euch euer Recht auf eine angemessene Vergütung. Wir stehen alle hinter euch!!!

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