Konzertkritik | Janet Jackson in der Uber Arena - Hollywood-Show mit Fernsehgarten-Playback

Mi 09.10.24 | 08:07 Uhr | Von Bruno Dietel
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Archivbild: Janet Jackson am 20.11.2019 in Honolulu. (Quelle: Picture Allliance/Erik Kabik Photography/MediaPun)
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Audio: rbb24 Inforadio | 09.10.2024 | Bruno Dietel | Bild: Picture Allliance/Erik Kabik Photography/ MediaPun

Sie ist das jüngste Kind der Jackson-Dynastie und mit mehr als 160 Millionen verkauften Platten ein Weltstar – Janet Jackson war nach vielen Jahren mal wieder in Berlin. Bruno Dietel hat eine visuell beeindruckende, aber musikalisch enttäuschende Show erlebt.

13 Jahre ist es her, dass Janet Jackson zuletzt in Berlin war. Damals hat sie vergleichsweise intim im Tempodrom am Anhalter Bahnhof gespielt, jetzt sollte es die größte Halle Berlins werden, die Arena am Ostbahnhof. Jackson will es wissen, Auftakt für die gerade laufende "Together Again"-Welttournee war schließlich im vergangenen Jahr in Hollywood, da dürfen auch die europäischen Konzerte ruhig mal etwas größer und pompöser werden.

Wyclef Jean als ehrgeiziger Anheizer

Voll ist die Arena allerdings nicht, wie auch schon die anderen Deutschland-Termine ist die Berlin-Show von Janet Jackson nicht ausverkauft, die Oberränge sind abgehängt. Im Innenraum sind Stühle aufgestellt, denn die Fans der 58-jährigen Pop-Ikone aus dem wohl erfolgreichsten Musik-Clan der Welt sind eben auch nicht mehr Mitte 20, auch wenn dieser Abend für sie natürlich einen Flashback in die Jugend der 90er-Jahre bedeutet.

Schon der Anheizer ist selbst ein Star, Wyclef Jean von den Fugees – nachdem er seinen Job äußerst produktiv durchgezogen hat, wummern House-Beats durch die Halle. Das wird sich auch kaum mehr ändern: Der ganze Abend gleicht bis auf wenige Balladen, Outfitwechsel und Umbauten zum Durchatmen eigentlich einem durchproduzierten, fertig gemixten DJ-Set, Uptempo-Funk-Songs und eher langsamere R&B-Hits von Janet Jackson werden zu einem.

1:50 Stunden Janet Jackson-Workout

Janet Jackson erscheint hinter einem silbernen Vorhang, sie trägt einen wallenden, bodenlangen grauen Mantel, darunter einen ebenso grauen Trenchcoat. Sind alle bereit für den Jackson-Workout? Körperlich wird es einer, sowohl für die 58-Jährige selbst als auch für ihre vier (alle männlichen) Tänzer. Für die überragende Band, die bis auf wenige Songs hinter den LED-Wänden und Kulissen versteckt bleibt, ist es sowieso eine schweißtreibende Nummer.

Rein optisch ist dieses Janet Jackson-Konzert eine grandiose Popshow – Jackson mit einer beeindruckenden Kondition, mit drahtigen, zwischendurch oberkörperfreien Tänzern. Ein silberner Paillettenanzug, ein weißes Tüllkleid, eine graue Uniform mit goldenem Baseballschläger oder ein schwarzer Lackmantel – zu jedem der vier Show-Akte taucht Janet Jackson mit neuem Outfit auf. Wenn das eine Probe für ihre Vegas-Shows sein soll, die ab Dezember spielt, dann ist diese zumindest in Sachen Dynamik und Aussehen gelungen.

