Video soll Wildschwein zeigen - Kein einziger Hinweis auf Löwin - Entwarnung nach Suchaktion um Kleinmachnow

Fr 21.07.23 | 20:44 Uhr
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Vergleich der Rückenlinie eines Löwen mit der Aufnahme eines Tieres in Kleinmachnow (Quelle: Gemeinde Kleinmachnow / Urheber: José Maria Galàn/CyperTracker)
Audio: Radioeins | 21.07.2023 | Michael Ernst | Bild: Gemeinde Kleinmachnow / Urheber: José Maria Galàn/CyperTracker

Etwa 30 Stunden lang wurde in Berlin und Brandenburg nach einer Löwin gesucht, hunderte Polizisten waren im Einsatz. Am Freitag wurde Entwarnung gegeben. Das Tier sei höchstwahrscheinlich ein Wildschwein, sagen Experten.

Die Polizei hat auf der Suche nach einer mutmaßlichen Löwin Entwarnung gegeben. Sie stellt ihre Suche im Gebiet Kleinmachnow (Potsdam-Mittelmark) ein. Es gebe im geprüften Gebiet keine ernstzunehmenden Hinweise auf die Existenz einer Löwin oder eines anderen Raubtiers, sagte der Kleinmachnower Bürgermeister Michael Grubert (SPD) am Freitag: "Es gibt keine Löwin." Auch in den Warnapps wurde die Gefahreninformation aufgehoben.

Eine erneute Analyse des am Donnerstag viral gegangenen Sichtungsvideos durch zwei Experten hat demnach ergeben, dass es sich höchstwahrscheinlich um ein Wildschwein handelt - und nicht um ein Raubtier oder eine Löwin. Grubert legte auch einen Bilder-Vergleich vor.

Der Bürgermeister zeigte sich selbstkritisch und sagte der ARD: "Wir haben viel zu spät das Video gemeinsam ausgewertet."

Es bestehe daher "keine akute Gefährdungslage", sagte Grubert: "Alle Hinweise führten ins Leere." Weiter sagte der Bürgermeister: "Nach allem menschlichen Ermessen gehen wir davon aus, dass es keine Löwin ist." Daher sei die aktive Suche am Freitagmittag eingestellt worden.

Dies sei in Absprache mit der Polizei so entschieden worden, sagte der Bürgermeister weiter. Die Beamten blieben aber wachsam und seien bei Änderungen der Lage jederzeit imstande, in den Einsatz zurückzukehren. Auch die Behörden und die Polizei im benachbarten Berlin teilten diese Einschätzung, sagte er.

Der Einsatzleiter der Polizei für den Raum Kleinmachnow, Peter Foitzik, sagte, auch Meldungen von Bürgern hätten keine Hinweise auf ein Wildtier gegeben.

Grundsätzlich kann ein Löwe nicht einfach weg sein, auch so eine Löwin nicht

Wildtierexperte Derk Ehlert

Wildtierexperte skeptisch

Der Berliner Wildtierexperte Derk Ehlert war zuvor bereits skeptisch, dass es sich bei dem gesuchten Tier tatsächlich um eine freilaufende Löwin handele. Er könne auf dem im Internet kursierenden Video nur zwei Wildschweine erkennen, die von links nach rechts laufen, sagte er am Freitagmorgen im rbb24 Inforadio. Ihn machte stutzig, dass keine Spuren gefunden werden konnten.

"Grundsätzlich kann ein Löwe nicht einfach weg sein, auch so eine Löwin nicht. Sie hinterlässt Spuren", so Ehlert weiter. "Es ist schon sehr auffällig, dass an der Stelle, wo das Tier gesehen und gefilmt wurde, nicht mal ein Trittsiegel zu sehen ist."

Löwin in Brandenburg (Quelle: José Maria Galàn/CyberTracker)Oben im Bild: die Konturen aus dem Video. Unten im Vergleich die deutlich abweichenden Umrisse einer echten Löwin.

