Versammlung in Cottbus - Lausitzer Lehrkräfte kritisieren Bildungspolitik

Mi 02.04.25 | 15:57 Uhr
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Personalversammmlung Cottbus. (Quelle: rbb)
Bild: rbb

Rund 500 Lehrer und Lehrerinnen haben sich am Mittwoch zur Personalversammlung des Schulamtes in Cottbus versammelt. Im Mittelpunkt stand die geplante Erhöhung der Pflichtarbeitszeit und der Einstellungsstopp bei Lehrern.

Mehrere hundert Lehrkräfte aus der Lausitz sind am Mittwoch zu einer Personalversammlung des Schulamtes nach Cottbus in die Lausitzarena gekommen.

"Zum einen wird es darum gehen, dass die Landesregierung beschlossen hat, die Arbeitszeit der Lehrkräfte zu verlängern", teilte der Landeschef der Lehrergewerkschaft GEW, Günther Fuchs, dem rbb bereits am Dienstag im Vorfeld der Versammlung mit. "In der Folge dieses Beschlusses geht es aber auch darum, dass wir sehr viele Kolleginnen und Kollegen haben, die im Seiteneinstieg in den Schulen wertvolle Arbeit leisten. Ohne sie würde es nicht funktionieren."

Personalversammmlung Cottbus. (Quelle: rbb)
Günther Fuchs, der Brandenburger Landeschef der Lehrergewerkschaft GEW | Bild: rbb

Rund 1.600 Seiteneinsteiger im Schulamtsbezirk

Der Schulamtsbezirk Cottbus erstreckt sich vom Süden des Landes bis nach Dahme-Spreewald und umfasst rund 5.500 Lehrer und Lehrerinnen – 1.600 davon sind Seiteneinsteiger. Diese Lehrkräfte seien ein unverzichtbarer Bestandteil des Schulsystems, doch der Einstellungsstopp und die unzureichende Gehaltsentwicklung für Seiteneinsteiger könnten laut Fuchs langfristig dazu führen, dass ihre Arbeit systematisch entwertet werde. Im Vergleich zu ihren Kollegen werden sie trotz Weiterbildungen und Nachqualifizierungen deutlich schlechter bezahlt.

"Wenn es uns nicht gelingt, attraktiv zu bleiben, werden wir auch keine ausgebildeten Fachkräfte nach Brandenburg bekommen. Das ist doch der Teufelskreis", sagte Fuchs. "Die Erhöhung der Arbeitszeit führt nur zu schlechteren Arbeitsbedingungen, zu einem Anstieg des Krankenstands und der Teilzeitquote."

Mehr als 53 Wochenstunden und unbesetzte Stellen

Der Präsident des Brandenburgischen Pädagogenverbandes (BPV), Hartmut Stäker, äußerte sich während der Personalversammlung zu den aktuellen Entscheidungen. "Der Einstellungsstopp karikiert alles, was wir bisher versucht haben aufzubauen. Warum sollte jemand noch länger arbeiten wollen, wenn es heißt, man muss jetzt noch eine Stunde mehr drauflegen?", sagte Stäker dem rbb am Mittwoch. "Die 48- bis 60-Stundenwoche erhöht sich dann nochmal um 5 Stunden. Das heißt, dass wir keine neuen Bewerber haben werden. Wir konnten die offenen Stellen seit zwei Jahren nicht besetzen."

Proteste und Kritik auf die Straße bringen

Die Gewerkschaft GEW hatte auch im Vorfeld bereits Vorschläge unterbreitet, wie die Nachqualifizierung von Seiteneinsteigern organisiert werden kann, um ihre Arbeit langristig im Schulsystem zu etablieren. Doch Fuchs machte deutlich, dass es nicht ausreiche, lediglich in Personalversammlungen über diese Themen zu sprechen.

Er kündigte an, dass die GEW zu großen Protestaktionen in Potsdam aufrufen werde, um die Aufmerksamkeit der Landesregierung auf die Probleme zu lenken. "Es reicht nicht, nur seinen Unmut zu äußern – wir müssen den Protest auf die Straße tragen", sagte Fuchs.

Ursachen für rückläufige Lernleistungen liegen in Bildungspolitik

Seit mehreren Jahren sinken die Lernleistungen von Schülern und Schülerinnen, rund 40 Prozent kommen in den Fächern Lesen, Schreiben und Rechnen nicht mehr auf die mittlere und höhere Kompetenzstufe. Die Lehrkräfte auf der Personalversammlung forderten daher, dass die Bedingungen für Schüler als auch für Seiteneinsteiger verbessert werden sollen.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 02.04.2025, 19:30 Uhr

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5 Kommentare

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  1. 5.