Voll-Playback ganz ungeniert

"Das ist doch Playback, oder?" fragt ein Mann in der Reihe hinter mir schon bei einem der ersten Songs und leider muss ich ihm Recht geben. Janet Jackson war ganz im Gegensatz zu ihrem Bruder Michael nie für ihre außergewöhnliche und durchdringende Stimmgewalt bekannt, aber was sie in Berlin abliefert, ist mindestens eine Enttäuschung: Ständig fingert sie an ihrem Headset rum, als ob sie es zum ersten Mal tragen würde. Zeitweise setzt sie bis auf leises Hauchen ganz mit dem Singen aus, überlässt das dann dem Publikum, allerdings auch bei Songs, die höchstens ein Drittel der Halle textsicher kennt.

Heiserkeit und Thermoskanne

Sie hustet zwischendurch mehrfach in ein Handtuch, ist hörbar heiser, bekommt sogar eine Thermoskanne auf die Bühne gebracht – vielleicht ja mit typisch deutschem Husten-Bronchial-Tee? Zu wünschen wäre es ihr, denn einige der insgesamt vier Teile der Show bestreitet sie bis auf die wenigen unpersönlichen Ansagen ("Berlin, I Love You!") ausschließlich Playback. Das hat etwas von Fernsehgarten in Friedrichshain. Und obendrauf ist auch noch der Hallensound mies und lässt Gesang und die eigentlich sehr tighte Band zu einem lauten Brei werden.

Eine Show, der sie selbst nicht mehr gewachsen scheint

51 ihrer 58 Lebensjahre steht Janet Jackson schon auf der Bühne, sie kennt es eigentlich nicht anders. Die Show in Berlin ist ein Dauerfeuer aus Hits, genügend Repertoire dafür hat sie mit insgesamt elf Alben. So ein durchchoreografiertes Dauerfeuer bedeutet aber auch, dass man sich auf der Bühne keinerlei Schwäche erlauben darf. Und die merkt man Janet Jackson eben an – das unbarmherzige Timing ihrer eigenen Show baut einen Druck auf, dem Janet Jackson offenbar selbst nicht mehr immer standhalten kann.

Sendung: rbb24 Inforadio, 09.10.2024, 6:55 Uhr

Beitrag von Bruno Dietel

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17 Kommentare

  1. 17.

    >"Ein bisschen weniger geht dann auch, und die Show können andere drumherum abziehen, damit die Sänger sich auf das Singen konzentrieren können."
    Das wäre natürlich ideal. Das haben und machen viele Altstars ja auch. Die stehen theatralisch da und singen perfekt live. Andere drumherum machen die Show. Das hat Cher in ihren Showtagen gemacht. Selbst Tina Turna in ihren Spättagen tanzte nur verhalten meist über die Bühne, während andere drumherum so richtig nutbush city limit abrockten. Selbst nicht mehr so gymnastische Schlagerstars wie Adrea Berg oder Roland Kaiser singen live und stehen dabei für sich als Star. Die Show drumherum machen andere. Und das Publikum feiert ab. Letztendlich geht es um die Musik und den Star. Die müssen nicht wie in ihren Musikvideos ständig über das Parkett zucken und hampeln. Helene Fischer schafft das, was sie heute durch das Stadion spurtet mit Livegesang in 20 Jahre auch nicht mehr. In 20 Jahren ist sie die Andea Berg von heute.

  2. 16.

    Was ein Quatsch,der Sound in der Halle war gut wie selten und die Tänze waren der Hammer.Wir waren rund um begeistert

  3. 15.

    Ich weiß ja nicht, auf welchen Konzert Sie waren, Bruno Dietel, aber da war nix mit Playback...und für ein enttäuschendes Publikum, dass keine Texte kann, lieber die ganze Zeit Getränke holt, um sie anschließend wieder zum WC zu bringen oder Selfie-Videos für Instagram filmt, kann eine Janet Jackson ja nix. Außerden hat sie 1x etwas getrunken...Husten? ...wie gesagt...Ihr Text kommt mir vor wie von eine Kopie einer Kritik des Kölner Konzert ;)...wie auch immer...ich fand's super...auch Wyclef Jean...zum Glück sprechen die kein Deutsch und lesen die Kritiken.