"Locker behaarter Quaste schließt eine Löwin aus"

Auch der Vorsitzende des Naturschutzbundes (Nabu) Berlin, Rainer Altenkamp, war schon vor der Entwarnung überzeugt, dass es sich bei dem gesuchten Raubtier südwestlich von Berlin um ein Wildschwein handelt. "Schon der kurze, herabhängende Schwanz mit etwa zehn Zentimeter langer, locker behaarter Quaste schließt eine Löwin aus", sagte der Wildtier-Experte mit Blick auf die gesichteten Videoaufnahmen.

Auch die weiteren erkennbaren Merkmale, zum Beispiel der runde Rücken und der längliche Kopf, passten sehr gut zu einem Wildschwein und sprächen gegen ein Raubtier, sagte Altenkamp. "Das gesamte Verhalten ist völlig typisch für Wildschweine im urbanen Raum."

Suche begann in der Nacht zu Donnerstag

Die Suche nach dem möglichen Raubtier nahe der südwestlichen Stadtgrenze Berlins begann in der Nacht auf Donnerstag. Ausgelöst wurde sie durch ein Video, auf dem eine Löwin vermutet wurde. Der Videoschnipsel machte am Donnerstag die Runde durch die sozialen Netzwerke. Die Ermittlungsbehörden schätzten das Video als echt ein. Polizisten gaben nach Angaben einer Behördensprecherin an, ebenfalls ein Wildtier "gesichert" gesehen zu haben.

An der Suche beteiligt waren neben Dutzenden Polizisten auch Veterinärmediziner und der Berliner Stadtjäger. Die Beamten waren teils mit Maschinenpistolen und Schutzschilden unterwegs.

Dem Kleinmachnower Bürgermeister zufolge basierte die gesamte Suchaktion auf diesen beiden Hinweisen. Die Polizisten, die das Video zuerst gesehen haben, hätten eine Gefährdung nicht ausschließen können - daher sei mit der Suche begonnen worden, so Grubert. Erst im weiteren Verlauf sei das Video dann Experten für eine Einschätzung gezeigt worden. Für Samstag erwartet die Gemeinde Kleinmachnow noch die Analyse von Kot und Haaren, die bei der Suche gefunden wurden. Die Polizei Brandenburg kündigte an, in der Region auch in den kommenden Tagen verstärkt präsent zu sein.

Kosten für Einsatz noch unklar

Unklar blieb zunächst, wie hoch die Kosten für den Einsatz ausfallen werden und wer sie tragen muss. Der Einsatz sei noch nicht ausgewertet, deshalb könnten derzeit keine Aussagen zu Gesamtkosten gemacht werden, teilte das Brandenburger Innenministerium auf Anfrage mit.

Bürgermeister Grubert verteidigte die großangelegte Suche. "Die Gefährdungslage war so, dass der Einsatz der Polizei gerechtfertigt war", sagte er. "Wenn so eine Meldung kommt, und sie wird dann auch bestätigt, dann müssen Sie ja schnell handeln. Wir können ja nicht überlegen, so bis mittags um 12 Uhr, was wir machen", sagte Grubert. Für die Gemeinde seien nicht viele Kosten angefallen, das sehe bei der Polizei anders aus.

Zur Höhe der Kosten bei der Polizei gab es zunächst keine näheren Angaben. Einsatzleiter Foitzik nannte den Einsatz verhältnismäßig. Nach der ersten Einschätzung habe nicht ausgeschlossen werden können, dass es sich um eine Löwin handelt. "Alle Hinweise sind nicht bestätigt worden und deswegen ist diese Gefahrenlage beendet."

