Berlin - Schuldnerberater Peter Zwegat ist gestorben

Mo 30.09.24 | 15:48 Uhr
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Archivbild: Peter Zwegat (seit 1987 Schuldnerberater ("Raus aus den Schulden")) in der Talk-Show "maybrit illner" am 15.11.2012 in Berlin. (Quelle: Picture Alliance/Eventpress Mueller-Stauffenberg)
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Audio: rbb24 Inforadio | 30.09.2024 | Jürgen Buch | Bild: Picture Alliance/Eventpress Mueller-Stauffenberg

Ein Millionenpublikum kannte den Berliner, der gelassen und zugleich freundlich-beharrlich Menschen in finanzieller Not unterstützte. Jetzt ist Peter Zwegat gestorben.

Der ehemalige TV-Schuldnerberater Peter Zwegat ist tot. Das teilte sein früherer Sender RTL mit. Zwegat sei bereits am 9. August plötzlich und unerwartet im Alter von 74 Jahren gestorben, so RTL am Montag. Die Beisetzung habe im engsten Kreis stattgefunden.

Ein großes Blatt Papier, ein dicker roter Filzstift und die einfache Frage: "Was kann ich für Sie tun?" Viel benötigte Peter Zwegat in der Fernsehsendung "Raus aus den Schulden" nicht, um seinen Klienten ihre finanzielle Schieflage aufzuzeigen. Zu hohe Ausgaben, zu wenige Einnahmen - so simpel war es oft. Aber wenn Zwegat es penibel auf seinem Whiteboard niederschrieb, hatte es ein anderes Gewicht. Mit seiner nüchternen, zugleich fürsorglichen und nie abgehobenen Art wurde er zum bekanntesten Schuldnerberater des Landes - und RTL landete einen Hit, mit dem der Sender laut seiner Chefs selber nicht gerechnet hatte.

Zwegat wuchs in Ost-Berlin im Bezirk Pankow auf, im Alter von 10 Jahren flüchteten seine Eltern mit ihm und seinen beiden Geschwistern nach West-Berlin. Dort studierte er nach einer Verwaltungsausbildung Sozialpädagogik und war anschließend im Sozial- und Gesundheitswesen sowie in der Jugendhilfe des Landes Berlin beschäftigt. Zwegat war zwischenzeitlich auch arbeitslos und selbst verschuldet. Er machte später in seiner Autobiografie öffentlich, dass er nach Mobbing am Arbeitsplatz und anderen persönlichen Rückschlägen jahrelang an Angstzuständen, Depressionen und Rückenschmerzen gelitten hatte.

RTL-Unterhaltungschef betont Zwegats "Herzenswärme"

Ab 1987 war Zwegat in einer Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle in Berlin-Kreuzberg tätig und führte dort zuletzt in Funktion des Geschäftsführers und Vorstandsvorsitzenden bis 2018 Beratungen durch. Stapelweise Rechnungen in Kartons versteckt, latent größenwahnsinnige Anschaffungen, die man sich niemals hätte leisten können: Zwegat hatte jede Menge Erfahrung mit selbst abseitigsten Klientengeschichten, als RTL ihn entdeckte. Diese Authentizität machte "Raus aus den Schulden" (2007 bis 2015) zu einem Überraschungserfolg. Vorwürfe, seine Show sei zu reißerisch, perlten an Zwegat ab. In einem Interview mit dem "Spiegel" sagte er 2007, dass er viele Klienten habe, die das Wort Dispositionskredit nicht buchstabieren könnten - aber dennoch einen hätten. Man übertreibe da nichts. "Die Realität ist doppelt so schlimm."

RTL-Unterhaltungschef Markus Küttner erklärte am Montag, Zwegat habe "mit seinem außergewöhnlichen Engagement und seiner Herzenswärme zahlreichen Menschen geholfen, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen". Seine Fähigkeit, komplexe finanzielle Probleme verständlich zu erklären und Lösungen anzubieten, sei beeindruckend gewesen. "Er wird uns als einzigartiger Experte und ein Mensch, der stets mitfühlend und verständnisvoll war, in Erinnerung bleiben", erklärte Küttner.