  4. 14.

    Ich fand am Schlimmsten, dass das sogenannte „Upgrade“ der Sitzplätze derart scheiße war. Ich habe mir beim Plätze bestellen im Oberrang schon etwas gedacht. Nun saßen wir im Unterrang mit einer grottenschlechten Sicht. Der Sound war zu laut und übersteuert. Die Stimme von Janet hat man kaum wahrgenommen. Ich war schon oft in der jetzigen Uber Arena aber das war leider mehr als enttäuschend. Schade für so eine tolle Künstlerin.

  5. 13.

    Was quatschen Sie denn da? Das Konzert war Hammer und jeder war begeistert und hat mitgetanzt. Was ein hater Sie doch sind. Lächerlich.

  6. 12.

    Ja, was erwartet man denn? Dass eine Frau im Alter kurz vor 60 Jahren noch genauso klingt wie in den 80er oder frühen 90er Jahren? Wenn Sie dann noch offensichtlich erkältet war, ist Playback wohl die Lösung der Wahl gewesen, wenn auch sicherlich nicht ideal.

  7. 11.

    Ja, ist schon klar, aber dann kann man eben keine Show abziehen. Ein bisschen weniger geht dann auch, und die Show können andere drumherum abziehen, damit die Sänger sich auf das Singen konzentrieren können.

  8. 10.

    >"aber die Leute gehen halt lieber zweimal zu Helene Fischer, als einmal zu einem wirklich Superstar."
    Sie sind ja lustig... richtig gute Plätze zum Schauen bei Helene Fischer sind locker doppelt so teuer wie bei Janet Jackson. Wer zwei Mal zu Helene geht, muss es aber richtig dicke in der Tasche haben.

  9. 9.

    Da müssen wir gestern auf einem anderen Konzert gewesen sein. Wir hatten nach dem wirklich enttäuschenden Auftritt im Tempodrom 2013 nicht viel erwartet, aber waren wirklich hellauf begeistert. Eine absolut tolle visuelle Show, exzellente Tänzer, eine Hammerband und ein fitte Janet, die wie vor 30 Jahren tanzte und herumwirbelte.
    Dass das Konzert ein Vollplayback war kann ich auch nicht bestätigen, aber sehr typisch für Deutschland, dass alles in den Dreck gezogen wird. Wir haben uns sehr, sehr gut unterhalten gefühlt und alle Menschen um uns herum ebenso. In der Tat war es Schade, dass die Halle nicht voll war, aber die Leute gehen halt lieber zweimal zu Helene Fischer, als einmal zu einem wirklich Superstar. Wyclef Jean hingegen sang wie im Bierzelt, eine gruselige Mischung an Songs, er muss zudem tief gefallen sein, wenn er nur noch als Opener taugt.

  10. 8.

    "Ironie an" Ich dachte Sie waren auf einem Konzert in dem live gesungen wird, aber da Sie ihre Show so super fanden, wäre vielleicht Cirque du Soleil etwas für Sie. Die bieten auch eine tolle Show und da ertönt auch Musik. :)

  11. 7.

    >"Und wenn die das nicht können sollten sie sich einen anderen Job suchen."
    Singen können die schon ganz gut, Janet Jackson zumindest ja. ABER: die meisten Popsänger können nur im Studio gut singen ohne sich zu bewegen vorm Studiomikrofon. Bei der Bühnenshow hängt es dann sehr von der Kondition ab, ob man richtig gut live singt und sich dann noch zackig 2 Stunden lang wie im Sportstudio dabei tanzend bewegt. Die meisten können eben nur eins von beiden jeweils für sich ganz gut. Mit Ende 50 lässt die Kondition natürgemäß nach, dass die Luft eben nicht mehr fürs Livesingen reicht, wenn gleichzeitig noch sportlich getanzt wird.

