Drehort: Rathaus Schöneberg - Im Aschinger
Das Rathaus Schöneberg hat - wie es sich geziemt - einen ordentlichen Braukeller. In der Serie ist hier das "Aschinger" und damit quasi die Kantine des Polizeipräsidiums. Am Set musste nicht viel verändert werden. Nur das Geschirr mit Formenlogo fehlte.
Im Rathaus Schöneberg werden neben den Paternoster- und Polizeipräsidiumsszenen auch die Filmszenen gedreht, die bei Aschinger spielen. Der Siegeszug dieser Berliner Restaurantkette erinnert an ein modernes Märchen: Zwei nahezu mittellose Brüder aus der schwäbischen Provinz ziehen in die wachsende Reichshauptstadt. Dort erschaffen sie – quasi aus dem Nichts – ein gigantisches Gastronomieunternehmen.
Carl und August Aschinger, der eine Koch, der andere Kellner, eröffnen 1892 ihr erstes Lokal, die Bierquelle in der Neuen Rossstraße 4. Wie in allen weiteren Filialen, die in kurzer Folge eröffnen, gibt es hier Bier und belegte Brötchen zu einem Einheitspreis von 10 Pfennigen. Nach und nach kommen weitere Speisen hinzu, nun stehen auch Erbsensuppe und Würstchen, Eier im Glas und saure Heringe auf der Speisekarte – alles zu günstigen Preisen und in gleichbleibend hoher Qualität. Berühmt sind die Aschingerlokale für den immer bereitstehenden Schrippenkorb, aus dem sich jeder Gast bedienen kann.
Schnell und billig bei Aschinger essen
Das Angebot der Bierquellen richtet sich vor allem an das wachsende Heer der großstädtischen Angestellten: Frauen und Männer, die viel arbeiten und wenig Zeit und Geld für Essen zur Verfügung haben. Denn hier kann jeder schnell und preiswert satt werden. Dennoch ist das Ambiente gediegen, das Angebot an kalten Speisen ist appetitlich hinter Glasvitrinen aufgebaut, die Kellner tragen Uniform.
Um 1910 besitzt das expandierende Unternehmen rund 30 Bierquellen und 12 Konditoreien. Hinzu kommen in den folgenden Jahren auch Edellokale und Hotels. Der Aschingerkonzern unterhält außerdem große Lebensmittelfabrikationen an der Saarbrücker Straße, in denen die angebotenen Speisen und Zutaten zentral produziert oder vorproduziert werden: unter anderem eine Großbäckerei, Wurstfabriken, eine Speiseeisfabrik und eine Mineralwasserfabrik. 1938 übernimmt Aschinger den konkurrierenden Gastronomiekonzern Kempinski, den dessen jüdische Besitzer unter Zwang verkaufen müssen, und profitiert damit direkt von der Politik der Nationalsozialisten.
Sozusagen die Kantine der "Roten Burg"
Am Alexanderplatz liegt eine der bekanntesten Aschingerfilialen. Sie befindet sich zunächst im Gebäude des ehemaligen Königstädtischen Theaters, ab 1932 im neu erbauten Alexanderhaus. Glaubt man Volker Kutscher, dem Autor der Romanserie über den Kriminalkommissar Gereon Rath, so ernähren sich die Beschäftigten des Polizeipräsidiums am Alexanderplatz nahezu ausschließlich von Aschingerprodukten.
Gefilmt wird im Ratskeller des Rathauses Schöneberg. Der Saal des ehemaligen Weinkellers passt nahezu perfekt: Er ist groß, holzgetäfelt und dezent dekoriert. Für die Dreharbeiten decken die Szenenbildner lediglich passendes Geschirr mit dem Firmenlogo des Aschingerkonzerns ein. Charlotte Ritter und Greta treffen sich hier zum Mittagessen.
Kollisionsgefahr am Paternoster
Als die Schöneberger Stadtverordneten 1914 zum ersten Mal in ihrem gerade fertiggestellten Rathaus zusammenkommen, fehlen etliche, unter anderem der Oberbürgermeister Alexander Dominicus. Denn sie sind bereits zur Armee eingezogen, der Erste Weltkrieg hat begonnen, eine feierliche Einweihung des Rathauses gibt es unter diesen Umständen nicht. Nach dem Ersten Weltkrieg ist Schöneberg keine selbstständige Großstadt mehr, sondern ein Stadtbezirk Berlins, das Rathaus nur noch Amtssitz eines Bezirksbürgermeisters. Nach dem Zweiten Weltkrieg jedoch kommt es zu ungeahnten Ehren, denn es beherbergt nun das Westberliner Abgeordnetenhaus und ist Sitz der Westberliner Regierung. Im nach dem Krieg vereinfacht wieder aufgebauten Turm schlägt seit 1950 die Freiheitsglocke.
Das Schöneberger Rathaus ist, verglichen mit anderen Bauten des Kaiserreichs, verhältnismäßig einfach, fast schon modern gestaltet. In der Eingangshalle tragen zehn Pfeiler die umlaufende Galerie. Sie sind mit rotbraunen Keramikplatten verkleidet, dekorativ, aber schlicht. Hier werden die Filmszenen aufgenommen, die im Foyer des Polizeipräsidiums am Alexanderplatz spielen.
Eine Hauptrolle hat der Paternoster
Auch ein Paternoster darf im Film mitspielen. Die beiden Paternosteranlagen des Rathauses Schöneberg werden von der Firma Carl Flohr gebaut, einem Berliner Maschinenbauunternehmen, das unter anderem die Aufzüge im Berliner Schloss oder im Funkturm konstruiert. Bis 2017 darf im Rathaus Schöneberg jeder die Paternoster benutzen, seitdem allerdings stehen sie still. Denn immer wieder flammt die Debatte über ihre Betriebssicherheit auf. Mehrmals versucht der Gesetzgeber, sie zu verbieten. Auch hält sich hartnäckig das Gerücht, die Kabinen würden sich am jeweiligen Wendepunkt um 180 Grad drehen, und wer nicht rechtzeitig aussteige, müsse kopfüber weiterfahren.
In der Filmszene der Serie Babylon Berlin wird deutlich, dass die Benutzung eines Paternosters durchaus Aufmerksamkeit verlangt: Gereon Rath und Charlotte Ritter sind beim Aussteigen unvorsichtig und rennen ineinander.