    Ich bezweifle sehr, dass die Lehrkräfte, die hier seit Jahren im Mangel arbeiten, das Problem sind. Man verliert doch nicht die Berufung zu dieser Arbeit, wenn man verbeamtet wird.
    Vielmehr ist es so, dass die Lehrkräfte versuchen, das Beste zu erreichen, während sie dabei ausgebremst werden.

  2. 4.

    Es würde auch sehr helfen, wenn die Eltern ihre eigenen Erziehungsaufgaben ernster und umfassender wahrnehmen würden.
    Denn diese "Kuschelpädagogik", was auch immer das bedeutet, ist auch dem geschuldet, dass seitens der Familien in vielen Fällen zu wenig mitgemacht wird. Das beginnt bei der Grundschule udn zieht sich dann weiter bis in die weiterführende Schulen.

  3. 3.

    Mehr als 50 Wochenstunden Arbeit liegt jenseits jeglicher gesetzlicher Vorgaben und ist somit verboten. Wenn bei lediglich 25 Unterrichtsstunden eine derartig extreme Nacharbeitszeit zustande kommt, dann muss man dort ansetzen. Es muss mehr Zeit in den Unterricht fließen und auch die Rahmenbedingungen müssen so sein, dass in dieser Zeit ein effektiver Unterricht stattfinden kann. Schüler müssen dafür vor Beginn des Schulbesuchs auf ein Sprachniveau gebracht werden, dass sie dem Unterricht auch folgen können. Sonderaufgaben gehören aus dem Unterricht raus. Und nicht zuletzt muss auch die Kuschelpädagogik wieder aufhören und das Leistungsprinzip so früh wie möglich wieder eingefordert werden, inklusive Zensuren, damit der Wissensstand eines Schülers klar erkennbar ist und hier ggf. frühzeitig nachgebessert werden kann. Wir können es uns als Gesellschaft nicht leisten, 40% der Schüler mangelhaft ausgebildet aus den Schulen zu entlassen.

  4. 2.

    Der Satz ist keine Erpressung sondern eine logische Schlussfolgerung. Wenn Lehrkräfte derzeit schon 50-60h in der Woche (inkl. Sonntagen)arbeiten, wovon lediglich 25 Unterrichtsstunden Unterricht sind, dann sollte bereits klar sein, wie viel Arbeit in die Vorbereitung, Nachbereitung, Unterrichtsinnovationen, Inklusion, Differenzierung, Elternarbeit, Konferenzen und vieles mehr fließt.

    Wenn dabei dann nicht die gewünschten Erfolge eintreten dann liegt das daran, dass keine Zeit bleibt und die einzelnen Aufgaben NOCH MEHR ZEIT benötigen würden um qualitativ gut gelöst werden zu können.
    Alleine das Inklusionskonzept sieht doch eigentlich sogar Zweitlehrkräfte im Unterricht vor, da das so gar nicht händelbar ist.

    Der erste Schritt wäre vermutlich ersteinmal die Erfassung der Arbeitszeit und dann darf der Haushalt gerne noch mal beschlossen werden, denn dann werden Gelder benötigt die weder heute noch in Zukunft existieren.

  5. 1.

    ""Die Erhöhung der Arbeitszeit führt nur zu schlechteren Arbeitsbedingungen, zu einem Anstieg des Krankenstands und der Teilzeitquote."" Für mich klingt das wie der Ansatz einer Erpressung! Wenn 40% der Schüler nicht mehr den Anforderungen gerecht werden, dann kann es nicht um eine Stunde mehr gehen - da sind viel grundlegendere Dinge die nicht gut laufen. Pisaergebnisse und Rückmeldungen von IHK und weiteren Ausbildungsverantwortlichen sprechen hier eine deutliche Sprache. Lehrkräfte sind (besonders als Beamte) seit vielen Jahren in einer komfortablen Situation in der ihre tatsächliche Leistungen nicht hinterfragt wird und Innovationen in vielen möglichen Settings ausbleiben. Schule als alleiniger Arbeitsort und mehr fächerübergreifendes Lernen sind nur wenige Ansatzpunkte für tiefgreifende Veränderungen und nicht alte Bärte!