  12. 6.

    "Die Band blieb, bis auf wenige Ausnahmen hinter den Kulissen versteckt ". Also die, die Musik (Tonkunst) machen und verkaufen, versteckt man. Traurig. Aber ernsthaft, wer zu diesen "Pop-Schnuckis" geht, erwartet doch bestimmt nicht qualitativ hochwertige Musik. Ob live gespielt oder nicht. Die gehen doch bestimmt wegen der Show als ganzes hin.

  13. 5.

    Ich war gestern auf dem Konzert und ich kann Ihnen versichern, dass sie mit ihren 58 Jahren eine tolle Show abgeliefert hat.
    Die Atmosphäre war von Anfang bis Ende Jackson pur.
    Der Tanz, der Gesang, die Kostüme und die Lichteffekte waren fantastisch und super modern.

    Ich stimme nicht mit Ihnen zu , Sie hat nicht viel Playback gesungen.
    Ich habe sie nicht ein einziges Mal husten gesehen, aber ich habe gesehen, dass sie aus ihrem Thermostat getrunken hat, na und?

  14. 4.

    Als gestern Wyclef Jean seinen duften Auftritt beendet hatte und das Publikum beseelt zurück ließ, dachte ich noch, dass das ja ein klasse Konzertabend werden wird. Okay, Janet Jackson war nun nicht schlecht, aber auch ich hatte mir mehr Stimmgewalt von ihr versprochen. So sprang insgesamt auch nie der Funke wirklich auf die Hörerschaft über. Visuell aber gut gemacht, die Band fetzte auch passabel. Fazit: Gehört, gesehen, abgehakt.

  15. 3.

    „…ausschließlich Playback…“ und dann im gleichen Satz „…lässt Gesang zu einem ….lauten Brei werden“. Also was denn nun? Tatsächlich ‚Vollplayback ganz ungeniert’ oder doch live gesungen mit wie bei solchen Konzerten üblich auch in Teilen vom Band? Lieber Herr Journalist, Sie ‚schlagzeilen’ Ihren Artikel mit ‚Fernsehgarten-Garten‘-Playback, widersprechen sich aber bereits im gleichen Satz (und später). Sind Sie wirklich sicher, dass das alles Vollplayback war? Sie scheinen das nicht wirklich zu wissen. Im Zweifel für den Angeklagten. Ich war gestern bei dem Konzert dabei und bin mir sicher, dass das die meiste Zeit nicht Vollplayback war. Also was nun? Wirklich Fernsehgarten-Niveau?

  16. 2.

    Meiner Meinung nach dürfte es gar kein Vollplayback geben. Was soll dieser Quatsch? Diese Leute bezeichnen sich als Sänger, dann sollen sie gefälligst auch singen. Und wenn die das nicht können sollten sie sich einen anderen Job suchen.

  17. 1.

    Vollplayback hin oder her ('Grüße an Madonna'), aber ich bin mir nicht sicher ob der Mann hinter dem Mischpult 'Disaster Area' den Titel "Lauteste Rockband der Galaxy' streitig machen wollte, oder ob er schon mit The Who unterwegs war und dabei sein Gehör verlor.
    'Nigel, du musst den Verstärker nicht unbedingt auf '11' drehen'! #InsiderIronieOff.
    Wenn selbst Vollplayback-Parts komplett übersteuert und verzerrt die Ohren zum Bluten bringen läuft etwas furchtbar falsch.
    Schade, das wird weder der Künstlerin, noch der wirklich guten Band nicht gerecht.
    Hätte der gute Mann mal den Express gelesen, der schon beim Kölner Konzert von einem 'furchtbaren Soundbrei' zu berichten wusste.
    Aber vielleicht konnte er ja kein Deutsch.
    Ach ja, 30 Minuten Wyclif Jean als 'Support' sorgte für Gänsehaut pur.

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