Es ist völlig undenkbar, dass die Hunde nichts gefunden haben, wenn dort tatsächlich ein Wildschwein zerlegt wurde

Achim Gruber, Institut für Tierpathologie

Zu Beginn der Suche hieß es noch, die Löwin sei gesehen worden, wie sie ein Wildschwein erlegte. Doch auch die Überreste dieses Tiers konnten nicht gefunden werden. "Ich jage zufällig in der Region selbst und ich weiß, dass die Jäger dort sehr gute Hunde haben. Es ist völlig undenkbar, dass die Hunde nichts gefunden haben, wenn dort tatsächlich ein Wildschwein zerlegt wurde", sagte Achim Gruber, geschäftsführender Direktor des Instituts für Tierpathologie in Berlin, dazu am Freitag der Deutschen Presse-Agentur: "Wenn dort eine Löwin ein Wildschwein zerkaut hätte, dann hätten die Hunde etwas gefunden."

Dennoch hält Gruber die Suchaktion für berechtigt: "Die Maßnahmen sind angesichts des begründeten Anfangsverdachts begründet und zu rechtfertigen. Man muss den Aufwand treiben." Die Suche sei eine hervorragende Übung im Zivilschutz gewesen.

Die große Raubtier-Suche rund um Kleinmachnow

Sendung: rbb24 Antenne Brandenburg, 21.07.2023, 19:30 Uhr

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125 Kommentare

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  1. 125.

    Das war eine Kuh!!!

  2. 124.

    Ich sehe da kein Wildschwein.
    Eher einen Wetterballon

  3. 123.

    Ich denke (freie Meinungsäußerung) wenn man das Handy des Mannes,der das Video ins Netz gestellt hat, kriminaltechnich untersuchen würde,wäre es länger und man sieht,dass das Schwein den Kopf hebt und als dieses erkennbar war. Und er es nur so geschnitten hat, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Dann hätte man jemanden der für die Kosten aufkommt,wegen Falschaussage....
    Ist nur meine Meinung,aber vielleicht liest das ja die richtige Person...

  4. 122.

    Was mich von Anfang an etwas rätseln lässt:
    Wie sah die (offenbar) im Auto fahrende Person das Tier? Es war stockfinster und man sieht wie wohl eine Taschenlampe angemacht wurde, somit konnte man vorher doch nichts sehen.
    Dann kam mir auch komisch vor das aus vermeintlich sicherem Standpunkt (im Auto) plötzlich die Videoaufnahme stoppt.

    Für mich 2 Ungereimtheiten beim Video....

  5. 120.

    Bitte einfach genau lesen statt was reinzuinterpretieren. Sonst kommt völlig unnötige Aufregung raus; in Ihrem Kommentar wie bei der vermeintlichen Löwin: Hr Krüger kritisiert (genau wie ich) die Verwendung von Symbolfotos einer Löwin, die bei schneller Betrachtung den Eindruck vermittelt haben, dass ein solches Tier wirklich in dieser Klarheit gesichtet worden wäre. Dies ist eben tatsächlich eher eine Methode von, wie Sie schreiben, "B-Zeitungs"journalismus als eine, die der ÖR-Qualitätsjournalismus anwenden sollte.

  6. 119.

    ...und wenigstens beschießen Löwen und auch Wildschweine zu Silvester keine Polizei und keinen Rettungsdienst im Einsatz mit Böllern und Schreckschusspistolen!
    Denn die Kohle die für solche Einsätze gebraucht wird ist wirklich aufgezwungen Verschwendung.

  7. 118.

    Ich muß Dir völlig recht geben,ich seh auch kein Wildschwein! Was sind das für Experten die sollten sich mal richtig die Anatomie eines Wildschweins ansehen

  8. 117.

    Immerhin hat man schneller Entwarnung gegeben als beim Virus / D im Lernmodus

  9. 116.