Bekanntheit als Lust - und Last

2009 erspielte Peter Zwegat im Prominenten-Special von "Wer wird Millionär?" 500.000 Euro für den guten Zweck. Noch bis 2019 gab es Ausgaben von "Raus aus den Schulden". RTL zählt fast 140 Folgen und mehrere Specials auf, in den letzten Jahren sanken die Quoten dann deutlich. Auch nach seinem Abschied vom Fernsehen setzte sich Zwegat für den Ausbau der Schuldnerberatung in Deutschland ein, er veröffentlichte ein Ratgeber-Buch. Eine große Ehre: Zwegat war ein derartiges Original, dass er mehrfach im Fernsehen parodiert wurde. Ein Darsteller der Sketch-Sendung "Switch Reloaded" ahmte den ernsten Mann mit Anzug, Aktenkoffer und Krawatte nach, ohne ihn zu verspotten - Zwegat selbst nahms mit Humor.

Zu seiner Bekanntheit hatte er ein zwiespältiges Verhältnis. "Ich genieße meine Popularität ja", erzählte er 2011. "Aber wenn man zum sechsten Mal die Pranke eines Möbelpackers zwischen den Schultern spürt, wird die Bekanntheit zur Last." Auch Besuche bei seinem Lieblingsclub, Hertha BSC Berlin, empfand er deswegen zeitweise nicht mehr als reine Freude, wie er sagte.

Bis zu seiner Pensionierung war Peter Zwegat als Schuldnerberater tätig. Beerdigt wurde er nun im Kreis seiner Familie. Er hinterlässt seine Ehefrau, mit der er seit 2011 verheiratet war, und zwei Kinder. RTL kündigte an, im Gedenken an den Schuldnerberater auch das Programm zu ändern und ausgewählte Folgen von "Raus aus den Schulden" zu zeigen (Montagabend ab 20:15 Uhr bei RTLup und Samstag ab 14 Uhr bei RTL).

Sendung: rbb24 Inforadio, 30.09.2024, 12:40 Uhr

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11 Kommentare

  1. 11.

    Welch traurige Nachricht. Ruhen Sie in Frieden, lieber Herr Zwegat.

  2. 10.

    Ich mochte die Sendung. War zwar gescripted aber wirklich unterhaltsam und sympathisch.

  3. 9.

    Er hat aber vollkommen recht. Das Credo von FDP und cDU: Schuften bis man tot umfällt. Spart Rente.

    Ich möchte den Dachdecker sehen der noch mit 70 auf dem Dach herumturnt aber gleichzeitig schmeißt man den reichsten Deutschen noch Millionen hinterher.

  4. 8.

    74? ist doch kein Alter! Der war sympathisch, im Gegensatz zu mir.

  5. 7.

    @Jens, Montag, 30.09.2024 | 13:54 Uhr:
    Nur mal so zum nachdenken: Man muss nicht jeden Beitrag politisieren.

    Mein Beileid für Familie & Freunde.

  6. 6.

    Mein herzliches Beileid den Angehörigen

  7. 5.

    74 Jahre, die CDU strebt eine Rente ab 70 an. Nur mal so zum nachdenken.

  8. 3.

    Ruhe in Frieden.
    Ich schätzte an ihm seine ruhige und besondere Art. Manchmal wurde er an den Rand des Wahnsinn's getrieben, aber er verlor nie die Fassung. Bewundernswert!!!

  9. 2.

    Ruhe in Frieden. Vielen Dank noch einmal an Herrn Zwegat und der Schuldnerberatung in der Rigaer Str.

  10. 1.

    Schade, der hatte das Herz auf dem richtigen Fleck, finde ich.

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