Am Späti in Schöneweide - "Dass ich jetzt aus meiner Wohnung raus muss, ärgert mich"
Die meisten Berliner wohnen außerhalb des Rings. Zwei rbb|24-Reporter sprechen dort Leute am Späti an und fragen, was sie umtreibt. Heute: ein Hausmeister, der gerade umzieht, weil sein Haus zwangsgeräumt wird. Am Späti holt er Bier für seine Helfer.
rbb|24 will mit den Gesprächsprotokollen, die "Am Späti" entstanden sind, Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben die Meinungen der Gesprächspartner wieder.
Wir werden heute umgesiedelt, also zwangsgeräumt, alle drei Häuser in der Michael-Brückner-Straße und in der Fennstraße. Sozialamt ist auch da, wir würden sofort einen Wohnplatz bekommen in einem Obdachlosenheim. Ich gehe in Vollzeit arbeiten und muss jetzt meinen Urlaub nehmen, dafür, dass ich umziehen muss.
Jetzt muss ich sehen, dass ich da ganz schnell rauskomme, aus meiner Wohnung. Ich habe zum Glück ein paar Freunde, die mir helfen. Wir nehmen Sack und Pack, bringen das erstmal zu einer guten Freundin und lagern das da unter. Ich werde mit Sicherheit nicht in ein Obdachlosenheim ziehen, wo ich noch mehr als 900 Euro im Monat bezahlen soll. Ich schlafe jetzt erstmal zwei Wochen bei meiner Schwester und ab dem 1. August wohne ich dann in einer WG für 450 Euro in Oberschöneweide. Der Eigentümer hat uns einen Monat im Voraus informiert, dass wir raus müssen.
Dunkelgraues Haar, gebräunte Haut, lustige Augen, drahtig – obwohl er heute aus seiner Wohnung geschmissen wird, ist der Mann nicht völlig aus dem Konzept, hat einen Moment Zeit für ein Gespräch.
Ich finde es traurig, dass unsere Politiker nicht hinschauen, was uns da passiert. Seit Februar haben sie uns das Wasser abgestellt. Wir hatten nur einen Hydranten auf der Straße, von dem wir uns Wasser holen mussten, um uns zu waschen. Die Politiker haben uns nicht geholfen. Überhaupt nicht. Das Wasser wurde abgestellt, weil wir einen Wasserschaden in einer Wohnung hatten. Ich habe noch zu dem Eigentümer gesagt: Lasst mich in die Wohnung, ich bin Hausmeister, ich gucke, ob ich den Schaden reparieren kann.
Die haben das Haus aber bewusst verkommen lassen. Die wollen einfach, dass wir gehen. Ich bin tatsächlich heute morgen um fünf nochmal rausgegangen und habe sechs 1,5-Liter Flaschen mit Wasser voll gemacht, damit ich mich waschen kann.
Beim Sprechen ist zu sehen, dass ihm unten ein paar Zähne fehlen. Der Moment, den er hat, ist langsam vorbei. Er muss gleich los, weiter umziehen. Ein bisschen bleibt er aber noch.
Hier in Schöneweide gibt es eine neue Straßenbahnanbindung über die Schnellerstraße, das finde ich richtig toll. Die soll ja auch noch weiter gehen bis Rudow, wie ich gehört habe. Aber ansonsten hat sich nicht viel verändert in den letzten Jahren. Viel Zuzug gab es schon immer hier. Ich bin eigentlich sehr zufrieden, aber dass ich jetzt aus meiner Wohnung muss, ärgert mich.
Ich arbeite in Marzahn in einem Indoor-Spielplatz als Hausmeister. Das mache ich schon seit 15 Jahren. Davor bin ich 15 Jahre lang mit einem Wanderzirkus um die Welt gereist. Feuerspucken, Clown, Zaubern, Tellerdrehen. Ich hab mein ganzes Zauberzeug noch, habe ich gerade eingepackt. Ich kann auch Ihren Kopf verschwinden lassen mit einer Kiste. Da stecke ich 15 Messer rein und dann ist der Kopf weg. Dann ziehe ich die Messer wieder raus und schon ist der Kopf wieder da. Wenn ich Lust habe und wir haben einen Geburtstag bei uns, dann packe ich mal einen Zaubertrick aus. Da freuen sich die Kinder. Aber jetzt muss ich los, mein gemietetes Auto kommt gleich.
Das Gespräch führte Anna Bordel, rbb|24.