Nach offenem Brief - Berliner Senat und Claudia Roth verteidigen Berlinale-Einladungen für AfD-Abgeordnete
Die viel kritisierten Einladungen für AfD-Politiker zur Berlinale-Eröffnung folgen offenbar einer geübten Praxis. Kulturstaatsministerin Claudia Roth und der Berliner Senat stärken der Festival-Leitung den Rücken und erklären Gründe für die Einladungen.
- Berlinale wurde für Einladungen zur Eröffnungsfeier AfD-Abgeordnete kritisiert
- Senat bezeichnet Einladungen an alle Fraktionen des Abgeordnetenhauses als jahrelang geübte Praxis
- Auch auf Bundesebene seien Einladung an Mitglieder des Kulturausschusses üblich, erklärt Kulturstaatsministerin Roth
In der Diskussion um Einladungen für Politiker der AfD zur Berlinale-Eröffnung hat der Berliner Senat seine übliche Einladungspraxis erklärt. Die Vergabe von Plätzen an alle Fraktionen sei eine "protokollarische Gepflogenheit", so eine Sprecherin. Auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth(Grüne) hat das Vorgehen der Festspielleitung verteidigt.
Die Kritik an den Einladungen geht zurück auf einen offenen Brief im Internet vom 2. Februar, der mittlerweile nicht mehr online zu finden ist. In dem unter anderem von mehr als 200 Kulturschaffenden getragenen Statement wurde die Einladung der Berliner AfD-Vorsitzenden Kristin Brinker und des Parlamentarischen Geschäftsführers der AfD Ronald Gläser kritisiert. Jene werden als Beispiel genannt für "das feindselige und heuchlerische Umfeld, mit dem Kunst und Kultur in Deutschland konfrontiert sind". Das Bundesamt für Verfassungsschutz behandelt die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall.
Berliner Senat vergibt Einladungen an alle Fraktionen des Abgeordnetenhauses
Die beiden Berliner AfD-Politiker Kristin Brinker und Ronald Gläser sind aufgrund ihrer Funktionen innerhalb ihrer Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus zur Berlinale eingeladen worden. Die Leiterin der Berlinale, Mariëtte Rissenbeek, hatte bereits am Wochenende erklärt, dass vom Veranstalter unter anderem Einladungen an den Berliner Senat verteilt würden, der sie an alle Fraktionen im Abgeordnetenhaus weiter gebe. So seien die Einladungen für Brinker und Gläser zustande gekommen.
Eine Sprecherin der Berliner Senatskanzlei bestätigte das auf rbb-Anfrage am Montag und sagte, die Einladungspraxis entspräche "protokollarischen Gepflogenheiten". In diesem Jahr konnten 100 Plätze für die Eröffnungsfeier über das Landeskontingent belegt werden, dabei sei der Gleichbehandlungsgrundsatz eine jahrelang geübte Praxis, so die Sprecherin. Aus dem Abgeordnetenhaus würden üblicherweise die Präsidentin und die Vizepräsidenten, die Fraktionsvorsitzenden (Brinker im Falle der AfD) und die kultur- und medienpolitischen Sprecher der Fraktionen (Gläser im Falle der AfD) eingeladen. Die Namensliste für das Gästekontingent des Landes Berlin erstellt das Protokoll der Senatskanzlei, die Berlinale versendet anschließend nur die Einladungen.
AfD-Abgeordnete müssten mit Gegenwind rechnen
Auch die Kulturstaatsministerin Roth stärkte der Festivalleitung den Rücken und begründete, warum neben den beiden Berliner AfD-Politikern weitere AfD-Abgeordnete zur Berlinale eingeladen würden: "Für die Eröffnung der auch mit erheblichen Bundesmitteln ermöglichten Berlinale wurden auf unseren Vorschlag hin auch die Mitglieder des fachpolitisch zuständigen Kulturausschusses des Deutschen Bundestages eingeladen", sagte ein Sprecher Roths am Montag in einer Reaktion. "Das entspricht der demokratischen Praxis und dem Respekt der Bundesregierung vor dem Parlament und seinen gewählten Abgeordneten." Im Kulturausschuss des Bundestags sitzen zwei ordentliche AfD Mitglieder.
Roths Sprecher betonte zudem das "große Bedauern" der Grünen-Politikerin, dass die AfD im Bundestag vertreten sei. "Antidemokratische, rechtsstaatsfeindliche und rassistische politische Kräfte haben aus Sicht von Claudia Roth nichts im Deutschen Bundestag verloren." Roth werde sich weiterhin "mit großer Entschiedenheit gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und jede Form von Menschenfeindlichkeit sowie für ein vielfältiges, offenes und demokratisches Gesellschaftsmodell einsetzen".
Die Berlinale und ihr Programm zeigten ein weltoffenes und von Vielfalt geprägtes Deutschland, so der Sprecher. "Die Berlinale steht für die Freiheit der Kunst sowie für den Einsatz gegen Rassismus, Ausgrenzung und Diskriminierung." Das werde Roth auch immer unterstützen, schützen und verteidigen. "Dafür sollten sich und dafür werden sich auch bestimmt die überwältigende Mehrheit der eingeladenen Gäste einsetzen und werden alle zusammen genau dafür stehen."
Sollten AfD-Abgeordnete den Einladungen zur Berlinale-Eröffnung folgen, müssten sie es aushalten, "dass sie bei der Berlinale genau damit in aller Deutlichkeit konfrontiert werden. Ansonsten sollen sie wegbleiben", so Roths Sprecher.
Berlinale gegen Ausgrenzung und Diskriminierung
Das Filmfestival selbst äußerte sich in seinem Statement ähnlich: "Wir setzen uns gegen jede Form von Ausgrenzung und Diskriminierung ein und treten konsequent für die Werte einer weltoffenen und liberalen Demokratie ein." Weiter hieß es: "Menschen - auch Mandatsträger - die diesen grundlegenden Werten zuwiderhandeln, sind auf der Berlinale nicht willkommen." Dies werde man deutlich und nachdrücklich in persönlichen Schreiben an die AfD-Vertreter und auch bei anderen Gelegenheiten zum Ausdruck bringen.
Die Berlinale zählt neben Cannes und Venedig zu den großen Filmfestivals der Welt. Die nächste Ausgabe läuft vom 15. bis zum 25. Februar.
Sendung: rbb24 Abendschau, 05.02.2024, 19:30 Uhr
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