    Natürlich werden jetzt wieder alle lachen und sich über die Polizei und die Behörden im Allgemeinen lustig machen und sie für unfähig und zu doof hinstellen,aber wehe es wäre wirklich eine Raubkatze gewesen...! Und es wäre womöglich irgendjemanden irgendwas passiert...,dann hätten man ja genauso gelacht und sich beschwert und gesagt das die Behörden nichts tun!
    Liebe Leute seid doch einfach froh daß es so ausgegangen ist.
    Steuergelder muß die Polizei schon genug für echten Schwachsinn ausgeben!

  10. 115.

    ... und richtige Wildsäue gibt es da auch ;-) .
    Aber nebenbei ... Summerhole wäre doch ein toller Name für eine Löwin.

  11. 114.

    Hä? Was ist das denn für'n Quatsch? Wie hätten Sie's denn gern, Herr Krüger, wie darf, wie sollte denn die Berichterstattung sein bei so einer unklaren Lage? Besser gar nichts sagen, damit noch mehr Gerüchte entstehen oder was meinen Sie? Wir fanden, die Berichte waren aktuell und im Rahmen der Informationen, die zugänglich waren, völlig in Ordnung. Wenn Ihnen das nicht reicht oder gefällt, dann lesen Sie doch die B-Zeitung.

  12. 113.

    Die Frage ist nicht mehr werden wir wie der Bär am Ring durch die Manege geführt, sondern: Wer alles darf sich das erlauben? Klar ist, dass Behörden - die vom Bürger bezahlt werden- von einem sich spaßig findenden Typen, so wie der Bär an der Nase herumgefahren wurden. Dem“Erfinder“dieses Videos sollte die Polizeibehörde allerdings lordentlich nachgehen und gegebenenfalls die Kosten für diesen Einsatz dann einfordern, damit er davon ablässt andere so teuer zu veralbern.
    Hätten die Behörden nicht eingegriffen, und es wäre wirklich eine Löwin gewesen, wäre das Geschrei aber groß gewesen.

  13. 112.

    Schön ,das hier jemand die Wahrheit sagt.....

  14. 111.

    Der Einsatz hat ca. 1 Mio. gekostet. Das schafft es doch bestimmt in das Steuer Schwarzbuch. Was hätte dafür alles gekauft werden können. Vielleicht eine Kita oder. Jetzt fahren wir erstmal nach Kleinmachnow.

  15. 110.

    Warum sollte sie das? Die "Löwin" wurde in Brandenburg gesichtet. Brandenburg ist ein eigenständiges Bundesland und ist nicht Berlin.

  16. 108.

    Ich gefalle mir überhaupt nicht in der Rolle einer "Unke" zuweilen, doch ich fürchte, dafür ist alles zu spät. Der RBB weiß sich offensichtlich in Quotenkonkurrenz zu allen anderen, die es offensichtlich vergleichbar tun: Symbolfotos und ggf. Bildbearbeitungen sind effekthaschender, quotenbringender und einschaltträchtiger als ein tatsächlich aufgetauchter nächtlicher Schatten.

    Ich fürchte nur, dass der RBB wie auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk insgesamt in einen immer größeren Spalt rutscht: zwischen Menschen, die so etwas "ach so normal" finden und Menschen, die sich irgendwann von so etwas abwenden. Wünschen tue ich mir so einen tiefer werdenden Spalt nicht.

    An den RBB: Nichts für ungut. Es wäre unehrlich, mit so etwas "hinter dem Berg zu halten."

  17. 107.

    Ich hatte meinen red Bloodhounds auch schon eine Löwenmähne angezogen, zu Halloween, und lief plötzlich mit Löwen spazieren.
    Man sieht halt immer das, was man sehen möchte.

  18. 106.

    Ich kann nicht nach vollziehen wie man bei dem Bildmaterial ein Wildschwein erkennen kann. Das Fell die Struktur der Schädels so wie die Bewegung ist weit von einem Wildschwein entfernt. Schon am Hinterteil ist ein klarer Unterschied zu einem Wildschwein.

    Ein Kind erkennt diesen Unterschied am Bild, geschweige denn im bewegten Bild, was den Experten ja vorliegt.

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